Wölfe in der Lausitz

Über freilebende Wölfe in Deutschland.
timber-der-wolf

Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von timber-der-wolf »

LarsD hat geschrieben:Einer der effektivsten Wege, die Akzeptanz für ein Artenschutzprojekt zu zerstören, ist der störrische Verweis auf die "natürliche Regulierung", sobald mit der Erholung der Population erhebliche Schäden und damit Konflikte auftreten.
Und einer der größten Fehler und Uneinsichtigkeit der Jäger ist es, dass diese längst wissenschaftlich nachgewiesene natürliche Regulierung von Jägern ständig in Abrede gestellt wird!
Fakt ist doch, das gerade Wildtierbestände intensiv bejagter Tierarten, wie z.B. Fuchs, Schwarzwild, Reh-, Rot- und Damwild, sich zunehmend ständig erhöhen (die leidlichen Kirrungen und Fütterungen, die ich hier wie auch in anderen Gegenden auf Schritt und Tritt in Wald und Flur von Jägern angelegt vorfinde, tun da sicher noch ein übriges, genau wie die riesigen Landwirtschaftsflächen mit Monokulturen). Da frage ich mich doch, was haben denn die Jäger durch ihre "Regulierung" der Wildbestände bisher erreicht? :roll: :lol: :mrgreen:

Nur mal so: Es ist schon eine Weile her, da wurde in unserer Heimatzeitung, der MAZ, mal auf einer Seite über die Jagdstrecken der brandenburgischen Jäger berichtet. Besonders auffallend war die "Jagdstrecke" der Füchse. Genau eine Seite weiter in selbiger Zeitung war ein riesen Bericht über Verluste an Getreide in der Landwirtschaft, weil es eine regelrechte Mäuseplage gab ... aber jeder sich zeigende Fuchs muß aus Jägersicht natürlich "entnommen" werden ... das allein sagt schon alles, was Jäger von ökologischen Zusammenhängen und natürlicher Regulation verstehen ... ;-)
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SammysHP
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Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von SammysHP »

Ist leider ein Teufelskreis: Wild wird bejagd --> vermehrt sich umso stärker und unkontrolliert --> wird mehr bejagd...

Dies resultiert aus Jahrhunderte alter Tradition und lässt sich nicht so einfach unterbrechen. Anders sieht es beim Wolf aus, der normalerweise am Ende der Nahrungskette sitzt und den Menschen nur als Konkurrenten hat. Richtig ist es, dass sich der Wolf durch das hohe Nahrungsangebot vermutlich stärker vermehren wird, als es "normal" der Fall wäre (soweit haben wir es in Deutschland aber noch lange nicht). Es bringt aber nichts, den Wolf zu bejagen, sonst würden wir in genau den gleichen Teufelskreis geraten. Vielmehr muss des Gleichgewicht zu seiner Nahrung wiederhergestellt werden.
LarsD

Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von LarsD »

SammysHP hat geschrieben:Ist leider ein Teufelskreis: Wild wird bejagd --> vermehrt sich umso stärker und unkontrolliert --> wird mehr bejagd...


Also müssen wir die Wölfe nur bejagen, damit sie sich noch schneller vermehren? :mrgreen: Deine sehr eigenwillige Auslegung des Begriffes "kompensatorische Mortalität" hat zu wenig Realitätsbezug. ;-) Wäre sie richtig, müssten wir uns z.B. um unsere Fischbestände in den Meeren keine Sorgen mehr machen und die Wissenschaft würde sich um den Begriff des "MSY" völlig umsonst den Kopf zerbrechen. ( http://en.wikipedia.org/wiki/Maximum_sustainable_yield ) Welche Wirkung die Entnahme von Individuen auf eine Population hat, hängt neben der Anzahl der entnommenen Tiere ja auch noch von einer Vielzahl anderer Faktoren ab. Wenn ich das Zuwachspotenzial nicht im Ansatz abschöpfe, aber gleichzeitig das Nahrungsangebot verbessere, wird die Population munter wachsen. Ist beim Schwarzwild gut zu beobachten. Greift man allerdings energisch dazwischen, kommt es trotz bestem Nahrungsangebot zu einem Populationsrückgang. Im letzten Jahr habe ich 12 Schweinchen erwischt, in diesem Jahr noch nicht eins. Im gesamten Revier waren es im letzten Jahr 30, in diesem Jahr bislang 3. So weit zu Theorie und Praxis ... ;-)
Richtig ist es, dass sich der Wolf durch das hohe Nahrungsangebot vermutlich stärker vermehren wird, als es "normal" der Fall wäre (soweit haben wir es in Deutschland aber noch lange nicht). Es bringt aber nichts, den Wolf zu bejagen, sonst würden wir in genau den gleichen Teufelskreis geraten. Vielmehr muss des Gleichgewicht zu seiner Nahrung wiederhergestellt werden.
Wir bieten den Wölfen in der Landschaft gegenwärtig auf der Futterseite ein nie gekanntes Schlaraffenland. Gleichzeitig haben wir mit der Tollwut einen früher sehr wichtigen Mortalitätsfaktor in unseren Breiten ausgeschaltet. Gemessen am gegenwärtigen (tatsächlichen ;-) ) Populationswachstum kommen die Wölfe mit diesen Bedingungen bestens klar. Allein drei Rudelterritorien, die ganz bzw. teilweise in meinem Landkreis liegen und die Lausitz ist weit weg. Jetzt lassen wir das mal so weiter laufen und die Nahrung soll der limitierende Faktor sein. Wie soll das aussehen? Viehzucht und Gassigehen mit dem Hund nur noch in "Hochsicherheitstrakten"? :-)

Viele Grüße

Lars
Miscanthus
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Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von Miscanthus »

Unruhige Woche für Kamerunschafe:
1. Fall in Hoyerswerda
http://www.lr-online.de/regionen/hoyers ... 60,3511228
2. Fall Spremberg
http://www.lr-online.de/regionen/spremb ... 50,3514668
In beiden Fällen wohl unterm Maschendrahtzaun durchgebuddelt.
Grauer Wolf

Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von Grauer Wolf »

timber-der-wolf hat geschrieben:Besonders auffallend war die "Jagdstrecke" der Füchse. Genau eine Seite weiter in selbiger Zeitung war ein riesen Bericht über Verluste an Getreide in der Landwirtschaft, weil es eine regelrechte Mäuseplage gab ... aber jeder sich zeigende Fuchs muß aus Jägersicht natürlich "entnommen" werden ... das allein sagt schon alles, was Jäger von ökologischen Zusammenhängen und natürlicher Regulation verstehen
Diese ganze Jagerei auf den Fuchs ist hanebüchener Blödsinn. Letztlich werden nur die hochkomplexen Sozialstrukturen (die sind beim Fuchs wirklich alles andere als simpel!) vernichtet, was zu unkontrollierter Vermehrung und verstärkter Migration führt. Genau letzteres führte über Jahrzehnte zur verstärkten Verbreitung der Tollwut, bis aufwendige Impfaktionen Deutschland tollwutfrei machten... Solche Erkenntnisse findet man allerdings nicht in der Jägerausbildung (zumindest habe ich im Prüfungsfragenkatalog nichts dazu gefunden), sondern in wildbiologischen Dissertationen oder Diplomarbeiten...
Was die Mäuseplage angeht, es gibt hier im Rheinland einen dazu passenden Spruch:
"Et jit kei schlimmer Leid als wat d'r Minsch sich selver andeit..."
Oder anders ausgedrückt: Unqualifiziertes Eingreifen provoziert oft ungeahnte Nebenwirkungen... ;) Die Vermehrungsraten von kleinen Beutegreifern/Greifvögeln und Kleinnagern à la Feldmaus sind normalerweise korreliert...
balin
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Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von balin »

Haltung zu den Wölfen, nicht nur in der Lausitz:
Als Nutztierhalter hat man es mit vielerlei Ungeziefer zu tun. Für mich sind das Spaziergänger, fremde Hunde, Jäger, aufdringliche Beamte, mißgünstige Nachbarn und begehrliche Kommunalpolitiker. Der Wolf kommt da noch nicht vor, aber wenn ich mir den Nervenaufwand mit den übrigen bedenke, dann kann es eigentlich nur besser werden. Der Wolf würde mir effektive Zäune ermöglichen, ich könnte Spaziergänger wegen der Schutzhunde und auch wegen der bewaffneten Kühe hinauskomplimentieren und bei Beamten und Lokalgrößen hätte ich den Status eines potentiellen Opfers. Nicht schlecht für die Argumentation! Und dazu kommt noch meine Überzeugung, daß ich selber mit den Problemen am besten zurechtkommen würde, wenn ich nur dürfte. Nach meiner Sicht wäre der Wolf eine Erlösung. Das würde bei allen Beteiligten den Blick für die eigentlichen Vorgänge in der Natur schärfen. Wir müssen uns einfach wieder daran gewöhnen, daß wir es bei Haustieren und dem wilden Umfeld mit selbständig denkenden und intelligenten Kreaturen zu tun haben, die sich unserer behüteten Rechtsauffassung einfach entziehen. Der Umdenkungsprozeß innerhalb der aufkommenden grünen Ideologie wäre nötig.
Ich verlange nicht, daß sich ein Bewohner am Sendlinger Tor Platz jeden Abend eine Anti Wolf Lampe anknipst, aber er müßte mir dann etwas ähnliches in meinem Umfeld zugestehen. Wenn ich das darf, dann hat der Wolf immer eine Zukunft.
Ich stehe bestimmt nicht auf smoking guns! Bei mir findet das auf wesentlich harmloserer Ebene statt und ich würde viele andere Probleme auch damit lösen.
Für mich ist der Wolf zuallererst Nutztier! Das fängt auch mit solchen Zusammenhängen an, auch wenn dann der Wald noch immer nicht gewachsen ist. Aber das ist dann ein anderes Thema.
Die Bemerkung von Sammy zur Selbsbegrenzung der Wölfe finde ich übrigens zutreffend. Das schaffen Allesfresser wie wir und die Schweine nicht(Ausnahme: die streitsüchtigen Kelten). Bei Pflanzenfressern ist das auch nicht der Fall. Ich habe allerdings erlebt, daß bei denen die Freundschaft bei engem Platz(Laufstall) und entsprechender waffentechnicher Ausrüstung
auch aufhören kann und daß es wegen der ausgeprägten Rangfolge dann auch zu Todesfällen kommen kann.
Das ist aber ein kulturtechniches Problem. In der freien Natur haben sie mehr Platz und deswegen lasse ich inzwischen auch im Winter alle Stallseiten offen. Die kennen Schnee genauso wie grüne Wiesen!
LarsD

Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von LarsD »

Zweite Runde in Neida:
"30.09.11:
In der Nacht auf Freitag, den 30.09.11, wurden bei Klein Neida, südwestlich von Hoyerswerda, vier Schafe von Wölfen getötet sowie ein weiteres verletzt. Die Tiere befanden sich auf einer Koppel mit einem 140 cm hohen Maschendrahtzaun. Der Wolf hatte sich unter dem Maschendrahtzaun durchgegraben. Der Tierhalter hatte diese Woche bereits Schaden durch Wölfe zu verzeichnen."
( Quelle: http://www.wolfsregion-lausitz.de/aktuelles )

Warum nutzt man die Zutraulichkeit der Tiere nicht aus, um ihnen den Lammbraten für lange Zeit zu verleiden? Die lebenden Schafe in eine sichere Koppel, einen der Kadaver liegen lassen und dann dafür sorgen, dass der oder die Wölfe bei der Rückkehr unvergessliche Momente haben. Das wäre Management! Nachhaltig und sicherlich effektiv. Stattdessen haben der/die das zweite Mal Erfolg?! So erzeiht man sich dann wirklich Problemwölfe.

Viele Grüße

Lars
balin
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Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von balin »

So sehe ich das auch. Aber die haben Angst alleine im Dunkeln! War gerade auf Rundgang und bin doch glatt den Drogenfahndern begegnet. Eigentlich beruhigend! Denen würden Wölfe dann auch auffallen. Sie hatten nämlich die Wärmebildkammera dabei. :-D
Den Luxus hat aber nicht jeder und solche Zaungäste fallen auf die Dauer auch auf die Nerven. Was macht man, wenn sie mit ihrem Dackel unterwegs sind und man hat die Hunde dabei?
Beim Wölf würde das in der von Lars beschriebenen Situation für eine schöne Lehrstunde herhalten. Wehe aber, es erwischt die Falschen.
Alles nicht so einfach! ;-)
LarsD

Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von LarsD »

Die Sorgen wegen dem möglichen Zusammentreffen der eigenen mit fremden Hunden hast Du nicht allein. In der Konstellation hätten dann Deine Hunde schlechte Karten. Bei unbewaffneten Hundeherrchen kannst Du dagegen hoffentlich auf eine kulante Haftpflichtversicherung bauen.

Dass man bei einer Vergrämungsaktion an einem "alten" Riss unbeteiligte Dritte erwischt, ist dagegen eher unwahrscheinlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Drogenfahndung in der Nacht an toten Schafen nagt ... :mrgreen: Falls doch, kann man nur hoffen, dass sie dann auch mit Gummischrot zurück schießen ... :mrgreen:

Viele Grüße

Lars
balin
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Re: Wölfe in der Lausitz

Beitrag von balin »

Die Situation mit dem nachts Draussen aufpassen muß man mal ein bißchen vereinfachen. Das Prinzip ist einfach das, daß man dahin geht, wo das Spektakel ist. Man kann sich nicht aussuchen, was dann auf einen zukommt. Mit und auch ohne Hunden gehe ich eigentlich immer davon aus, daß andere mehr Angst haben als ich. Das schlimmste waren bis jetzt vier Bundespolizisten mit Hund, die ich aufgebracht habe. Normalerweise kennen die die Situation nicht, daß sie jemand verfolgt.
Das klärt sich aber dann ganz schnell und unkompliziert. Allerdings mache ich auch solche darauf aufmerksam, daß es übel enden kann, wenn man des Nachts in eine Mutterkuhherde mit Bullen stolpert. Eigentlich ist es nicht meine Aufgabe, Kindermädchen für Polizisten, Jäger der andere zu spielen. Mit eindeutigen Zäunen hätte ich es leichter. Bei mir ist das insofern auch aktuell, da ich direkt an der Staatsgrenze und an Verkehrswegen lebe. Nach dem, was ich bis jetzt mitgemacht habe, geht mir eine zusätzliche Angst vor dem Wolf bis jetzt noch völlig ab. Die Routine des Übernachtens bei den Tieren habe ich mir in meinem Leben schonmal beigebracht. ;-)
Und Wölfe sollen ja risikoscheu und lernfähig sein. Das könnten sie dann bei mir beweisen, wobei ich nicht unbedingt scharf drauf wäre.
Aber du hast absolut recht, wenn der Wolf vor der Tür steht, dann muß man ihm was zum nachdenken geben, sonst wird man seines Lebens nicht mehr froh!
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