Moin Outlander,
Grundsätzlich sind wir in der Position gar nicht so wahnsinnig weit entfernt. Aber einige Punkte gibt es, da gehe ich nicht mit.
outlander hat geschrieben: Guten Tag, ich bin Berufsjäger!
O.k., 3 Jahre Ausbildung, ggf. noch weitere 3 Jahre für den Meister?
Und wieviele Berufsjäger gibt es in diesem Land? Der große Anteil hat die üblichen Kurse besucht, einschließlich sogenannter Crash Kurse, die 3 Wochen dauern. Was kann man da vermitteln? Ich hab's schon oft geschrieben und schreibe es wieder: Der biologische Teil ist ein ganz schlechter Witz, ich habe ohne einen solchen Kurs die Fragen einfach so abgehakt, ohne jede Vorbereitung, ein paar kleinere Fehler im Bereich von Vögeln, weil die mich nicht so interessieren.
Es tut mit leid, aber jemanden mit so dürftigem Wissen läßt man nicht auf den Wolf los (wieviele Stunden oder Tage lang wird der eigentlich behandelt? Ach nein, ich hörte mal was von 10 Minuten: Thema Wolf erledigt). Ich selber befasse mich jetzt seit
Jahren mit dem Wolf ohne den Anspruch zu erheben, Experte zu sein (obgleich ich mich in der Diskussion mit Experten sicher nicht blamieren würde), weil mir die Möglichkeiten zur Feldforschung fehlen.
Wirkliche Experten sind die, die 10...20...30 Jahre draußen im Feld forschen, das Wissen vermehren, und selbst die leben nach dem Motto: Der Wolf überrascht uns selbst nach 25 Jahren immer wieder auf's neue. Was übrigens auch für Füchse gilt, mit denen ich mich ebenfalls etwas befasse. Sorry, aber wenn die Jägerausbildung so gut ist, dann sollte ich
eigentlich nicht in der Lage sein, einem Jäger etliches über diese Tiere zu erzählen, das er noch nicht wußte, nicht wahr?
outlander hat geschrieben:gibt es Ausreisser --> ein Wolf wird hier und da gesichtet,
Das, was da als Ausreißer bezeichnet wird und mit 144 pt. Buchstaben in der Journaille landet, ist völlig normales Verhalten von Jungtieren auf der Dispersion. Sie sind noch etwas naiv, unerfahren und noch zu wenig mißtrauisch. Mit fortschreitendem Alter legt sich das. Die Benutzung gut ausgebauter Wege ist ebenfalls normal, da der Wolf dem Minimalenergieprinzip folgt. Hysterische Ausbrüche, weil irgend jemand unbedarfter einen Wolf oder auch ein ganzes Rudel auf einem Waldweg gesehen hat, sind bezeichnend für eine Bevölkerung, die der Natur nahezu vollständig entfremdet ist. Ebenso normal ist, daß sich ein Jungwolf an der Schafherde nicht vertreiben läßt, was ja zu wilden Spekulationen Anlaß gab. Tatsächlich war der Jungspund vollständig auf seine Beute fixiert und hat die Menschen drum herum als unwichtig abgetan. Das ist nicht "nicht scheu", sondern volle Konzentration auf das Ziel, sich den Magen zu füllen. Solche Szenen landen dann in der Boulevardpresse, garniert mit ein paar miesen Photos von sogenannten Leserreportern und reißerisch aufgemacht, um die Auflage zu steigern, möglichst noch mit ein paar Agenturbildern von blutverschmierten, zähnefletschenden Wolfsschnauzen, die aber eher von rustikalen Tischmanieren zeugen als von Aggressivität....
Bevor man die Pferde samt Rotkäppchen und den sieben Geißleich rebellisch macht, hätte man, da gebe ich Dir völlig recht, einfach mal Wolfs
experten fragen sollen, entweder die bekannten Feldforscher oder einfach Leute, die sich seit Jahren damit befassen und nicht nur an einem Wochenende zum "Wolfsberater" ausgebildet wurden. Ich habe mal eine Dokumentation über einen solchen Kurs gesehen und nur noch die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen...
outlander hat geschrieben:Im Moment ist der Wolf noch eine streng geschützte Art, und darf von niemandem getötet werden, ausser von einem Amtsveterinär, welche Folgen das haben kann, zeigt dieser Artikel:
http://www.jagd-in-hattersheim.de/archiv-2011.html (runterscrollen bis "ABSURDUM: Tierschutz vs. Naturschutz).
Im Jahr 2011 hat man kurz darüber diskutiert, wie man im Wiederholungsfall damit besser umgehen kann, doch die Diskussion ging unter.
Jetzt, wo die Zahl der Tiere jährlich bzw. kontinuierlich steigt, sollte man dringend einen Plan haben, was zukünftig zu tun ist.
So weit so richtig und gleichzeitig auch wieder nicht. Ich erinnere mich nur zu gut an den Fall, in dem mehrere Jäger einen offensichlich nur leicht verletzten Wolf "erlösen" wollten, ihm erst das Rückgrat zerschossen und in dann Stück für Stück buchstäblich qualvoll in Stücke schossen, Lauf kaputt, Kiefer zerschossen, usw. bis endlich der Tod das Tier erlöste. Hier hört für mich jegliches Verständnis auf und vollens angefressen reagiere ich, wenn solche Stümper mit einer Larifari-Strafe davonkommen.
Ebenso wenig habe ich Verständnis für Leute, die einen Wolf abknallen "hab ich mit einem Hund verwechselt" (was den "Westerwald-Wolf" das Leben kostete. Auch hier wieder eine lächerliche Strafe)...
Ich dachte immer, Jäger wären naturgegeben die ganz großen Experten? Ich bin keiner und trotzdem würde ich auch nicht im Dämmerlicht einen Hund mit einem Wolf verwechseln, denn Habitus, Fellfarbe, Gangart, Schwanzform, Violdrüse usw. usf. unterscheiden ihn sogar deutlich von Saarloos, TWH und Tamaskan. Das Gesamtbild des Wolfes ist eigentlich eindeutig (High Content Wolfhunde mal außenvor).
outlander hat geschrieben:- sinkenden Wildbestände haben Einfluss auf die Jagdpacht, also auf das Geld was die Grundbesitzer bekommen.
Darum geht es letztlich, um's Geld!
Der Punkt ist, daß man von der Jägerschaft ständig das Gezeter hört, der Wolf (aber auch der Luchs) frißt Rehe im Wert von... und dann kommt üblicherweise irgend eine an den Haaren herbeigezogene Zahl/Summe. Dazu die ständige Hetze gegen die Grauen und Verlautbarungen von "Offiziellen" der Jägerschaft, die von Nichtwissen über diese Tiere nur so strotzen.
Wenn dazu dann noch solche Tiraden wie von diesem "Helmut", die ich verlinkt habe, dazukommen, dann zeichnet das ein äußerst häßliches und unsympathisches Bild und gereicht dem Ansehen der Jägerschaft garantiert nicht zum Vorteil. Die Öffentlichkeit ist kritisch geworden, nicht zuletzt auch wegen Praktiken wie Haustierabschüssen, und die Jägerschaft hat sich einigen sehr unangenehmen Fragen zu stellen. M.E. wird die Akzeptanz nicht steigen, bevor nicht alle schwarzen Schafe konsequent aussortiert und einige Praktiken überdacht wurden.
outlander hat geschrieben:Der Wolf ist ein faszinierendes Tier, dennoch sollten wir aufhören blauäugig durch die Gegend zu laufen
Da sind wir uns einig, und ein solches Tier abzuschießen wegen wirtschaftlicher Interessen oder einer eingebildeten Bedrohung sehe ich als No Go an.
Wie war das noch?
"Lernt mit uns zu leben, denn wir sind nicht mehr viele..."
Canis lupus
Von vielen Millionen Wölfen existieren gerade noch ungefähr 180.000 plusminus...
Ich habe mich bemüht sachlich zu bleiben, aber ich muß zugeben, es fällt mir z.B. angesichts geköpfter Wölfe und verstümmelter, vergifteter oder abgeknallter Luchse verdammt schwer...
Gruß
Wolf