Hallo zusammen,
ich lese seit geraumer Zeit interessiert im Forum mit und habe auch diesen Thread aufmerksam verfolgt. Als sich vor wenigen Tagen der User Kletschenberg hier zur Wort meldete war ich neugierig, da ich die Eindrücke betroffener Nutztierhalter in dieser Diskussion als sehr relevant erachte. Neben den m.E. unsäglichen Versuchen mancher Zeitgenossen mit dem "Rotkäppchen-Syndrom" Stimmung gegen den Wolf zu machen sind die Nutztierhalter, wie in allen Wolfsgebieten, diejenigen die am ehesten mit dem Wolf in Konflikt geraten dürften. Was zunächst wie der Beginn einer einvernehmlichen Diskussion wirkte, in der sich Schafhalter und Wolfsbefürworter einig waren, dass die Tierhalter in betroffenen Regionen finanziell besser unterstützt werden sollten, scheint mir jedoch gerade wieder aus dem Ruder zu laufen...
Kletschenberg schrieb:
Kleiner Hinweis am Rande, es gab auch mal Dino's auf dieser Erde die nun auch nur noch in Fragmenten Existieren. Das der" Wolf als natürlicher Bestandteil der eurasischen Tierwelt seit vielen hunderttausend Jahren" besteht hat nie irgend jemand in Frage gestellt. Doch da er schon so lange Existiert frage ich mich doch wovon eigentlich wenn "weil künstlich geschaffene Tiere" seinen Lebensraum einehmen. Lebte er vor der Erschaffung dieser "künstlich geschaffene Tiere" von Luft und LIebe. Wohl kaum.
[...]
Und dennoch wird die Evolution davon nicht aufgehalten. Beinahe täglich stirbt irgend eine Art aus und gleichzeitig entstehen neue. Und da hat nicht immer der Mensch seine Finger im Spiel. Oft genug leider ja, dass ist unbestritten.
Wenn wir als" landbesitzende, ackerbauende und viehzüchtende Menschen mit seiner explosiven Vermehrungsrate" nun mal so sind, wird sich das nicht ohne weiteres aufheben oder umkehren lassen. Vor nen paar Mil. Jahren waren es die Dinos welche die Weld beherscht haben. Und selbst da hieß es Fressen und gefressen werden. Wem will man da die Schuld geben das die eine oder andere Art nicht existieren konnte?
Es tut mir leid, aber mit diesem Dino-Vergleich katapultierten Sie sich in meinen Augen schon wieder aus einer ernsthaften Diskussion. Mag es vielleicht auch nicht Ihre Intention gewesen sein, lese ich aus solchen Vergleichen in erster Linie eines heraus: Die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland erachten Sie als Fehler. Die Zeit des Wolfs in einem Land wie Deutschland ist in Ihren Augen vorüber und wie die Dinosaurier ist er ein Tier, das in der Neuzeit keinen Platz mehr haben kann/darf. Wenn Tiere aussterben ist das halt so, warum als Mensch sich darüber Gedanken machen?
Ich hoffe ernsthaft, dass das nicht wirklich Ihre Meinung wiederspiegelt! Zum einen ist der Wolf nicht wie einst die Dinosaurier ausgestorben, weil er sich seiner Umwelt nicht mehr anpassen konnte - im Gegenteil, er war lange Zeit das am weitesten verbreitete Landsäugetier. Zum anderen zeigt doch schon der Umstand, dass der Wolf trotz der systematischen Verfolgt und diverser Ausrottungsversuche nicht als Art völlig verschwunden ist, dass irgendwelche Dino-Vergleiche hier völlig fehl am Platz sind. Desweiteren sind die Wölfe hier in Deutschland nicht von irgendwelchen "Wolfsliebhabern" in Nacht- und Nebelaktionen ausgesetzt worden um die Tierhalter zu ärgern - sie sind von sich aus vom Osten her hier her gewandert.
Wem will man also die Schuld geben, dass die eine oder andere Art hier nicht existieren konnte? Im Falle des Wolfs ist die Antwort klar: dem Menschen. Wer anders denkt, ist vermutlich auch davon überzeugt, dass Elefant, Nashorn, Tiger, Wal & Co. selbst schuld sind auf der Roten Liste zu stehen. Was erlauben sich diese Viecher auch sich nicht an den Menschen anzupassen, hm?
Ich mag einfach Vergleiche nicht, in denen der Mensch mit Naturkatastrophen der Marke "Meteoriteneinschlag" gleichgesetzt wird. Wir als Menschen haben hier die Möglichkeit einem Wildtier die Rückkehr in eine Region zu ermöglichen, aus der es einst restlos vertrieben wurde. Die Situationen zu damals haben sich in unserem Land verändert und auch wenn immer noch Konfliktpotential da ist, haben wir auch als Menschen die Chance zu zeigen, wie weit es wirklich mit unserer fortgeschrittenen Sensibilität und Intelligenz bestellt ist. Wenn wir aber auf die Rückkehr des Wolfs nur genauso reagieren können wie unsere Vorfahren vor 150 - 200 Jahren würde das zeigen, dass sich im Grunde nichts geändert hat. Jeder nickt zwar fleißig wenn es heißt, die Umwelt müsse für unsere Nachkommen erhalten werden - aber bei vielen scheint dies leider nur die "Kultur"-Natur auf Postkarten-Niveau samt Kühen & Schafen und ein paar Singvögeln im Monokulturwald einzuschließen. Mag ich damit auch der Politik widersprechen, erachte auch ich es als großen Segen, dass Deutschland rückläufige Geburtenraten hat und sich in Teilen Deutschlands die Natur wieder Flächen zurückholen kann.
Hier dann einen User wie Grauer Wolf als Forenkasper zu betiteln zeugt m.E. ebenfalls von keinem guten Ton und ist wenig förderlich für die Diskussion. Mögen seine Ansichten auch idealistisch sein, begrüße ich derartigen Idealismus doch eher als resignierende Aussagen ala "Wenn wir [...] nun mal so sind, wird sich das nicht ohne weiteres aufheben oder umkehren lassen". Vielleicht mögen Sie ja in Idealismus eher Utopie sehen, wer sich jedoch gerne als vernunftbegabter Mensch betrachtet sollte eigentlich unserer Art so viel Einsicht und Weiterentwicklungspotential zugestehen, dass wir uns auch in die Lage versetzen können mit Beutegreifern wie dem Wolf in Deutschland zu leben. Die Frage ist: Wie sehr sind die Menschen bereit gewisse Bequemlichkeiten aufzugeben, um einem Tier wie dem Wolf ein langfristiges Überleben hierzulande zu ermöglichen? Und genau hier liegt vermutlich schon der große Knackpunkt: Die breite Masse gibt ungern Bequemlichkeiten auf, schon gar nicht wenn es um ein Raubtier geht, das viele nur aus Märchen kennen. Meine große Hoffnung ist, dass es in Deutschland nicht wie in den USA in Hass umschlägt.
Was ganz offen zwischen Tierhaltern und Wolfsbefürwortern diskutiert werden sollte ist m.E. die Möglichkeit, wie man Wölfe von Herden fernhalten kann. Auch müssten beide "Lager" einheitlich auf die Politiker zugehen um die Bereitstellung finanzieller Mittel in den betroffenen Regionen hierfür unter Dach und Fach zu bringen. Ich kann jeden Tierhalter verstehen, der sauer ist, wenn er wirklich gewillt ist Zäune, Ställe etc. zum Schutz vor dem Wolf zu errichten, dann aber entweder gar keine oder nur geringe Förderung bekommt. Selbiges gilt wenn gerissene Tiere nicht entsprechend entschädigt werden, obwohl ein Wolfsriss nachgewiesen wurde.
Wer jedoch bereits jetzt, wo es noch keine 100 Wölfe in Deutschland gibt und regelmäßig auch welche durch den Straßenverkehr sterben (erst vorgestern wieder:
Wolf stirbt bei Verkehrsunfall) bereits wieder die gezielte Jagd fordert, zeigt in meinen Augen, dass er gar nicht ernsthaft bereit ist die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland zu akzeptieren. Auch halte ich es wenig förderlich zu sagen "Sollen doch die Wolfsbefürworter ihren Hintern hochbekommen und die Herden usw. des Nächstens schützen". Mal davon abgesehen, dass ich dies als Wolfsbefürworterin in so mancher Nacht tun würde, wenn es der Bereitschaft den Wolf zu schützen zugutekäme, geht dies selbstverständlich nicht ohne auch die entsprechende Bereitschaft der Tierhalter für ihre Tiere das selbe zu tun. Die Rückkehr des Wolfs ist, um das nochmal mit aller Deutlichkeit zu sagen,
nicht der fixen Idee von ein paar grünen Wolfsliebhabern entsprungen.
VG,
Vash