Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Über freilebende Wölfe in Deutschland.
kangal2
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Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von kangal2 »

Wurde mal hier im Forum von einem Betroffenen gepostet, weiß nicht, ob es noch in dessen Tiefen schlummert:

Hallo Harald,
zu deinen gemachten Aussagen muss ich dir nun folgendes sagen.
Ich bin selbst Schäfer hier in der Lausitz und halte zwei HSH der Rasse Pyrenäenberghund ( die im übrigen bei den meisten Lausitzer Schäfern gehalten werden ) um dir mal einen Überblick über die Kosten zu zeigen hier mal eine Auflistung:
- anschaffung der Hunde da nur 1 Hund von der GZDW bezahlt wird 900€
- Futter ( bei rund 700gr. pro tag im Winter eher mehr) macht im Monat 21Kg ( Royal Canin 15 Kg= 34,50€ ) mal 12 = 414€ mal 2 830€ Futter
- Tierartzt 150€
- erhöhter Betreuungsaufwand ( ich brauch pro tag etwa 5 Std ( normal sind ungefähr 3,5- 4 Std. ) bei 1 Herde, ich habe 2 Herden mit Hunden) macht bei einem Stdsatz von etwa 15€ und zwei Std. mehr am Tag im Monat 900€
- wir müssen auch unsere Koppeln mit einem doppelten Zaun schützen
(einem sogenanten Überspringschutz) das heißt wiederum ich baue eine normale Koppel von 1ha Größe in 1,5 Std. mit einem Gehilfen um, brauche jetzt aber doppelt solange.
Das heißt 1,5 Std. mal meinem Lohn sind 22,50€
Gehilfe 1,5Std. Lohn ( 8€ Std.) sind 12€ und das 3 mal im Monat bedeutet 103€ aufs Jahr 1242€

So ich hoffe ich habe nichts vergessen macht dann also zusammen 4022€ im Jahr Mehrkosten( es ist natürlich auf meinen Betrieb gerechnet und kann bei Kollegen natürlich anders aussehen )
Nicht mit eingerechnet sind Schäden die trotz oder gerade wegen HSH und Überspringschutz entstehen.
Ich hoffe ich konnte euch mal einen Überblick verschaffen und freue mich über sinnvolle Antworten.


Das Gewöhnen der Hunde an die Schafe hat er wohl vergessen, denn es ist in der Regel nicht damit getan, die Hunde an die Herde zu packen und dann zu schauen, was passiert oder auch nicht.
Grauer Wolf

Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von Grauer Wolf »

kangal2 hat geschrieben:Am PC urteilt sich über so etwas immer recht leicht, Deine Sichtweise ist mehr als einseitig und auch überheblich. Aber das hatten wir auch schon 100 mal.
Kann sein... Nur greift weder das Argument "am PC" noch "überheblich. Ich bin keiner, der von Tuten und Blasen keine Ahnung und schön jeden Monat sein Beamtengehalt auf dem Konto hat, sondern selbständig in einem Markt, der ein wahres Haifischbecken ist, in dem die Haie nur einmal die Woche was zu futtern kriegen.
Jeder, der selbständig ist, muß mit Veränderungen klarkommen. Weder der Installateur, noch der Bäcker, noch der Gärtner, noch ich selber als Photograph bekommen auch nur einen Cent irgendwelcher Subventionen oder Unterstützungen, auch nicht, wenn sich die Randbedingungen und der Markt ändern. Beim Bäcker sind es die großen Discounter, beim Installateur die Do It Yourself Märkte, beim Gärtner die großen Gartencenter, bei mir als Photograph die Tatsache, daß sich jeder, der eine Kamera halten kann, für einen Photographen hält und die Redaktionen mit Dumpingpreis- oder gleich kostenlosen Bildern zuschmeißt. Da heißt es, paß dich an, entwickle neue Ideen oder geh pleite. Nur der ganze Landwirtschaftskomplex inkl. der Schafhalter meint, er müßte eine weich gepolsterte Hängematte haben, die jegliches Risiko abfedert. Ein Unternehmen zu führen bedeutet aber nun einmal, Risiken einzugehen und damit klarzukommen.
Der Wolf ist nun einmal in seine Heimat zurückgekehrt und nun heißt es eben, sich anzupassen und miteinander klarzukommen. Dieser Standpunkt steht zumindest bei mir nicht zur Disposition und das hat keineswegs irgend etwas mit Überheblichkeit zu tun.

Noch eines zu der Kostenaufstellung. Da ist die Position Futter, bei der ich die Augen aufreiße:
- Futter ( bei rund 700gr. pro tag im Winter eher mehr) macht im Monat 21Kg ( Royal Canin 15 Kg= 34,50€ ) mal 12 = 414€ mal 2 830€ Futter
2800 Euro Futterkosten pro Jahr für 2 Hunde? Mehr als heftig! Wir haben vier (keine Yorkies! :mrgreen: ) und kommen, auch korrigiert um den geringeren Bedarf (die Hunde wiegen etwa 27 kg und sind 55 cm hoch), mit einem Bruchteil der Kosten aus, nutzen allerdings Quellen wie Schlachthof (Pansen, Blättermagen, Kehlköpfe, Kleinfleisch etc.) und Verschnitt von Metzgereien (Reste, zu fette Abschnitte, die der Kunde nicht will etc.) etc... Ernährungsphysiologisch ist das Zeug hochwertig, nur eben nicht mehr für Menschen geeignet. Einmal im Monat sind halt runde 60 kg Fleisch und ein paar Zutaten fällig. Es ist natürlich etwas mehr Arbeit, zugegeben, aber es rechnet sich, zumal wir ebenfalls sehr knapp kalkulieren müssen!

Gruß
Wolf
kangal2
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Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von kangal2 »

Tja, Du kannst im Haifischbecken die Umorientierung sicher besser packen, indem Du Deine 3 Kamera's verkaufst und eben einen Schlüsseldienst gründest.
Der Schäfer hat Verantwortung für vielleicht 1000 lebende Tiere, ja, auch Schafe leben, nicht nur Wölfe.
Dies dürfte sich um einiges schwieriger gestalten.
Zumal es keineswegs so einfach ist, wie es die Theoretiker hier gern darstellen, natürlich nur deswegen, um Probleme auszublenden oder kleinzureden, die nun mal existent sind und eine wesentlich größere Gruppe beschäftigen als die der Wolfsfreunde.
Samstag, 1. September 2012
(Sächsische Zeitung)

Wie Wölfe die Hütehunde überrumpeln
Von Katarina Lange

[...]

Vollzitat entfernt, Urheberrecht beachten! Der Link ging leider auch nicht. -- SammysHP
So kann's gehen, auch wenn man sich umorientiert und unternehmerisch Hunde kauft, guten Willen zeigt.
Seltsamerweiser wurde dieser Vorfall auf den Seiten des Kontakbüro's nicht veröffentlicht, zumindest war von den Hunden keine Rede und man suggeriert eine eher mangelhaft geschützte Herde. Nach dem Motto "Selbst Schuld".
Lutra
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Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von Lutra »

Tja, Kangal, Du bist bei den Schafen wohl auch eher Theoretiker. Die Schafshaltung ist enorm zurückgegangen, als die Mutterschafprämie durch die flächenmäßige Förderung ersetzt wurde, nicht durch Wölfe. Unser ortsansässiger Schäfer hat damals auch ratzbatz seine 1000 Schafe abgeschafft und durch Rinder ersetzt, mit denen er weniger Arbeit hat und die gleiche Förderung auf die bewirtschaftete Fläche bekommt. Seine restlichen 150 Heidschnucken weiden mitten im Wolfsrevier hinter einem E-Zaun. Das Problem ist, dass schon paar mal das Weidezaungerät geklaut war.
Des weiteren gibt es in fast jeder gekoppelten Schafsherde "Springer", Schafe, die gelernt haben, übern Zaun zu springen, mit denen auch der Schäfer seinen lieben Ärger hat. Bei einigen Berichten, wo das gerissene Schaf außerhalb der Koppel gefunden wurde, hab ich so an diese Spezies gedacht.
kangal2
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Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von kangal2 »

Na ich habe sicher mehr Schafe gesehen, als Du in Deinem Leben je sehen wirst :-D .
"Mein" Schäfer hat seine Herde noch und das Geschäft ist so gut, daß ich in diesem Jahr sogar bis Dezember auf meine beiden Lämmer warten muß.
Der hat aber auch nicht den Konkurrenz-Nachteil wie bei Dir - noch nicht.
Im übrigen stammen die beiden Berichte von Schäfern, denen Du aber sicher auch die Kompetenz absprechen wirst, und sind nicht meiner Phantasie entsprungen.
Das Leugnen von Problemen, die mit der Einwanderung des Wolfes hier entstanden, hat schon eine gewisse Methode.
Ich frage mich nur jedes Mal, wem das nutzen oder gar helfen soll.
Lutra
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Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von Lutra »

Ich leugne keine Probleme der Schäfer mit dem Wolf, ich meine nur und weiß es auch, dass es da von anderen Seiten viel größere Probleme gibt. Der Rückgang der Schafshaltung setzte bei uns hier lange vor dem ersten Wolf ein, nicht erst durch den "Konkurrenz-Nachteil". Wenn Dein Schäfer Bombengeschäfte durch den Verkauf von Lämmern machen kann, kann man ihn nur beglückwünschen.

Und wenn Du schon so viele Schafe gesehen hast, bist Du natürlich unangefochtener Experte auf diesem Gebiet, das muß ich Dir schon ohne Neid zugestehen! :mrgreen:
LarsD

Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von LarsD »

Lutra hat geschrieben:Der Rückgang der Schafshaltung setzte bei uns hier lange vor dem ersten Wolf ein, nicht erst durch den "Konkurrenz-Nachteil".
Du hast vor einiger Zeit mal einen interessanten Link eingestellt: http://www.nna.niedersachsen.de/downloa ... planes.pdf

Die Folien 18 bis 22 des Vortrages geben interessante Einblicke bezüglich der Schafhaltung. Besonders Folie 22 macht nachdenklich und deutet an, wohin die Reise gehen dürfte - zumal wir bezüglich der Entwicklung der Wolfspopulation erst am Anfang stehen.

Andere Frage: Du bist dichter dran. Was hat es mit dem von Kangal hier in den Thread kopierten Artikel der SZ auf sich. Hat Schäfermeister Klose am 11. August tatsächlich trotz vier Herdenschutzhunden ein Schaf an einen bzw. mehrere Wölfe verloren? Auf den Seiten vom Kontaktbüro finde ich dazu gar nichts.

Viele Grüße

Lars
Grauer Wolf

Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von Grauer Wolf »

LarsD hat geschrieben:Du bist dichter dran. Was hat es mit dem von Kangal hier in den Thread kopierten Artikel der SZ auf sich. Hat Schäfermeister Klose am 11. August tatsächlich trotz vier Herdenschutzhunden ein Schaf an einen bzw. mehrere Wölfe verloren? Auf den Seiten vom Kontaktbüro finde ich dazu gar nichts.
Ich habe den als Vollzitat entfernten Artikel noch einmal in einem Schafforum gefunden:
http://www.schaf-foren.de/forum/index.p ... opic=15690 (Oberes Drittel. Geht der Link in Ordnung, Sammy?)
Vielleicht hilfst Dir weiter...
Was mich allerdings schon wieder ärgert, ist folgender Satz:
Eberhard Klose ist nicht gut auf das Thema Wiederansiedlung der Wölfe in der Lausitz zu sprechen.
Ein für allemal: Die Wölfe wurden nicht angesiedelt, die kamen von ganz alleine...
Ansonsten war natürlich die Strategie der Wölfe genial: Ein paar lenken ab, einer greift zu. Die Grauen sind verdammt intelligent und gut in Problemlösungen...
kangal2 hat geschrieben:Das Leugnen von Problemen, die mit der Einwanderung des Wolfes hier entstanden, hat schon eine gewisse Methode. Ich frage mich nur jedes Mal, wem das nutzen oder gar helfen soll.
Ich leugne die Probleme keineswegs, aber die Wölfe sind nun mal da, sie werden nicht wieder weggehen und sie stehen unter Artenschutz. Die Wölfe zu eliminieren, ist keine Option, so oder so nicht, weder juristisch noch ethisch.
Der eine oder andere kommerzielle Schafhalter wird also sein Verhalten und die Kosten/Nutzen-Rechnung überdenken müssen wie jeder Unternehmer, zumal da auch noch die vergleichsweise großen Importe aus Australien und Neuseeland vorhanden sind (ist Schafhaltung in Deutschland überhaupt noch konkurrenzfähig?)... Hobbyhalter habe ich jetzt mal nicht auf dem Plan, denn ein Hobby ist dafür bekannt, daß es Geld kostet...

Gruß
Wolf
Wolfsheuler
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Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von Wolfsheuler »

Der Schafzüchter hat trotz Herdenschutzhunden 1 Schaf verloren. Er hat aber, wenn ich den Artikel richtig verstanden habe, eingestanden froh zu sein die Hunde gehabt zu haben, denn die hätten wohl Schlimmeres verhindert.
kangal2
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Re: Niedersachsen: Schafzüchter sorgen sich

Beitrag von kangal2 »

... was ja auch zweifellos richtig ist.
Nur ist es dann trotzdem merkwürdig, daß dies so nicht auf den Seiten des Kontaktbüros erwähnt wird.

Es ist völlig klar, daß relativ unerfahrene Herdenschutzhunde auf die Finten eines Wolfsrudels hereinfallen, sie haben sich noch recht gut geschlagen.
Wie sollen sie diese Strategien auch lernen, wenn alle Jubeljahre mal ein Angriff auf die Herde stattfindet, mit der sie dazu noch eingegattert sind.
Aber das kann man dann auch durchaus so erklären und zugeben. So entsteht für mich ein etwas schaler Eindruck, nach dem Motto, es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Der Artikel stand so in der SZ, also ist es schon etwas ungeschickt, diesen Vorfall auf den Seiten des Kontaktbüro's nicht zu erwähnen.
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