Truppenübungsplätze als Wolfsreservate?
Am 25.11.16 hat az-online erneut einen Leserbrief zum Wolfsthema veröffentlicht. Der besorgte Schreiber schlägt vor, Truppenübungsplätze als "Wolfsreservate" einzurichten und sie drum herum zur Bejagung freizugeben. Er beklagt, dass für soziale Ausgaben kein Geld da sei, während für den Wolf "Millionensummen" ausgegeben würden. Er sieht einige Schalenwildarten, die aus den "deutschen Wäldern verschwinden" würden, wenn man dem Wolf nicht Einhalt gebiete. Das prognostizierte "Aus für Weidetierhalter" fehlt natürlich genausowenig wie die zunehmende Belastung der Steuerzahler und damit zwangsläufig verbundene Einsparungen in den Bereichen "Gesundheitswesen, Bildung, Kinder und Alte, für Kultur und Sicherheit".
https://www.az-online.de/leserbriefe/al ... 16034.html
Der Schreiber ist übrigens Mitglied des Landesjagdverbandes Sachsen-Anhalt...
Leider fehlen dem Herrn offenbar ein paar wildbiologische Kenntnisse über Wölfe. Kaum ein Truppenübungsplatz in Deutschland bietet die Größe eines durchschnittlichen Wolfsterritoriums. Bergen ist der einzige mit einer Fläche > 250 km² (284 km²), der Rest liegt zumeist weit darunter.
Stellt sich der werte Schreiber vom Landesjagdverband also allen Ernstes "Wolfsreservate" mit Flächen von 72 km² (Wildflecken), 75 km² (Lehnin), 40 km² (Hammelburg), 12,5 km² (Putlos) oder gar 2,7 km² (Todendorf) vor, in deren Umgebung zum fröhlichen Halali geblasen werden soll?
Die Millionen, die wegen des Wolfs nun angeblich den Alten, Schwachen und den Kindern fortgerissen werden sollen, werden übrigens in vielfach höheren Summen auch für die jagdbaren Arten und insbesondere für den Jagdspaß der Herren in Loden ausgegeben.
So zitiert Wolfsmonitor-Blogger Jürgen Vogler den Niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel von der Tagung in Loccum:
„Wir geben für den Schadensausgleich der Wildgänse in Niedersachsen mehr als 300-mal so viel aus, wie für den von Wölfen.“ (Minister Wenzel)
„100 Millionen-Euro, so besagt es der letzte Waldbericht, kostet allein die Zäunung der Forstkulturen für den Verbissschutz.“ (Minister Wenzel)
Wolfsmonitor, 21.11.16: (K)Ein Platz für Wölfe in Niedersachsen? – 3 tägige Fachtagung in Loccum http://wolfsmonitor.de/?p=6133
Dass das Schalenwild wegen des Wolfs aus den deutschen Wäldern verschwinden könnte, wird seit 20 Jahren kontinuierlich widerlegt.
Ehrlich wäre es zu sagen, dass man keinen Bock auf vierbeinige Konkurrenz im Wald hat, die den eigenen Jagdspaß unter Umständen zeitweilig unbequemer machen könnte. Ehrlich wäre es zu sagen, dass man auf Tierschützer und grüne Politik im Wald verzichten will, um dort die alleinige Herrschaft wie zu Feudalzeiten wieder für sich selbst zu beanspruchen. Ehrlich wäre es zu sagen, dass man den Kreis lebender Zielscheiben gern auch im eigenen Land um den Wolf erweitern würde und sich damit die eine oder andere Jagdreise ins Ausland sparen kann.
Aber sich für die eigenen Interessen argumentativ hinter den Alten, Schwachen und den Kindern zu verstecken, ist entlarvend und für die Wolfsdebatte disqualifizierend.
Irgendwie weiß man immer sofort, aus welcher Richtung solche Leserbriefe stammen.
Gern zitiert wird übrigens auch immer wieder die Seite "wolfzone.de", die in dieselbe Kerbe schlägt. Auch hier zeigt ein Blick ins Impressum, dass der Verantwortliche Vorsitzender eines Jagdverbands ist.