Das Töten von Tieren setzt nach dem Tierschutzgesetz aber einen "vernünftigen Grund" voraus.harris hat geschrieben:Man muss nicht alles wissentschaftlich belegen! Manchmal reicht es auch die Augen aufzumachen um zu sehen passiert.
"Harris hat mal beobachtet" wäre wohl kaum ein vernünftiger Grund, erscheint mir dem Grunde nach aber symptomatisch für die allgemeinen Schwächen bezüglich der Rechtfertigung der Jagd.
Die Wissenschaftler vom Projekt Waschbär schreiben ja, dass es sowohl Einzelbeobachtungen gibt, bei denen Waschbären als "Nesträuber" gesehen worden sind (im Siedlungsraum wohlgemerkt), und andere, die eine Koexistenz zwischen Waschbären und Brutvögeln festgestellt haben.
Auf die wissenschaftliche Arbeit der obengenannten Autoren wird übrigens sogar im Landesjagdbericht Niedersachsen 2016/17 verwiesen, nämlich dass Waschbären "Objekte mit ihren Vorderpfoten" untersuchen. Leider geht man nicht auf die traurige Konsequenz ein, dass der Einsatz der legalen und in Niedersachsen zum Einsatz kommenden Eiabzugeisen die empfindlichen Vorderpfoten der Waschbären bei dem Versuch, den Köder zu greifen, zerschmettern.So sind zahlreiche Fälle eines zeitlichen und räumlichen Nebeneinanders von Waschbärschlafplätzen und Brutplätzen höhlenbewohnender Vogelarten bekannt (HORSTMANN und SCHMINCKE 2004, HOHMANN mündl.). [...] Als Beispiel kann [...] der Müritz-Nationalpark in Mecklenburg-Vorpommern genannt werden. So existieren hier neben einer überdurchschnittlich hohen Diversität an Höhlen- und Bodenbrütern z.B. seit vielen Jahren die höchsten Kranichbrutdichten Deutschlands (LUNG 2005) – gleichzeitig ist die Waschbärendichte an der Müritz mit vier bis sechs Tieren pro 100 ha die höchste, die bisher in Europa für naturnahe Habitate ermittelt wurde (KÖHNEMANN et MICHLER 2008).
Frank-Uwe Michler, Berit A. Köhnemann, Goldenbaum: Maskierte Langfinger auf dem Vormarsch - Waschbären in Mecklenburg-Vorpommern. Aktueller Wissenstand über potentielle Auswirkungen der Waschbärenbesiedlung und Hinweise zur Bejagung
https://www.projekt-waschbaer.de/filead ... 100909.pdf
Realistischer wird im Landesjagdbericht dagegen gesehen, dass eine "Ausrottung des Waschbären in Mitteleuropa bei diesen Besätzen illusorisch" ist,
"allerdings wäre eine vernünftige Besatzkontrolle oder –reduktion natur- und jagdrechtskonform". Nun, das Ziel dürfte mit den Methoden der Jagd angesichts stetig steigender Jagdstrecken von Waschbären als deutlich verfehlt bezeichnet werden - wenn sie sich nicht gar als kontraproduktiv erweist, siehe Schwarzwild.
Wenn wir übrigens alle Nesträuber aus "Artenschutzgründen" ausmerzen wollten, dann können wir auch zur Jagd auf Eichhörnchen und Igel blasen. Ach ja, bis 1997 war ja noch das Merkblatt Nr. 2 des Deutschen Jagdverbands zur Fasanenhege im Umlauf, in dem zur Tötung der Igel im Revier, beispielsweise mit dem Jagdmesser, aufgerufen wurde (vgl. Bode/Emmert: Jagdwende - Vom Edelhobby zum ökologischen Handwerk, Beck 2000, S. 77).