Hybriden in Tschechien
Verfasst: 9. Jun 2017, 15:10
Komisch, dass dieses Thema hier noch nicht erwähnt wurde. Aus dem "Infobrief Wölfe in Sachsen 2017-02":
Besondere Vorkommnisse
Im Bereich Rumburk in der Tschechischen Republik wurden 2016 nach einer Verpaarung zwischen einer Wölfin und einem Hund, drei Wolf-Hund-Mischlingswelpen (Hybriden) geboren. Das Gebiet liegt angrenzend an den Freistaat Sachsen im Schluckenauer Zipfel. Nachdem im Herbst 2016 die drei Welpen wiederholt von verschiedenen Personen fotografiert und beobachtet wurden, kam anhand des äußeren Erscheinungsbildes der Verdacht auf, dass es sich um Wolf-Hund-Mischlinge handelt. Zwei der Welpen kamen in den folgenden Wochen ums Leben. Einer starb bei einem Autounfall, der zweite wurde von einem Jäger erlegt. Anhand der genetischen Untersuchung des verunfallten Welpen wurde von Genetikern des Zoologie Departments der tschechischen Charles Universität in Prag in Zusammenarbeit mit dem deutschen Labor für Naturschutzgenetik am Senckenberg Forschungsinstitut Frankfurt, Standort Gelnhausen, die Vermutung, dass es sich um Wolf- Hund-Mischlinge handelt, eindeutig bestätigt.
Das Tschechische Umweltministerium beauftragte daraufhin örtliche Jäger mit der Tötung des letzten verbleibenden Welpen (Geschlecht unbekannt). Aus Artenschutzgründen werden Wildtier-Haustier-Mischlinge i.d.R. aus der Natur entfernt, um eine Ausbreitung der Haustiergene in der Wildpopulation zu verhindern. Da Mischlinge rechtlich dem strenger geschützten Elterntier, in diesem Falle also dem Wolf, gleichgestellt sind, ist für ihre Entnahme aus der Natur i.d.R. eine naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erforderlich. Der rechtliche Schutz von Mischlingen dient in erster Linie dazu, reinrassige Individuen geschützter Arten vor einem versehentlichen Abschuss zu bewahren. Internationale Empfehlungen, wie die Recommendation Nr. 173 (2014) der Berner Konvention fordern von den unterzeichnenden Mitgliedsstaaten jedoch, eine behördlich überwachte Entnahme von Wolf-Hund-Mischlingen aus Wolfspopulationen sicher zu stellen, wenn deren Hybridstatus wissenschaftlich zweifelsfrei erbracht worden ist.
Allerdings gelang die Tötung des Hybriden in Tschechien bislang nicht. Aktuelle Nachweise aus dem April 2017 zeigen, dass das Tier noch immer in der Region unterwegs ist. Es hat eine deutlich dunklere Fellzeichnung als Wölfe, sodass es optisch gut erkennbar ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das inzwischen einjährige Tier in nächster Zeit aus dem Gebiet abwandert und eventuell im Freistaat Sachsen auftaucht. Im Managementplan für den Wolf in Sachsen ist geregelt, dass Hybriden aus der Population entfernt werden sollen. Ein höheres Gefährdungspotenzial für Menschen geht durch Hybriden, die in freier Wildbahn von einer Wolfsmutter aufgezogen wurden, nicht aus, wie internationale Erkenntnisse zeigen.