So, ich hab mir das Gutachten mal zu Gemüte geführt. Amtsdeutsch, was für'n Alptraum...
Einige Punkte, fielen mir besonders ins Auge, auf die ich hier eingehen möchte. ich hoffe, ich habe den Überblick behalten...
§ 2.2
...Ergänzend führt § 42 Abs. 1 LJagdG dazu
ausdrücklich aus, dass "der Jagdschutz auch den Schutz des Wildes vor Beeinträchtigung
durch dem Jagdrecht nicht unterliegende Tierarten umfasst". Der Schutz
vor Prädatoren ist - ebenso wie der Schutz vor wildernden Hunden und Katzen - also
Gegenstand des Jagdschutzes....
Auch wenn der Wolf unter Artenschutz steht, bereitet mir dieser Teil Sorgen. Der Begriff Jagdschutz und Schutzjagd war schon immer Rechtfertigung für die Tötung von Beutegreifern, Katzen, Hunden...
§ 4.3.2.2
...Zwischenergebnis:
Die Inbesitznahme durch den Jagdausübungsberechtigten als notwendige
Vorstufe des jagdlichen Aneignungsrechts ggf. nach vorausgehender
Einzelgenehmigung nach Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie ist durch Art. 16 Abs. 1
Buchst, e) FFH-Richtlinie legitimiert....
Hier öffenen sich m.M.n. Schlupflöcher für den Mißbrauch, ebenso wie bei diesem Passus:
6.3 Zwischenergebnis:
Die Festsetzung einer Jagdzeit für den Wolf ist zulässig, wenn die durch das EURecht
vorgegebenen Einschränkungen in anderer Weise gewährleistet werden. Dies
wäre zum Beispiel möglich durch Erstreckung der Abschussplanung auf den Wolf
verbunden mit einem allgemeinen Jagdausübungsverbot, von dem nur im Einzelfall
eine Ausnahme unter Beachtung der Vorgaben der FFH-Richtlinie erteilt werden darf.
Die begleitenden Einschränkungen müssten entweder unmittelbar durch Gesetz
erfolgen, da sie von der Ermächtigung des §§ 33 Abs. 7 LJagdG nicht gedeckt
wären. Anderenfalls müsste die Ermächtigung des Ministeriums entsprechend
enweitert werden und von dieser Ermächtigung durch Ergänzung der Sächsischen
Jagdverordnung Gebrauch gemacht werden.
Das...
7.1.2 Jagdrecht
...Die sächsische Jägerschaft mit ihren gut 10.000 Jagdscheininhabern würde möglicherweise
zur Beteiligung motiviert werden und könnte ein erhebliches zusätzliches
Potenzial darstellen, welches bereits über überdurchschnittliche wildbiologische
Grundkenntnissen verfügt und ein "besonderes Auge" für die Tierwelt besitzt....
darf ich wohl als ganz schlechten Witz interpretieren...
7.3.2 Jagdrecht
...Untediegt der Wolf dem Jagdrecht, unterliegt er dem ausschließlichen Jagdausübungsrecht
(vergl. § 1 Abs. 1 S. 1 BJagdG) des Jagdausübungsberechtigten. Ohne
dessen Zustimmung wäre es daher unzulässig, einem Wolf nachzustellen und ihn zu
fangen. Aufgrund der Hegepflicht des Jagdausübungsberechtigten wäre es allerdings
zulässig, im wissenschaftlichen Interesse an der Wildart Wolf ihm gegenüber eine
Duldungsverfügung auszusprechen, sofern er der Maßnahme nicht zustimmen sollte...
7.5.2 Jagdrecht
...Selbst bei einem Inbesitznahmeverbot für
den Jagdausübungsberechtigten führt die Ausschließlichkeit des Aneignungsrechts
dazu, dass sich Dritte den Wolf -selbst bei Erteilung einer behördlichen Ausnahmegenehmigung-
nicht aneignen können. Um den Wolf einer wissenschaftlichen
Untersuchung zuzuführen, bedürfte es zusätzlich der Zustimmung des Jagdausübungsberechtigten.
Eine gesetzliche Verpflichtung zur Herausgabe würde einen
enteignenden Eingriff bedeuten. Eine entsprechende Regelung müsste daher eine
Entschädigung vorsehen....
Auch hier sind wieder Mißbrauch und Machtspielchen Tür und Tor geöffnet. Es ergibt keinen Sinn, wenn sich Wildbiologen erstmal rechtlich mit einem Jagdpächter auseinandersetzen müssen, der gewillt ist, der Forschung Knüppel zwischen die Beine zu werfen, weil er prinzipiell keinen im Revier dulden mag. Beides verschafft dem Jäger eine unangemessene Machtposition über den Wolf resp. den Umgang mit ihm.
7.8.2 Jagdrecht
...Im Jagdrecht greift zunächst die Vorschrift des § 22a Abs. 1 BJagdG. Danach ist
schwer krankes Wild zur Bewahrung vor vermeidbaren Schmerzen oder Leiden
unverzüglich zu erlegen, es sei denn, dass es genügt und möglich ist, es zu fangen
und zu versorgen. Die fachliche Beurteilung obliegt dem befugten Jäger. Dabei gilt
die Befugnis zum unverzüglichen Erlegen auch dann, wenn ein Fangen und
Versorgen möglich ist....
An den Punkt bekommen ich endgültig massive Bauchschmerzen. Die Definition von "Schmerzen und Leid" läßt sich mit Leichtigkeit so auslegen, daß man sich berechtigt fühlt, den Finger krummzumachen, was wir ja auch schon hatten. Im Zweifelsfall hat man sich eben "geirrt"... Ob ein Wolf (der bekanntlich äußerst zäh ist, und selbst nach schwersten Verletzungen unter der Obhut des Rudels wieder zu Kräften kommt (nach Beobachtungen von G. Bloch und L. D. Mech wurden schwerverletzte Wölfe mitversorgt und genasen), tatsächlich getötet werden sollte oder ob eine Behandlung erfolgversprechend ist, kann allenfalls ein Veterinär entscheiden. Sinnvoll wären daher Bereitschaftsveterinäre, die ggf. kurzfristig vor Ort sein könnten. Ich könnte mir gut vorstellen, daß mancher Tierarzt, der seine Verpflichtung des Helfens und Heilens ernst nimmt, zu einem solchen Service bereit wäre (ggf. für eine kleine Aufwandsentschädigung, damit der Behandlungsmittel, Sprit und Co. nicht aus eigener Tasche zahlen muß), zumal die Belastung mangels vieler Wölfe überschaubar bliebe...
8.4 Akzeptanz betroffener Bevölkerungsgruppen
...Zusätzlich zu den jetzt schon möglichen Beteiligungen würden sich die Jäger
möglicherweise emotional stärker in das Managementkonzept eingebunden sehen.
Sie könnten mit gestalten, ohne die rechtlichen Grenzen überschreiten zu dürfen.
Neben den zuvor ausgeführten rechtlich verbindlichen Mitwirkungspflichten käme die
moralische Verpflichtung zur Unterstützung des Managementplans hinzu, wenn der
Forderung der Jägerschaft entsprochen werden würde...
Jetzt kommen wir endlich zu des Pudels Kern. Darum geht es also. Die Jägerschaft möchte hofiert und gestreichelt werden. Der Punkt ist einfach, daß diesen Herrschaften im Laufe der Jahrzehnte soviele Sonderrechte/Privilegien zugestanden wurden, daß sie ihnen zu Kopf stiegen und sie sich für etwas besseres halten. Das oftmals (nicht immer! Es gibt auch sehr nette Jäger

) selbstherrliche, arrogante Auftreten in Wald, Feld und Flur bestätigt das nur. Die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht dient imho keinem anderen Zweck, als Sonderrechte eines elitären Vereins zu bestärken, mit dem Ziel, daß irgendwann mal wieder der legale Abschuß von Wölfen möglich wird.
Wie ich schon mal betonte, am Wolfsmonitoring kann sich m.E. jeder beteiligen, der sich die Kenntnisse dafür aneignet. Dazu braucht man weder Flinte noch Jagdschein, sondern nur die Bereitschaft sich aus dem Sessel zu erheben und etwas für die Natur zu unternehmen.
Dieses Gutachten, insbesondere das, was nicht mit Druckerschwärze fixiert wurde, bestärkt mich noch weiter in der Meinung, daß der Wolf auf gar keinen Fall ins Jagdrecht darf und das andere Beutegreifer (inkl. den gefiederten) aus dem Jagdrecht entfernt und dem Naturschutzrecht unterstellt werden. Sollte wirklich mal ausnahmsweise ein Abschuß unbedingt notwendig sein, läßt das imho so regeln, daß dann von den Naturschutz-Behörden/Wissenschaftlern ein (Berufs-)Jäger (oder ggf. die Polizei) beauftragt wird.