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Novelle BJagdG: Kritik von Tier- und Naturschutz

Verfasst: 15. Jan 2021, 15:13
von Nina
Gegen die geplante Gesetzesänderung des Bundesjagdgesetzes haben sich aktuell 28 Tier- und Naturschutzorganisationen, darunter der Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. und die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V., in einer gemeinsamen Stellungnahme ausgesprochen.
Auch 18 Jahre nach Aufnahme des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz werden die Grundprinzipien des geltenden Tierschutzrechtes noch immer nicht angemessen im BJagdG berücksichtigt. Im Gegenteil, die Tierschutzseite findet im Gegensatz zu den zahlreichen Verbänden der Forstwirtschaft und Jagd in den laufenden Diskussionen noch nicht einmal ernsthaft Gehör.

Das Bündnis will mit dieser Gemeinsamen Stellungnahme der schleichenden Aufweichung des Tierschutzes im Jagdrecht entgegentreten und fordert insbesondere eine stärkere Berücksichtigung wissenschftlicher, wildbiologischer, wildökologischer sowie tierschutzrechtlicher Aspekte.


Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V., Christina Patt, 15.01.2021: Tier- und Naturschutzorganisationen lehnen Novelle zum BJagdG ab https://www.djgt.de/
Wesentliche Kritikpunkte der 28 Tier- und Naturschutzorganisationen:

Fehlende Berücksichtigung des "vernünftigen Grundes":
Allen voran sollte endlich ausdrücklich im Jagdrecht klargestellt werden, dass die Jagd an sich, die bundesweit überwiegend als Freizeitbeschäftigung betrieben wird, keinen vernünftigen Grund zum Töten von Tieren im Sinne des Tierschutzgesetzes darstellt! Vielmehr bedarf es für die Bejagung eines jeden Tieres eines vernünftigen Grundes. [...] Vor diesem Hintergrund ist es überfällig, die Liste der jagdbaren Tierarten der veränderten gesellschaftlichen Einstellung zum Tierschutz, die sich rechtlich im Staatsziel Tierschutz widerspiegelt, anzupassen. Dabei sind die aktuellen wissenschaftlichen, wildbiologischen und wildökologischen Erkenntnisse, insbesondere über die Populationsdynamik zu berücksichtigen.

Gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes, des Bundesnaturschutzgesetzes und des Waffengesetzes vom 27.10.2020; 15.01.2021 https://djgt.de/news/20210115141123_202 ... gdG_28.pdf
Kritik an der "Wald-vor-Wild"-Devise:
Die geplanten neuen Vorschriften haben einseitig eine Verjüngung des Waldes im Blick. Wald und Wild müssen aber in ihrer natürlichen Symbiose und Wechselwirkung koexistieren können. Somit ist es die Jagdausübung als Nutzungsrecht, die sich in ihrer konkreten Ausgestaltung diesen beiden Staatszielen angemessen anzupassen hat.

Gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes, des Bundesnaturschutzgesetzes und des Waffengesetzes vom 27.10.2020; 15.01.2021 https://djgt.de/news/20210115141123_202 ... gdG_28.pdf
Kritik an der Aufweichung des Nachtjagdverbotes:
Insbesondere durch die Möglichkeit der nächtlichen Jagd auf Wildschweine und auf Beutegreifer wird der Sinn des Nachtjagdverbotes ad absurdum geführt. Nicht nur den Paarhufern wird durch die Nacht ein letzter Rückzugsort genommen, sondern auch für alle anderen jagdbaren und nicht jagdbaren Tierarten bedeutet die Jagd zur Nachtzeit eine erhebliche Störung.

Gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes, des Bundesnaturschutzgesetzes und des Waffengesetzes vom 27.10.2020; 15.01.2021 https://djgt.de/news/20210115141123_202 ... gdG_28.pdf
Kritik an Drückjagden:
Wenn in der Öffentlichkeit hieraus der nicht unbegründete Eindruck entsteht, dass Gelegenheitsjäger auf alles schießen, was sich bewegt, weil das korrekte Ansprechen eines Wildtieres bei vielen Drückjagden kaum möglich ist, weil für manch einen politisch Verantwortlichen nur ein totes Reh ein gutes Reh, eine tote Wildsau eine gute Sau ist, sollte der Gesetzgeber das Bundesjagdgesetz entsprechend nachschärfen. In diesem Zusammenhang den fahrlässigen Abschuss eines Elterntieres entgegen § 22 Abs. 4 Satz 1 lediglich als eine Ordnungswidrigkeit zu ahnden, wie es die Ausschüsse empfehlen, entspricht hingegen der vollständigen Kapitulation gegenüber den berechtigten Anliegen des Tierschutzes.

Gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes, des Bundesnaturschutzgesetzes und des Waffengesetzes vom 27.10.2020; 15.01.2021 https://djgt.de/news/20210115141123_202 ... gdG_28.pdf
Kritik an Jagdzeiten und -arten:
Die Jagdzeiten in Deutschland gehören in Europa zu den längsten, der Jagddruck hat durch Drückjagden nicht ab-, sondern in der Summe zugenommen. Zudem bedeuten großangelegte Drückjagden immer Tierleid. [...] Rote-Listen-Tierarten werden ebenso gejagt wie Zugvögel oder Tierarten, deren Bestände nachweislich durch eine noch so intensive Jagd nicht reguliert werden können. Ganz zu schweigen von diversen Jagdmethoden wie z.B. der Baujagd, aber auch der Fallenjagd, die aus Sicht des Tierschutzes klar abzulehnen sind.

Gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes, des Bundesnaturschutzgesetzes und des Waffengesetzes vom 27.10.2020; 15.01.2021 https://djgt.de/news/20210115141123_202 ... gdG_28.pdf

Re: Novelle BJagdG: Kritik von Tier- und Naturschutz

Verfasst: 19. Jan 2021, 14:16
von Nina
Kritik am Abschuss von Haustieren durch Jäger:
Der Abschuss von Hunden und Katzen durch Jagdausübungsberechtigte im Rahmen des sogenannten Jagdschutzes wird von TASSO entschieden abgelehnt.

Hunde und Katzen sind keine jagdbaren Tiere im Sinne des Jagdrechtes, dürfen aber im Rahmen des sogenannten Jagdschutzes getötet werden. Unzählige Hunde und Katzen werden so jährlich von Jägern erschossen oder in Fallen gefangen und getötet. Die derzeitige gesetzliche Regelung zur Erlaubnis des Abschusses von Haustieren ist unverhältnismäßig und willkürlich und geht weit über das hinaus, was zum Schutz von Wildtieren notwendig ist. Das bestehende Ordnungsrecht ist ausreichend, um gegen Hunde, die Wild nachstellen, vorzugehen.


TASSO: Jagd: TASSO fordert eine Änderung der Jagdgesetzgebung - Haustierabschuss, abgerufen am 19.01.2021 https://www.tasso.net/Tierschutz/Tiersc ... tiere/Jagd
Auf das Ansehen der Jäger in der Öffentlichkeit hat die Tötung von Heimtieren, die einen Halter haben, verheerenden Einfluss (vgl. Merkblatt der TVT 123 Tierschutz für Jäger).

Wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen ihre Hunde und Katzen als vollwertige Familienmitglieder empfinden. In Bezug auf unsere Haustiere hat sich in den letzten Jahren ein gesellschaftlicher Wandel vollzogen, der sich auch in der Jagdgesetzgebung niederschlagen muss.


TASSO: Jagd: TASSO fordert eine Änderung der Jagdgesetzgebung - Haustierabschuss, abgerufen am 19.01.2021 https://www.tasso.net/Tierschutz/Tiersc ... tiere/Jagd
Ein breites Bündnis aus 28 Tier- und Naturschutzorganisationen, dem auch TASSO e.V. angehört, lehnt den vorliegenden Entwurf zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes ab und kritisiert in einer gemeinsamen Stellungnahme die geplanten Verschlechterungen des Tierschutzes bei der Jagd. Der aktuelle Entwurf ordnet aus Sicht des Bündnisses den Tierschutz einseitig den Interessen der Forstwirtschaft und der Jagd unter. Daher fordert das Bündnis wissenschaftliche, wildbiologische und tierschutzrechtliche Aspekte bei der Novellierung stärker zu berücksichtigen. Insbesondere muss endlich das im Grundgesetz verankerte Staatsziel Tierschutz bei der Jagd angemessen berücksichtigt werden. Darüber hinaus bedarf es einer eindeutigen Regelung, dass für die Bejagung eines jeden Tieres ein „vernünftiger Grund“ nachgewiesen werden muss.

TASSO: Jagd: TASSO fordert eine Änderung der Jagdgesetzgebung - Haustierabschuss, abgerufen am 19.01.2021 https://www.tasso.net/Tierschutz/Tiersc ... tiere/Jagd

Re: Novelle BJagdG: Kritik von Tier- und Naturschutz

Verfasst: 20. Jan 2021, 12:35
von maxa67
Wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen ihre Hunde und Katzen als vollwertige Familienmitglieder empfinden.
Na da bin ich ja froh, daß es Wissenschaft gibt, die sowas erforscht... Jäger mit aufgesetzten Belehrungen und Ansagen, meinen Hund zu erschießen, biete ich dann immer an, ob sie sich in dem Fall ein Weiterleben im Rollstuhl vorstellen könnten.
In der Liebe zu Familienmitgliedern ist man eben auch zu einer Sprache fähig, welche dieserart Leute nur verstehen...

Re: Novelle BJagdG: Kritik von Tier- und Naturschutz

Verfasst: 20. Jan 2021, 14:47
von Nina
"Ich kann sie ja nicht 5 Mal erschießen!"

Jägerin, die vergeblich versucht, eine in einer Lebend-Falle gefangene Katze (mit Kenn-Marke, also nicht wild) aus nächster Nähe zu erschießen.
Es ist ein Video einer Jägerin, dass die Tierschützer gerade sprachlos macht. Die Frau wird gefilmt, während sie eine Katze tötet, die in eine ihrer Fallen tappte. Zuerst schießt sie der Katze in den Kopf, als das nicht reicht und die Katze noch lebt, schießt sie gleich noch einmal – als sie etwas später zu der Falle zurückkehrt, feuert sie sogar noch ein drittes Mal. [...] „Das Video ist ohne mein Wissen entstanden. Das hat mein Ehegatte gedreht. Ich werde mich auch von ihm trennen“, sagt sie der „Bild am Sonntag“. Doch trotzdem steht sie zu ihrem Handeln. Die Katze hätte Fasane bedroht, die sie zur Jagd freigelassen hätte. „Eine Katze ist eines der schlimmsten Raubtiere“, sagt sie.

focus online, 04.01.2021: Drei Schüsse in den KopfJägerin fängt Katze und erschießt sie qualvoll - was sie dazu sagt, macht sprachlos https://www.focus.de/panorama/drei-schu ... 33093.html


Wer sich den grausamen Todeskampf der Katze im Film nicht antun will - hier der Dialog der Jägerin mit ihren Mitstreitern:

"Halte Dir die Ohren zu."
"Gar nicht so einfach." [Erster Schuss, trifft Katze in den Kopf, Katze versucht, zu entkommen]
"Das war ein Kopfschuss."
"Schieß nochmal, sie hat noch nichts." [Katze in Panik, versucht zu entkommen]
"Ja, ja, die hat schon was." [Zweiter Schuss in den Kopf, Katze zappelt]
"Ich hab die zwei Mal geschossen, zwei Kopfschüsse gemacht."
"Die hat immer noch nichts."
"Das waren zwei Kopfschüsse. Ich kann sie ja nicht 5 Mal erschiessen." [Katze lebt immer noch, zappelt, versucht verzweifelt, aus der Falle zu kommen]
"Das waren jetzt zwei Kopfschüsse und sie bewegt sich immer noch."
"Jetzt hat sie aufgehört."
"Das blutet... Das Herz schlägt ja immer noch."
"Soll ich nochmal reinschießen?"
"Ja!"
"In das Gesicht, oder?" [Dritter Schuss, Katze liegt, bewegt sich immer noch]
"Das gibt's doch nicht."
"Jetzt hab ich noch einen Kammerschuss gemacht. Jetzt lebt die immer noch."
"Brauchen wir aber keine 7 Schüsse?"
"Ich hab bloß 5 Patronen geladen. Also 3 Schüsse hab ich jetzt gemacht. Soll ich nochmal auf sie schießen? Die lebt immer noch."
"Nein, da ist nichts mehr."
"Das hört schon auf."
"Das ist aus." [Katze mit völlig zerschossenem Gesicht wird von der Jägerin weggeschleift].

Video veröffentlicht bei SOKO Tierschutz e. V. : Jägerin tötet Katze qualvoll in Falle https://www.soko-tierschutz.org/
Pressemitteilung SOKO Tierschutz e. V. : 03.01.2021 Schock-Video: Jägerin tötet Hauskatze qualvoll in Falle - Jäger töten pro Jahr hunderttausende Hauskatzen - die Tiere verschwinden spurlos - SOKO Tierschutz fordert Verbot der Fallenjagd https://www.presseportal.de/pm/110736/4803310

SOKO Tierschutz e. V. ist auch eine der 28 Tier- und Naturschutzorganisationen, die sich in der gemeinsamen Stellungnahme gegen die aktuelle Fassung der Bundesjagdgesetz-Novellierung aussprechen.