Nds. Wolfsverordnung

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Nina
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Re: Nds. Wolfsverordnung

Beitrag von Nina »

"Grüne werfen Lies scheinheilige Wolfspolitik vor"
Der Minister verliere immer wieder große Worte zu immer neuen Verfügungen und Abschussplänen, sagte der Grünen-Abgeordnete Christian Meyer. Aus der Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen gehe hervor, dass das Land der Einschätzung des Bundesumweltministeriums folgt, dass der Wolf weiterhin bedroht ist. Trotzdem wolle der Minister mit der Aufnahme der Tiere ins Jagdrecht vorgaukeln, Wölfe könnten gejagt werden. In Wirklichkeit bleibe der Wolf aber ganzjährig geschützt.

t-online, 23.01.2021: Grüne werfen Lies scheinheilige Wolfspolitik vor https://www.t-online.de/region/hannover ... k-vor.html
Zudem seien von 379 eingereichten Anträgen auf Herdenschutzmaßnahmen erst 220 beschieden, während 159 Landwirte immer noch auf ihre Bescheide warten müssten.

Auch der NABU Niedersachsen wehrt sich gegen die Vorwürfe von Umweltminister Lies, der NABU-Vorsitzende würde "polarisieren" wollen, während man keine konstruktiven Vorschläge eingebracht hätte:
UPDATE 6. Januar 2021: In der Pressemitteilung PI 001/2021 des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz wird dem NABU-Landesvorsitzenden Dr. Holger Buschmann vorgeworfen, beim Thema Wolf zu polarisieren. Weiterhin wird unterstellt, in der Verbändeanhörung zur Niedersächsischen Wolfsverordnung keine konstruktiven Vorschläge gemacht zu haben. Auf Sachargumente der EU-Beschwerde durch den NABU wird in der Pressemitteilung dagegen wenig eingegangen. Daher seien an dieser Stelle nochmal die wichtigsten Argumente der EU-Beschwerde aufgeführt:

NABU Niedersachsen, Vorschläge in der Verbändeanhörung wurden nicht übernommen - Niedersächsische Wolfsverordnung: Sachargumente statt Polarisierung https://niedersachsen.nabu.de/tiere-und ... 29192.html
Kritik an pauschaler Unterstellung, dass Pferde und Rindr per se zum Eigenschutz befähigt wären, wird auch von der niedersächsischen Fachbehörde geteilt:
Vielmehr zeigt die Praxis das Gegenteil und die zuständige Fachbehörde des Landes selbst hat eine derart pauschale Bewertung nicht als fachlich gerechtfertigt eingestuft.

NABU Niedersachsen, Vorschläge in der Verbändeanhörung wurden nicht übernommen - Niedersächsische Wolfsverordnung: Sachargumente statt Polarisierung https://niedersachsen.nabu.de/tiere-und ... 29192.html
Entgegen der Aussage des Umweltministeriums können auch Weidetiere auf Deichen geschützt werden:
Hierfür gibt es keine tragfähige rechtliche Grundlage. Auch an Deichen lassen sich zumutbare Herdenschutzmaßnahmen durchführen.

NABU Niedersachsen, Vorschläge in der Verbändeanhörung wurden nicht übernommen - Niedersächsische Wolfsverordnung: Sachargumente statt Polarisierung https://niedersachsen.nabu.de/tiere-und ... 29192.html
Der günstige Erhaltungszustand lässt sich nicht kleinräumig innerhalb von Bundesländergrenzen bestimmen:
Der Bezugspunkt, an den sich der Erhaltungszustand einer Wolfspopulation knüpft, bemisst sich an natürlichen Verbreitungsgebieten bemisst, nicht an Bundeslandgrenzen (auch nicht an Staatsgrenzen).

NABU Niedersachsen, Vorschläge in der Verbändeanhörung wurden nicht übernommen - Niedersächsische Wolfsverordnung: Sachargumente statt Polarisierung https://niedersachsen.nabu.de/tiere-und ... 29192.html
Und:
Darüber hinaus hat der NABU nur ein von zwei Klageverfahren gegen Abschussgenehmigungen bis zu Ende führen können, da in einem Fall die Abschussgenehmigung im Laufe des Verfahrens ausgelaufen war. Im zweiten Fall hat der NABU das Verfahren entgegen den Aussagen des Nds. Umweltministeriums in Teilen gewonnen. [...] Auch dem Vorwurf, bei der Verbändeanhörung keine konstruktiven Vorschläge gemacht zu haben, widersprechen wir entschieden: In einer ausführlichen Stellungnahme (s.u.) wurde dezidiert auf die einzelnen Aspekte des vorgelegten Verordnungsentwurfs eingegangen. Zur Überraschung des NABU wurde nicht auf EINEN dieser Punkte eingegangen, sondern im Gegenteil: es wurden weitere Verschärfungen zur Aufweichung des Schutzstatus des Wolfs in die Verordnung aufgenommen.

NABU Niedersachsen, Vorschläge in der Verbändeanhörung wurden nicht übernommen - Niedersächsische Wolfsverordnung: Sachargumente statt Polarisierung https://niedersachsen.nabu.de/tiere-und ... 29192.html

Ausführliche Stellungnahme des NABU Niedersachsen, des BUND, Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen LBU und Naturschutzverband Niedersachsen NVN:
Stellungnahme zum Entwurf einer Nds. Wolfsverordnung (Nds. WolfsVO), 17.09.2020: https://niedersachsen.nabu.de/imperia/m ... olfsvo.pdf
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Nina
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Re: Nds. Wolfsverordnung

Beitrag von Nina »

Gegen das heimliche Auskungeln von Wolfsabschüssen im Hinterzimmer:
Wolf-Abschuss: Grüne erwägen Klage gegen Landesregierung

Die Grünen im Niedersächsischen Landtag haben die Landesregierung aufgefordert, Abschussgenehmigungen für Wölfe künftig wieder zu veröffentlichen.
Fraktionsvize Christian Meyer sagte gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ), dass seine Partei ansonsten den Weg einer Klage vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg einschlagen werde. Das Umweltministerium komme in Sachen Wolfsabschüssen den Auskunftspflichten gegenüber dem Parlament seiner Auffassung zufolge nicht nach, so Meyer.
[...] Der Grünen-Fraktionsvize bezeichnete die Informationspolitik der des Landes als "rechtsstaatlich fragwürdig" und "Gipfel der gescheiterten Wolfspolitik". Wenn nicht über Genehmigungen informiert werde, könnten diese auch nicht gerichtlich überprüft werden, kritisierte der Abgeordnete.

NDR, 28.01.2021: Wolf-Abschuss: Grüne erwägen Klage gegen Landesregierung https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... fe660.html
Ist schon ein starkes Stück, wenn ein Umweltminister der Wolfsjagd um jeden Preis und dem Zudienen der Jagdlobby demokratische Grundsätze opfert.
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Nina
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Re: Nds. Wolfsverordnung

Beitrag von Nina »

Oops, was war 2017 denn da passiert? Ich habe gar nicht mitbekommen, wie die Sache ausgegangen ist bzw. wohin sie sich entwickelt hat.
Wirtschaftsminister Olaf Lies aus Sande kämpft ums politische Überleben. Die Opposition hat einen Untersuchungsausschuss beantragt, die Staatsanwaltschaft ermittelt.

NWZ online, 03.06.2017: Vergabeaffären Um Olaf Lies - Schwere Stunden für einen Senkrechtstarter https://www.nwzonline.de/politik/nieder ... 11620.html
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) steht unter Druck, nachdem am Mittwoch erneut Verstöße gegen das Vergaberecht bekannt geworden sind. In einer Erklärung vor dem Landtag räumte Lies ein, dass sein Haus sich bei der Vergabe einer Veranstaltungsreihe zur Elektromobilität im Frühjahr 2015 über Bedenken des Vergabereferats hinweggesetzt habe. [...] Im Landtag löste die Mitteilung über den neuesten Fall angeblicher Mauschelei Empörung aus, weil das Wirtschaftsministerium für die ordentlichen Auftragsvergaben im Land zuständig ist. [...] Der CDU-Politiker Uwe Schünemann meinte, es sei kein Zufall, dass die einzelnen Vorfälle sich ausgerechnet im Umfeld des Wirtschaftsministers ereignet haben. "Das ist eine Affäre Lies, das steht schon fest." [...] "Sie sind der Minister, der für Vergaben zuständig ist. Sie können nach diesen Affären nicht mehr ernstgenommen werden", sagte Schünemann unter heftigem Beifall der Opposition.

Schaumburger Nachrichten, 17.05.2017: Minister Lies räumt weiteren Vergabe-Verstoß ein https://www.sn-online.de/Nachrichten/Po ... nter-Druck
Offenbar hat man sich ja aber wieder vertragen, denn Herr Lies vertritt in der niedersächsischen Wolfspolitik - entgegen zum eher verhaltenen Kurs des ebenfalls SPD-geführten Bundesumweltministeriums - ja sehr deutlich dieselbe Richtung wie die CDU.

Ich frage mich dabei immer nach dem Zweck, denn der niedersächsischen SPD laufen ja seit der Niedersachsen-GroKo ohnehin die Mitglieder weg. Dass der Pro-Jagd-Kurs aus konservativen Jägern und Landwirten in größerem Maße SPD-Überläufer generiert, ist wohl eher nicht zu erwarten. Also warum verärgert man eine breite Wählerschaft und schwächt durch lobbyorientierte Extrempositionen die eigene Position zugunsten des Junior-Koalitionspartners, anstatt einer breiteren Mehrheit ein gemässigtes politisches Angebot mit einem eigenen Profil zu offerieren?
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Nina
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Re: Nds. Wolfsverordnung

Beitrag von Nina »

Interessante Ausführungen von Rechtsanwalt Peter Kremer in der Anhörung im Deutschen Bundestag zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes am 09.12.2019:
Was macht eigentlich der Taubenhalter? Das ist ja jemand, der sozusagen Tauben als Hobby hält. Da gibt es ja Tiere, die sich Tauben von oben nähern und die dann entsprechend schlagen wollen, z. B. Falken oder ähnliches. Ist dann der Abschuss der Falken gerechtfertigt dadurch, dass es am Boden einen Taubenhalter gibt - und der Falke sich dann möglicherweise an den Tauben bedienen würde? Die Ausweitung dieses Begriffs auf nichtwirtschaftliche Schäden lässt sich überhaupt nicht absehen. Man kann dieses Beispiel, also so viel Phanatsie gibt es gar nicht, als dass man sich nicht vorstellen kann, was da alles kommen kann. Es ist ja auch sogar denkbar, dass entsprechende Hobbyhaltungen erst initiiert werden, um lästige Tiere dann tatsächlich in den Griff zu bekommen. Die Taubenhaltung ist, glaube ich, ein recht deutliches Beispiel dafür.

Die Frage, warum das rechtswidrig ist und warum die Behörden dann möglicherweise zu rechtswidrigen Entscheidungen genötigt werden, liegt daran, dass die Vogelschutzrichtlinie, die älter als die FFH-Richtlinie ist, die nicht auf wirtschaftliche Betriebe bezogene Ausnahme schlichtweg nicht zulässt. Das hat die Kommission schon vor, ich glaube es ist schon zwanzig Jahre her, in einem Auslegungsleitfaden entsprechend festgestellt. Und das Bundesverwaltungsgericht akzeptiert ja diese Leitfäden auch als eine zulässige Interpretation des Unionsrechtes. Das würde also bedeuten, dass die Behörde sich entscheiden muss zwischen der Frage, höre ich auf das nationale Gesetz oder höre ich auf das Unionsrecht?

Da hat nun der EuGH in der "Protect"-Entscheidung vor etwa zweieinhalb Jahren ja relativ klare Anweisungen gegeben. Nämlich, dass, wenn Unionsrecht dem nationalen Recht vorgeht, dass das nationale Recht schlicht unangewendet bleiben braucht. Also im Gegensatz zu dem reinen klassisch nationalen Recht, nicht das Bundesverfassungsgericht anzurufen, um die Unanwendbarkeit oder Nichtigkeit eines Gesetzes festzustellen. Aber, es führt dazu, dass jede einzelne Behörde, jeder einzelne Mitarbeiter in der Unteren Naturschutzbehörde künftig Gesetzesexegese betreiben muss, hinsichtlich der Frage: Ist das, was der Bundesgesetzgeber hier vorgegeben hat, mit Unionsrecht noch zu vereinbaren? Und der EuGH sagt ständig, dass jede Behörde - und nicht nur Juristen - jeder Mitarbeiter in einer Behörde ständig verpflichtet ist, die Übereinstimmung des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht zu überprüfen und im Zweifelsfall das nationale Recht unangewendet zu lassen. Da kann man sich natürlich vorstellen, in welchen Konflikt jemand gerät, der in einem Landkreis, [...] in einen Konflikt kommt, in einer Unteren Naturschutzbehörde dann die unterschiedlichen Interessen auszutarieren, wenn es keine rechtlichen Vorgaben gibt dafür.

Rechtsanwalt Peter Kremer auf eine Frage der Abgeordneten Steffi Lemke, (ca. 1:06:35 - 1:09:50), Deutscher Bundestag, Mediathek, 09.12.2019: Ausnahmeregelungen zum Abschuss von Wölfen kontrovers bewertet https://www.bundestag.de/mediathek?vide ... =mediathek
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