313 Pferde durch Wölfe gerissen

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Grauer Wolf

Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von Grauer Wolf »

Hänsel hat geschrieben:Gibt es einen Grund annehmen zu können, dass sich Wölfe hier, im Pferdezuchtland Nr. 1, anders verhalten werden? Im Übrigen geht es ja nicht nur um eine ernsthafte Gefährdung von Pferden sondern um die wirtschaftliche und emotionale! Gefahr für alle Weidetiere und viele zigtausend damit verbundene Arbeitsplätze.
In Gallizien laufen die Pferdchen m.W. halb wild und ohne Aufsicht uneingezäunt herum. Und zu 95% von Pferden ernähren? Da hätte ich gerne eine belastbare Quelle. Daß diese halbwilden Pferde gelegentlich gerissen werden, steht außer Frage, findet sich auch in der Literatur, aber nicht in diesem Maßstab. 35% der Ernährung stellt das übliche Schalenwild, 24% machen Schafe aus (warum so viele, wäre interessant: Vermutlich ungeschützt, unbeaufsichtigt oder sehr unübersichtliches Gelände), macht zusammen schon 59%...
Iberischer Wolf: http://www.faunaiberica.org/?page=lobo- ... imentacion (mein spanisch ist nicht so besonders, aber für eine Tortengraphik reicht es)
Hänsel hat geschrieben:Im Übrigen geht es ja nicht nur um eine ernsthafte Gefährdung von Pferden sondern um die wirtschaftliche und emotionale
Wie wär's damit, die Pferde ordentlich zu schützen? Abgesehen davon machen in Mitteleuropa Pferde keinen quantifizierbaren Anteil der Beute aus. Die gehen in den 0.75% Nutztieren in der Biomasse unter... Ich verkenne nicht den Ärger eines Pferdebesitzers, aber alle Jubeljahre ein gerissenes Fohlen oder Kleinpferd ist kein Grund für einen Wolfsabschuß.
Hänsel hat geschrieben:Aber wird die Gefahr durch Wölfe auch nur um einen Hauch reduziert weil es noch andere Gefahren gibt?
Diese "Gefahr" wird maßlos aufgebauscht und ist de facto so gut wie nicht vorhanden.
Hänsel hat geschrieben:Wenn es wirklich so schwer ist einzelne Rudelmitglieder zu identifizieren wie es hier geschildert wird, warum entnimmt man dann nicht ganze Rudel? So wie man das mit verwilderten Hausschweinen z.B. in Georgia macht. Bei der gegenwärtigen Populationsdynamik und der auch hier postulierten Selbstregulation der Populationsgrößte dürfte keinerlei Gefahr für die Populationserhaltung entstehen. Sinn würde die Entnahme rudelweise auch machen im Hinblick auf das ebenfalls hier postulierte „Lernen in der Familie“. Wenn das Munsteraner Rudel viele Problemwölfe produziert die wiederum das Gleiche tun, dann kann vollständige Entnahme doch nur die einzige Lösung sein.
Geht's noch? Alle Wölfe in D verhalten sich "im grünen Bereich", auch die angeblich so auffälligen. Die Munsteraner sind vielleicht ein bißchen kesser als üblich (wobei der Vorfall mit dem Bauern im Traktor eher zum Lachen ist, weil da ein paar gelangweilte Wölfe vorbeilatschen, mal desinteressiert gucken und der gute Mann was von "Jagdformation" faselt -> Null Ahnung!), aber auch noch im normalen Bereich. Wölfe sind keine verwilderten Hausschweine und man schlachtet kein Wolfsrudel ab, weil ein einzelner nicht indentifizierbar ist.
Ich hab den Verdacht, daß die Munsteraner Erahrung mit den Soldaten auf dem TÜP haben. Hier müssen nochmal die Verhaltensregeln eingebleut werden, daß man Wölfen nicht Eßbares zurückläßt. Dann hört das Interesse an Menschen von selber auf: Habituierung ist ein reversibler Prozeß, wenn der auslösende Faktor verschwindet, entwickelt sich auch eine Habituierung zurück. Im übrigen haben sich manche Wölfe nur interessiert gezeigt, neugierig, nicht mal ansatzweise aggressiv oder aufdringlich. Sorry, aber ist man als Wolf inzwischen seines Lebens nicht mehr sicher, wenn man mal schaut, was Sache ist? :shocked:
Hänsel hat geschrieben:Ich kann Ihren Vorwurf nicht nachvollziehen. Schließlich laufen Risse eben auch so ab wie es dort zu sehen ist. Es ist eben nicht so wie sie zuvor Glauben machen wollten, dass körperlich überlegene Tiere sich ein Wolfsrudel vom Leibe schlagen können. Diese Beschwichtigungsversuche werden zunehmend als solche erkannt und sind sehr geeignet, die Ablehnung weiter wachsen zu lassen.
Was soll mit dem Video (das ich kenne) sein? Alltag in der Natur in der Wildnis. Ein Großteil der Jungpflanzfresser wird schon in den ersten Wochen und Monaten gerissen: Wölfe, Bären, Pumas... Füchse, Kojoten, Raben, Greifvögel u.a. nutznießen an den Resten... Alleine Grizzlies eliminieren in den ersten Wochen m.W. rund ein Drittel aller Wapitikälber.
Die Wölfe haben es auch geschickt gemacht: Die Elchkuh in dem Tümpel gestellt, wo sie behindert wird, und sich dann auf das Kalb konzentriert.
Aber wie HaBe lang, breit und verständlich erklärt hat: Pferde gehören nicht zum normalen Nahrungsspektrum der Wölfe, nicht in Kanada, erst recht nicht in Deutschland.

Gruß
Wolf
Zuletzt geändert von Grauer Wolf am 9. Jun 2015, 15:18, insgesamt 1-mal geändert.
zaino
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Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von zaino »

Hänsel hat geschrieben:
Fohlenrisse eher Ausnahme: Welchen Sinn macht es, die Studie aus Galizien (auch in diesem Forum schon diskutiert) nach der sich dort Wölfe bis zu 95 % von Pferden ernähren, zu ignorieren? Gibt es einen Grund annehmen zu können, dass sich Wölfe hier, im Pferdezuchtland Nr. 1, anders verhalten werden?
Ja, gibt es. In jener Ecke Galiziens, übrigens auch in Nordportugal, in der viele wilde und gänzlich verwilderte Ponys als letzte Bewohner längst nicht mehr bewirtschafteter Almen leben, hat sich der Wolf halt offenbar etwas spezialisiert. Wobei ein Teil an "Rissen" sicher auch auf andere Ausfälle zurückgeht. Irgendwo in Youtube gibts Berichte dazu, teilweise halt in Spanisch. Mancher Bauer schafft ein eingegangenes Pferd einfach mal raus - wird es dann angenagt und verzehrt, wird halt ein "Wolfsriss" draus. Ich weiß nicht, wieviel sonstiges Wild - Sauen, Rothirsch, Reh, etc. in der Region noch leben und ebenfalls als Nahrungsgrundlage für den Wolf dienen. Aber ich nehme an, dass sich das in etwa die Waage hält. Die Ponies, teilweise das einzige domestizierte Tier in manchen Gebieten, sind dann halt auch einzige Beute in menschlichem Besitz.
Die "Garranos" haben für ihre Besitzer oder eher Nichtbesitzer wenig wirtschaftlichen Wert, die erhalten sich in extrem karger rauer Umgebung oft nur dank ihrer mehr als zähen Natur. Dazu kann man stehen wie man will, das große Geschrei einiger spanischer Bauern wg. gefressener Pferdchen halte ich vor diesem Hintergrund aber teilweise für subventionsträchtige Krokodilstränen.
Wo viele halb-wilde Tiere in sehr extensiver Haltung leben, von Sibirien über Lappland bis Ost- oder Südwest-Europa, ist es ganz logisch, dass da auch entsprechende Ausfallzahlen 'rauskommen. (was krepiert in unseren Agroindustrie-Massenställen alles baggerschaufelweise? Impfung hin und Antibiotikabeschuss her?) Den traditionellen Herden-Haltern will ich keineswegs weniger Schmerz, Wut, Kummer bei Verlust oder Sorge um ihre Tiere zusprechen. Träfe es meine, wäre ich auch nicht amused. Keine Frage.

Und nein, die Antwort auf den Wolf kann natürlich nicht ganzjähriges Einsperren sein! Allenfalls besseres Aufpassen und doch mal testen, ob die eine oder andere Schutzmaßnahme nicht doch umsetzbar wäre und funzt, statt gleich sofort und von vornherein immerzu nur NEIN zu plärren.

Hänsel's Beitrag zusammengefaßt heisst für mich aber leider wieder nur: Macht sie alle platt, bevor sie möglicherweise EIN Haustier reißen.
Gibts denn keine Ruhe- und Lernphase, kein Abwarten, kein bisschen Zuversicht, dass sich mit etwas Erfahrung und Geduld weniger radikale Lösungen finden? Gibts wirklich nur die Null-Toleranz?
Darf der Mensch im Überfluß töten, schlachten, Küken schreddern, die Umwelt versauen, Kriege anzetteln und ausstatten, Tiere aus Unachtsamkeit tot- und krankfüttern - aber vor einem ganz normalen anderen Tier, das mal Hunger hat, verfällt er in hysterische Ausrottungsstimmung.
Macht mir Angst, diese Denke - vermutlich wird mit mir in diesem Land bald auch so umgegangen, nur weil ich nicht die Meinung der Meute teile?
LarsD

Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von LarsD »

zaino hat geschrieben:Ich weiß nicht, wieviel sonstiges Wild - Sauen, Rothirsch, Reh, etc. in der Region noch leben und ebenfalls als Nahrungsgrundlage für den Wolf dienen. Aber ich nehme an, dass sich das in etwa die Waage hält.
Dazu gibt es einige Infos im Netz. Hier ein paar Daten aus dem Norden Portugals: http://www.volkovi.si/wp-content/upload ... lvares.pdf - spannend sind die abgeleiteten Managementmaßnahmen ... :shock:
zaino
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Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von zaino »

Sehr schön, danke, Lars.
Und sie sind offiziell jedenfalls nicht fürs pauschale Plattmachen, sondern z. B. im Falle des Nationalparks Peneda Gerês, wo Wölfe ans Vieh und die (im tatsächlich halb wild rumlaufenden Pferdchen gehen):

Promote populations of wild prey - hm, cooler Ansatz...

Minimize livestock depredation
(husbandry practices and herd
management)
Zu Deutsch: Behirtung und entsprechendes Herdenmanagement helfen, die Beuteangriffe auf domestizierte Tiere zu minimieren.

Wenn ich in sehr kargen Gebieten viel Schafe, Rindviecher und auch Pferde hochtreibe, wobei sich die Pferdchen, wenn man nie welche "entnimmt", alle Jahre gemächlich vermehren, trotz Ausfällen - nehmen die dann nicht den Wildtieren eine Menge Futter weg?
Pferde und Rinder zertrampeln in der Tat viele Wasserzugänge, Pferde, Ziegen, Schafe nagen sehr viel Grün bis zur Wurzel ratzeputz ab, ist so, kann man nicht wegdiskutieren.
Das hat auch weitreichende ökologische Folgen, wie man z. B. im ariden Mittelmehrraum sehr schön sieht, leider...
Nun gut, Peneda Gerês ist sehr waldreich ... in den höheren Lagen allerdings in der Tat relativ kahl und trocken. Insgesamt weniger grün als z. B. die weitläufigen und dünn besiedelten Abruzzen in Italien (auch Wolfs-Region und Naturparks)
Im anderen nördlichen Naturschutzgebiet Portugals, in Montesinho, soll es 12 Rudel haben und die Schäfer sind dort sehr am Fluchen. Sind heuer mal durchgefahren durch den nördlichsten Zipfel, Pinienwald und karge Wildnis, so weit das Auge reicht, keine einzige Herde gesehen, Übergriffe also wohl am ehesten in den besiedelten Randzonen und dem Viehzeug dort.

Sehr interessant alles... und Plattmachen ist KEINE Option. :)
Alpenwolf
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Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von Alpenwolf »

zaino hat geschrieben:Herr Alpenwolf war auch noch nie auf Nachsuchen dabei - wenn das "Ansprechen" oder auch nur das sichere Zielen mal wieder nicht soooo ganz geklappt haben. Und ein Trupp musste los, die Reste finden, aufsammeln, bzw nach Möglichkeit erlösen. Manchmal fand man selbige Reste auch Wochen später elend verludert, z. B. einer Sau den Unterkiefer wegschießen tötet sie nicht sofort, sondern verurteilt sie zu qualvollem Hungertod.
Oder einen Mufflon quer durch den Nasenrücken ballern... auch das tötet nicht am Fleck, es dauert verdammt lange, denn die Viecher sind hart im Nehmen.
Offensichtlich ist ihre Jugend in einem idyllischen Forsthaus schon länger vorbei, sonst würden sie Schlumpschüsse nicht mit Ansprechen verwechseln. Das mit ihrem Jagdschein wär wohl so oder so nichts geworden.
Alpenwolf
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Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von Alpenwolf »

Grauer Wolf hat geschrieben: Sie machen sich die Randbedingungen wirklich wie Pippi Langstrumpf wie es ihnen gefällt. Ein 10-jähriger Altwolf, ist in der Natur sehr selten und natürlich erkennt man ein solches Tier, das deutliche Zeichen hohen Alters zeigt, sozusagen mit den Runen eines ganzen Wolfslebens gezeichnet.

Es geht darum, junge Adulte von Elterntieren im besten Alter, als 3...6 Jahren zu unterscheiden. Dazu braucht man ein Wissen plus einen Blick, das/den Hobbyjäger wohl kaum haben, außer, wie gesagt, sie sind selbst Wolfsexperten (wobei ich die Meßlatte sehr hoch lege), wobei es bei einem Rudel, dessen Mitglieder man nicht individuell kennt, immer noch sehr schwierig ist, besonders bei suboptimalen Beobachtungsbedingungen.
Gruß
Wolf
Offensichtlich geht es doch! Wenn sie sich zutrauen ( und sie haben noch nie einen Wolf in freier Wildbahn gesehen ) einen Jungwolf von einem 10-jährigen zu unterscheiden, dann wird das wohl ein Jäger der ganzjährig und sein Leben lang Wild nach genau diesen Kriterien beobachtet auch können. Den 2- vom 3-jährigen Wolf zu unterscheiden ist genau so schwierig oder einfach wie das 2- vom 3-jährigen Stück Rotwild zu unterscheiden. Auch in dieser Beziehung ist der Wolf nichts besonderes nur eine Tierart unter vielen. Nachdem aber in DE mittlerweile
mehr Wölfe von Jägern als von Wolfsforschern beobachtet werden ist auch hier das know-how bereits längst gewandert. Ergänzend kommt noch dazu, dass sich viele Jäger sich intensiv mit Hunden beschäftigen und gerade dadurch auch einen besonderen Blick für unsere wilden Caniden haben.
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Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von SammysHP »

Die Überleitung zum Hund habe ich jetzt nicht verstanden. Da lässt sich nicht wirklich ein Vergleich anstellen. Und bei einem fünf und einem einjährigen Wolf wird es auch schon schwierig.

Aber wozu die Diskussion überhaupt? Bei einem "Problemwolf" ist es doch völlig egal, wie alt er ist.
Alpenwolf
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Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von Alpenwolf »

zaino hat geschrieben:

Promote populations of wild prey - hm, cooler Ansatz...
So cool ist der Ansatz gar nicht, denn er ist vielmehr ein Armutszeugnis im Sinne des Wortes, denn in Galicien geht den Wölfen schön langsam das Futter sprich die Pferde aus.

Es werden nun Überlegungen angestellt wie man den Wölfen am besten zufüttern kann. Also auch hier nichts ohne anthropogene Eingriffe.
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Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von SammysHP »

Geht es nicht eher darum, die Präferenz der Wölfe zu ändern?
Alpenwolf
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Re: 313 Pferde durch Wölfe gerissen

Beitrag von Alpenwolf »

SammysHP hat geschrieben:Geht es nicht eher darum, die Präferenz der Wölfe zu ändern?
In welche Richtung? Die Wildstände sind minimal und die Nutztiere sollten es auch nicht sein. Eine Diskussion die es übrigens in DE in einigen Jahren
zumindest regional auch geben wird.
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