Ihr müßt nicht überall in der Gegend rumlaufen und diese wunderschönen Geschöpfe und ihre natürliche Umgebung als Euer persönliches Spielfeld betrachten. Diese Welt gehört nicht Euch. Und auch nicht die Tiere.
Hallo,
ich verfolge dieses Forum nicht regelmäßig und kenne daher die Teilnehmer nicht wirklich. Hier weht es also aus der Radinger-der-Wolf-ist-frei-Ecke. Das ist immerhin viel sympathischer als die "andere" Seite. Nein, der Wolf gehört niemandem, und wer behauptete das denn auch? Das Kind gehört nicht dem Arzt, der es heilt; das (noch lebendig umherspringende) Wild nicht dem Jäger, der das Revier gepachtet hat, und der Eli und der Gesa gehören nicht die Wölfe, die sie untersuchen.
Wär zu schön, wenn der Wolf uns nicht bräuchte. Oberflächlich betrachtet tut er das auch nicht, er wandert von selbst ein, ernährt sich und zieht seine Jungen erfolgreich auf und wir müssen ihm kein Fläschchen reichen und ihn nachts nicht zudecken. Und jetzt kommen diejenigen ins Spiel, die etwas dafür tun, dass das auch in Zukunft so bleibt. Ohne den strengen gesetzlichen Schutz der letzten Jahrzehnte in D und den Wolfs-Donor-Ländern gäbe es hier keine Wölfe, und dieser Schutz resultiert in dem Umdenken, welches im Laufe des 20ten Jahrhunderts bei uns eingesetzt hat. Dieses wiederum fusst auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Phänomenen, nicht zuletzt aber auf die Forschritte auf dem Gebiet der Ökologie und der Anerkennung dieser Disziplin als "harte" Wissenschaft. Warum wird in den Schulbüchern die Natur nicht mehr in Nützlinge und Schädlinge unterteilt, warum lernt man dort mittlerweile etwas über Ökosystemstabilität und den Wert der Biodiversität? Wenn man sich wirklich damit beschäftigt und ideologische Schranken mal durchbricht, erkennt man, welche Leistung hier im Laufe der vergangenen 50 Jahre erbracht wurde und welchen großen Einfluss das auf das gesellschaftliche Verständnis der "Natur" hatte.
Jetzt zur Bedeutung der Wolfs-Besenderer: Diese haben bislang fast alle vorhandenen Erkenntnisse zum Wolf in D erbracht (im krassen Gegesatz zu Eli und co., die tolle Geschichten erzählen können, was auch gut und wertvoll ist). Ohne dieses Wissen um die natürliche Einwanderung, die langen von Wölfen zurückgelegten Distanzen, die "Natürlichkeit" der Nähe von Wolfsrevieren zu Siedlungen, die ungefähre Anzahl der Rudel, wären den wolfsfeindlichen Lobbys Türen und Tore geöffnet. Schon die momentane Hetze ist absurd, was wäre aber, wenn man nichts Belastbares über "unsere" Wölfe wüsste? Hunderte von mordgierigen Bestien hätten wir im Lande, in vielen Regionen gäbe es kaum Wild mehr, und das verbleibende lebte in ständiger Furcht. Zum Beweis unzählige Fotos zerfleischter Lämmer. Daraus resultierte hoher politischer Druck, und das würde sich, abgesehen von sicherlich höheren illegalen Abschussraten, dauerhaft ungünstig auf den Wolf auswirken. Ich kenne das Preoblem aus anderen Ländern gut: Wenn niemand nachsieht, wie viele Individuen der Art X es in Y gibt, nennt man einfach eine absurd hohe Zahl, und dementsprechend fallen die Abschussquoten aus. Schlecht für die Art X, gut für einige einflussreiche, korrupte Menschen in Y. Nennt man eine Bestandszahl, die nach guten wiss. Standards erhoben wurde (inkl. der Unsicherheit, die solche Erhebungen immer haben), ist das Lügen für diese Personen und Lobbys nicht mehr ganz so leicht. Und das dient dann der Art X. Und um eine gute Populationsgrößenabschätzung zu erhalten, reicht es aber nicht, zu beobachten und und mit der Natur eins zu sein.
Ob man es ideologisch akzeptieren kann, oder nicht: der Wolf ist abhänging von unserer Gunst. Wir müssen ihm keine Frühstücksbrote schmieren, aber doch dafür sorgen, dass er zumindest eine minimale Akzeptanz bei denen bekommt, die von seiner Anwesenheit direkt betroffen sind. Ausrotten kann man Wölfe bei uns leicht, das hat man schon mit primitiveren Methoden effektiv hinbekommen. Wie effektiv und rasch das tatsächlich ging, als geeignete Waffen ins Spiel kamen, sieht man erst, wenn man weiß, dass die meisten Wölfe, die noch im 19 Jahrhundert hier erlegt wurden, selbst Einwanderer waren, so wie es heute wieder geschieht. Als große Art, die neiemals in hoher Populationsdichte vorkommt, sind Wölfe prädestiniert zum Aussterben, ganz im gegensatz zu Füchsen, die als Population auch die massivsten Nachstellungen überstehen. Die unkontrollierte Bejagung unserer edlen wilden, der Natur so nahen Vorfahren, die zum Aussterben zahlreicher Großwildarten führte (schade, dass es damals noch keine wissenschaftlichen Begleituntersuchungen gab, dann wäre das wohl nicht passiert) zeigt das sehr aindrucksvoll, kleine, häufige Arten sind in Europa nicht ausgerottet worden.
Aus diesem Grund braucht man Wolfsforschung. Leider, muss man sagen. Aber der Mensch ist nicht sehr weise, und manchmal hilft das Generieren von "harten" Fakten als Argumentationsgrundlage und gegen populistische Hetze gegen den Naturschutz sehr. Daher machen wir unsere Arbeit.