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Wolfs ForumInformationen und Austausch über Wölfe
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TAZ vom 03.01.10 jagd/schweden :: Welche Wölfe wandern eigentlich zu erst ab? |
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Kangal
Anmeldungsdatum: 08.02.2007 Beiträge: 345 Wohnort: Thüringen

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Verfasst am: 26 März 2010 11:06 Titel: |
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Quercus - schon mal gesehen, wenn Wölfe eine von Hunden geschützte Schafherde angreifen, durchaus eine sehr verbreitete Form der Jagd in manchen Gegenden?
Woher kommen Scheinangriffe, Finten und gemeinschaftliches Agieren des Rudels mit strikter Arbeitsteilung, wenn Du alles auf Triebsteuerung zurückführen willst? |
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timber-der-wolf

Anmeldungsdatum: 17.12.2007 Beiträge: 288 Wohnort: LK OPR

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Verfasst am: 26 März 2010 11:09 Titel: |
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Quercus hat folgendes geschrieben: | Sie sind kleiner, langsamer, bewegen sich anders. Sie sind gewissermaßen nicht "normal". Und damit kommen sie erst als Beute in Betracht. |
Und genau das ist doch Selektion, oder?
Kangal hat folgendes geschrieben: | Haarspalterei oder Zurückrudern? |
Sehr treffend festgestellt!  _________________ LG, Norbert & seine Graupelze "Onka" vom Böhmerwald, TWH-Hündin, und "Kira", das Wolfhund-Huskymädchen
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Quercus
Anmeldungsdatum: 03.03.2010 Beiträge: 151

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Verfasst am: 26 März 2010 11:29 Titel: |
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Und woher kommen die Objekte der Scheinangriffe? Sind Scheinangriffe Scheinangriffe oder missglückte Angriffe?
Machen wir es uns einfacher:
Ein Rudel ist auch in einer Jagdsequenz nur eine Zeiterscheinung, das Wirken der einzelnen Rudelmitglieder eine Momentaufnahme. Tiere haben in jeder Sekunde ihres Lebens die Möglichkeit, dazuzulernen und tun dies bekanntlich auch. Dennoch besteht ihr ganzes Leben aus Versuch und Irrtum, wird nicht planmäßig vorgegangen im Sinne von: Setzen wir uns mal alle zusammen und überlegen, wie wir das Ding am besten hinbekommen.
Worauf ich hinaus will:
Wir sprechen nicht umsonst vom Kreislauf der Natur, denn Kreise haben keinen Anfang und kein Ende.
So wie du Wölfe betrachtest, kannst du aber nur zu dem Schluß kommen, daß Wolfsleben einen eigenen, geschlossenen Kreis darstellen und ich behaupte, das ist nicht so. Sie sind lediglich Bestandteil eines Kreises, letzendlich genauso wie wir Menschen auch. Ihr Leben besteht wie das unsere nur aus Reaktionen, die du fälschlicherweise als Aktionen betrachtest. Einfacher gesagt: du schneidest ein Segment aus einem Kreis, hast damit zwar Anfang und Ende, kannst aber deswegen nicht behaupten, Kreise hätten Anfang und Ende.
Kommen wir zurück zum Jagdverhalten:
Großkatzen sind in der Lage, ihre Beute aus dem Herdenverband herauszulösen. Hunde können Frischlinge aus der Wildschweinrotte heraus lösen. Das, was du planmäßiges Vorgehen nennst, ist also nichts besonderes. Aber ist das bereits planmäßig oder ist das einfach erlerntes, immer wieder angewendetes Verhalten?
Entscheidend ist aber etwas ganz anderes, nämlich die Antwort auf die Frage: Dient dies dem Erbeuten eines bereits vorher ausgewählten Tieres oder ist die Auswahl zunächst zufällig? Wie reagieren Beutegreifer, wenn sie eigentlich erkennen können müssten, daß sie die zunächst angestrebte Beute nicht bekommen? Weichen sie auf andere aus oder brechen sie ab?
Nur zur Gedächtnisstütze:
Du behauptst, Wölfe selektieren bewusst, suchen sich ihr Opfer aus, ich behaupte, Wölfe selektieren unbewusst, das Opfer steht bereits vorher fest. |
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Kangal
Anmeldungsdatum: 08.02.2007 Beiträge: 345 Wohnort: Thüringen

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Verfasst am: 26 März 2010 11:33 Titel: |
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Scheinangriffe sind Scheinangriffe, was verstehst Du daran nicht?
Machen wir's uns einfacher, Du hast Selektion an sich veneint, nun ist es plötzlich das Bewußtsein.
Niemand hat das behauptet, was Du uns hier unterjubeln willst.
Das Ergebnis IST eine Selektion, da kannst Du Dich auf den Kopf stellen. |
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Quercus
Anmeldungsdatum: 03.03.2010 Beiträge: 151

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Verfasst am: 26 März 2010 11:39 Titel: |
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Das Ergebnis ist klar, da sind wir einer Meinung.
Die Frage ist aber doch eine ganz andere. Ist diese Selektion eine geistige Leistung des Beutegreifers oder ein zufälliges Ergebnis aus einer zufällig entstandenen Situation?
Nehmen wir einmal an, auf Grund eines Fehlverhaltens eines Schafes bietet sich im Zuge eines Scheinangriffes plötzlich die Möglichkeit, ein Tier zu erbeuten? Schlagen die den Scheinangriff vortragenden Wölfe dann zu?
PS. Hast du eigentlich schon mal Wölfe, Wildhunde oder eine Jagdhundemeute erfolgreich jagen sehen? |
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Kangal
Anmeldungsdatum: 08.02.2007 Beiträge: 345 Wohnort: Thüringen

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Verfasst am: 26 März 2010 11:50 Titel: |
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Scheinangriffe richten sich gegen den geschützten Teil der Herde, also haben das Ziel, die Hunde abzulenken. In diesem Bereich wirst Du kein Schaf finden, denn die HSH stehen zwischen Wolf und Herde.
Diese Situation ist ebensowenig zufällig, wie die kollektive Abwehr der Herdenschutzunde, die auch nicht blindlings den Wölfen entgegenstürzen, sondern als Rudel mit verteilten Aufgaben agieren.
Zu Deiner Frage - ja.
Und nun? |
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Quercus
Anmeldungsdatum: 03.03.2010 Beiträge: 151

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Verfasst am: 26 März 2010 12:05 Titel: |
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Ich hab mit dir die Geduld einer Auster.
Gehen die Wölfe gezielt auf die Herdenschutzhiunde zu oder reagieren die HSH lediglich auf die Näherung eines Teiles der Wölfe?
Oder: Wird aus einem Angriff ein Scheinangriff? Was passiert, wenn die Hunde nicht die "erwartete" Reaktion zeigen und auf den Scheinangriff nicht hereinfallen? |
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Kangal
Anmeldungsdatum: 08.02.2007 Beiträge: 345 Wohnort: Thüringen

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Verfasst am: 26 März 2010 12:14 Titel: |
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Nur die Geduld?
Beides - die Wölfe greifen gezielt die Stelle mit den Hunden an und die Hunde reagieren auf die Anwesenheit der Wölfe.
Wenn aus einem Angiff ein Scheinangriff werden würde, würde ich von einem misslungenen Angriff sprechen.
Was heißt "hereinfallen"?
Sie werden auf jeden Fall beschäftigt und das ist in erster Linie das Ziel.
Hinterherrennen werden lediglich unerfahrene Hunde und die machen das dann meist auch nur einmal, da sie keine 2. Gelegenheit dazu bekommen. |
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wolfsmädchen
Anmeldungsdatum: 23.02.2010 Beiträge: 136

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Verfasst am: 26 März 2010 12:16 Titel: |
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Na das Wochenende ist schon bei euch eingekehrt? Der oder die arme Schülerin, ob sie noch folgen kann? Aber spannend alle male.
Quercus, Kangal im Grunde glaube ich, meint ihr das gleiche. Eine vorselektion findet statt, wenn wir Rudeljagd auf Herde beziehen. Ihr scheint zu vergessen, dass Wölfe auch geduldige Jäger sein können und erstmal eine ganz geraume Zeit abwarten und beobachten! Das hast du Quercus bisher nicht geschrieben, ob du es bedacht hast, weiss ich nicht. Du hast sicher recht, dass wenn sie sich auf ein Tier konzentriert haben, sie alle anderen, obwohl dichter außer Acht lassen. Kann man wunderschöne bei den Yellowstone Wölfen u.a. sehen. Auch die Jagdsequenzen der Arctic Wölfe, die Dave Mech gefilmt hat, wenn sie Moschusochsen jagen, zeigt dies deutlich.
Aber der Trieb ist auch meiner Ansicht nach vorherrschend. Natürlich jagen Wölfe durchaus auch mal mehrere Kilometer. Von wegen sie würden ihre kräfte sparen usw. Wilde Wölfe fressen ja auch entsprechend mehr. In Gefangenschaft würde ein Wolf mit genauso viel Fressen auskommen, wie ein großer Hund. Soll heißen ein Rüde 1 kg Frischfleisch am Tag oder 400 g Trockenfutter. In der Natur müssen sie erstmal mehrere Kilometer zurücklegen, bevor sie Beute gefunden haben und dann noch jagen und erlegen.
Der Kehlbiss wird von den Elterntieren in der Regel ausgeführt. Aber natürlich auch nur, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Die Natur ist grausam und auch mir graust es innerlich, wenn ich sehe, wie Wölfe ein erlegten Hirsch von Hinten bei lebendigen Laibe auffressen. Da geht keiner nach vorne und sagt, ich erlös den eben mal mit einem gezielten Kehlbiss. Das zeigt, dass die Wölfe triebhaft vorgehen und nicht "nachdenken". Wölfe haben eine sehr hohe praktische Intelligenz. Sie haben ein sehr großes Problemlösungsverhalten. Das basiert aber, wie Quercus schon richtig schreibt, aus Versuch und Fehler. Und sie lernen sehr schnell durch abschauen. Machen die Eltern etwas vor, dann lernen das die Kinder und brauchen eben nicht mehr nach dem Motto Versuch und Fehler vorgehen.
Die Triebhaftigkeit bestätigt sich doch auch darin, dass wenn Wölfe die Möglichkeit haben, genauso vorgehen wie der Fuchs im Hühnerstall und auch der BorderTerrier im Kanninchenstall, töten, töten, töten, obwohl er gar nicht so viel fressen kann. Lediglich, wenn sie gestört werden, wird der Rausch unterbrochen.
Rudeljagd findet vorwiegend im Winter statt. Das kannst du schön bei den Yellowstone Wölfen sehen, wo die Familien wieder zusammen kommen, aber auch aktuell auf Ellesmere Island bei der Eureka Wetterstation, wo sich 32(!) Arctic Wölfe zusammen geschlossen haben. Wer hätte gedacht, dass es derart große Arctic Wolfsrudel gibt. Schaut einfach im Ellesmere blog von dave mech: www.davemech.com |
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Kangal
Anmeldungsdatum: 08.02.2007 Beiträge: 345 Wohnort: Thüringen

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Verfasst am: 26 März 2010 12:27 Titel: |
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... den Jagdtrieb wird wohl keiner in Abrede stellen, auch ich nicht. Aber es ist eben nicht nur das und auch nicht ein ständiges Wiederholen von try and error, wie Quercus hier darlegen will. Du schreibst, daß Verhaltensmuster von Generationen weitergegeben werden und das ist völlig korrekt so. Nach der Quercus - These müßten alle Tiere die gleichen negativen Erfahrungen machen, um dann mal irgendwann erfolgreich zu sein. Das ist Humbug.
Wie man es auch dreht und wendet - man kann von einer Selektion durch die Raubtiere reden. Und darum ging es ja. |
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Quercus
Anmeldungsdatum: 03.03.2010 Beiträge: 151

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Verfasst am: 26 März 2010 13:23 Titel: |
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Nein, man kann nicht von Selektion durch Raubtiere reden.
Man kann von Selektion in der Natur reden, zweifellos. Und im Endeffekt sind Kangal und ich auch einer Meinung, was das Ergebnis angeht. Das Ergebnis ist aber ausschließlich, daß ein Tier stirbt und mehr oder weniger aufgefressen wird.
Hieraus aber ein überlegenes und überlegtes Vorgehen von Raubtieren abzulesen, ist übertrieben. Wer gefressen wird, ist immer Zufall. Und wer frisst, genauso. |
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Kangal
Anmeldungsdatum: 08.02.2007 Beiträge: 345 Wohnort: Thüringen

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Verfasst am: 26 März 2010 13:33 Titel: |
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Wenn in Herden prinzipiell schwächere Ziele gegenüber den kräftigeren bevorzugt werden, sofern es um das Beutemachen geht, dann ist das kein "Zufall", sondern hat ein System.
Wenn Raubtiere so vorgehen, daß oben genannter Umstand zutrifft, dann ist das eine Selektion durch eben diese.
Wodurch die Raubtiere nun bewogen werden, gerade diese Beute auszuwählen, ob durch Beobachten oder eben durch auffälliges Verhalten der Beute (wobei auch zu dessen Beurteilen eine gewisse Erfahrung nötig ist), spielt eine untergeordnete Rolle, bzw. ist ein separates Thema. |
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thomasriepe2000
Anmeldungsdatum: 10.12.2006 Beiträge: 249

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Verfasst am: 26 März 2010 15:32 Titel: |
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Es ging hier doch darum, dass Quercus Wölfen und Tieren insgesamt bewusstes Handeln abgesprochen hat und genauso einer gezielten Selektion durch z. B. Wölfe.
Nun kann Quercus ja seine Meinung haben und die auch vertreten, dass er aber die Meinung anderer als "alles Blödsinn" hinstellt, zeugt einmal mehr von seinem sachlichen Diskussionsstil...
Zum bewussten Handeln. Dazu muss man erst einmal anmerken, dass Lebewesen nicht nur über Versuch und Irrtum lernen, sondern auch über Reiz und Reaktion (bei keiner Kontrolle über den Reiz oder seine Reaktion) sowie über Beobachtung lernen. Und über die erlernten Verhaltensmuster WEISS ein Hund, Wolf, Mensch, welche Konsequenz sein Handeln hat. Wenn ein Wolf z. B. gelernt hat, dass ein Hase, der zu weit von seiner Position weg sitzt, nicht für ihn erreichbar ist, wird er aufgrund seines erlernten WISSENS nicht hinter diesem herjagen. Und wenn sein WISSEN seine Handlungen beeinflusst, handelt er BEWUSST. Bewusstes Handeln ist also nach heutiger Sichtweise nichts weiter als dem erlernten Wissen angepasstes Verhalten zum eigenen Vorteil. Einem Tier bewusstes Handeln abzusprechen ist somit eigentlich absurd - genauso wie die Selektion durch Beutegreifer anzuzweifeln. Ein Wolf selektiert nämlich aufgrund seines WISSENS und seiner Erfahrungen ganz klar aus, welches Tier einer Gruppe er ins "Visier" nimmt, ganz BEWUSST eines, von dem er sich wenig Widerstand erwartet. Alles aufgrund von erlerntem Wissen. Wer wirklich schon des öfteren Wölfe bei der Jagd beoachtet hat, kann mit Sicherheit nur bestätigen, dass junge, unerfahrene Tiere mit wenig Wissen, wesentlich schlechter jagen, als ältere, erfahrene Tiere, die sich aufgrund größeren Wissens ihrer Handlungen bewusster sind
Aber ich weiß, diese sachliche Ausführung ist für einige auch nur wieder "Blödsinn"  _________________ www.riepehunde.de |
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Quercus
Anmeldungsdatum: 03.03.2010 Beiträge: 151

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Verfasst am: 26 März 2010 18:37 Titel: |
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Mein lieber Schwan, eh Thomasriepe,
es ist schon erstaunlich, wie du gut 100 Jahre Verhaltensforschung mit einem Federstrich abtust.
Aus Erfahrung etwas zu wissen, bedeutet doch nicht zwangsläufig, dieses Wissen bewußt anzuwenden.
Ein Wolf nimmt ein Beutetier nicht als unerreichbar wahr, vielmehr ist der Reiz, der von diesem Tier ausgeht, so gering, daß keine Jagdsequenz ausgelöst wird. |
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Quercus
Anmeldungsdatum: 03.03.2010 Beiträge: 151

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Verfasst am: 26 März 2010 18:46 Titel: |
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Kangal hat folgendes geschrieben: | Wenn in Herden prinzipiell schwächere Ziele gegenüber den kräftigeren bevorzugt werden, sofern es um das Beutemachen geht, dann ist das kein "Zufall", sondern hat ein System. .... |
Untersuchungen haben gezeigt, daß genau das nicht der Fall ist. Es ist kein System darin, daß sich an Körpergewicht oder Fitness festmachen lässt.
Ist doch bei den Jagdhunden nicht anders. Die jagen auch alles, was ihnen in die Nase kommt und erst mit zunehmender Erfahrung lernen sie, was sie bewältigen können und was nicht. Das hindert sie aber bis ins hohe Alter nicht daran, auch solches Wild zu jagen, das für sie "eine Nummer zu groß" ist. Sie lassen erst davon ab, wenn sie ihm gewissermassen Auge in Auge gegenüber stehen.
Würde ich dir folgen, würde das heißen, daß ein Raubtier ein Alttier von 50 Kilo unmittelbar vor der Nase ignorieren würde, um ein Kalb in 100 Meter Entfernung zu jagen. Glaub mir, wenn die Chance besteht, mit dem Alttier fertig zu werden, ist es geliefert. |
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