Schweden: Wolfsjagd 2013

[jurawolf]

zwar ist noch nichts entschieden, aber es läuft darauf hinaus, dass es anfang 2013 (januar/ferbuar) eine eingeschränkte wolfsjagd geben wird. deshalb mach ich schon mal den thread auf.

denn heute wurde das resultat eines gutachtens publik, welches untersucht hat, ob eine selektive jagd nur auf ingezüchtete wölfe möglich ist bei gleichzeitiger schonung der genetisch wertvollen tiere. die gutachter, welche übrigens durchaus pro-wolf sind und grossen wert auf einen guten, genetisch und zahlenmässig gesunden wolfsbestand legen, haben befunden, dass dies grundsätzlich machbar ist, da sich gebiete abgrenzen lassen, in denen nur stark ingezüchtete wölfe vorkommen. da die umweltministerin seit längerem betont, dass sie unbedingt eine solche jagd durchführen lassen möchte, wenn es möglich ist, steht dem nun wohl nichts mehr im weg. eine allgemeine wolfsjagd wie in den wintern 2010 und 2011 war nach der intervention der EU ja nicht mehr möglich, womit schweden ein anderes (eben dieses) jagdmodell suchen musste.

die politik bzw. das umweltministerium wird in den nächsten tagen entscheiden, ob die jagd wirklich durchgeführt wird und die bedingungen festlegen (quoten, perimeter, etc.).

http://www.jaktjournalen.se/index.php?id=16611&avd1=0

[HOWL]

Damit offenbart uns diese „Umweltministerin“ doch nur ihre Unwissenheit. Wenn so drauf losgeballert wird, wie wir es nicht anders aus den vergangenen Wintern in Schweden kennen, hat das mit Selektion überhaupt nichts zu tun. Es ist einfach nicht möglich, zu sagen, welche Wölfe angeblich Inzucht in sich tragen und welche nicht. Wölfe legen bekanntermaßen große Strecken zurück, ich glaube nicht, dass es hier ein großes Gebiet mit Inzucht-Wölfen gibt und dort eines, in dem alle Wölfe „sauber“ sind. Wenn ein inzüchtiges Paar wieder Junge geworfen hat, ziehen diese später aus dem Gebiet — und wir wissen von Dtl., dass sie sich ihr Revier oftmals sehr, sehr weit entfernt suchen. Diese Erklärung ist absolut hanebüchen!

[jurawolf]

so, nun wurde endlich eine entscheidung gefällt: in den kommenden wochen wird es eine lizenzjagd auf wölfe geben.

die quote wurde auf 18 festgelegt, die in bestimmten gebieten der provinzen värmland, örebro, jämtland, dalarna und västmansland geschossen werden dürfen. mit dieser räumlichen beschränkung auf 9 bestimmte gebiete soll erreicht werden, dass keine genetisch wertvollen tiere erlegt werden. die inzwischen mehreren territorien mit genetisch wertvollen wölfen liegen nicht im jagdperimeter.

18 ist eine recht tiefe zahl, tiefer als bei den lizenzjagden 2010 und 2011, als zudem auch der wolfsbestand noch etwas kleiner war.

[Lutra]

Es ist aber trotz der "niedrigen" Zahl und der Ausklammerung von angeblich genetisch wertvollen Tiere Blödsinn, ohne Sinn und Verstand in den bestehenden Rudelstrukturen rumzuballern. Da werden doch nur bestimmte Interessen bedient.

[Grauer Wolf]

Es ist aber trotz der "niedrigen" Zahl und der Ausklammerung von angeblich genetisch wertvollen Tiere Blödsinn, ohne Sinn und Verstand in den bestehenden Rudelstrukturen rumzuballern. Da werden doch nur bestimmte Interessen bedient.

Tja, da sprichst Du ein großes Wort gelassen aus... Leider gehört dazu die Bereitschaft, dazuzulernen, nicht unbedingt zu den Eigenschaften der Protagonisten. Diese Sorte will töten, was anderes interessiert die nicht, schon gar nicht, ob ggf. Familienverbände zerstört werden. Für die ist nur ein toter Wolf ein guter Wolf...

Gruß
Wolf

[LarsD]

Es ist aber trotz der "niedrigen" Zahl und der Ausklammerung von angeblich genetisch wertvollen Tiere Blödsinn, ohne Sinn und Verstand in den bestehenden Rudelstrukturen rumzuballern. Da werden doch nur bestimmte Interessen bedient.

Was macht Dich so sicher, dass dort ohne Sinn und Verstand agiert wird? Inzucht ist in der schwedischen Wolfspopulation definitiv ein Thema. Sie bekämpfen, indem man sich die Population munter vermehren lässt? "Frisches Blut" muss her. Zuwandernde Wölfe haben aber in den Territorien etablierter Rudel eher schlechte Karten. Das ändert sich offensichtlich, wenn die etablierten Rudel durch Bejagung dezimiert werden. Im Ergebnis erhält man eine genetisch breit aufgestellte Population. In Polen hat man diese Effekte mit genetischen Untersuchungen belegen können. Gut denkbar, dass den Experten in Schweden diese und andere Studien durchaus bekannt sind. Bleibt einzig die Frage, woher dort ausreichend Zuwanderer aus der finnisch-russischen Population kommen sollen. Aber auch da sind die Schweden ja bekanntlich dran.

Die polnische Studie ist bei Interesse hier zu finden: http://www.zbs.bialowieza.pl/g2/pdf/1495.pdf

Viele Grüße

Lars

[jurawolf]

im prinzip haben beide seiten recht. wenn man davon ausgeht, dass die population räumlich begrenzt ist (in dem fall künstlich durch eine restriktive politik) und man die wertvollen gegenüber den weniger wertvollen fördern will, muss man platz für erstere schaffen, notfalls durch entfernung von letzteren.

dafür muss man aber nicht zwingend wahllos familienstrukturen zerstören, wie dies durch die geplante wolfsjagd leider möglich ist (ebenso wie bei den vergangenen jagden von 2010 und 2011). es stellt sich die frage, ob es nicht sogar besser wäre, durch gezielte aktionen gleich ganze rudel auf einmal zu entfernen, anstatt im rahmen einer breiten jagd zuzulassen, dass möglicherweise nur die ein oder beide alphas getötet werden pro rudel. dies könnte dann nämlich sogar kontraproduktiv werden, wenn sich als folge davon die restlichen rudelmitglieder zerstreuen und weiter verstärkt in die population einmischen.

das problem ist, dass bei solchen gezielten aktionen die jägerschaft nicht breit eingebunden werden könnte, weil es dafür nur einige spezialisten braucht, die die liquidierung aus dem heli machen könnten. die jägerschaft fordert aber wohl nicht nur wolfsjagden, weil sie den bestand dezimiert haben will, sondern auch, weil sie selbst die jagd machen will...

Bleibt einzig die Frage, woher dort ausreichend Zuwanderer aus der finnisch-russischen Population kommen sollen. Aber auch da sind die Schweden ja bekanntlich dran.

das aussetzen von wertvollen welpen, in dem man sie einem nicht wertvollen wolfspaar unterschiebt und gleichzeitig ihre richtigen entfernt, steht auch dieses jahr wieder auf dem programm. letztes jahr konnte dies ja nicht umgesetzt werden, weil es im winter nicht gelang, die richtigen tiere zu besendern (ist nötig zum finden der wurfhöhle). geeignete welpen en ja zur verfügung gestanden. vor ein zwei wochen konnte aber ein geeignetes wolfspaar besendert werden, so dass die aktion dieses jahr wohl wirklich umgesetzt werden wird (zumindest versucht man es).

[jurawolf]

so, nun ist es definitiv klar, wie die jagd aussehen wird. die meldung von gestern war eigentlich noch nicht die offizielle, sondern erst was durchgesickert ist. die offizielle mitteilung erfolgte heute.

wesentliche änderung: es sind nur 16 wölfe zum abschuss freigegeben und nicht 18, da man die provinz jämtland in letzter minute wieder vom jagadgebiet gestrichen hat.

es wurden insgesamt 8 definierte gebiete festgelegt, in denen gejagt werden darf. diese gebiete orientieren sich an den territorien von 8 rudeln, in denen zurzeit keine genetisch wertvollen wölfe vorkommen. der vollständigkeit halber seien hier die jagdgebiete aufgelistet, selbst wenn die nicht schwedenkundigen damit wohl nicht viel anfangen können:

- Brattfors (Värmlands län)
- Fulufjället (Dalarnas län)
- Acksjön (Värmlands län)
- Ulriksberg (Örebro län)
- Villingsberg (Örebro län)
- Kloten (Dalarnas och Örebro län)
- Hedbyn (Örebro och Västmanlands län)
- Kölsta (Västmanlands län)

in jedem dieser reviere dürfen je zwei wölfe erlegt werden, davon sollte eines ein alphatier sein. dies wurde so festgelegt, da man die hoffnung hat, dass sich das verbleibende alphatier dann einen neuen partner sucht und dieser mit grösserer wahrscheinlichkeit ein genetisch wertvolles tier ist als zuvor.

die jagd beginnt morgen (31.1.) und dauert bis zum 20. februar. kurzfristige änderungen bleiben jeweils vorbehalten. mit der jagd beauftragt sind die lokalen jagdberechtigten, die jagdleiter haben abschüsse innert einer stunde zu melden.

http://www.naturvardsverket.se/Toppmeny ... de-vargar/

[Wolfsheuler]

Bleibt nur das Problem, dass die an der Jagd beteiligten nicht wirklich Interesse haben an einem genetisch gesunden Wolfsbestand, sondern nur an einer Dezimierung der "Elchfresser". Die meisten moderaten Jäger machen bei der Jagd sowieso nicht mit, nur die Wolfshasser.
Und das zweite Problem dürfte sein, wie man der EU das erklären will.

[jurawolf]

naja, bei der letzten wolfsjagd waren die moderaten jäger mit dabei, die extremen aber nicht, da diese die jagd wegen angeblich viel zu tiefer quoten boykottiert hatten. davon ist im moment noch nichts zu hören, aber mal schauen was noch kommt.

auf die reaktion der EU bin ich auch gespannt. grundsätzlich unterscheidet sich die jagdliche situation schon von den früheren, da es sich um eine selektive jagd handelt, die explizit teil des massnahmenpakets zur genetischen verbesserung der wolfspopulation ist - was bei den früheren jagden nicht der fall war. die schwedischen behörden betonen denn auch explizit, dass es sich nicht um eine ordentliche lizenzjagd handle. diese "normale" lizenzjagd zur regulierung des bestandes komme erst dann wieder, wenn die genetische verbesserung abgeschlossen ist.

ob die EU das auch so sieht, wird sich zeigen...