wilderer hat geschrieben:Natürlich ergibt das nur beschränkt Sinn, da man letztendlich an den falschen Rädchen dreht, da man primär die Landwirtschafts"optimierungen" der vergangenen Jahrzenhnte zurückschrauben müsste, damit wir wieder Rebhuhn, Kiebitz und Brachvogel bei uns bewundern können. Trotzdem ist es definitiv nicht wissenschaftlich erwiesen, dass Fuchsbejagung keine positiven Auswirkungen auf die Bestände anderer, teils bedrohter Tierarten haben kann.
Darin liegt des Pudels Kern!
Jede Art von Beutegreifern steht zwingend im Gleichgewicht mit ihrer Beute und wird ihrerseits je nach Art durch weitere Beutegreifer beeinflußt, im Fall des Fuchses z.B. durch den Uhu oder sonstige Großgreife (die ebenfalls über Jahrzehnte als Raubzeug verfolgt und bis an die Grenze der Artengefährdung dezimiert wurden), denen ein Teil der Welpen zum Opfer fällt. Krankheiten sind, wie schon erwähnt, ein weiteres Regulativ.
Das Rebhuhn ist aber eigentlich schon ein schlechtes Beispiel, wenn wir die native, natürliche Bodenbedeckung hier in Mitteleuropa bedenken: Die besteht nämlich aus Wald und Auenlandschaften, im Norden weiträumig aus Sumpf und Marschlandschaften (die nur noch zu einem kleinen Bruchteil erhalten blieben), während das Rebhuhn ein Steppentier ist, das also ursprünglich aus dem Südosten zuwanderte. Erst die Vernichtung der natürlichen Lebensräume und Urbarmachung dieses "Ödlandes", die bis in die Mitte den 20. Jahrhunderts betrieben, schaffte diesem Vogel Lebensraum in der "Agrarsteppe". Gefährdet wurde der Bestand dann wieder mehr durch die Flurbereinigungen in der 60er und 70er, also die immer stärker werdende Industrialisierung der Landwirtschaft, der Vernichtung von Hecken (keine Deckung mehr) und dem Pestizideinsatz. Übrigens ist der Fuchs nur einer der Beutegreifer, der sich mal ein Rebhuhn (oder deren Gelege) holt. Daran sind viele beteiligt: Rabenvögel, Greife, Marder, Wildkatzen, Ratten und... und... und... Schneereiche, naßkalte Winter und naßkalte Frühjahre können ganze Populationen auslöschen und erfordern immer wieder künstliche Aufstockung. Aber es ist natürlich einfacher und "angenehmer", mit dem Finger auf den Fuchs zu zeigen und dessen Regulierung zu fordern...
Der Fasan, der ja auch genannt wurde, ist m.E. ein noch schlechteres Beispiel, weil der aus Mittel- und Ostasien künstlich angesiedelt wurde und dessen Populationen heute noch instabil sind und durch Auswilderung ergänzt werden müssen. Dieser Vogel, der ausschließlich aus jagdlichen Gründen hier ist, gehört hier einfach nicht hin, und aus meiner Sicht wäre es kein Verlust, wenn er verschwinden würde, was binnen weniger Jahre der Fall wäre, hört man mit der Nachzucht und dem Auswildern auf. Von mir aus kann sich der Fuchs den letzten Fasan holen, so wie der Wolf die Faunenverfälschung Mufflon korrigiert hat.
Das aber schlägt den Bogen wieder auf den Wolf, um den es hier ja eigentlich geht: Der
gehört nämlich seit vielen Jahrtausenden fest zur hiesigen Flora und seine Eliminierung vor über 100 Jahren führte in Mitteleuropa zur Schalenwild-"Zucht" mit all ihren Folgen...
Man kann das drehen und wenden, wie man will, sobald der Mensch großräumig und nachhaltig in die Natur eingreift und Nahrungsketten durcheinander bringt, wird es kritisch, die Stabilität geht verloren...
Wie extrem das in kurzen Zeiträumen ablaufen kann, dazu verweise ich immer gerne auf den Yellowstone Nationalpark, weil in ihm die Auswirkungen eines massiven Eingriffes in die Fauna binnen weniger Jahrzehnte zu studieren waren: Von der Auslöschung der letzten Wolfsfamilie bis hin zu massiven Umweltschäden an Flora (Abbruch der Sukzession für runde 6 Jahrzehnte), dem Gelände selbst (schwere Schäden/Erosion an Uferböschungen etc.) und Fauna (Folgeschäden durch Vernichtung der Biotope) durch die geradezu rattenmäßige, explosive Vermehrung der Elks: Ich habe Filmsequenzen aus dieser Zeit gesehen: Elk-Schwärme dieser Art mögen das Herz eines "Jägers" höherschlagen lassen, weil er blind draufhalten kann und immer was trifft. Aber für jeden, der sich auch nur ein bißchen mit Ökologie auskennt, ist dieser Anblick ein Alptraum, der an Heuschreckenschwärme gemahnt, die nichts grünes zurücklassen...
Bereinigt um klimatische, geographische und biologische Faktoren läßt sich das Yellowstone Szenario m.E. durchaus auf hiesige Verhältnisse übertragen und anpassen, denn zugrunde liegt in beiden Fällen die Verfälschung/Zerstörung der ökologischen Kreisläufe durch den Menschen...
Die Versuche des Menschen, durch "Regulierung" die Beutegreifer "im Griff" zu halten und seinerseits den Beutegreifer zu spielen, haben m.M.n. unter dem Strich nur negatives bewirkt und die Natur aus dem Gleichgewicht gebracht. An den Folgen knabbern wir heute noch und werden das auch noch etliche Jahrzehnte, bis sich
vielleicht ein Umdenken durch die Gesellschaft zieht.
Von diesem Umdenken sind wir aber noch weit entfernt, wie man am Tod des Wolfes im Westerwald, weiteren illegalen Abschüssen und den Bestrebungen, den Wolf ins Jagdrecht zu bekommen, mehr als eindrucksvoll sieht.
Gruß
Wolf