SammysHP hat geschrieben: Eine andere Frage drängt sich viel mehr in den Vordergrund: Warum war es nicht möglich, die Jagd abzubrechen und sich dem Wolf umgehend zu nähern? Und wie ist das? Der Herr ist zu 80% behindert? Warum darf man dann überhaupt jagen?! Wenn man das alles zusammenzählt, ist das Urteil auf jeden Fall angemessen.
Zum Abbrechen einer Jagd: Das ist ein reines Kommuniktationsproblem. Je nach Größe und Struktur des bzw. der Reviere, in denen die Drückjagd durchgeführt wird, ist es schwierig, während der Jagd alle Beteiligten zu erreichen. Selbst wenn alle Beteiligten ein Handy und mit dem auch noch Netzempfang haben, würde es je nach Größe der Jagdgesellschaft erhebliche Zeit brauchen. Deshalb richtet man sich in der Praxis nach Zeiten, die zuvor festgelegt und angesagt werden. Aber selbst wenn ein Abbruch der Jagd erfolgt wäre. Es hätte den Wolf nicht gerettet.
Zur Frage, warum der Beklagte trotz Behinderung einen Jagdschein bekommt: Die Definitionen zum Grad von Behinderungen sind teilweise schwer nachvollziehbar. Wäre er körperlich und/oder geistig nicht in der Lage, die Jagd auszuüben, hätte er die Jagdprüfung schwerlich bestanden. Davon abgesehen ... ich kenne nicht alle Details, aber an welcher Stelle hatte die Behinderung des Mannes eine Auswirkung auf den Verlauf und vor allem auf den strafrechtlichen Aspekt des Geschehens?
Der Wolf war zum Zeitpunkt als er geschossen hat durch die beiden Schüsse anderer Jäger so schwer verletzt, dass er bereits keine Chance mehr hatte. Hätte der Mann den Finger gerade gelassen, hätte das am Ausgang der Geschichte nichts geändert. Er hat auf einen totkranken Wolf geschossen und wird, wenn ich das richtig verstanden habe, dafür verurteilt, dass er zum Zeitpunkt der Schussabgabe nicht sicher wissen konnte, ob der Wolf tatsächlich nicht mehr zu retten war. Das wußte der Polizist und Hundeführer auch nicht, als er "Rolf" den Gnadenschuss gab. Ich hätte in der gleichen Situation ohne Kenntnis all der Argumente im nachfolgenden Verfahren wahrscheinlich so gehandelt wie der Angeklagte. Das mag für jemanden, der selbst nicht jagt, durchaus unverständlich sein. Aber vielleicht vergleichst Du mal ganz in Ruhe für Dich die Situationen des Beklagten im besagten Verfahren und die des Polizisten im Fall "Rolf". Juristisch haben beide illegal und strafbar gehandelt. Die Motivation dürfte bei beiden die Gleiche gewesen sein. Während man dem Polizisten (aus meiner Sicht völlig berechtigt) im Nachgang eine Ausnahmegenehmigung erteilt, um eine zuvor begangene Straftat rückwirkend in legales Handeln zu verwandeln, verknackt man den Jäger zur besagten Strafe. Ist das tatsächlich gerecht?
Viele Grüße
Lars