Sorry, aber das kann ich nicht so stehen lassen...
HRW hat geschrieben:Die Natur hat sich vor dem Menschen selbst reguliert und sie wird es auch nach dem Menschen tun.
So weit, so richtig!
HRW hat geschrieben:"Was wäre, wenn Kinder von Wölfen zerfleischt werden würden, weil sie sich falsch verhalten haben oder die Wölfe sie wegen fehlender anderweitiger Beute gerissen haben?"
Hier geht es schon los. Junge Wölfe lernen von den Eltern, was Beute ist, was "nur" Gegner und was man besser in Ruhe läßt oder einfach ignoriert. Der Mensch gehört nicht zum Beuteschema und hat nie dazu gehört. Tödliche Unfälle entstanden entweder durch Krankenheiten wie Tollwut, die eine massive Verhaltensänderung bewirken (selbst ein Reh kann dann gefährlich werden!), oder durch grobe Fehler wie Anfütterung, massive Bedrängung oder einfach krasses anderweitiges Fehlverhalten. Selbst im Fall einer Bedrängung wird ein Wolf, ehe sich auf einen Kampf einläßt, immer nach einer Fluchtmöglichkeit suchen, denn ein Kampf beinhaltet ein inhärentes Risiko der eigenen Verletzung, was ggf. wegen Jagdunfähigkeit den eigenen Tod oder gar den der Jungen bedeutet.
HRW hat geschrieben:Die frühzeitige Aufklärung von Kindern und Erwachsenen wäre ein dünner Lösungsansatz.
Das gehört schlicht in den Bereich Schule: Biologie der Säugetiere, und Erwachsenen steht ein riesiges Angebot an Informationsmöglichkeiten zur Verfügung. Man muß sich nicht einmal in eine richtige Bibliothek bemühen und Fachbücher wälzen, es reicht schon "Canis lupus" in "Google scholar" einzugeben und man bekommt unzählige, hochqualifizierte Quellen. Übrigens finden sich auch hier im Forum jede Menge guter Beiträge zum Thema!
HRW hat geschrieben: Ich könnte jedoch die Angst von Menschen verstehen, die nahe einer Bewaldung mit Wölfen wohnen. Die Eltern wollen ihre Kinder bestimmt nicht wegsperren und auch selbst mal entspannt ohne Furcht in den Wald gehen. Es ist ein heikles Thema.
Nein, das kann ich
nicht verstehen. Jede Wildsau ist unendlich gefährlicher, wenn man ihnen zu nahe auf die Schwarte rückt. Wer Angst vorm Wolf hat, der hat für gewöhnlich zu viel Rotkäppchen gelesen, denn Märchen in der Kinderzeit prägen auch unbewußte Ängste. Kleine Kinder läßt man ohnehin nicht ohne Aufsicht, nicht wegen allfälliger Wölfe, sondern wegen schlechter Menschen, und wer als Erwachsener noch diffuse Ängste kultiviert, sollte sich ohnehin fern von Wäldern halten, denn es könnte ihm ja auch ein Ast auf den Kopf fallen oder er könnte auf einem Pilz ausrutschen und sich die Haxen brechen. Die Natur, selbst unsere durchgeforsteten Wälder, ist kein Ponyhof. Wer Fehler macht und sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhält, bekommt ein Problem und das heißt in 99,999...% aller Fälle nicht "Wolf". Schon die Wahrscheinlichkeit, überhaupt einen zu Gesicht zu bekommen, dürfte für den Normalo asymptotisch gegen Null streben.
HRW hat geschrieben:Um Konfliktsituation ganz auszuschließen würden nur entsprechende Umzäunungen der Reviere etwas bringen, doch das ist dann bereits ein Eingriff in die Natur, jedoch noch besser, als die Wölfe aussterben zu lassen. Ich bin ganz ehrlich, ich wöllte auch nicht mit der Angst um meine Kinder in solch einer Gegend leben. Kinder sind Kinder und halten sich selbst bei bekannten Regeln nicht immer an diese.
Ich mache gerade selbst ein Lösungsbrainstorming

Letztendlich würde es wohl nach einem schlimmen Zwischenfall auf Zäune hinauslaufen.
Zäune? Das kannst Du doch nicht ernst meinen! Wolfsreviere sind groß, wir reden hier in Deutschland über runde 250
km². Dazu Straßen, Schienen, Autobahnen, Kanäle, Flüsse... Willst Du aus der Landschaft einen Drahtverhau machen? Dazu kommen noch die Verhaltensweisen der Wölfe. Reviere sind nicht in Stein gemeißelt, sondern können flukturieren. Die Jungwölfe dispergieren, wenn sie geschlechtsreif sind, und suchen sich ihr eigenes Revier, wandern dabei so manches mal hunderte von Kilometern. Ein Drahtverhau würden diesen genetisch wichtigen Austausch schlicht unterbinden und schwerste Folgen für die genetische Diversität bedeuten.
Es geht darum, daß hier in Deutschland ein heimischer Beutegreifer wieder
seinen angestammten Platz einnimmt und das heißt, daß er sich frei bewegen können muß, nicht zuletzt auch, um dem Menschen ausweichen zu können, denn der Graue meidet den Menschen, benutzt allerdings gerne seine Infrastruktur, wie es viele Tiere, dem energetischen Minimalprinzip folgend, tun. Es ist nun mal einfacher, an einer Landstraße entlangzutrotten, als sich durch dichtes Gebüsch zu schlagen.
Statt die Wölfe (und andere Arten) einzugrenzen, sollten wir ihnen das Wandern einfacher machen. Immer wieder wird angeregt, Naturparks, Nationalparks und einfache Naturschutzgebiete mit Grünbrücken zu vernetzen um eine bessere genetische Durchmischung zu erreichen. Begrünte Brücken ("Brücke" hier wörtlich zu nehmen) sollen große Verkehrsadern überwindbar machen, ohne einen Blutzoll zu entrichten. Speziell Wolf, Luchs und Wildkatze würden davon profitieren, die alle nicht wirklich häufig sind. Leider gibt es für alles mögliche Multimilliarden, nur nicht ein paar Millionen für solche Projekte.
Wie auch immer, ich werde es
nie begreifen, daß, kaum daß der Wolf da ist, an allen Ecken sofort die Bestrebungen auftauchen, ihn gleich wieder einzuschränken. Immerhin lebte der Wolf schon hier, als der Mensch noch in Höhlen hauste und ehrfürchtig die Jagdtechniken der Wölfe bestaunte und von ihnen lernte. Diese Erde, auch Deutschland, hat Platz für beide und es liegt an uns, weniger Besitzgier zu zeigen und statt dessen bereit zu sein, den Lebensraum zu teilen.
Btw., es gibt übrigens Völker/Länder, da leben nicht nur Wölfe, sondern auch jede Menge Braun- oder Schwarzbären buchstäblich vor der Haustür. "Schlimme Vorfälle" sind da keineswegs an der Tagesordnung, sondern immer die absolute Ausnahme, obwohl der Bär kritischer im Umgang und weniger fehlertolerant ist.
Mein Fazit: Der Wolf ist hier zuhause und (zumindest von meiner Warte aus) hochwillkommen. Gegen Wolfsängste hilft Wolfswissen, also lesen, Vorträge besuchen, lernen.
Denn das ist es, was Canis lupus von uns zu Recht fordert: "Lernt mit uns zu leben, denn wir sind nicht mehr viele..."
Menschen gibt es dagegen 7 Milliarden...
Nachtrag:
Das habe ich erst jetzt gesehen:
HRW hat geschrieben:Das genetische Problem ist korrekt. Doch es gibt die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung, um das zu umgehen.
Hallo!? Reden wir hier über einen Tierpark oder über wild lebende Wölfe? Ehrlich gesagt und bei allem guten Willen, jetzt wird es esotherisch...
HRW hat geschrieben:Mit Zufütterung meinte ich gewiss nicht, dass man Futter auslegen sollte, sondern entsprechende Jagdtiere der Wölfe zunehmend in das Revier einschleust, wenn es doch durch Krankheiten oder andere Einflüsse zu einem Futtermangel kommen sollte.
Mach das und Du hast die "Ach, die armen Bambis"-Fraktion und einen Volksaufstand derer, die glauben, Wölfe ernährten sich mit Trockenfutter, am Hals. Auch diese Idee kann man, wohlwollend betrachtet, nur noch unter "schräg" einsortieren. Sorry!
Gruß
Wolf
edit: Typo und Nachtrag