Landnutzung und Wildnis

Alles, was sonst nirgends passt.
Grauer Wolf

Re: Landnutzung und Wildnis

Beitrag von Grauer Wolf »

aka hat geschrieben:Ist nicht von mir, und ich hielt diese These lange für übetrieben. Bis ich kürzlich mit ein Paar Kindern - 8 - 10 Jahre alt - unterwegs war
und wissen wollte was für ein Tier uns da über den Weg lief und Spuren hinterlassen hat. Nach dem das dritte oder vierte Kind
Dich mit den großen unschuldigen Augen angeschaut hat und sagte - Wolf ?, dachte ich dass sie mich verasch....n wollen.
Es war eine Wildschweinfährte. Und es war auch keine Verarsch....g. Die meinten es ehrlich.
Jedes konte mit dem Begriff
Wildschwein, Reh und sogar Buntspecht irgendwas anfangen und assoziierte damit Bilder von diesem oder anderem Tier.
Aber das waren...abstrakte Bilder. Ist vielleicht nicht überall so, aber es ist scheinbar auch keine Ausnahme.
http://www.wanderforschung.de/files/wis ... 105981.pdf
Enten sind gelb, Kühe lila, das Reh ist die Frau vom Hirsch, Blindschleichen sind blinde Schlangen, Spitzmäuse sind Mäuse usw. usf. Ein Armutszeugnis, mit dem sich die Studie auseinandersetzt...
Der Punkt ist, daß hier eigentlich schon im Kindergartenalter angesetzt werden müßte, die entsprechenden Betreuer sich aber nach meinen Beobachtungen geradezu durch grandioses Unwissen in punkto Natur auszeichnen. Man sieht zwar hier gelegentlich Kindergartengruppen in den Wäldern, aber die Lütten rennen nur kreischend herum, knüppeln mit Stöcken auf die Büsche ein, während die Erzieherinnen auf der Bank hocken, Zigarettchen rauchen " un de Schnüss schwade", wie man hier im Rheinland sagt. Von Erklären, Interesse wecken, begreifen im wahrsten Sinne des Wortes keine Spur...
Statt sich mit den Kindern mal in einen soliden Tierpark mit einheimischen Tieren und ohne "Spaßelemente" zu begeben, geht's von zuhause lieber in Volksverblödungsparks oder zum Kindergeburtstag bei Mäc Mampf oder man setzt sie gleich vor Glotze oder Play Station, damit a Ruh is'...
Traurigerweise kann ich hier mitreden. Mein kleiner Neffe war eine zeitlang sehr interessiert an Tieren und Pflanzen und ich hab's gefördert, wo ich konnte, aber da die Eltern in der Hinsicht völlig desinteressiert waren und nicht mitmachten, verlief's im Sand...
aka hat geschrieben:Ich schätze daß 80 - 90 % der Menschen, die Nationalparks besuchen, nicht wissen, an welchen Bäumen, Tieren oder sonstigem sie
vorbeigelaufen sind. Es fehlt die Erfahrung, der Vergleich. Es sind halt Kultstätten die besucht werden müssen, weil es sich so gehört.
Und mit dieser Wildniss wird sich wohl ähnlich verhalten.

Ich glaube mit dem Wolf auch ....
Traurig, aber war... Nationalparkbesuch heißt meistens, ein Stündchen spazierengehen und dann ab ins nächste Café... Wer macht heute noch Tageswanderungen mit regem Interesse an Landschaft, Pflanzen und Tieren und offenen Augen? Die wenigsten... :(
Wer heutzutage wie ich sommers wie winters stundenlang durchs Gelände streift (o.k., ist bei mir auch beruflich bedingt...) und ggf. auch mal eine Nacht draußen verbringt, der gilt doch schon als extrem und leicht spinnert, um nicht zu sagen, total bekloppt... Ich erinnere mich an die Begegnung mit einem Park Ranger im Bayrischen Nationalpark, sehr spät an einem eisigen, nassen Abend im Winter... Stockduster war's, nur Vollmond zwischen den Wolken, alles still, die Touriblase "hinter'm Brett" bei Weißbier und Schlachtplatte... Wir kamen ins Gespräch und waren uns einig: Jetzt ist es am schönsten hier. Dann empfahl er uns noch, morgens um viere zu kommen, da wär's fast noch schöner... ;)
Ich denke, zu dem Zeitpunkt waren wir die einzigen Menschen im Umkreis mehrerer Kilometer. Nur das Heulen der Wölfe in der Gehegezone war zu hören: Wunderschön und eindringlich, ein kleiner Hauch von Wildnis... :pleased:
Lutra
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Re: Landnutzung und Wildnis

Beitrag von Lutra »

Ich denk mal, es hat auch sein Gutes, dass sich Massen Menschen in Spaßparks konzentrieren. Stellt Euch mal vor, die würden alle Ruhe und Entspannung in der weiten Landschaft suchen, dann wärs aber vorbei mit der Ruhe! :shock:
Es wird bei verschiedenen Gelegenheiten von unserem "dicht besiedelten" Land gesprochen. Mag auch stimmen, wenn man den Durchschnitt auf die Fläche hochrechnet. Aber habt Ihr schon mal beobachtet, dass sich die Besiedelungsdichte durch Menschen hauptsächlich punkt- und linienförmig konzentriert? Selbst in der stark frequentierten Dresdner Heide kommt man ganz schnell an Orte, wo der Mensch seltener Gast ist.
LarsD

Re: Landnutzung und Wildnis

Beitrag von LarsD »

Lutra hat geschrieben:Selbst in der stark frequentierten Dresdner Heide kommt man ganz schnell an Orte, wo der Mensch seltener Gast ist.
Das bessert sich! Sobald sich die Wölfe dort etabliert haben, schlägt auch in der Dresdner Heide die Stunde der Leute, die Pappnasen aus der Stadt für gutes Geld in die Landschaft schleppen, um ihnen Wolfskacke und Wolfsspuren zu zeigen. Sobald das Massenware geworden ist, kommt die Steigerungsform - Wolfwatching! Mit Hilfe von künstlich angelegten Wasserstellen nach dem Vorbild von Lupus oder aber gekonnt in die Landschaft geparkten Schafskadavern wird der zahlende Gaffer aus der Stadt zum absoluten Naturerlebnis geführt - mit Geld-zurück-Garantie - falls der Wolf nicht auftauchen sollte. Danach kommt dann die bezahlte Jagd auf Wölfe - ist in der Nähe einer Großsstadt wie Dresden ja viel einfacher zu organisieren, als in Romänien, Russland oder gar Kanada ... :roll:

Viele Grüße

Lars
Lutra
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Re: Landnutzung und Wildnis

Beitrag von Lutra »

Lars, Du hast echt eine blühende Fantasie!
Grauer Wolf

Re: Landnutzung und Wildnis

Beitrag von Grauer Wolf »

Lutra hat geschrieben:Lars, Du hast echt eine blühende Fantasie!
*lach*... Obwohl, leider ist mir dabei nicht wirklich nach Lachen zumute, denn diese Phantasien können schnell zur Wirklichkeit werden...
LarsD hat geschrieben:schlägt auch in der Dresdner Heide die Stunde der Leute, die Pappnasen aus der Stadt für gutes Geld in die Landschaft schleppen, um ihnen Wolfskacke und Wolfsspuren zu zeigen.
Da hat Lars schon recht! Genau das passiert doch schon. Die Sache hat zwei Seiten. Einerseits ist es natürlich gut, wenn auf diese Weise Aufklärung und Werbung für den Wolf betrieben wird. Ein Stückchen Wolfskot (mal dran riechen), ein paar echte Spuren, dazu ein interessanter Vortrag, das ist was anderes als ein Diavortrag.
Andererseits bringen solche geführten Wandergruppen zwangsweise Unruhe, denn Menschengruppen sind niemals leise. Bei jedem einzelnen Fall, bei dem ich Wandergruppen im Wald und auf der Heide traf, war das ein einziges Gegacker und Geschnatter wie bei einer Horde Affen, schon für mich auf 300...400 m zu hören, geschweige denn für die sehr viel empfindlicheren Ohren eines Wolfes... Lebendiges bekommen diese wie die Eichelhäher ratschenden Gruppen jedenfalls nicht zu sehen... Was glaubst Du wohl, warum ich draußen im Wald in Flecktarn rumlaufe, mich so leise wie möglich bewege und ständig auf den Wind achte? Damit ich was zu sehen bekomme! Auch wenn's hier "nur" Wildsau, Reh und gelegentlich Fuchs oder auch mal ein Dachs ist, dafür aber oft auf wenige Meter Entfernung (z.B. ein Füchslein auf 5...7m, ein wunderbares Erlebnis, besonders, wenn's einem tief in die Augen schaut... :pleased: )
Lutra
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Re: Landnutzung und Wildnis

Beitrag von Lutra »

Ich denke mal, Ihr werdet schon mal so eine Führung mitgemacht haben. Dann wißt Ihr auch, dass die Befürchtungen übertrieben sind. Es geht da doch in kein Kerngebiet! Die Führungen verlaufen auf Wegen, unweit der Bundesstraßen. Das ist kein Vergleich zu Montanbikern, Motocross-Helden und ähnlichen Querfeldein-Strategen. Außerdem kommen auf einen Wolfsführungsteilnehmer mindestens Tausend Pilzsucher in den betreffenden Gebieten, also mal schön auf dem Teppich bleiben.
Aufschlußreich ist bei so einer führung auch, dass es eben in keine Wildnis geht, sondern in eine teilweise extrem genutzte Landschaft, wo das Unterste zu Oberst gekehrt ist.
Grauer Wolf

Re: Landnutzung und Wildnis

Beitrag von Grauer Wolf »

Lutra hat geschrieben:Ich denke mal, Ihr werdet schon mal so eine Führung mitgemacht haben.
Nicht zum Thema Wolf (die gibt's hier nicht), aber ein paar andere Erfahrungen zu anderen Themen vor etlichen Jahren. Hat mir gereicht. Nie wieder! Ich bin und bleibe in der Natur von Natur aus (nettes Wortspiel) ein Einzelgänger... ;)
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SammysHP
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Re: Landnutzung und Wildnis

Beitrag von SammysHP »

Also bei meiner geführten Tour in der Lausitz war's absolut ok. Ein bisschen um die Ortschaft gezogen, ein bisschen die Gegend angeschaut, das war's.
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