Die momentane Ruhe ist durchaus erklärbar, wie der niedersächsische Wolfsberater Uwe Martens vom Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. in seinem Eintrag "Wolfsjahr" auf der Website des Freundeskreises skizziert hat:
April-Juni:
• Welpen werden geboren.
• Die Jährlinge übernehmen die Aufgabe, sich um die Welpen zu kümmern.
• Die Wölfe haben sich im Kerngebiet ihres Reviers zurückgezogen.
• Nahrung wie Kitze und Frischlinge sind reichlich vorhanden.
• Wenige Übergriffe auf Nutztiere, [...]
http://www.lausitz-wolf.de/index.php?id=1503
Aus meiner Sicht bringen die Anzeigen bezüglich der Tötung von MT6 im besten Fall gerade einmal ein paar mehr Informationen für die Öffentlichkeit.
Dass juristisch oder politisch gesehen "Köpfe rollen" werden, ist dagegen schwer vorstellbar.
Glaubt man dem aktuellen Artikel der NOZ, hatten angeblich auch LUPUS-Mitarbeiter zuvor Vergrämungsmaßnahmen durchgeführt.
Die Entscheidung, MT6 schließlich zu töten, wurde dem Bericht zufolge zusammen mit sämtlichen Experten des neuen bundesweiten Beratungszentrums zum Wolf DBBW (Lupus, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, Senckenberg Forschungsinstitut für Wildtiergenetik und Senckenberg Museum) getroffen:
Per Skype-Konferenz entschieden schließlich alle Experten gemeinsam mit dem niedersächsischen Umweltministerium, das Tier abzuschießen. „Das war keine leichte Entscheidung“, sagt Ansorge. „Wir mussten für den Tod des Wolfes die Verantwortung übernehmen, aber auch dafür sorgen, dass sich das Image des Wolfes nicht weiter verschlechtert.“
http://www.noz.de/deutschland-welt/nied ... 0&0&733206
Wenn die gesamte Expertise den Abschuss befürwortet hat, dürfte die Sache für die Gerichte unstrittig sein. Dass man die Phantasie oder Manipulationen mancher Bürger gerichtlich thematisiert, ist eher unwahrscheinlich.
Wenigstens kann nun kein Sender mehr Unbefugte auf die Spur eines Wolfes in Niedersachsen locken. Vielleicht sind die Videos im Netz ja auch deshalb so rar geworden.
Die PR- und Medienkampagne der Wolfsgegner läuft dagegen munter weiter. Die tendenziöse Wortwahl und einseitige Berichterstattung in der ZDF-Reportage vom 19.06.16 zum Beispiel erschien wie eine 1:1-Übernahme der Wolfsgegner-Seiten in den sozialen Medien.
Offenbar hat man sich inzwischen gut organisiert und den PR-Bereich professionalisiert. Die Strategie dahinter ist deutlich: Man will nicht nur den Wolf schlechtreden, sondern auch gleich die, die sich für seinen Schutz einsetzen. So wurden in der ZDF-Reportage drei Stereotype von Wolfsfreunden skizziert: Der biertrinkende Balkonbiologe von Berlin-Neukölln; dann Menschen, die selbst Wölfe in Gehegen züchten und last but not least die radikalen Wolfsschützer, die unschuldige Menschen im Netz bedrohen.
Das Gros der Wolfsfreunde blieb dagegen genauso unberücksichtigt wie die meisten Einwohner in den Wolfsregionen wie der Lüneburger Heide, die dem Wolf wohlwollend oder neutral gegenüberstehen. Die tatkräftige Unterstützung von Wikiwolves oder die finanziellen Hilfen der Heinz-Sielmann-Stiftung kamen schlichtweg nicht vor. Experten wie Wotschikowsky, die Leute von Lupus oder Senckenberg, die Herrschaften vom Wolfsbüro oder wenigstens der für den Truppenübungsplatz Munster zuständige Bundesförster wurden schon gar nicht in die Berichterstattung einbezogen. Als Gegengewicht zu den Aussagen der Dame mit der Mütze mit dem Logo eines Jagdwaffenherstellers wäre auch die Einschätzung der Veterinäre der Tiermedizinischen Hochschule in Hannover interessant gewesen, die ihre toten Kühe untersucht haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, dass diese Tiere statt durch einen Wolfsangriff krankheitsbedingt verendet sind.
Ebenso unerwähnt blieb der neue
Tourismusrekord in der Lüneburger Heide im ersten Quartal 2016:
Stattdessen sehen wir immer wieder dieselben Akteure aus Schafzucht, Jagd und Landwirtschaft auf der medialen Bühne, die uns irgendwie vermitteln wollen, dass sie mit ihren Geschichten à là Grimm für die Bevölkerung in Niedersachsen, Brandenburg oder in welcher Wolfsregion auch immer, sprechen.
Da erfreut es einen doch ums so mehr, dass sich auch unsere Touris von so einer durchschaubaren, für den Natur- und Artenschutz destruktiven Lobbyarbeit nicht an der Nase herumführen lassen.