Schaut man sich den Verlauf der Wolfsdebatte und die politschen Auswirkungen in Niedersachsen an, ist die Politik den Forderungen der Schafhalter inzwischen in nicht unbeachtlicher Weise entgegen gekommen.
Betonte doch der damalige Umweltminister Stefan Birkner von der FDP im Jahr 2012 noch, dass er "grundsätzlich der Auffassung" sei, "dass Schäden, die durch natürliche Ereignisse ausgelöst werden, mit öffentlichen Geldern nicht ausgeglichen werden können" und es sich "um ein solches Ereignis" handele, "wenn ein Wolf Schäden an Nutztieren verursacht".¹ Da in diesem Fall aber keine Hilfe für die Betroffenen durch eine verstärkte Bejagung möglich sei, wolle man die Schafhalter nicht alleine lassen und leiste im Schadensfall Zahlungen "auf freiwilliger Basis". Ob und inwieweit man auch Zäune und Abwehrvorkehrungen finanzieren könne, müsse geprüft werden.¹ Das war am 28.09.2012.
Tatsächlich eingeführt wurden die Präventionsleistungen für die Errichtungen wolfsabweisender Maßnahmen erst von der aktuellen Nachfolgerregierung im September 2014. In der Pressemitteilung 124/2014 verkündete die aktuelle Staatssekretärin Almut Kottwitz, dass das Land künftig nicht mehr nur für Schäden aufkommen werde, sondern auch Präventionsleistungen fördern würde.²
Dies entspricht z. B. der von Claus Wilhelm Kuhlmann im Juli 2013 in Müden artikulierten Forderung nach einer "Unterstützung" bei Präventionsmaßnahmen:
Zwar gebe es eine Entschädigung für Wofsrisse, Kuhlmann wünsche sich jedoch auch Unterstützung bei Präventionsmaßnahmen, schließlich wären diese im Sinne des Tierschutzes noch wichtiger und eine Stallhaltung der Tiere keine Alternative.
Land und Forst, 17.07.2013: An Mr. Müden kam keiner vorbei https://www.agrarheute.com/landundforst ... ner-vorbei
Und obwohl Landwirtschaftsminister Meyer den Schäfern zu dem Zeitpunkt noch keine Hoffnung machen konnte, war die Forderung ein Jahr später politisch umgesetzt. Ein Erfolg für die Schäfer.
Die zweite Forderung bezog sich darauf, dass die Heideflächen bei der der Prämienregelung nicht als Futterflächen anerkannt und damit auch nicht subventioniert würden. Auch das hat die aktuelle niedersächsische Landesregierung geändert und ließ in der Landtagsantwort 17/7404 verlauten:
Dies ist neben diversen Maßnahmen, an denen Schafhalter partizipieren können (z. B. AUM-Maßnahmen), auch der Tatsache geschuldet, dass Herr Minister Meyer sich erfolgreich dafür eingesetzt hat, dass von Schafhaltern bewirtschaftete Flächen - sogenannte Dauerweiden (ca. 10 000 ha Heideflächen) - in die erste Säule als „beihilfefähige Fläche“ neu aufgenommen wurden. Diese Flächen wurden damit in Niedersachsen erstmals hinsichtlich der Gewährung der EU-Direktzahlungen den anderen landwirtschaftlichen Flächen gleichgestellt. Je nach Fallkonstellation werden ca. 300 Euro pro ha gezahlt. Das bedeutet, dass die Schafhalter in Niedersachsen mit jährlich ca. 3 Millionen Euro Direktzahlungen zusätzlich unterstützt werden.
Drucksache 17/7404: Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/7302 - 21.02.2017
Einem weiteren Kritikpunkt der Schäfer wurde ebenfalls von der niedersächsischen Landesregierung abgeholfen: Nach dem Riss der ersten Schnucke im Kiehnmoor beklagte Peter-Hinnerk Tewes die Begrenzung der Ausgleichszahlungen:
Der Entschädigungstopf des Landes umfasst nach Angaben von Tewes 5000 Euro, er werde schnell erschöpft sein, befürchtet der Züchter. Und verweist in diesem Zusammenhang auf seine 13 Jungböcke, die in der Nähe des Hofes stehen. In den vergangenen Jahren hätten die bei Bockauktionen pro Tier zwischen 500 und 600 Euro erbracht. Er schließt nicht aus, dass er seine wertvolle Herde wegen der Wölfe eines Tages ganz aufgeben werde und damit die Pflege der Landschaft entfalle.
Cellesche Zeitung, 16.05.2013: Wolf reißt Heidschnucke http://www.cellesche-zeitung.de/S367341 ... idschnucke
Auch hier hat die Politik den Forderungen der Schäfer entsprochen. Umweltminister Stefan Wenzel hat mittlerweile bei der EU erwirken können, dass die Deckelung der De-Minimis-Beihilfen von 15.000 Euro für die letzten 3 Jahre auf nunmehr 30.000 Euro jährlich angehoben worden ist:
Das Land Niedersachsen war bestrebt, diesen Einschränkungen abzuhelfen und hatte letztes Jahr bei der EU-Kommission ein Verfahren zur Notifizierung der betreffenden Beihilfen einleiten lassen. [...] Das Niedersächsische Umweltministerium hat [am 18.05.2017] darüber informiert, dass der vom Land bei der EU beantragten Gewährung von Beihilfen für Billigkeitsleistungen und Zuwendungen im Rahmen der Maßnahmen der Richtlinie Wolf zugestimmt wurden. Somit können nunmehr Ausgleichszahlungen bis maximal 30.000 Euro jährlich pro Betrieb gewährt werden.
Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 18.05.2017: EU stimmt höheren Ausgleichszahlungen beim Wolfsmanagement zu - Umweltminister Stefan Wenzel: Unterstützung der Nutztierhalter und Stärkung der Akzeptanz
¹
Presseinformation Nr. 82/12: Umweltminister Birkner: „Wir lassen Schafhalter nicht allein“ https://www.umwelt.niedersachsen.de/akt ... 09215.html
² Presseinformation Nr. 124/2014:
Staatssekretärin Almut Kottwitz zu Kernpunkten der neuen Richtlinie Wolf: "Das Land kommt künftig nicht mehr nur für Schäden auf, sondern fördert auch Herdenschutz" https://www.umwelt.niedersachsen.de/akt ... 28046.html