Alltag im Wolfsterritorium
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Alltag im Wolfsterritorium
Wie ich bei meiner Vorstellung schon angedeutet hab, kenne ich die Wolfssituation in Deutschland nur aus den Medien. Aber wie sieht die Realität aus, wenn man bei euch in einem Wolfsterritorium lebt? Für einige Mitglieder dieses Forums scheint das ja der Alltag zu sein.
Wie groß sind die Rudel?
Wie weit nähern sie sich den Dörfern an?
Welche Erfahrungen habt ihr bei der direkten Begegnung mit Wölfen gemacht?
Wie stehen eure Nachbarn in Dorf oder Stadt zur Präsenz der Wölfe?
Sind Hundebesitzer, Jogger, Pilzsammler usw. Ängstlicher, seit die Grauen da sind?
Bitte berichtet doch mal, denn ich habe den Verdacht, dass manches anders läuft als bei uns in Italien.
Apropos Canis lupus italicus: unten ein 13 Wochen alter Welpe "unseres" Rudels, das dieses Jahr einen 5er Wurf aufzieht.
Wie groß sind die Rudel?
Wie weit nähern sie sich den Dörfern an?
Welche Erfahrungen habt ihr bei der direkten Begegnung mit Wölfen gemacht?
Wie stehen eure Nachbarn in Dorf oder Stadt zur Präsenz der Wölfe?
Sind Hundebesitzer, Jogger, Pilzsammler usw. Ängstlicher, seit die Grauen da sind?
Bitte berichtet doch mal, denn ich habe den Verdacht, dass manches anders läuft als bei uns in Italien.
Apropos Canis lupus italicus: unten ein 13 Wochen alter Welpe "unseres" Rudels, das dieses Jahr einen 5er Wurf aufzieht.
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- Dr_R.Goatcabin
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Re: Alltag im Wolfsterritorium
Zu den Fragen, die teilweise (resp. Rudelgröße, Annäherung an Siedlungen etc.) pauschal auch so beantwortet werden können, habe ich zwar leider nicht viel an persönlichen Anekdoten beizutragen, aber mir kam ein anderer Einfall. - Warum nicht eine Wohnungstauschbörse hier einrichten? Die nächsten drei Territorien sind von mir aus ca. 15km entfernt, weshalb ich zwei lose potentielle Beute probende Wölfe nur durch Zufall einmal mit meiner Wärmekamera am Waldrand entdecken konnte. Ich zöge da sehr gerne auch näher hin. Ansonsten ist das im Dorf kein Thema. Aber ich bekomme zugegeben längst auch nicht alles mit.
P.S. Schönes Bild.
P.S. Schönes Bild.
"Though this be madness, yet there is method in 't ..."
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Re: Alltag im Wolfsterritorium
Ich hoffe eigentlich auf konkrete Beobachtungen...
Wenn man in einem Wolfsterritorium lebt und an den Grauen interessiert ist, bekommt man ja mit, ob da stets nur ein Einzeltier herum läuft, oder ein Paar, vielleicht schon mit Nachwuchs aus den Vorjahren oder eben jetzt im August mit den neuen Welpen.
Wie weit ist das Gebiet mit den Wurfhöhlen (falls bei dir ein Paar/Rudel lebt) und den sommerlichen Rendezvous Zonen denn von deinem Wohnort entfernt, dass die Nachbarn eher gleichgültig sind, Dr._R?
Unten der Vaterrüde und ein anderer Welpe des diesjährigen Wurfs.
Wenn man in einem Wolfsterritorium lebt und an den Grauen interessiert ist, bekommt man ja mit, ob da stets nur ein Einzeltier herum läuft, oder ein Paar, vielleicht schon mit Nachwuchs aus den Vorjahren oder eben jetzt im August mit den neuen Welpen.
Wie weit ist das Gebiet mit den Wurfhöhlen (falls bei dir ein Paar/Rudel lebt) und den sommerlichen Rendezvous Zonen denn von deinem Wohnort entfernt, dass die Nachbarn eher gleichgültig sind, Dr._R?
Unten der Vaterrüde und ein anderer Welpe des diesjährigen Wurfs.
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Re: Alltag im Wolfsterritorium
Auf die Fragen kann ich gerne antworten, was meinen Wohnort betrifft.
Unser Rudel hier zählte letzten Winter sechs Wölfe, jedenfalls waren es mehrmals so viele gemeinsam, von denen ich die Spuren im Schnee zählen konnte.
Die Wölfe kommen unmittelbar an unser Dorf heran. Dabei ist das Verhalten unterschiedlich. Es gibt ein Video, wo einer am Tage quer durchs Dorf läuft. Aber ich habe auch schon eine Spur im Schnee verfolgt, wo ein Wolf mehrmals am Ortsrand umgekehrt ist und weiter am Dorf entlang gelaufen ist, bis er dann das Tal an einer Lücke in der Besiedelung durchquert hat.
Bei Begegnungen mit den Wölfen habe ich immer die Erfahrung gemacht, dass sie sich, sobald sie mich bemerkt hatten, recht geordnet verzogen haben. Dabei hatten sie keine übermäßige Eile, blieben auch oft noch mal stehen um sich umzusehen.
Was die übrigen Dorfbewohner betrifft, da gibt es natürlich verschiedene Meinungen zu den Wölfen. Den meisten ist das Thema inzwischen ziemlich egal, einige kann man durchaus als Wolfsfreunde bezeichnen, aber eine recht große Anzahl macht sich doch die bekannten Argumente der Wolfsgegner zu eigen, wie eben unsere rechtspopulistische Partei, die AfD, die bei uns im Dorf durchaus auf 30% Stimmenanteil bei den Wahlen kommt. Da habe ich doch mit manchen schon recht heftige Diskussionen gehabt.
Was Hundebesitzer, Pilzsucher, Wanderer betrifft, da ist nichts zu merken von Angst oder so. Manchmal sind mir die Hundeausführer echt etwas zu unbesorgt, wenn sie ihre Wuffis frei laufen lassen. Aber ich habe von noch niemanden bei uns hier gehört, dass er/sie aus Furcht vor dem Wolf nicht mehr raus geht. Die Wölfe sind ja jetzt auch schon seit über 20 Jahren in unserer Region.
Viele meiner persönlichen Erlebnisse im Laufe der Jahre habe ich auch in diesem Thema hier beschrieben:
viewtopic.php?t=2025
Unser Rudel hier zählte letzten Winter sechs Wölfe, jedenfalls waren es mehrmals so viele gemeinsam, von denen ich die Spuren im Schnee zählen konnte.
Die Wölfe kommen unmittelbar an unser Dorf heran. Dabei ist das Verhalten unterschiedlich. Es gibt ein Video, wo einer am Tage quer durchs Dorf läuft. Aber ich habe auch schon eine Spur im Schnee verfolgt, wo ein Wolf mehrmals am Ortsrand umgekehrt ist und weiter am Dorf entlang gelaufen ist, bis er dann das Tal an einer Lücke in der Besiedelung durchquert hat.
Bei Begegnungen mit den Wölfen habe ich immer die Erfahrung gemacht, dass sie sich, sobald sie mich bemerkt hatten, recht geordnet verzogen haben. Dabei hatten sie keine übermäßige Eile, blieben auch oft noch mal stehen um sich umzusehen.
Was die übrigen Dorfbewohner betrifft, da gibt es natürlich verschiedene Meinungen zu den Wölfen. Den meisten ist das Thema inzwischen ziemlich egal, einige kann man durchaus als Wolfsfreunde bezeichnen, aber eine recht große Anzahl macht sich doch die bekannten Argumente der Wolfsgegner zu eigen, wie eben unsere rechtspopulistische Partei, die AfD, die bei uns im Dorf durchaus auf 30% Stimmenanteil bei den Wahlen kommt. Da habe ich doch mit manchen schon recht heftige Diskussionen gehabt.
Was Hundebesitzer, Pilzsucher, Wanderer betrifft, da ist nichts zu merken von Angst oder so. Manchmal sind mir die Hundeausführer echt etwas zu unbesorgt, wenn sie ihre Wuffis frei laufen lassen. Aber ich habe von noch niemanden bei uns hier gehört, dass er/sie aus Furcht vor dem Wolf nicht mehr raus geht. Die Wölfe sind ja jetzt auch schon seit über 20 Jahren in unserer Region.
Viele meiner persönlichen Erlebnisse im Laufe der Jahre habe ich auch in diesem Thema hier beschrieben:
viewtopic.php?t=2025
- Dr_R.Goatcabin
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Re: Alltag im Wolfsterritorium
Gestatte die Nebenfrage: was ist Deine Motivation dabei? Wenn es nur um den persönlichen Bezug, die eigene Geschichte geht, dann habe ich nichts weiter beizutragen, und hänge mich hier aus. Ansonsten kann man sich daran halten, was schon viele vertrauenswürdige Autoren & die öffentlichen Portale dazu geschrieben haben, und was zuweilen an Beitrag im ÖR zu sehen ist. Da gibt's keine Wunder.Whitesocks hat geschrieben: ↑27. Aug 2023, 18:21 Ich hoffe eigentlich auf konkrete Beobachtungen...
Wenn man in einem Wolfsterritorium lebt und an den Grauen interessiert ist, bekommt man ja mit, ob da stets nur ein Einzeltier herum läuft, oder ein Paar, vielleicht schon mit Nachwuchs aus den Vorjahren oder eben jetzt im August mit den neuen Welpen.
Wenn man nicht gerade im Wolfsmanagement oder sonst im übergeordneten Referat sitzt, hat man ohne Zugang zur Riss-, Totfund- und Losungstabelle so gut wie keine Übersicht, wie die tatsächliche Revierausdehnung aussieht. (Naja, oder man ist eben Beauftragter für die paar Rudel der Region.) Da weder das Eine noch das Andere für mich zutrifft, habe ich da keine Ahnung.Wie weit ist das Gebiet mit den Wurfhöhlen (falls bei dir ein Paar/Rudel lebt) und den sommerlichen Rendezvous Zonen denn von deinem Wohnort entfernt, dass die Nachbarn eher gleichgültig sind, Dr._R?
Wie gesagt, der Mittelpunkt zu den nächsten Rudeln ist 15-20km Luftlinie entfernt. Hier verirren sich nur manchmal Wölfe her, und durch das Dorf wohl auch nicht(*). Hier mümmelt nur nachts der Igel vor'm Fenster.
(*) Und selbst wenn: um Mitternacht oder kurz danach gehen hier alle Laternen aus; da werden heimliche Schleicher sowieso nicht gesehen.
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Re: Alltag im Wolfsterritorium
@Lutrra, vielen Dank. Ich schaue mir den anderen Thread gleich mal an.
@Dr._R, meine Motivation ist, Wissen aus erster - dts. - Hand mit meinen Beobachtungen in Italien zu vergleichen.
Ich sitze in keinem Wolfsmanagement oder Referat, wurde aber vor Jahren von der Uni, die das Wolfsmonitoring unserer Provinz leitet, gebeten, mitsamt meinen auch ihre Wildkameras im hiesigen Wolfsterritorium zu betreuen, Losung zu fotografieren und einzusammeln, Risse zu filmen, mit GPS und Satellitenkarten Wolfsfährten zu dokumentieren usw.
Ich bin also nur ein kleines, aber nützliches Rädchen im Getriebe, das für seine tägliche Rennerei die Berge rauf und runter gelegentlich mit Informationen entlohnt wird.
Bestimmt kann man doch auch in Deutschland als Volontär mitmachen?
@Dr._R, meine Motivation ist, Wissen aus erster - dts. - Hand mit meinen Beobachtungen in Italien zu vergleichen.
Ich sitze in keinem Wolfsmanagement oder Referat, wurde aber vor Jahren von der Uni, die das Wolfsmonitoring unserer Provinz leitet, gebeten, mitsamt meinen auch ihre Wildkameras im hiesigen Wolfsterritorium zu betreuen, Losung zu fotografieren und einzusammeln, Risse zu filmen, mit GPS und Satellitenkarten Wolfsfährten zu dokumentieren usw.
Ich bin also nur ein kleines, aber nützliches Rädchen im Getriebe, das für seine tägliche Rennerei die Berge rauf und runter gelegentlich mit Informationen entlohnt wird.
Bestimmt kann man doch auch in Deutschland als Volontär mitmachen?
Re: Alltag im Wolfsterritorium
Aus meiner Region mit einem halben Dutzend Wolfsrudeln rings herum kann ich lediglich berichten, dass es zwar immer wieder Leute gibt, die davon berichten, den Wölfen ständig zu begegnen, aber so richtig konkret gibt es da nichts. Regelmäßig aber selten kommt es zu Rissen von Schafen und immer mal wieder Rindern, was hauptsächlich an mangelhaftem Schutz und allmählicher Gewöhnung liegt. Bis auf Fährten und Losung kann ich aber noch von keinen persönlichen Kontakten berichten.
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Re: Alltag im Wolfsterritorium
Lutra hat in ihrem Thread neue Infos und ein sehr interessantes tracking Ergebnis eingestellt und zwar hier:
viewtopic.php?t=2025&sid=5cc35511704950 ... &start=100
Um in ihren Berichten kein Durcheinander zu stiften, stelle ich ein paar Ergebnisse aus unserer Gegend besser hier ein.
1. Beispiel:
Das ist der rund 1500 Meter lange Teil einer Wolfsfährte, die am 21.1.2020 auf dünner Neuschneedecke entstand und auf das Satellitenbild übertragen wurde.
Nur auf wenigen Abschnitten seiner Route trabte das Tier gleichmäßig, so wie man es zwecks Bestimmung gern sehen würde. Den gleichaltrigen nächtlichen Fluchtfährten der Rehe nach zu urteilen, war der Wolf auf der Jagd - allein, denn angesichts seiner zahlreichen Richtungswechsel, Galoppeinlagen und weiten Sprünge ist es nahezu unmöglich, dass einer oder mehrere folgende Wölfe stets haargenau in seine Pfotenabdrücke getreten sein könnten. Zu seinem Pech hatte der Wolf zumindest im dokumentierten Bereich kein Glück. Immerhin machte er auf dem Weg aber sein Häufchen...
Um eine Fährte dem Wolf zuordnen zu können, muss man sie lange genug verfolgen, denn leider tut er uns nicht den Gefallen, sich stets und ständig im geschnürten Trab vorwärts zu bewegen. Er verwendet auch den schrägen Trab, er galoppiert, macht mächtige Sprünge, wendet sich urplötzlich zum Wegrand, geht für ein paar Dutzend Meter in die Büsche, kommt wieder hervor, bleibt stehen. Zumindest wenn er auf der Jagd ist, kann man seiner Fährte für viele hundert Meter folgen, ohne auch nur einen Ansatz der entscheidenden Schnürspur zu finden.
2. Beispiel:
Alex, ein 8 Monate alter Rüde des Greyston - Luna Rudels, kam am 6.1.2022 aus Richtung Dorf, verließ den Feldweg aber bei der Fotofalle und lief zwischen Büschen und Sträuchern weiter. Dass er nicht einfach auf dem Weg von Punkt A zu Punkt B war, sondern aktiv auf der Suche nach Beute, zeigen die vielen Abstecher, die er machte und das gewählte Gelände.
Eine Woche später passierten Greyston und Luna samt der drei Jungtiere gemeinsam die selbe Kamera. Doch wo Alex beim Alleingang in die etwas höher gelegene Heuwiese abgebogen war, ging das Rudel auf seinem Hauptweg unbeirrt weiter in den Wald und dort zielstrebig in Richtung des nächsten Dorfes.
3. Beispiel:
Neuschnee Mitte Februar 2022. Eine ganz frische Wolfsfährte, eindeutig von nur einem einzelnen Tier. Die Richtung: einer Wildschweinrotte hinterher.
Dass die Abdrücke der Wolfspfoten über denen diverser Sauen kein Zufall waren, bestätigte sich spätestens, als die Schwarzkittel den mit Wacholdersträuchern, Schlehen, Hundsrosen und jungen Bäumchen bewachsenen Geländestreifen verließen, um sich steil abwärts in das Kiefernwäldchen zu bewegen. Der Wolf blieb getreulich auf ihrer Fährte, bis irgendetwas ihn überzeugte, dass die Mühe nicht lohnte.
Er stieg wieder bergauf, kreuzte aber nach wenigen Metern die frische Fluchtspur eines Rehs und stürzte ihm mit langen Sprüngen hinterher. Doch wieder brach er die Verfolgung rasch ab und musste neuerlich den steilen Hang hinauf klettern.
Für ein kurzes Stück lief er nun am Rande der kahlen Heuwiese, bis er eine Stelle erreichte, wo drei oder vier Sauen, den Schalenabdrücken nach zu urteilen Jungtiere, abgebogen waren, und diesmal gab er nicht auf. Den bewaldeten, steinigen Hang hinab, durch zahlreiche Wacholderbüsche, bis zu einer Abbruchkante, wo vor langer Zeit ein Erdrutsch das Wäldchen in zwei Hälften zerrissen hatte, die untere deshalb etwa zehn Meter tiefer gelegen.
Die Wildschweine nahmen das von Schneematsch und Geröll bedeckte Hindernis problemlos, ebenso der Wolf, auch wenn er von der Kante augenscheinlich mehr abwärts rutschte als ging.
Das untere Waldstück war mit mannshohen Geröllbrocken und umgestürzten alten Kiefern übersät, deren ausgehebelte Wurzelteller mehr oder weniger tiefe Mulden hinterlassen hatten und die Äste der gesunden Bäume waren so eng miteinander verwoben, dass man Mühe hatte, vorwärts zu kommen; nicht nur als Mensch. All dies hinderte den Wolf nicht daran, der Fährte zu folgen, ein Bollwerk aus dornigem Bewuchs zu umrunden - und dann plötzlich das Handtuch zu werfen. Vielleicht, weil die Schweinebande unverkennbar noch tiefer in den Wald eingedrungen war, vielleicht, weil ihm seine minimalen Erfolgsaussichten angesichts einer ganzen Rotte klar wurden.
Warum auch immer, er verließ in normaler Gangart den Kiefernwald und stieg geruhsam auf einen gegenüber liegenden Hang. Kaum oben angelangt, schoß er mit enormen Sprüngen wieder abwärts, die Wiese herunter, ohne Zögern ein ganzes Stück in den schon erwähnten Wald hinein und dann - in gemäßigtem Tempo zurück zum Ausgangspunkt seines Spurts. Wieso?
Wie sich ohne Mühe erkennen ließ, hatten an einer von dichten Büschen geschützten Stelle am Hang zwei Rehe gelegen. Möglicherweise stand der Wind für den Wolf ungünstig, so dass er sie zu spät witterte. In jedem Falle waren die Rehe mit gewaltigen Sätzen die Wiese abwärts gestartet und zwischen die Kiefern geflüchtet. Gefolgt von einem Wolf, dem erneut kein Jagdglück gegönnt war.
Vom Hang trottete er in eine tiefer liegende, ehemalige Heuwiese, die inzwischen mit allem bewachsen ist, was Dornen hat, plus jungen Kiefern und Eichen. Er schnüffelte im Schritttempo eine einzelne Rehfährte entlang, gab sie auf, bog auf einen Wildwechsel mit vielen Wildschweinfährten, umkreiste den verlassenen Liegeplatz eines Rehs und wanderte am Rande einer großen Wiese wieder aufwärts. Kurzer Abstecher in die angrenzende Wiese, scheinbar ohne interessante Entdeckungen, und schließlich zum Ausgang der Heuwiese und dem Waldweg folgend aufwärts, fast bis zur Kreuzung mit einem anderen Weg, der eine der Hauptrouten des Rudels darstellt.
Aber statt tatsächlich zur Kreuzung hinauf zu gehen, bog er kurz vorher in eine Zone ab, wo die mit Dornen bewehrte Vegetation dermaßen dicht ist, dass ich kapitulierte und beschloss, am nächsten Morgen weiterzufährten.
(Was die Karte leider nicht zeigt, ist, wie oft der Wolf bei der Suche nach Beute steil bergab und bergauf rennen musste!)
Am folgenden Tag sah man eine einzelne Wolfsfährte dort aus den Büschen kommen, wo gestern eine einzelne Wolfsfährte in die Büsche abgebogen war. Schaut man, welche Schlenker und Abstecher er ging, wie am Vortag stets auf der frischen Fährte von Reh- oder Schwarzwild, darf man vermuten, dass ihm nach wie vor der Magen knurrte. Am Ende erreichte er eine Asphaltstraße, vom Rudel häufig genutzt, aber weitgehend schneefrei, so dass sich seine Fährte verlor.
viewtopic.php?t=2025&sid=5cc35511704950 ... &start=100
Um in ihren Berichten kein Durcheinander zu stiften, stelle ich ein paar Ergebnisse aus unserer Gegend besser hier ein.
1. Beispiel:
Das ist der rund 1500 Meter lange Teil einer Wolfsfährte, die am 21.1.2020 auf dünner Neuschneedecke entstand und auf das Satellitenbild übertragen wurde.
Nur auf wenigen Abschnitten seiner Route trabte das Tier gleichmäßig, so wie man es zwecks Bestimmung gern sehen würde. Den gleichaltrigen nächtlichen Fluchtfährten der Rehe nach zu urteilen, war der Wolf auf der Jagd - allein, denn angesichts seiner zahlreichen Richtungswechsel, Galoppeinlagen und weiten Sprünge ist es nahezu unmöglich, dass einer oder mehrere folgende Wölfe stets haargenau in seine Pfotenabdrücke getreten sein könnten. Zu seinem Pech hatte der Wolf zumindest im dokumentierten Bereich kein Glück. Immerhin machte er auf dem Weg aber sein Häufchen...
Um eine Fährte dem Wolf zuordnen zu können, muss man sie lange genug verfolgen, denn leider tut er uns nicht den Gefallen, sich stets und ständig im geschnürten Trab vorwärts zu bewegen. Er verwendet auch den schrägen Trab, er galoppiert, macht mächtige Sprünge, wendet sich urplötzlich zum Wegrand, geht für ein paar Dutzend Meter in die Büsche, kommt wieder hervor, bleibt stehen. Zumindest wenn er auf der Jagd ist, kann man seiner Fährte für viele hundert Meter folgen, ohne auch nur einen Ansatz der entscheidenden Schnürspur zu finden.
2. Beispiel:
Alex, ein 8 Monate alter Rüde des Greyston - Luna Rudels, kam am 6.1.2022 aus Richtung Dorf, verließ den Feldweg aber bei der Fotofalle und lief zwischen Büschen und Sträuchern weiter. Dass er nicht einfach auf dem Weg von Punkt A zu Punkt B war, sondern aktiv auf der Suche nach Beute, zeigen die vielen Abstecher, die er machte und das gewählte Gelände.
Eine Woche später passierten Greyston und Luna samt der drei Jungtiere gemeinsam die selbe Kamera. Doch wo Alex beim Alleingang in die etwas höher gelegene Heuwiese abgebogen war, ging das Rudel auf seinem Hauptweg unbeirrt weiter in den Wald und dort zielstrebig in Richtung des nächsten Dorfes.
3. Beispiel:
Neuschnee Mitte Februar 2022. Eine ganz frische Wolfsfährte, eindeutig von nur einem einzelnen Tier. Die Richtung: einer Wildschweinrotte hinterher.
Dass die Abdrücke der Wolfspfoten über denen diverser Sauen kein Zufall waren, bestätigte sich spätestens, als die Schwarzkittel den mit Wacholdersträuchern, Schlehen, Hundsrosen und jungen Bäumchen bewachsenen Geländestreifen verließen, um sich steil abwärts in das Kiefernwäldchen zu bewegen. Der Wolf blieb getreulich auf ihrer Fährte, bis irgendetwas ihn überzeugte, dass die Mühe nicht lohnte.
Er stieg wieder bergauf, kreuzte aber nach wenigen Metern die frische Fluchtspur eines Rehs und stürzte ihm mit langen Sprüngen hinterher. Doch wieder brach er die Verfolgung rasch ab und musste neuerlich den steilen Hang hinauf klettern.
Für ein kurzes Stück lief er nun am Rande der kahlen Heuwiese, bis er eine Stelle erreichte, wo drei oder vier Sauen, den Schalenabdrücken nach zu urteilen Jungtiere, abgebogen waren, und diesmal gab er nicht auf. Den bewaldeten, steinigen Hang hinab, durch zahlreiche Wacholderbüsche, bis zu einer Abbruchkante, wo vor langer Zeit ein Erdrutsch das Wäldchen in zwei Hälften zerrissen hatte, die untere deshalb etwa zehn Meter tiefer gelegen.
Die Wildschweine nahmen das von Schneematsch und Geröll bedeckte Hindernis problemlos, ebenso der Wolf, auch wenn er von der Kante augenscheinlich mehr abwärts rutschte als ging.
Das untere Waldstück war mit mannshohen Geröllbrocken und umgestürzten alten Kiefern übersät, deren ausgehebelte Wurzelteller mehr oder weniger tiefe Mulden hinterlassen hatten und die Äste der gesunden Bäume waren so eng miteinander verwoben, dass man Mühe hatte, vorwärts zu kommen; nicht nur als Mensch. All dies hinderte den Wolf nicht daran, der Fährte zu folgen, ein Bollwerk aus dornigem Bewuchs zu umrunden - und dann plötzlich das Handtuch zu werfen. Vielleicht, weil die Schweinebande unverkennbar noch tiefer in den Wald eingedrungen war, vielleicht, weil ihm seine minimalen Erfolgsaussichten angesichts einer ganzen Rotte klar wurden.
Warum auch immer, er verließ in normaler Gangart den Kiefernwald und stieg geruhsam auf einen gegenüber liegenden Hang. Kaum oben angelangt, schoß er mit enormen Sprüngen wieder abwärts, die Wiese herunter, ohne Zögern ein ganzes Stück in den schon erwähnten Wald hinein und dann - in gemäßigtem Tempo zurück zum Ausgangspunkt seines Spurts. Wieso?
Wie sich ohne Mühe erkennen ließ, hatten an einer von dichten Büschen geschützten Stelle am Hang zwei Rehe gelegen. Möglicherweise stand der Wind für den Wolf ungünstig, so dass er sie zu spät witterte. In jedem Falle waren die Rehe mit gewaltigen Sätzen die Wiese abwärts gestartet und zwischen die Kiefern geflüchtet. Gefolgt von einem Wolf, dem erneut kein Jagdglück gegönnt war.
Vom Hang trottete er in eine tiefer liegende, ehemalige Heuwiese, die inzwischen mit allem bewachsen ist, was Dornen hat, plus jungen Kiefern und Eichen. Er schnüffelte im Schritttempo eine einzelne Rehfährte entlang, gab sie auf, bog auf einen Wildwechsel mit vielen Wildschweinfährten, umkreiste den verlassenen Liegeplatz eines Rehs und wanderte am Rande einer großen Wiese wieder aufwärts. Kurzer Abstecher in die angrenzende Wiese, scheinbar ohne interessante Entdeckungen, und schließlich zum Ausgang der Heuwiese und dem Waldweg folgend aufwärts, fast bis zur Kreuzung mit einem anderen Weg, der eine der Hauptrouten des Rudels darstellt.
Aber statt tatsächlich zur Kreuzung hinauf zu gehen, bog er kurz vorher in eine Zone ab, wo die mit Dornen bewehrte Vegetation dermaßen dicht ist, dass ich kapitulierte und beschloss, am nächsten Morgen weiterzufährten.
(Was die Karte leider nicht zeigt, ist, wie oft der Wolf bei der Suche nach Beute steil bergab und bergauf rennen musste!)
Am folgenden Tag sah man eine einzelne Wolfsfährte dort aus den Büschen kommen, wo gestern eine einzelne Wolfsfährte in die Büsche abgebogen war. Schaut man, welche Schlenker und Abstecher er ging, wie am Vortag stets auf der frischen Fährte von Reh- oder Schwarzwild, darf man vermuten, dass ihm nach wie vor der Magen knurrte. Am Ende erreichte er eine Asphaltstraße, vom Rudel häufig genutzt, aber weitgehend schneefrei, so dass sich seine Fährte verlor.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Alltag im Wolfsterritorium
Ich hoffe, es ist in Ordnung hier Links zu Artikeln einzustellen. Diese führen zu einem sehr aufschlussreichen Text über wolf howling.
https://frontiersinzoology.biomedcentra ... 015-0114-0
https://www.researchgate.net/publicatio ... us_howling
https://frontiersinzoology.biomedcentra ... 015-0114-0
https://www.researchgate.net/publicatio ... us_howling
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Re: Alltag im Wolfsterritorium
Bevor ich etwas zum Thema schwarze "Wölfe" und Hybriden allgemein schreibe, zur Einstimmung ein Videolink.
Val di Vara, wo die Aufnahmen entstanden, liegt im Süden Liguriens und an der Nordgrenze mit der Toskana.
https://www.youtube.com/watch?v=vGCwsRfV9SM
Val di Vara, wo die Aufnahmen entstanden, liegt im Süden Liguriens und an der Nordgrenze mit der Toskana.
https://www.youtube.com/watch?v=vGCwsRfV9SM