SammysHP hat geschrieben:Ich spreche in der Stadt auch immer mal wieder Leute an, wenn die Situation gerade danach schreit. Fast immer kommt dann raus: "Ich habe Angst vor Wölfen. Warum weiß ich aber nicht."
Da spielt mit Sicherheit die ständige Hetzerei der "Grünen" eine Rolle, mehr aber noch die Prägung durch Märchen in der Kindheit: Wolf frißt Rotkäppchen, Zicklein, Großmütter, kleine niedliche Schweinchen und ähnliches. Dazu noch die Schauergeschichten der Großeltern-Generation, die's auch bei mir versucht hat: Ja, ja, damals vor Stalingrad...
Kinder sind imho sehr empfänglich für solche Lügengeschichten und in einem gewissen Alter verinnerlichen sie das. Älter werdend, werden solche ins Unterbewußtsein abgerutschten Geschichten dann mangels Interesse nicht mehr verifiziert.
Es ist also sehr schwierig, eine Fehlprägung durch objektive Information zu korrigieren. Ich habe als kleiner Bub insofern Glück gehabt, daß ich mich sehr früh für Hunde und damit auch für Wölfe interessiert habe (ich habe definitiv keine Ahnung, wieso, denn keiner meiner Familie mag Hunde, aber ich bin aber sehr dankbar dafür), so daß die ganzen Ammenmärchen ins Leere liefen...
Wie auch immer, wo gibt es im deutschen resp. europäisch geprägten Kulturgut positiv belegte Wolfs-Sagen oder ~Märchen? Ich kenne keine. Da hat schon das Christentum für gesorgt, für das der Wolf mit dem Bösen schlechthin gleichgesetzt wird...
Man muß schon zu den Mythen der Native Americans greifen, z.B.
"Eine junge Indianerin entdeckte ein Wolfsjunges, das allein und am Verhungern war. Sie trug es in ihr Lager, fütterte es und wärmte es in ihrem Zelt. Der Wolf wuchs rasch heran, und die beiden wurden unzertrennliche Freunde. Eines Morgens gingen sie zum Fluß hinunter, um zu trinken. In der weichen Erde des Ufers sah die Frau, wie ihre Spuren vom Vorabend, Spuren eines Menschen und eines Wolfes, sich in die Fährten von zwei Wölfen verwandelt hatten. Verwirrt suchte die Frau den Rat des Häuptlings, der ihr sagte, als Dank für das gerettete Leben habe der Wolf ihr die Gabe verliehen, als Mensch und als Wolf zu leben. An jenem Abend saß sie mit ihrem Gefährten am Ufer, und als sie auf das Wasser schaute, erblickte sie das Spiegelbild einer Wölfin."
Eine kleine Legende, die ich sehr liebe, weil sie von Menschen erzählt, die halb in der Welt der Tiere leben und sich ein Herz für sie erhalten haben, nicht im Sinne von Pseudoromantik "ach wie süß" (siehe z.B. "Knut"-Effekt), sondern im Sinne ehrlicher, tiefer Zuneigung und Verbundenheit, die im Tier das Mitlebewesen, ja den Seelenverwandten sieht...
M.W. gehört diese Geschichte zum Kulturkreis der Nez Percé, aber da kann ich mich irren...
Vergleicht man diese und ähnliche Geschichten mit hiesigen Märchen, so kommt man als Freund der Wölfe zu dem Schluß, daß europäische Märchenbücher allenfalls als Heizmaterial für'n Ofen taugen. In Kinderzimmer gehören sie jedenfalls nicht...
Solange den Menschen beim Klang des Wolfsheulens die Gruselschauer über den Rücken laufen (Kommentare von Zuhörern zu Kindern(!!!): Das klingt aber schaurig...) anstatt darin den melodischen, lockenden Gesang der Wildnis zu hören, in dem man sich verlieren kann, solange bin ich skeptisch, daß sich in großem Maßstab was zum Guten ändert und Mensch und Wolf wieder einträchtig zusammenleben... Der Fehler liegt jedenfalls beim Menschen, nicht beim Wolf, der nur in Ruhe leben und seine Welpen großziehen möchte und mit Habgier und Mißgunst nichts am Hut hat...