Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Über freilebende Wölfe in Deutschland.
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Nina
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Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von Nina »

maxa67 hat geschrieben:Bissel mehr Vorstellungskraft und Realitätsahnung solltest bitte auch entwickeln Nina. Und das mit der Fortbewegung bzw. Beweglichkeit zwischen Wolf und Schalenwild wie von Dir dargestellt zweifle ich einfach mal an.
Warum soll ich mir wilde Dinge in meiner Phantasie vorstellen, wenn ich mir ein Urteil anhand vorhandener und gut untersuchter Fakten bilden kann?

Wenn Du Zweifel an meiner Darstellung hast, informiere Dich gern alternativ bei den Leuten, die das Jadgverhalten von wildlebenden Wölfen in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Jahreszeiten wissenschaftlich erforscht haben, wie z. B. der bekannte Verhaltensforscher David Mech.

Die Ergebnisse sind mit reichlich Fotomaterial in dem Buch "Wolves on the hunt" zusammengefasst. Mech stellt u. a. die Zahl der Jagdversuche den jeweiligen Erfolg- und Misserfolgsquoten gegenüber und kommt zu deutlichen Ergebnissen:
Severe winters with deep snow constitute a major vulnerability for elk and other ungulates, usually making the prey easier for wolves to kill.

L. David Mech, Douglas W. Smith & Daniel R. MacNulty: Wolves on the hunt, The behavior of wolves hunting wild prey, Abbildung 4.7., Seite 68, The university of Chicago press, 2015
Deep snow definetely gives wolves an advantage.

L. David Mech, Douglas W. Smith & Daniel R. MacNulty: Wolves on the hunt, The behavior of wolves hunting wild prey, Abbildungen 4.21. - 4.23., Seite 85, The University of Chicago press, 2015


Wilde Phantasien im eigenen Kopfkino halte ich für den denkbar schlechtesten Ratgeber. Im Grunde schilderst Du ja selbst, dass Deine Wildschweinbegegnungen, die in der Realität im Ergebnis völlig harmlos verliefen, erst in Deinem "Kopfkino" durch Änderung einiger Parameter im Konjunktiv zu (vermeintlich) gefährlichen Situationen ausgewachsen sind.

Die meisten wirklich gefährlichen Begegnungen mit Wildschweinen geschehen aber nicht auf dem normalen Waldspaziergang, sondern im Zusammenhang mit der Jagd - insbesondere für Jäger und Jagdhund - und, wenn bei Drückjagden panische und/oder verletzte Wildschweine auf ihrer Flucht in Siedlungen geraten, wo sie dann in Fußgängerzonen, Sparkassenfilialen oder wie zuletzt in Gifhorn im heimischen Wohnzimmer Menschen und Haustiere in Gefahr bringen. Im letzeren Fall endete das Wildschwein schwer verletzt im Pool und der Hund blieb komplett verschwunden. :cry:

Das sind immer wieder die Fälle, aufgrund derer Wildschweinen ihr schlechtes und angeblich "angriffslustiges" Wesen angedichtet wird, was dann unser Kopfkino befeuert. Meiner jahrzehntelangen Erfahrung nach suchen die Tiere aber das Weite, sobald sie einen Menschen bemerken - das gilt sowohl für den ruhenden Keiler an der Weggabelung als auch für ein paar Frischlinge, die plötzlich vor mir und meinem Hund aus dem Dickicht heraus auf den Weg trottelten. Bei unserem sofortigen geordneten Rückzug bekamen wir die Bache nicht einmal zu Gesicht.

Selbstverständlich habe ich enormen Respekt vor der Wehrhaftigkeit der Wildschweine und verhalte mich entsprechend, insbesondere in Bezug auf den mitgeführten Hund, aber für eine Furcht vor einem grundlosen Angriff sehe ich überhaupt keinen Anlass. Gleiches gilt für die Wölfe, deren Anwesenheit eigentlich hauptsächlich dadurch greifbar ist, dass im eigenen oder in einem der Nachbarorte hin und mal wieder ein Riss der Liste über Nutztierschäden hinzugefügt worden ist und/oder der Dorffunk entsprechend berichtet. Die Zahl tatsächlicher Wolfssichtungen ist trotz mittlerweile 7 Jahren direkter Nachbarschaft exremst mau. Und Du, maxa, kannst doch in Deiner Region selbst noch mal mehr als 10 Jahre zusätzliche eigene Erfahrung aus der Lausitz hinzuzählen, oder?

Dass Wölfe bei harten winterlichen Bedingungen gezielt die Siedlungen auf der Suche nach Nahrung aufsuchen würden, weil Nahrung außerhalb schwer zu bekommen wäre, habe ich mal in einer im SPIEGEL veröffentlichten dpa-Meldung entnommen, wo es allerdings um Jakutien (!) ging. Dort haben sich die Wölfe an den Rentieren und Pferden vergriffen, weshalb man im großen Stil Jagd auf sie zu machen plante. Wenn man bedenkt, wie schwierig es schon ist, regionale Meldungen zu verifizieren (siehe vom Wolf gebissener Friedhofsgärtner), dürfte das umso mehr für weit entlegene Regionen Russlands gelten, in denen zudem die klimatischen Bedingungen (z. B. 100% der Landesfläche Permafrostboden) nicht mit den hiesigen vergleichbar sind. Vielleicht hat aber auch nur ein Journalist eine Meldung um sein eigenes Kopfkino kreativ ergänzt.

Die wissenschaftlichen Untersuchungen von David Mech belegen jedenfalls, dass harte winterliche Bedingungen für Wölfe keine Zeit der Not, sondern im Gegenteil Zeit des reich gedeckten Tisches sind.
maxa67

Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von maxa67 »

Physikalische Gesetzmäßigkeiten, in diesem Fall Druck und Mechanik, sind keine wilden Dinge Nina. Und erst recht keine Phantasien. Reicht schon zu, wenn die deutsche Politik die Physik ignoriert.
Einen David Mech werde ich sicher nicht infrage stellen, stelle aber in den Raum, daß ein Jagdverhalten in einem Gebiet wie unserem nicht direkt vergleichbar ist, wie in den Weiten Amerikas oder Sibiriens oder in Skandinavien. Wir haben einen anderen Kultur- bzw. Siedlungsraum, wo aus dem Zentrum eines Wolfsreviers heraus die nächste Siedlung eben nicht 30 sondern 3 km entfernt ist.
Und gerade weil ich bei uns mit offenen Augen durch die Reviere gehe, sehe ich, wohin sich z.B. Reh- und Damwild in der kalten Jahreszeit häufiger verkriecht, nämlich in die Nähe von Koppeln an Gehöften. Und wenn der Wolf der Fährte einer potentiellen Beute folgt ... zieh der sich damit auch näher an menschliche Behausungen. Dein Beispiel mit Jakutien könnte man sogar argumentativ umdrehen, denn mein Einwurf bezog sich ja auf Extrembedingungen. Im Übrigen, was ist an Jakutien anders als z.B. in der Mongolei. Die liegen großteils auf der Hochebene des Altai auf 1.000 m (der tiefste Punkt des ganzen andes liegt auf 520 m!) und haben in großen Teilen auch Permafrost, der nur an 4 Monaten im Jahr mal auf einem Meter unter der Steppennarbe auftaut. Und dort ist die Weidetierwirtschaft dominant wie in kaum einem anderen Land. Aber wir schweifen ab...
Ursprünglich ging es ja um die Gefährlichkeit des Wolfes für den Menschen. Eher senkt ein Rehbock seine Hörner und geht auf dich zu, als daß der Wolf dies täte. Es gibt aber Ausnahmesituationen, wie überall, vor allem auch, wenn es sich um ein Raubtier handelt. Auch wenns meine Phantasie als mehrfacher Vater nicht wirklich zuläßt, die Menschheit ist aber so bescheuert, daß ein einzelnes Kleinkind, wenn alle Faktoren dazu zusammentreffen, ins Beuteschema eines Wolfes passen kann. Damit kann niemand von euch zu 100% die dabei ausgehende Gefahr ausschließen. Allerdings dürfte die Wahrscheinlichkeit dafür im Bereich eines Flugzeugabsturzes oder Lottojackpots liegen (relativ auf Kinder und nicht auf die Gesamtpopulation bezogen) liegen. Aber sie ist eben nicht null und sie steigt mit der Verantwortungslosigkeit.
Und grundlegend für euch Mädels und Sammy. Ich mache mir meinen eigenen Kopp um solche Sachen, dafür isser da und lasse mich nicht von irgendwelchen Argumenten von irgendwelchen Wolfsgegnern verwirrren. Wir dürfen aber in der Argumentation eines NICHT machen: eine greifbare und für den Durchschnitts-Michel nachvollziehbare und plausible Argumentation zu vernachlässigen. Die können mit irgendwelchen verweisen auf irgendwelche Studien nämlich garnix anfangen und haben auch keinen Respekt vor irgendwelchen Wissenschaftlern. Denen muß man transparent und in ihrer Sprache vor Augen führen was geht und was nicht, was total abstrakt und was nicht absolut auszuschließen ist.
Lutra
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Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von Lutra »

In diesem Zusammenhang ist mir vor kurzem im Wald mal so durch den Kopf gegangen, wann ich überhaupt zuletzt mal Kinder alleine draußen außerhalb der Ortschaft angetroffen habe. Es ist mir nicht eingefallen, muß ewig her sein. Da trifft man heutzutage eher mal einen Wolf.
Wie ist das bei Euch so?
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Leitet den so angsterfüllten Eltern doch den Tipp weiter, all ihren draußen vor der Ortschaft allein herumlaufenden Kleinkindern eine laute Ratsche mitzugeben. Besser als GPS Live-Tracker um zu verfolgen, wo das Balg gerade ist ............ :D

P.S. Ich kann mich ebenfalls nicht erinnern, je draußen Kinder ohne Aufsicht zu sehen, die noch Aufsicht benötigten. Geht ja auch weniger um Realität, sondern um's Bild. Kleines Kind tingelt durch den Wald / steht an dunkler, verregnter Bushaltestelle. Dann kommt der graue Schnappischnapp ... und holt es ab. ;)
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maxa67

Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von maxa67 »

Also bei uns trifft man schon noch gelegentlich 7 bis 10 jährige auf den Auenwiesen oder an irgendeinem Teich. Die probieren sich dann meistens schon im Schwarzangeln oder Rumkokeln. Aber es ist trotzdem nicht ansatzweise ein Vergleich zu dem, was wir in dem Alter unternommen haben.
Dottore - Woher weißt du eigentlich so gut über unsere Schulbushaltestellen Bescheid? :lol:
zaino
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Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von zaino »

Daran ist aber auch nicht der Wolf schuld, sondern es ist ja schon genug Dreck passiert, dass ein MENSCH Kinder verschleppt und sie begrapscht oder ihnen schreckliche Dinge angetan hat. Gabs auch schon immer irgendwie, aber jetzt wirds weniger tabuisiert.
Außerdem spielt auch der Autoverkehr eine Rolle und Zwerge dümpeln heute eher vorm Bildschirm als im Wald oder auf der Flur herum.
Zu meiner Zeit ist man noch mit aufs Feld zum Kartoffelklauben, musste im Garten helfen oder beim Holzmachen, oder, in meinem Fall freiwillig, im Kuhstall abgehangen. LOl.
Erklärbär
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Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von Erklärbär »

Nina hat geschrieben: 6. Jan 2019, 15:37
Die wissenschaftlichen Untersuchungen von David Mech belegen jedenfalls, dass harte winterliche Bedingungen für Wölfe keine Zeit der Not, sondern im Gegenteil Zeit des reich gedeckten Tisches sind.
Das ist wieder mal einfach so einfach von Dir aus der Hüfte geschossenes dummes Geschwätz. Nicht belegbar. So dahinraissoniert. Blödzeitungsniveau.

Was schlecht ist für Beutetiere ist auch schlecht für die Räuber. Harte Winter dezimieren die Beutetiere ergo die Wolfspopulation.

Du hast von ökologischen Zusammenhängen jedenfalls keine Ahnung, soviel ist klar.
Erklärbär
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Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von Erklärbär »

zaino hat geschrieben: 6. Jan 2019, 19:53 Zu meiner Zeit ist man noch mit aufs Feld zum Kartoffelklauben, musste im Garten helfen oder beim Holzmachen...LOl.
Da haben wir doch tatsächlich 3 Gemeinsamkeiten.
Aber für das LOL habe ich das Copyright. LOL.
Redux

Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von Redux »

So so harte Winter dezimieren die Beutetiere und ergo die Wolfspopulation. Quatsch zuerst mal nicht. Wölfe können im harten Wintern die geschwächten Tiere viel besser jagen und so stark sind die Bestandseinbrüche dann wohl doch nicht.

Das bringt mich aber zu einer anderen Frage. Nehmen Wölfe auch Fallwild also Kadaver die den Winter über unter Schnee gelegen haben wie es Bär und Luchs tun ?
Erklärbär
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Re: Wie gefährlich der Wolf für den Menschen wirklich ist

Beitrag von Erklärbär »

Es ging um harte Winter(-liche Bedingungen), in denen die Zahl der Beutetiere logischerweise zurückgeht. Passiert das mehrmals, leiden auch die Wölfe Hunger und werden dezimiert. Falls es keine alternativen Nahrungsquellen gibt.
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