Wolfzoff auch in Norwegen
Verfasst: 1. Feb 2022, 23:04
Gericht in Oslo stoppt Wolfsjagd im Wolfsschutzgebiet (Ulvesonen)
Norwegen pflegt einen, sagen wir mal, sehr gewöhnungsbedürftigen Umgang mit seinen Wildtieren. Der schon fast ausgestorben geglaubte Walfang erlebte während der Corona-Krise und auf Druck der Fischereilobby ein Comeback.¹ Und der ohnehin schon kleine Wolfsbestand des Landes sollte nach dem Willen der Regierung selbst in der eigentlichen Wolfsschutzzone nochmal kräftig reduziert werden: 25 Wölfe wurden dort zum Abschuss freigegeben. Dagegen sind die Artenschutzvereinigungen NOAH, WWF und der Verein Våre Rovdyr gerichtlich vorgegangen und haben vor dem Tingrett in Oslo einen Erfolg erzielt.
Und als hätte man eine Art Déjà-Vu, zaubern auch die norwegischen Wolfsabschussbefürworter einen emeritierten Jagdprofessor im Bonusbereich seines Lebens hervor, der den Menschen erklärt, dass die norwegischen Wolfsjagdquoten weder den skandinavischen noch den weltweiten Wolfsbestand bedrohen würden. Zwar würden die wenigen Wölfe in Norwegen dann noch ein paar weniger, aber für die skandinavische Wolfspopulation wäre das nicht von Bedeutung. Würde man Schweden und Norwegen als ein Land betrachten, wären die Wölfe weder auf der Roten Liste noch würden sie als gefährdete Art eingestuft.⁴ Der emeritierte Professor Torstein Storaas ist - kaum überraschend - leidenschaftlicher Jäger und Jagdbuchautor, der sich scheinbar auch mal gern mit weit aufgerissenem Mund mit seiner Jagdtrophäe präsentiert.⁵ Eine seiner wissenschaftlichen Arbeiten befasst sich mit dem indirekten negativen Einfluss der Wölfe auf die Jagdeinnahmen in der Kleinwildjagd. Dazu wurden Revierinhaber befragt und Annoncen ausgewertet, wo entweder mögliche Wolfsanwesenheit als Warnung oder (im Fall nicht vorhandener Wolfsanwesenheit) als Werbung kommuniziert wurde - mit der Schlussfolgerung, dass Wölfe als wirtschaftliche Bedrohung verstanden werden.⁶
Nicht alle Wissenschaftler sehen den Einfluss der geplanten Wolfsjagd auf den skandinavischen Wolfsbestand als geringfügig an:
¹ taz, 29.03.2021: Walfang in Norwegen: Begehrtes Fleisch https://taz.de/Walfang-in-Norwegen/!5758130/
² NOAH, for dyrs rettigheter, 30.01.2022: Fire ulvefamilier reddet: NOAH, WWF og FVR vant frem i tingretten https://www.dyrsrettigheter.no/rovdyr/f ... ingretten/
³ NRK, 30.01.2022: Regjeringen anker ulvedommen fra tingretten https://www.nrk.no/osloogviken/oslo-tin ... 1.15831583
⁴ Jaktjournalen, 31.01.2022: Professor tonar ned risken med norsk vargjakt https://www.jaktjournalen.se/professor- ... -vargjakt/
⁵ Jeger - Norges største og mest leste jaktblad, 28.02.2021: Svart patronbelte i storfugl - Torstein Storaas har i lenge vært lidenskapelig opptatt av skogsfugl. Men professoren jakter ikke bare på data til forskning: Han bruker også mye tid på storfugljakt i skogen https://www.jeger.no/skogsfugljakt/svar ... i-storfugl
⁶ Inland Norway University of Applied Sciences, S. Pedersen, P. Angelstam, M. Ferguson, P. Wabakken, T. Storaas: Ulv og utmarksressurser: Økonomiske konsekvenser av ulv på inntekter fra småviltjakt (April 2018), Report number: 3-2018 https://www.researchgate.net/publicatio ... maviltjakt
S. Pedersen, P. Angelstam, M. Ferguson, P. Wabakken, T. Storaas: Impacts of wolves on rural economies from recreational small game hunting, European Journal of Wildlife Research 65(6):87 DOI:10.1007/s10344-019-1319-x https://www.researchgate.net/publicatio ... me_hunting
Norwegen pflegt einen, sagen wir mal, sehr gewöhnungsbedürftigen Umgang mit seinen Wildtieren. Der schon fast ausgestorben geglaubte Walfang erlebte während der Corona-Krise und auf Druck der Fischereilobby ein Comeback.¹ Und der ohnehin schon kleine Wolfsbestand des Landes sollte nach dem Willen der Regierung selbst in der eigentlichen Wolfsschutzzone nochmal kräftig reduziert werden: 25 Wölfe wurden dort zum Abschuss freigegeben. Dagegen sind die Artenschutzvereinigungen NOAH, WWF und der Verein Våre Rovdyr gerichtlich vorgegangen und haben vor dem Tingrett in Oslo einen Erfolg erzielt.
Die Vereine zeigen sich sichtlich erleichtert, damit zumindest vier Wolfsfamilien vorerst das Leben gerettet zu haben.²Die Begründung ist eine Ohrfeige für die norwegische Regierung: Die habe es versäumt, vor ihrer Genehmigung auch nur die „grundlegend erforderlichen Bewertungen vorzunehmen“, urteilte nun das Osloer Amtsgericht. Damit ist der Beschluss des Osloer Umweltministeriums von kurz vor Weihnachten, 25 Wölfe in geschützten Zonen zum Abschuss freizugeben, endgültig für rechtswidrig erklärt. Schon Anfang Januar hatte das Gericht die Genehmigung in einer vorläufigen Anordnung gestoppt.
taz, 01.02.22: Jagdverbot in Norwegen: Wölfe gegen Regierung 2:0 https://taz.de/Jagdverbot-in-Norwegen/!5832745/
Aber die üblichen Akteure - Regierung und die mächtige Agrarlobby - lassen natürlich nicht locker.Schon diese Zweiteilung ist angesichts des Schutzstatus, den der Wolf als auf der Roten Liste stehende Art nach dem auch in Norwegen geltenden EU-Recht genießt, heftig umstritten. Die Genehmigung der Regierung, die Beutegreifer sogar in den „Ulvesonen“ zu schießen, verletzte nach Ansicht der Richter die Artenschutzvorschriften nun erst recht.
taz, 01.02.22: Jagdverbot in Norwegen: Wölfe gegen Regierung 2:0 https://taz.de/Jagdverbot-in-Norwegen/!5832745/
Der Bauernverband bezeichnet das Urteil als unglaublich. "Wir reden hier von einer wachsenden Wolfspopulation, die ihre Scheu vor den Menschen verliert", empört sich die Vorsitzende des Hegmark Bauernverbands. "Der Wolfsbestand muss ganz klar begrenzt werden, und dann verhängen die einfach ein Abschussverbot."³ Erst im Juni wird sich die nächsthöhere Instanz, das Lagmannsrett mit der Berufung befassen.³ Der Verband der Naturnutzer, Naturbruksalliansen, fürchtet langfristige Konsequenzen für Einwohner, Jäger und Landwirte, und prophezeit, dass diese sich nicht nur auf die Wolfsschutzzone beschränken würden, sondern auch auf große Teile des südlichen Teil Norwegens, Sør-Norge.³Der sozialdemokratische Umweltminister Espen Barth Eide kündigte Berufung an. Der Bauernverband Norges Bondelag fürchtet, dass ein Prozess, der sich nun bis zum Obersten Gerichtshof hinziehen könnte, nicht nur die diesjährige Wolfsjagd in den „Ulvesonen“, sondern auch die des kommenden Jahres ausbremsen könnte.
taz, 01.02.22: Jagdverbot in Norwegen: Wölfe gegen Regierung 2:0 https://taz.de/Jagdverbot-in-Norwegen/!5832745/
Und als hätte man eine Art Déjà-Vu, zaubern auch die norwegischen Wolfsabschussbefürworter einen emeritierten Jagdprofessor im Bonusbereich seines Lebens hervor, der den Menschen erklärt, dass die norwegischen Wolfsjagdquoten weder den skandinavischen noch den weltweiten Wolfsbestand bedrohen würden. Zwar würden die wenigen Wölfe in Norwegen dann noch ein paar weniger, aber für die skandinavische Wolfspopulation wäre das nicht von Bedeutung. Würde man Schweden und Norwegen als ein Land betrachten, wären die Wölfe weder auf der Roten Liste noch würden sie als gefährdete Art eingestuft.⁴ Der emeritierte Professor Torstein Storaas ist - kaum überraschend - leidenschaftlicher Jäger und Jagdbuchautor, der sich scheinbar auch mal gern mit weit aufgerissenem Mund mit seiner Jagdtrophäe präsentiert.⁵ Eine seiner wissenschaftlichen Arbeiten befasst sich mit dem indirekten negativen Einfluss der Wölfe auf die Jagdeinnahmen in der Kleinwildjagd. Dazu wurden Revierinhaber befragt und Annoncen ausgewertet, wo entweder mögliche Wolfsanwesenheit als Warnung oder (im Fall nicht vorhandener Wolfsanwesenheit) als Werbung kommuniziert wurde - mit der Schlussfolgerung, dass Wölfe als wirtschaftliche Bedrohung verstanden werden.⁶
Nicht alle Wissenschaftler sehen den Einfluss der geplanten Wolfsjagd auf den skandinavischen Wolfsbestand als geringfügig an:
Laut John Linnell, der am Norwegischen Naturforschungsinstitut NINA zu Prädatoren forscht, wird der Bestand damit in Norwegen so massiv bejagt wie in keinem der rund ein Dutzend europäischen Länder, in denen Wolfsjagd betrieben wird. Während es im flächenmäßig kleineren Deutschland rund 150 Wolfsrudel gebe, wolle die norwegische Politik nur 4 bis 6 zulassen. Das sei vor allem auf den ungleich größeren Einfluss des „ländlichen Norwegens“ auf die Regierungspolitik zurückzuführen, so Linnell. Der Streit zwischen der Landbevölkerung und NaturschützerInnen sei festgefahren. [...] „Was, wenn alle Wölfe weg sind?“, fragt Linnell. Dann werde der künftige Bestand des Dorfladens, der örtlichen Schule, der lokalen Polizeistation auch nicht weniger bedroht sein: „Vielleicht wäre es am besten, wir würden alle mal 5 Jahre lang gar nicht mehr über Wölfe reden.“
taz, 01.02.22: Jagdverbot in Norwegen: Wölfe gegen Regierung 2:0 https://taz.de/Jagdverbot-in-Norwegen/!5832745/
¹ taz, 29.03.2021: Walfang in Norwegen: Begehrtes Fleisch https://taz.de/Walfang-in-Norwegen/!5758130/
² NOAH, for dyrs rettigheter, 30.01.2022: Fire ulvefamilier reddet: NOAH, WWF og FVR vant frem i tingretten https://www.dyrsrettigheter.no/rovdyr/f ... ingretten/
³ NRK, 30.01.2022: Regjeringen anker ulvedommen fra tingretten https://www.nrk.no/osloogviken/oslo-tin ... 1.15831583
⁴ Jaktjournalen, 31.01.2022: Professor tonar ned risken med norsk vargjakt https://www.jaktjournalen.se/professor- ... -vargjakt/
⁵ Jeger - Norges største og mest leste jaktblad, 28.02.2021: Svart patronbelte i storfugl - Torstein Storaas har i lenge vært lidenskapelig opptatt av skogsfugl. Men professoren jakter ikke bare på data til forskning: Han bruker også mye tid på storfugljakt i skogen https://www.jeger.no/skogsfugljakt/svar ... i-storfugl
⁶ Inland Norway University of Applied Sciences, S. Pedersen, P. Angelstam, M. Ferguson, P. Wabakken, T. Storaas: Ulv og utmarksressurser: Økonomiske konsekvenser av ulv på inntekter fra småviltjakt (April 2018), Report number: 3-2018 https://www.researchgate.net/publicatio ... maviltjakt
S. Pedersen, P. Angelstam, M. Ferguson, P. Wabakken, T. Storaas: Impacts of wolves on rural economies from recreational small game hunting, European Journal of Wildlife Research 65(6):87 DOI:10.1007/s10344-019-1319-x https://www.researchgate.net/publicatio ... me_hunting