Diedrich, Cajus G. (2024):
Eurasian Grey and White wolf ancestors—800,000 years evolution, adaptation, pathologies and European dog origins. DOI
10.1111/azo.12451. Volltext ist nicht direkt verfügbar; eine PDF kann aber
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Abstract
Der älteste bekannte Wolf tauchte vor 800.000 Jahren (Marine Isotope Stage 21) in Eurasien auf, und zwar mit dem unspezialisierten, kurzbeinigen alten Mammutsteppenwolf
Canis lupus bohemica nov. spec. Von dieser Art durchstreifte vor etwa 600.000–420.000 Jahren (MIS 15-11) die kurzbeinige Unterart des interglazialen Mosbacher Grauwolfs
Canis lupus mosbachensis (Soergel, 1925) Eurasien. Im späten Mittelpleistozän gibt es in Eurasien zwei Linien, den südlichen interglazialen Grauwolf und den nördlichen eiszeitlichen Weißwolf. Seit 320.000 Jahren (MIS 8) war der [
short-legged White wolf] Höhlenwolf
Canis lupus spelaeus (Goldfuss, 1823) der an die eiszeitliche Mammutsteppe angepasste Wolf. Parallel zum „Höhlenwolf“ (gefunden in der deutschen
Zoolithenhöhle) existierte der in warmen Klimazonen lebende Grauwolf
Canis lupus brevis (Kuzmina und Sablin, 1994).
C. l. spelaeus ist mit dem im Holozän (MIS 1) lebenden holarktischen Grönland-
Canis lupus arctos und dem sibirischen
Canis lupus albus (Kerr, 1792) verwandt. Die „Gravettien-Goyet-Hunde“ aus dem Spätpaläolithikum (MIS 2) fallen in den DNA-Pool von
C. l. spelaeus und werden hier als Individuen mit pathologischem Bisstrauma identifiziert, deren Gehirnschädel sich während des Heilungsprozesses verkürzte. Europäische prähistorische neolithische Hunde scheinen zuerst mit den Bandkeramikern (ca. 7000 BP) aus Zentralasien importiert worden zu sein, die die gestuften Stirnbeine haben, die von Grauwölfen stammen.
Conclusions (Formatierung bearbeitet)
Die Vorfahren der europäischen Wölfe reichen nicht bis vor 2 Millionen Jahren zurück, nämlich bis zum C. etruscus aus dem Villafranchium (Forsyth-Major, 1877), der wahrscheinlicher der Vorfahre des eurasisch-afrikanischen Kojoten oder Schakals war. Der erste echte C. lupus wird durch neue kraniale und postkraniale Funde aus der Zeit des Klima- und Landschaftswandels in Europa vor etwa 800.000 Jahren (Mittelpleistozän, Frühcromerium, MIS 21) präsentiert. Dieser C. l. bohemica nov. spec.-Fund aus der Fledermaushöhle der Tschechischen Republik ist ein fehlendes Bindeglied sowohl zu den modernen europäischen warm-/interglazialen Grauwölfen als auch zu den holarktischen/glazialen Tundra-Arktiswölfen.
Die Diversifizierung des Wolfes in verschiedene auf Klima, Umwelt und Schuld spezialisierte Wolfslinien reicht etwa 600.000 Jahre zurück (Mittelcromerium, MIS 15-16). Die warmzeitliche Linie setzte sich in C. l. mosbachensis (Soergel, 1925) fort, auch bekannt als der große Mosbacher Wolf, von dem erstmals ein vollständiger Schädel (Paratyp) aus Deutschland präsentiert werden kann. Vor 420.000 Jahren, in der Zwischeneiszeit vom späten Cromerium über Hoxnium-Mosbachium bis zur Holsteinischen Zwischeneiszeit, MIS 11 und 9, durchstreifte diese Unterart einst Europa bis nach Südengland, dem heute mehrere historisch beschriebene Schädel aus England zugeordnet werden können. Ihre Verbreitung erstreckte sich vermutlich über das Uralgebirge bis nach China und Eurasien. Ein nach hinten verlängerter und hoher Sagittalkamm sowie ein starkes Brechscherengebiss einschließlich eines dritten Molaren M3 wurden entwickelt, was diese Hundeartigen zu einer starken Konkurrenz für drei verschiedene sympatrische Hyänenarten machte. Dies war eine Wolfsunterart mit kürzeren Beinen, die sich als spezialisierter Kadaverfresser der älteren Mammut-Steppenmegafauna M. trogontheri angepasst hatte. Ihre Schädelform ist nahezu identisch mit dem heutigen Haplotyp des Dinariden-Balkan-Wolfs C. l. lupus (Milenković et al., 2010), der eine Reliktpopulation der ehemals in Europa umherziehenden Unterart aus dem Mittelpleistozän darstellen könnte, die sich mit der Reduktion im M3 weiterentwickelte. Etwa im Saale-Zeitalter (MIS 8-6) oder sogar schon vorher in einer Eiszeit entwickelte sich mit C. l. spelaeus (Goldfuss, 1823) eine erste holarktische Wolfsunterart oder tauchte in Europa auf, von der große Mengen an Überresten aus der Holotyp-Wolfshöhle der Zoolithenhöhle stammen.
Viele europäische Höhlenfundstellen, die sich mit Höhlen von Höhlenbären und Tüpfelhyänen aus der Eiszeit überschneiden, enthalten Überreste dieser Wolfsunterart. Dieses vergessene historische Ausgrabungsmaterial gibt einen neuen Einblick in die Evolution und die komplexe, sich verändernde Paläobiogeographie der Vorfahren der heute noch existierenden holarktischen Wolfsarten. Im osteometrischen Vergleich mit dem holarktischen grönländischen C. l. arctos und dem sibirischen C. l. albus (Kerr, 1792) war die gültige pleistozäne Unterart C. l. spelaeus tatsächlich kürzerbeinig, genau zwischen einem Grauwolf und einem Tundrawolf, während die Überschneidung der Beingrößen am besten mit arktischen Wölfen korreliert. Man könnte ihn als seine Ahnenform betrachten, die mit der Mammutsteppen- und Höhlenbärenfauna am Ende des Spätpleistozäns, also irgendwann zwischen 24.000 und 12.000 v. Chr., verschwand. Alle drei ausgestorbenen und noch lebenden holarktischen Weißwölfe haben sehr unterschiedliche Schädelformen mit typisch abgeflachten Stirnpartien, die sich morphologisch von den stark abgestuften Stirnpartien der Grauwölfe unterscheiden, ein Merkmal, das auch heute noch bei Hunden zu finden ist, die im europäischen Holozän aus südlichen Grauwölfen stammen. Der Lebensraum von C. l. spelaeus umfasste im MIS 8-3-Eiszeitalter zwei verschiedene Paläoumgebungen, die Mammutsteppe und boreale Nadelwälder. In den mittelhohen Bergregionen in ganz Europa verbreiteten sich diese Wölfe infolge der ausgedehnten skandinavischen und alpinen sowie anderer kleinerer Berggletscher bis hinunter zum Mittelmeer und spezialisierten sich auf die Nahrungsaufnahme von Höhlenbärenkadavern in Höhlen.
Diese Wölfe erlitten mehr Knochenschäden, indem sie ihre Zähne häufiger fressen als jede andere Wolfsunterart, was am besten durch den Schädelfund aus der Zoolithenhöhle von C. l. spelaeus bekannt ist. Die verwirrende Aufnahme in osteometrische Landmark-Statistiken, die die wichtige frontale Schädelform nicht ausreichend berücksichtigte, einschließlich Bissschäden durch Fleischfresser, Traumata, pathologischer Deformationen und sogar Subadulter mit anderer Schädelform, trennte die frühesten Hunde – die „paläolithischen Gravettien-Goyet-Hunde“, die sogar in den DNA-Pool von C. l. spelaeus fallen. Aufgrund der neuen wichtigen Schädel, detaillierter Analysen von C. l. spelaeus und der Überprüfung der DNA oder der Landmark-Statistiken, die nicht den Holotyp oder die größte europäische holarktische ausgestorbene Wolfspaläopopulation von C. l. spelaeus einschließen, wird bezweifelt, dass die modernen Menschen der Spätpaläolithikum-Zeit von den Aurignacien bis zu den Gravettien und sogar das jüngere Paläolithikum überhaupt Hunde hielten. Wenn ja, muss seine Vorfahrenform in Nordeuropa der holarktische Wolf C. l. spelaeus (Abbildung 5) gewesen sein, zu dem der Goyet-Hundeschädel auch seinen DNA-Tests zufolge gehört. Wie auch mehrere neuere DNA-Studien nahelegen, stammt die Zucht der holozänen Hunde stattdessen aus der Warmzeit oder von südeuropäischen Grauwölfen mit ihrer gestuften Stirn. Diese wurden von frühneolithischen, bandkeramischen Siedlern vor etwa 7000 Jahren nach Mitteleuropa importiert. Die Zucht erfolgte später in verschiedenen Regionen, wobei das Schädelmerkmal des gestuften Sagittalkamms plus die typische Verkürzung des Gehirnschädels das Hauptmerkmal der Hunde ist.