Vom Wert eines Rehes

Alles, was sonst nirgends passt.
balin
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Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von balin »

Es ist wirklich so, daß ich mich über alle Orte freue, wo es besser funktioniert wie in unserer Gegend. Respekt, wenn ihr das ohne solche schmutzige Wäsche schafft. Die Einigung über ein paar weniger Rehe oder über angepasste Jagdgewohnheiten steht deshalb aber immer noch aus. Es ist nicht Aufgabe der Waldbauern, mit Zaunbau oder Jungwaldverbiss das Hobby der Jäger zu finanzieren. Die Rehe stehen da nur stellvertretend in der Kritik. Jäger sollen auch etwas für ihre Akzeptanz tun.
Der Ersatz steht schon in den Startlöchern, wie du ja im Forum hier unschwer nachlesen kannst. :-D
LarsD

Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von LarsD »

balin hat geschrieben:Die Einigung über ein paar weniger Rehe oder über angepasste Jagdgewohnheiten steht deshalb aber immer noch aus. Es ist nicht Aufgabe der Waldbauern, mit Zaunbau oder Jungwaldverbiss das Hobby der Jäger zu finanzieren. Die Rehe stehen da nur stellvertretend in der Kritik. Jäger sollen auch etwas für ihre Akzeptanz tun.
Was Du schreibst, wird in Revieren mit großem oder überwiegendem Waldanteil vielerorts zutreffen. Hier ist es so, dass es dem Rehwild in der ausgeräumten und in der Freizeit vom Menschen sehr intensiven Landschaft an Rückzugsmöglichkeiten/Einständen fehlt, während Äsungsflächen mehr als reichlich da sind. Entsprechend konzentriert sich das Geschehen am Tage dann in den wenigen Waldflächen. Ohne Zäunung geht dort nichts. Hältst Du des es unter den Rahmenbedingungen wirklich für richtig, den Rehwildbestand so zu regulieren, dass er zur verbliebenen Einstandsfläche passt?
Ein weiterer Aspekt ist dann die Sichtweise der Jagdgenossen. Hier ist es tatsächlich so, dass bei der Genehmigung der Abschusspläne durch den Vorstand der Jagdgenossenschaft regelmäßig betont wird, dass man Rehwild in der Landschaft sehen möchte und deshalb eine Erhöhung des Abschusses kristisch sieht bzw. rundweg ablehnt. Es gibt in Ortsnähe Bereiche im Revier, in denen wir aus Rücksicht auf einflussreiche Jagdgenossen nur Schwarzwild bejagen. Die Leute möchten vom Frühstücks- oder Abendbrottisch aus dem Rehwild zusehen können. In Bezug auf die von Dir angesprochene Akzeptanz der Jägerschaft ist es hier zu meiner eigenen Überraschung so, dass der Wolf da unglaublich hilfreich ist. Da wird Dir im Brustton tiefster Überzeugung erklärt, dass der Jäger sich schließlich darum zu kümmern hätte, dass die Wölfe nicht überhand nehmen. Vielleicht beobachtest Du bald ähnliche Kuriositäten, wenn die ersten Wölfe auch in Deiner Gegend auftauchen. ;-)

Viele Grüße

Lars
balin
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Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von balin »

Daß wir unsere Landschaftsbewohner immer im Zusammenhang mit ihrer von ihnen tatsächlich bewohnten Landschaft sehen müssen ist eigentlich klar. Das alte Verbissgutachten von 2009 für Bayern schaffe ich leider mit den Links, die ich mir gesammelt hatte nicht mehr. Dieses Jahr gibt es aber ein neues. Wenn es verfügbar ist, stelle ich es hier mal ein und werde dann meine Argumentation für den Wolf weiterverfolgen.
Und weil es hier ja um einen etwas seltsamen Wildunfall ging, hier noch eine schöne Diskussionsgrundlage zu der Todesursache Nr. Eins für Wildtiere in Deutschland. Das hat ja auch mit Bewertung von Tieren zu tun.
http://www.waldwissen.net/wald/wild/man ... k/index_DE
Ich wusste nicht, daß die Teilkaskoversicherung bei Unfällen mit Wolf, Bär oder Biber nicht zahlen muß. Diese Versicherung gilt nur für "Haarwild". Und etwas wesentliches wird in diesem Artikel auch klargestellt. Gegen die Wildunfälle hilft auch eine drastische Reduzierung des Wildbestandes nichts mehr. Es gibt einfach zu viele Strassen- und andere Verkehrskilometer ohne adäquate Querungshilfen für die Freigänger unter den Arten ausserhalb des Menschen.Hier stösst Regulierung an andere Grenzen, die es zu beachten gilt!
PS: Doch noch gefunden
http://www.lwf.bayern.de/veroeffentlich ... g-2009.pdf
In den gelben und roten Flächen sind die Jäger schlecht angesehen und es läuft eine Stellenausschreibung für die Wölfe. :-D
Rechts oben in der Karte an der Grenze zu Sachsen bin ich zuhause. Da ist es blutrot!
timber-der-wolf

Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von timber-der-wolf »

balin hat geschrieben:Und weil es hier ja um einen etwas seltsamen Wildunfall ging, hier noch eine schöne Diskussionsgrundlage zu der Todesursache Nr. Eins für Wildtiere in Deutschland. Das hat ja auch mit Bewertung von Tieren zu tun.
http://www.waldwissen.net/wald/wild/man ... k/index_DE
Ich wusste nicht, daß die Teilkaskoversicherung bei Unfällen mit Wolf, Bär oder Biber nicht zahlen muß.
Das ist grundsätzlich richtig!
Aber die Versicherungen handhaben das sehr unterschiedlich. Wenn in den Versicherungsbedingungen z.B. der Hinweis "mit Haarwild gem. § 2 BJagdG" fehlt, müssen sie sogar im Fall des Falles leisten.
Aus gegebenem Anlaß hatte ich mich vor 2 Jahren beim Wechsel der Kfz Versicherung ausdrücklich für den Fall eines Unfalls mit einem WOLF erkundigt, ob dieser Schaden mir dann durch die Teilkasko ersetzt werden würde. Dies wurde mir ausdrücklich bestätigt (übrigens mit dem vorgenannten Hinweis, dass das BJagdG in den Versicherungsbedingungen nicht erwähnt ist, und somit auch Schäden mit Tieren ersetz werden, die nicht zum jagdbaren Wild gem. Jagdgesetzgebung zählen ;-) ).
balin
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Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von balin »

Jäger sind unbesritten alle Gutmenschen!
Zum Beweis dieses Video hier:
http://www.br.de/fernsehen/bayerisches- ... ld100.html
Wenn man aber die gesamtgesellschaftlichen Kosten einer nicht erfüllten Jagd in Rechnung stellt, dann kommen ganz andere
Bezüge ins Spiel. Auch im Sinne des anstehenden Klimawandels muß man sich fragen, ob wir uns diese nostalgische Art von Jagdauffassung noch leisten können.Es wäre vielleicht sinnvoll, auch andere Regulatoren wie die Wölfe zu fördern. Der Wald und die Waldbauern wären dankbar und die Jäger bräuchten auch kein schlechtes Gewissen haben, weil ja der Wolf das Böse erledigt. Und sie hätten keinen solchen Stress mehr bei der Fleischbeschau. Hat ja der böse Wolf schon vorher bereinigt. ;-)
Man muß sich langsam fragen, wo die Problemtiere/menschen wirklich festgemacht werden müssen.
Es gibt übrigens in Bayern die Möglichkeit eines Bußgeldes, wenn die Abschussquoten nicht erfüllt worden sind.
Wenn das wirklich so weiterläuft, dürfen wir uns auch vor einem wirtschaftlichen und ökologischen Hintergrund auf die Wölfe freuen.
Da wird dann Rotkäppchen zur Nebensache.
LarsD

Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von LarsD »

Es geht doch nichts über eine gepflegte Aversion gegen die Jäger, oder? :mrgreen: Da stirbt der deutsche Wald, der den sauren Regen schon nicht überstehen sollte, jetzt wegen der bösen Rehe. Und deshalb tragen die bösen Jäger selbstverständlich auch eine Mitschuld am Klimawandel. Und als sei das nicht überraschend genug, erkennt und greift der Wolf jetzt bevorzugt Sauen mit Trichinenbefall ... Wird Zeit, dass Du den Jagdschein machst und endlich mitreden kannst! :mrgreen:
Im von Dir verlinkten Video wird nicht nur Rotwild zu Rehwild umdeklariert. Ich habe auch gelernt, dass man zur Bejagung von Rehwild angeblich Schnee braucht. :shock: Vergleiche mal die jährlichen Strecken beim Rehwild in Bayern (ca. 30.000 Stück auf gut 70.000 km²) und Brandenburg (ca. 69.000 Stück auf knappe 30.000 km²). Gibt es hier im Norden viel mehr Rehwild und/oder fleißigere Jäger?

Mal abgesehen von derart weltbewegenden Fragen ... bist Du Waldbauer/Waldbesitzer? Welchen Einfluss nimmst Du gemeinsam mit Deinen Leidensgefährten über die Jagdgenossenschaft auf den Abschußplan und bei dessen wiederholter Nichterfüllung auf den Jagdpachtvertrag? Wurden Verbißgutachten erstellt und was kam dabei raus? Welche Summen hat Euer Jagdpächter in den letzten Jahren für Verbißschäden gezahlt? Wenn die Jagdgenossenschaft es möchte, dann schafft der Pächter den Abschußplan beim Rehwild auch ohne Schnee, versprochen! ;-) Allerdings sollte man dabei den Bogen auch nicht überspannen. Einerseits horrende Pachten verlangen und auf der anderen Seite möglichst kein Wild im Revier haben zu wollen, geht auch nicht lange gut. ;-)

Viele Grüße

Lars

P.S. Es macht wirklich keinen Spaß, beim Aufbrechen egal welcher Wildart die nach dem Schuß erstickten Föten zu entsorgen ...
balin
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Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von balin »

Auf die Diskussion bin ich gestossen, weil die Zusammenhänge in " Aus Landwirtschaft und Umwelt" auf B5 akuell am Sonntag früh dargestellt wurden.
Den Bericht betreffs der Jagdverlängerung kann ich gut nachvollziehen. Bei uns gibt es kein Rotwild, aber in meinem Wald gibt
es auch einen Rasen von alten , aber jedes Jahr neu verbissenen kleinen Bäumchen. Ein paar Meter weiter, hinter den Zäunen
sind die Altersgenossen schon über mannshoch. Was müssen wir machen? Einzäunen natürlich, weil gutes oder schlechtes Zureden nichts mehr hilft. Das ist Herdenschutz für die Bäume und wir brauchen uns nicht mehr zu ärgern. Das sind die selben Prozesse wie bei den Wölfen. Man versucht sich die Schädlinge so vom Hals zu halten, daß man ruhig schlafen kann.
Ich , für mich, ordne das aber in einen größeren Zusammenhang ein. Zu Beginn des Kohlezeitalters war Mittel- und Westeuropa
wegen der intensiven Nutzung von Holz ziemlich waldarm. Mit den dann nach und nach erlassenen Waldgesetzen mit unter anderem dem Verbot der Waldweide war erst im Laufe der Industrialisierung eine großflächige Wiederaufforstung möglich.
Wir stehen jetzt mit dem Waldumbau wieder vor einer ähnlichen Aufgabe, auch wenn das manche nicht wahrhaben wollen. So wie damals muß man sich überlegen, wie man das am besten durchsetzt. Wenn es eben mit der derzeitigen Besatzung und den derzeitigen Regeln nicht hinhaut, muß man etwas ändern. Wenn die Jäger sich dagegen stellen und sich zu diesem Zweck in der Öffentlichkeit als selbstgefällige Gurkentruppe darstellen, dann ist das ihre Sache. Jetzt muß aber gehandelt werden, weil die Baumnachzucht schon in den Pflanzgärten steht und nur noch auf das Einpflanzen wartet.
Da wird es viele geben, die gerne auf die Jagdpacht verzichten würden, wenn dafür eine seriöse und eingepasste Jagd betrieben würde. Wir haben da zur Zeit eine Verantwortung für einen längeren Zeitraum und kneifen gilt nicht!
Die Diskussion ist brandaktuell und manifestiert sich immer wieder im Machtkampf zwischen den Staatsforsten und dem Landesjagdverband. Die letzteren halten sich eigentlich nur dank ihrer Beziehungen. Der Volkswirtschaftliche Schaden wird aber zuallererst in den Bannwäldern und in den Umbauregionen offensichtlich.
Inwieweit die Staatsforsten darin verwickelt sind, sieht man an dieser Karte:
http://www.baysf.de/uploads/media/Ueber ... Rahmen.pdf
Sie sind eigentlich in allen Brennpunkten der Hauptakteur.
Dieser Konflikt hat durchaus das Potential, die Jagdgesetze aufzubrechen und neue Wege zu ermöglichen. Der Wolf passt da
gut hinein und seine heilsame Wirkung wird vor allem in den Gebieten dokumentiert, wo er längere Zeit abwesend war.
Nochmal zu mir...mit Aversion hat das nicht viel zu tun, es kommt nur in der nächsten Zeit auf konkretes Handeln an und wenn nicht, dann wird der Druck steigen! Im übrigen habe ich mir einen verträglichen Umgangston angewöhnt, so daß das nie zu persölich werden kann. ;-)
LarsD

Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von LarsD »

balin hat geschrieben: Wenn es eben mit der derzeitigen Besatzung und den derzeitigen Regeln nicht hinhaut, muß man etwas ändern.


Du machst es Dir zu einfach. Die Jagdgenossenschaft und damit die Grundeigentümer haben es in der Hand, ob und an wen sie unter welchen Bedingungen verpachten. Es steht Euch frei, auf eigene Rechnung einen Berufsjäger einzustellen, selbst zu jagen (Jagdschein vorausgesetzt) oder eben zu verpachten. Ein Blick in § 27 des Bundesjagdgesetzes zeigt Dir zudem, was die Regeln hergeben, wenn so ein Pächter tatsächlich nicht freiwillig seinen Pflichten nachkommt. Es braucht somit keine Änderungen der bestehenden Regeln, Ihr müsst sie in Eurem Beritt einfach nur umsetzen. ;-) Nicht zäunen, nicht Pauschalkritik an der Jägerschaft, sondern eigenverantwortliches Handeln im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten bringt Dich und Deinen Wald in Sachen Verjüngung weiter.

Viele Grüße

Lars
timber-der-wolf

Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von timber-der-wolf »

LarsD hat geschrieben:
balin hat geschrieben: Wenn es eben mit der derzeitigen Besatzung und den derzeitigen Regeln nicht hinhaut, muß man etwas ändern.
Die Jagdgenossenschaft und damit die Grundeigentümer haben es in der Hand, ob und an wen sie unter welchen Bedingungen verpachten.
Da haben wir doch den Ansatz, dass das Jagdwesen, einschließlich der dazu notwendigen Jagdgesetzgebung GRUNDSÄTZLICH geändert werden müßte! Gesetze sind nichts Gottgegebenes, sondern von Menschen erdacht und jederzeit änderbar.
Wild ist HERRENLOS, richtig? Aber ein Land-/Waldbesitzer, soweit er ausreichend Fläche besitzt, bzw. die Jagdgenossenschaft, die gesetzliche Zwangsvereinigung der Landbesitzer, bestimmen und "haben es in der Hand", was geschossen werden soll. Diese ganze Reglung, dass die Jagd am Besitz von Grund und Boden gebunden ist, ist doch ein absoluter Widersinn in sich, der als erstes geändert werden müßte, und in deren Folge sich auch viele andere Dinge im Jagdwesen besser lösen ließen.
balin
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Re: Vom Wert eines Rehes

Beitrag von balin »

Mit welchen Bandagen da gekämpft wird, kann man an diesem Brief sehen:
http://www.wald-wild-mensch.de/doc/brie ... ehofer.pdf
Das Ergebnis der ganzen Campagne war, daß ein Strategiepapier des Landwirtschaftsministeriums zur Forstpolitik zurückgezogen wurde und die Urheber zurückgepfiffen wurden.
Noch funktioniert das, aber es könnte leicht sein, daß sich die eingefahrenen Beziehungskisten mit der Wahl 2013 verschieben.
Bei uns gelten die Jagdpachtverträge in der Regel 15 Jahre. Man hat es also über lange Strecken mit den gleichen Menschen zu tun. Wenn man realistisch ist, dann berücksichtigt man die mangelnde Lernfähigkeit des Menschen nach seinem 26. Lebensjahr.
Größere Änderungen schafft man erst mit Wechsel des Jagdpächters. Im Entwurf des neuen sächsischen Jagdgesetzes habe ich die Verkürzung der Pachtzeiten als einen wichtigen Schritt vorwärts wahrgenommen.
Und wie schwer die Aufgabe ist, sieht man an den Bemühungen der doch so mächtigen Organisation "Bayerische Staatsforsten".
Das sind Staatsangestellte, die unseren , also den Wald der bayerischen Bürger, verwalten und sie müssen sich von der jagenden Hobbygesellschaft verunglimpfen und persönlich in die Enge treiben lassen. Schon beim Volksbegehren zur Umorganisation des Staatsforstes hat man gesehen, daß die Bürger sehr wohl Anteil an der Forstpolitik nehmen. Mit dem Leidensdruck, der bei der Waldverjüngung zur Zeit ensteht, werden sich wohl auch die privaten Waldbesitzer bald zu Wort melden. Ohne einen funktionierenden Wald geht es mit der Jagd ja auch in Zukunft abwärts. Eigentlich müßte jeder einsehen, daß für die nächsten Jahre ein spürbares Umsteuern notwendig ist. Wenn die Bäume größer sind, kann man ja dann wieder ab und zu ein Auge zudrücken. Momentan ist aber Sache, nur haben das welche noch nicht gemerkt. :!:
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