Grauwolf
Anmeldungsdatum: 17.05.2006 Beiträge: 64

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Verfasst am: 30 März 2008 20:36 Titel: Spurensuche Teil 2 |
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„10,1 mal 9,5..ja, kommt hin!“ Jens Hennings kniet auf einem schlammigen Acker zwischen den Resten vertrockneter Maistängel und nimmt Maß. „Die Pfotengröße paßt für einen Wolf“, meint der 64-Jährige vom Verein „Freundeskreis Wölfe in der Lausitz“. Aber auch für einen großen Hund – und das ist das Problem. Zwei Tage zuvor, am 9. Januar 2008, hatte der Schäfer Sigmar Wendelberger auf den Feldern rund um den Nachtpferch bei Woosmer im Kreis Ludwigslust, Mecklenburg Vorpommern, ein totes Mutterschaf und zwölf tote oder schwer verletzte Lämmer gefunden. „Das waren Wölfe“, ist er sicher und fordert eine Entschädigung vom Land Mecklenburg Vorpommern. Die jedoch wird nur gewährt, wenn wirklich die Grauen am Werke waren. In Schweden etwa gehen zwei Drittel aller vermeintlichen Wolfsangriffe auf das Konto von wildernden Hunden.
Ein Pfotenabdruck macht noch keinen Wolf, weiß auch Jens Hennings. Unterstützt wird er bei der Spurensuche von der Biologin und Vereinskollegin Beatrix Stoepel sowie von dem aus der Region stammenden Marcel Pommerencke. Beide wurden durch das Wildbiologische Büro LUPUS, zuständig für Wolfmonitoring im Auftrag des Landes Sachsen, zu ehrenamtlichen Wolfsbetreuern ausgebildet. Die Ausbildung umfasst neben allgemeinen Kenntnissen über den Wolf vor allem Fährtenkunde mit Schwerpunkt auf der Unterscheidung Wolf- und Hundespur. Die Wolfsbetreuer sollen Forst und Behörden helfen, Hinweise auf Wölfe zu sammeln und zu dokumentieren. „Wir Wolfsbetreuer helfen den Experten, aber wir ersetzten sie nicht“, stellt Stoepel klar. „Eine enge Zusammenarbeit mit LUPUS ist unerläßlich.“ Sämtliche Daten sollen deshalb in jedem Fall an das Wildbiologische Büro weitergeleitet werden, damit die beiden Fachfrauen dort zumindest eine Ferndiagnose stellen können.
Kundige Spurenleser sind zunehmend gefragt, denn Meister Isegrim erobert langsam aber sicher das Land. Beginnend im Jahr 2000 mit einem Rudel in der Oberlausitz leben dort heute bereits drei, in Brandenburg ein Rudel. Im April 2007 wurde ein junger Wolfsrüde in Schleswig-Holstein bei Eutin überfahren, einen Monat später gelangen einem Förster Fotos von einem Wolf in Niedersachsen bei Unterlüß. Im Dezember schossen Jäger im Landkreis Lüchow-Dannenberg einen Wolf und verstießen damit gegen EU- und Bundesrecht. Genetische Analysen sollen klären, ob die norddeutschen Wölfe aus den Lausitzer Rudeln stammen.
Auch in Mecklenburg deutet alles auf Wölfe hin. Die von Hennings und seinen Mitstreitern erhobenen Daten bestätigten die Beobachtungen des Wildbiologen Norman Stier, der den Ort noch am Tag des Vorfalls untersucht hatte.
Denn die drei Spurensucher finden auf einem Rapsfeld einen sehr entscheidenden Hinweis: Eine Spur mit Pfotenabdrücken wie auf einer Perlenschnur aufgereiht, die Hinterpfote exakt in die Vorderpfote gesetzt. „Geschnürten Trab“ nennen die Fachleute diese für Wölfe typische Gangart. „So laufen nur ganz wenige Hunde. Huskies zum Beispiel“, erklärt Hennings, selbst Halter von nordischen Schlittenhunden, „aber deren Pfoten sind kleiner.“
Jens Hennings und Marcel Pommerencke präsentierten die Daten am 31. Januar dem Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie in Güstrow. Der Freundeskreis bietet Schäfern und andere Nutztierhaltern im Kreis Ludwigslust an, aktiv bei der Absicherung ihrer Tiere gegen Wölfe zu helfen. In der sächsischen Oberlausitz, in der seit dem Jahr 2000 Wolfsrudel leben, kann der Verein bereits auf eine langjährige gute Zusammenarbeit mit Schäfern zurückblicken. Er wurde 2004 anlässlich des zunehmenden Aufklärungsbedarfs in Sachsen gegründet und leistet neben der Unterstützung von Schäfern vor allem Öffentlichkeitsarbeit. |
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