Tollwut, Wölfe und Vampire

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Nina
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Tollwut, Wölfe und Vampire

Beitrag von Nina »

Im Landkreis Leer und im Landkreis Lüneburg wurde in den vergangenen Wochen Fledermaustollwut nachgewiesen.¹ ²

Moment mal - Tollwut? Ließe sich da nicht ein prima Zusammenhang zu den Wölfen konstruieren? Und schon wittern die Wolfshysteriker und Panikschürer wieder Morgenluft!

Der Leserbriefschreiber Burkhard Krüger aus Gerdau ist sich in seinem Leserbrief in der az-online vom 10.09.2016 sicher:
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich Wölfe infizieren.

"Tollwut: Erst Fledermäuse, dann Wölfe?" https://www.az-online.de/leserbriefe/ue ... 36203.html
Krüger beklagt, dass Wolfsbüro und Wolfsberater noch keine Warnung ausgesprochen hätten, so dass er jetzt nicht wisse, wie er sich verhalten solle, wenn er einen Wolf träfe. Er könne schließlich nicht einschätzen, "ob der Wolf nur kuscheln wolle oder tollwütig sei". Aber eines weiss der Leserbriefschreiber: Tollwütige Tiere seien "unberechenbar und extrem gefährlich". Entschädigungszahlungen hülfen "zerbissenen Hunden und Menschen" nur bedingt und er hoffe, dass dieses "ernste Problem" nicht von "Wolfsromantikern verharmlost und kleingeredet" werde.³

Im ersten Moment könnte man auf den Gedanken kommen, dass hier lediglich ein uninformierter Bürger mangels Kenntnis der Zusammenhänge seine Besorgnis äußert. Wenn Herr Burkhard K. aus G. allerdings keinen Namensvetter im selben Ort sein eigen nennt, ist der Herr Mitglied eines "anerkannten Naturschutzverbandes" und erhielt laut Mitteilung Nr. 26/2006 der Landesjägerschaft Uelzen e.V. die "Treuenadel des Deutschen Jagdschutzverbandes" in Silber anlässlich der 25jährigen Mitgliedschaft.⁴ Obendrein ist der Mann ganz offensichtlich auch CDU-Ratsherr in der Gemeinde Gerdau.⁵

Vielleicht sollte der "anerkannte Naturschutzverband" seine Mitglieder zu Gunsten einer realistischen Einschätzung der Tollwutgefahren durch Fledermäuse noch einmal nachschulen:

So schreibt die Tierärztekammer des Saarlandes:
Die Fledermaustollwut steht mit der Fuchstollwut epidemiologisch nicht in Verbindung. Sie ist in ganz Europa verbreitet.

http://www.tierarzt-saar.de/default.aspx?PID=62
Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit schreibt:
Die Fledermaustollwut ist eine eigenständige Erkrankung, die von der Fuchstollwut oder „klassischen Tollwut" abzugrenzen ist und durch die Europäischen Fledermaustollwutviren 1 und 2 (EBLV-1 und -2) hervorgerufen wird.

http://www.laves.niedersachsen.de/tiere ... 93040.html
Eine Übertragung auf Haustiere wie Katzen und Hunden wurde bis jetzt nicht berichtet. Eine Übertragung auf Haustiere konnte im Tierexperiment bislang nur unter Anwendung sehr hoher Dosen und cerebraler Infektion erfolgen.

http://www.tierarzt-saar.de/default.aspx?PID=62
Andere Tiere und auch der Mensch sind zwar für die Fledermaustollwutviren empfänglich, Erkrankungen des Menschen und anderer Tiere an Fledermaustollwut sind jedoch äußerst seltene Einzelereignisse. Bislang wurde es nur fünfmal in Europa bei Säugetieren nachgewiesen, davon einmal in Deutschland im Gewebe eines Marders (2001). Ansonsten spielt sich das Krankheitsgeschehen in der Fledermauspopulation ab.

http://www.laves.niedersachsen.de/tiere ... 93040.html
Nager spielen als Übeträger keine Rolle:
Nagetiere (z.B. Eichhörnchen, Ratten und Mäuse) haben als Reservoir grundsätzlich keine Bedeutung.

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Ep ... llwut.html
Naja, die "anerkannten Naturschützer" aus dem Raum Uelzen erweisen sich gemeinhin als schreibfreudige, "besorgte" Leser zum Thema Wolf; so auch diese beiden Herren hier:

https://www.az-online.de/leserbriefe/ue ... 56243.html
http://www.az-online.de/leserbriefe/uel ... 37253.html

:lol:

¹ http://www.ndr.de/nachrichten/niedersac ... us376.html
² https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... us384.html
³ https://www.az-online.de/leserbriefe/ue ... 36203.html
http://docplayer.org/19357878-Jaegersch ... n-e-v.html
http://www.az-online.de/uelzen/suderbur ... 16056.html
Grauer Wolf

Re: Tollwut, Wölfe und Vampire

Beitrag von Grauer Wolf »

Nina hat geschrieben:Im Landkreis Leer und im Landkreis Lüneburg wurde in den vergangenen Wochen Fledermaustollwut nachgewiesen.¹ ²

Moment mal - Tollwut? Ließe sich da nicht ein prima Zusammenhang zu den Wölfen konstruieren? Und schon wittern die Wolfshysteriker und Panikschürer wieder Morgenluft!

Der Leserbriefschreiber Burkhard Krüger aus Gerdau ist sich in seinem Leserbrief in der az-online vom 10.09.2016 sicher:
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich Wölfe infizieren.
Der übliche Schwachsinn. Das der Erreger der Fledermaustollwut nichts mit der bekannten, "normalen" Tollwut zu tun hat, sollte eigentlich ein alter Hut sein.

Gruß
Wolf
zaino
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Re: Tollwut, Wölfe und Vampire

Beitrag von zaino »

Hm, naja, meine Tierärztin hat mir empfohlen, meinen Kater bei Freigang gegen Tollwut impfen zu lassen. Hab ich gemacht, sicher ist sicher.
Die Fuchstollwut bekam man seinerzeit mit der Schluckimpfung per Hühnerköppe sehr gut und meines Wissens auch europaweit in den Griff.
(Aluhuttragende Impfgegner kehren das zwar unter den Teppich, aber mei, ist bzw. war halt so und ich finds GUT - in meiner Kindheit wurde sehr viel Angst geschürt von wg. es seien draußen viele tollwütige Tiere unterwegs u.s.w.)

Eine mir bekannte mexikanische Familie musste sich reihenweise durchimpfen lassen - noch in den 80iger Jahren - als ein wildgefangener Nasenbär sich als infiziertes Anti-Haustier entpuppte. Nun ja, alle Leut gebissen hat das Viech schon vorher, klar, aus dem Dschungel von Chiapas in einen Patio an die Leine - wer bekäme da keine miese Laune? Infiziert hatte er sich wie? Angeblich sind Waschbären, Nasenbären und sonstige Verwandte ja immer stille Träger, heißt es, obs stimmt? Da sind sicher auch viele Märchen im Umlauf. Das Thema Tollwut ist nicht witzig.

Sollte irgendwas je auftauchen, muss halt die Schluckimpferei wieder her - denn allein die intensive Jagd auf den Fuchs (!!!) brachte seinerzeit Nullkommanixxxx.

Nachdem das alles aber noch nicht der Fall IST, ist es müssig, da jetzt schon rumzukreischen.
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Nina
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Re: Tollwut, Wölfe und Vampire

Beitrag von Nina »

Kann es sein, dass die Panikmache schon erste Wirkungen zeigt?

Natürlich macht es Sinn, Hunde und Katzen gegen Tollwut impfen zu lassen - hierbei geht es aber um die terrestrische Tollwut ("Fuchstollwut"), die in Deutschland als ausgerottet gilt. Fledermaustollwut wird durch einen anderen Erreger übertragen.

Hierzu schreibt das Robert-Koch-Institut:
In Europa (auch in Deutschland) gibt es neben dem Fuchs auch ein Tollwutvirusreservoir bei Fledermäusen, das jedoch unabhängig von der terrestrischen Tollwut zu sehen ist, da die Fledermaustollwut durch andere Lyssaviren, vornehmlich die Europäischen Fledermaustollwutviren 1 und 2, verursacht wird. [...] Anders als bei Haus- und Wildtieren hat ein Tollwutausbruch bei Fledermäusen keine Kontroll- und Bekämpfungsmaßnahmen der Veterinärbehörden zur Folge.

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Ep ... llwut.html
Der Leserbriefschreiber auf az-online hat beide Tollwutarten miteinander vermengt, so dass dem Leser eine unmittelbare Gefahr durch "tollwütige Wölfe" in Norddeutschland suggeriert wird.

In Deutschland ist nur ein einziger Fall beschrieben, in dem sich 2001 ein Marder mit Fledermaustollwut infiziert hat¹. Eine Übertragung der Fledermaustollwut auf Hunde und Katzen ist in der Praxis nicht bekannt.² Eine Übertragung erfolgt nur über infizierten Fledermausspeichel oder deren Augensekret. Fledermauskot z. B. ist nicht infektiös¹, und auch Ratten und Mäuse verbreiten die Fledermaustollwut nicht.³

Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erklärt, dass eine Übertragung der Fledermaustollwut auf Menschen und andere Tiere zwar möglich sei, es sich dabei aber um "äußerst seltene Einzelereignisse" handeln würde.¹ Würde sich die Fledermaustollwut ähnlich leicht verbreiten wie die Fuchstollwut, müssten Marder, Marderhunde, Dachse, Waschbären und Füchse, die allesamt weitaus zahlreicher in Deutschland vorhanden sind als Wölfe, vergleichsweise häufig erkranken - aber wie gesagt, in Deutschland ist lediglich ein Fall bei einem Marder im Jahr 2001 bekannt. Das hat vorher niemanden interessiert, aber wenn man das Thema jetzt plötzlich wunderbar gegen Wölfe instrumentalisieren kann, geht die Hysterie los. :roll:

Wie das Landesamt weiter schreibt, erfolgt in Niedersachsen eine Überwachung auf Tollwut bei offensichtlich kranken und auffälligen Wildtieren:
Insgesamt wurden in Niedersachsen im Jahre 2015 im Rahmen dieser Überwachung 123 Füchse und 182 weitere Zoo- und Wildtiere untersucht. Auch 182 Proben von Haus- und Nutztieren mit unklarer Todesursache wurden zum Ausschluss einer Infektion eingesandt.

http://www.laves.niedersachsen.de/tiere ... 93040.html
Die Fledermaustollwut ist anders als die Fuchstollwut in Deutschland nicht ausgerottet, sondern in ganz Europa verbreitet.⁴ An Säugetieren wurde das Fledermaustollwutvirus in ganz Europa bislang nur fünf Mal an Säugetieren nachgewiesen; darunter der besagte Fall des Marders 2001.¹

Da der Tollwutimpfstoff für Hunde und Katzen auch gegen die Fledermaustollwut wirksam ist, gehen Tierhalter mit einer Impfung ihrer Haustiere auf Nummer Sicher - so wie es auch von den Veterinäramtern empfohlen wird.⁵

¹ http://www.laves.niedersachsen.de/tiere ... 93040.html
² http://www.vetcontact.com/de/art.php?a=3591
³ https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Ep ... llwut.html
http://www.tierarzt-saar.de/default.aspx?PID=62
https://www.az-online.de/uelzen/stadt-u ... 96603.html
TheOnikra

Re: Tollwut, Wölfe und Vampire

Beitrag von TheOnikra »

Vielleicht möchte der werte Herr dem Robert-Koch-Institut auch vorwerfen das sie die "große Wahrscheinlichkeit von tollwütigen Wölfen "verharmlost und kleingeredet" Dann soll er sich doch mal bei denen melden und sie auf das "ernste Problem" hinweisen. Ich hoffe das die Leute, die wirklich um das Wohl und die Gesundheit der Menschen besorgt sind, sich nicht totlachen.
Was macht es den Überhaupt für einen Unterschied ob Hund/Wolf mit oder ohne Tollwut einen Menschen (aggresiv) nährt.Ich denke mal mal gar keinen, außer der Wundbehandlung danach wenn es eine gibt. Die Verhaltenmaßnahmen bleiben nach wie vor identisch.
Hauptsache die Elekrozäune, Entschädigungszahungen ect. erwähnen. Mach dein Problem zu unser aller Problem, wir haben es ja verstanden... sollen wir jetzt vieleicht noch einen Krankenwagen schicken.
Grauer Wolf

Re: Tollwut, Wölfe und Vampire

Beitrag von Grauer Wolf »

TheOnikra hat geschrieben:...Mach dein Problem zu unser aller Problem, wir haben es ja verstanden... sollen wir jetzt vieleicht noch einen Krankenwagen schicken.
Benutzt die Geschlossene normale Krankenwagen? :roll:
O.k., der war jetzt böse... :mrgreen:


Der Punkt ist, daß solche Schreiberlinge, die sich nicht einmal die Mühe machen, Google zu befragen, und statt dessen lieber dummes Rotkäppchen-Zeug quatschen, eine Plattform finden. Wer sich vielleicht wirklich informieren will, wird durch solche Beiträge möglicherweise in die Irre geführt.

Man kann also nur immer wieder empfehlen, das Getexte solcher Hanseln, die offensichtlich von diffusen Ängsten oder irgend welchen wirtschaftlichen Interessen getrieben werden, nicht für bare Münze zu nehmen, sondern zu überprüfen. Hier sind z.B. die seriösen Wolfsseiten und Wiki eine brauchbare Ausgangsbasis, um weitere handfeste Infos zu finden.

Gruß
Wolf
zaino
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Re: Tollwut, Wölfe und Vampire

Beitrag von zaino »

Jedenfalls sind die Links gut, die Nina anführt, sehr informativ, das zu lesen und ja, immer noch sinnvoll, den Dachhasen trotz "kontrollierten Freigangs" zu impfen. Bevor Bayern tollwutfrei war, hab ich selbst mein Pferd (Offenstall in Waldrandlage damals) impfen lassen. Kost' ja nicht die Welt und sicher ist sicher.
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