Jens Moderator

Anmeldungsdatum: 22.05.2006 Beiträge: 580 Wohnort: Stolpe

|
Verfasst am: 30 Okt 2007 15:13 Titel: Wohin ziehen die Jungwölfe aus der Lausitz? |
|
|
Quelle : INFOradio rbb 93,1 vom 30.10.07
Wissenswerte, 30.10.2007, 09:55 Uhr
Wohin ziehen die Jungwölfe aus der Lausitz?
Vier bis sechs Welpen bekommt eine Wölfin im Jahr, manchmal auch mehr. Da, wo viele Wölfe leben, bringen die Eltern oft nur wenige Junge durch. In der Lausitz dagegen ist die Wolfsdichte klein und der Vermehrungserfolg groß. Mit zwei Jahren werden die Jungtiere geschlechtsreif. Spätestens dann ziehen sie los, um sich ein eigenes Revier zu suchen. Seit fünf Jahren beobachtet die Biologin Ilka Reinhardt gemeinsam mit einer Kollegin die Raubtiere in der Lausitz. Aus Studien anderer Wissenschaftler weiß sie, dass die Nachwuchswölfe in jede Himmelsrichtung marschieren.
Ilka Reinhardt: "Die Wölfe, die von hier aus zum Beispiel nach Westen laufen, die wissen ja nicht, dass es dort keine anderen Wölfe gibt. In der normalen Wolfswelt bevor der Mensch so extrem eingegriffen hat, gab es überall Wölfe und der junge Wolf läuft los, um einen Paarungspartner zu finden und ein wolfsfreies Gebiet, wo er eine eigene Familie gründen kann."
In Niedersachsen, in der Lüneburger Heide, wartet derzeit ein einsamer Wolf auf den Partner für's Vermehren.
Im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz sollen Ilka Reinhardt und ihre Kollegin den Jungwölfen nun Halsbandsender anlegen. Dann könnte man den Weg der Tiere systematisch verfolgen und wäre nicht mehr - wie bisher - auf Zufallsfunde angewiesen.
Ilka Reinhardt: "Im April ist ein Jungwolf in Schleswig-Holstein überfahren worden, der ist richtig weit gekommen von hier. Im August ist eine Wölfin bei Luckau in Südbrandenburg gefunden worden, die geschossen worden ist, aber das sind ganz einzelne Funde nur und die meisten Wölfe laufen hier los und sind verschwunden und wir wissen nichts über ihren Verbleib."
Die potentiellen Senderwölfe sollen bei einer Lappjagd gefangen werden. Dazu umzingelt man die Tiere ziemlich großräumig mit einer Schnur, an der Lappen hängen.
Ilka Reinhardt: "Und die Wölfe haben tatsächlich eine Scheu durch die Lappen zu gehen. Das Sprichwort, dass einem etwas durch die Lappen geht, das kommt genau von dieser Lappjagd und da Wölfe sehr vorsichtige Tiere sind, wirklich Hasenfüßer, haben sie erstmal eine Scheu vor allem was neu ist im Gebiet."
Beim ersten Versuch im vergangenen Winter hatten sich in ihrer Angst vor den Flatterlappen tatsächlich zwei Wölfe in ein Netz treiben lassen. Aus dem haben sie sich dann allerdings frei gestrampelt und sind entkommen. Die Runde ging also an die Wölfe, aber im nächsten Winter steht die nächste Lappjagd an.
Wie für die meisten Wildtiere ist auch für Wölfe das Überqueren von Straßen lebensgefährlich. Ilka Reinhardt hält sie aber für verkehrssicherer als Rehe und Hirsche: "Dieser Wolf der jetzt in Niedersachsen lebt, dieser einzelne, der musste ja mehrere Autobahnen überquert haben und auch die Wölfin, die bei Luckau geschossen worden ist, auch die musste auf jeden Fall über die Autobahn rüber gegangen sein, über die A15 oder die A13 oder sogar über beide."
Im Büro der Biologin stehen Gläser mit Wolfskot auf dem Tisch. Den hat sie eingesammelt, um die genetische Identität der Tiere zu klären. In Alkohol konserviert werden diese Hinterlassenschaften ins Naturschutzinstitut nach Krakau geschickt, wo man auch die polnischen Wölfe genetisch untersucht. Dort fand man heraus, dass alle Lausitzer Wölfe so was wie Vettern und Kusinen sind und dass es sich um eine Population handelt - diesseits und jenseits der deutsch-polnischen Grenze. Ostpolnische Wölfe wandern bisher nicht zu, deshalb droht irgendwann Inzucht. Sollten die Menschen da vielleicht nachhelfen und frisches Blut importieren? Noch nicht, sagt Ilka Reinhardt: "Wenn es in zwanzig Jahren immer noch kein Wolf geschafft hat, hierher zu wandern, wird man das überlegen müssen. Aber ich denke dass die Wölfe eigentlich ein gutes Potenzial haben, gute physische Fähigkeiten, sind sie durchaus in der Lage von Ostpolen nach Westpolen nach Deutschland zu wandern. Sie müssen es nur lebend schaffen."
Und das verhindern nicht nur Autofahrer, sondern auch Wilderer, die in Polen Jagd machen auf die geschützten Tiere.
Ein Beitrag von Marie Asmussen.
Quelle: inforadio rbb 93,1 vom 30.10.07 |
|