Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

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Grauer Wolf

Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von Grauer Wolf »

Lone Wolf hat geschrieben:Ich würde sogar weiter gehen.Im Sinne einer breiten Akzeptanz der Gesellschaft zur Wiedereinwanderung des Wolfes würde ich betroffenen Viehhaltern in von Wölfen (gilt auch für Luchse u.ä.) neu besetzten Revieren oder neuen Streifgebieten grundsätzlich im Rahmen einer Übergangsfrist Entschädigungen gewähren. Hilfe, Unterstützung und Aufklärung ebenso. In manchen Bundesländern erscheint mir dies alles nicht in erforderlichen Maße gegeben.
Das kann ich ohne weiteres bejahen, aber es muß auch erkennbar sein, daß sich die Betroffenen Mühe geben, sich an die veränderten Gegebenheiten anzupassen. Wenn in dieser Hinsicht keinerlei Anstrengungen erkennbar sind, sondern nur Handaufhaltementalität, halte ich Unterstützung für verfehlt.

Gruß
Wolf
vlk
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Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von vlk »

Hi LW,

danke für deine freundliche und besonnene Antwort. Sollten noch Fragen bzgl. Wolf & Koos bestehen, versuche ich diese zu beantworten.

Das Problem mit den "dummen Schafen" ist dasselbe, was Menschen generell haben, wenn sie (tierische) Intelligenz bewerten wollen: sie gehen von sich aus. Als hochsoziale, aggressive, umtriebige, Werkzeug-herstellende und -gebrauchende Primaten mit besonderem Fokus auf akustische und visuelle Reize sind für uns automatisch alle Tiere "intelligenter", die uns ähnliche bzw. vergleichbare Verhaltensweisen zeigen, sozusagen "menscheln". Wir nehmen uns selbst gern als Maßstab.
Schafe (insbesondere Wildschafe) sind alles andere als dumm und haben ein reges Sozialverhalten; es erscheint den meisten Menschen nur "langweilig" und "dumm", weil es in anderen, z.T. für uns nur bei längerer Beobachtung begreifbaren Dimensionen abläuft und ihre Interaktion mit uns eine andere als mit z.B. Apexprädatoren ist. Das gilt auch für andere scheinbar "dumme" Tiere wie Nager, Flattertiere, Seekühe, Reptilien, Fische usw.
Daher war auch meine Frage bzgl. der Muscheln ernst gemeint. Wenn man Tieren eine Entscheidungsgewalt bzgl. Fähigkeit pro/wider Kontaktaufnahme zugesteht, sollte dies nicht für alle Tiere (inklusive Wirbellose) gelten?
@GW:
Stimmt, Bären sind keine Wölfe. Aber auch Wölfe können Menschen durchaus gefährlich werden. Genauso können Menschen durch ihr Verhalten (selbst wenn es wohlgemeint ist) bzw. daraus abzuleitender Konsequenzen Tieren gefährden. Auch Treadwell wähnte sich "außerhalb des Mainstreams" und fühlte sich der Natur, besonders den Bären, auf's Engste verbunden. Trotzdem endete es für ihn, seine Freundin und den Bären tödlich. Und er ist nicht unbedingt ein Einzelfall.

Wenn du schon den Vergleich mit Wildtieren suchst: ein in die Enge getriebener ausgewachsener Argali-Bock dürfte sich gegenüber Wölfen zu wehren wissen. Meist sucht er aber sein Heil in der Flucht, wie auch Rot- und Schwarzwild sowie Hausschaf.

Dem Pächter auf Koos "Handaufhaltementalität" zu unterstellen, ohne ihn persönlich zu kennen, ist ohne jegliche Beschönigung einfach nur unverschämt.
Grauer Wolf

Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von Grauer Wolf »

vlk hat geschrieben:Daher war auch meine Frage bzgl. der Muscheln ernst gemeint. Wenn man Tieren eine Entscheidungsgewalt bzgl. Fähigkeit pro/wider Kontaktaufnahme zugesteht, sollte dies nicht für alle Tiere (inklusive Wirbellose) gelten?
Das setzt wohl gewisse sozioemotionale und intellektuelle Fähigkeiten voraus. Das ist bei Wirbellosen definitiv nicht gegeben (Kraken m.W. ausgenommen), nicht mal bei allen Wirbeltieren.
vlk hat geschrieben:@GW:
Stimmt, Bären sind keine Wölfe. Aber auch Wölfe können Menschen durchaus gefährlich werden. Genauso können Menschen durch ihr Verhalten (selbst wenn es wohlgemeint ist) bzw. daraus abzuleitender Konsequenzen Tieren gefährden. Auch Treadwell wähnte sich "außerhalb des Mainstreams" und fühlte sich der Natur, besonders den Bären, auf's Engste verbunden. Trotzdem endete es für ihn, seine Freundin und den Bären tödlich. Und er ist nicht unbedingt ein Einzelfall.
Sich der Natur oder auch einzelnen Tierarten auf's engste verbunden zu fühlen reicht nicht. Da gehört auch einschlägiges Wissen dazu. Bären leben außer in der Anfangsphase ihres Lebens (Mutter-Kind-Beziehungen, Geschwister bleiben auch dann noch einige Zeit beisammen, wenn sie von der Mutter vertrieben wurden und weitgehend selbständig sind) solitär. Nur an Lachsfangplätzen duldet man sich gegenseitig mehr oder minder freiwillig oder widerwillig (kannst Du Dir aussuchen ;) ). Ansonsten sind Reibereien zwischen Artgenossen durchaus gang und gäbe. Einen Bären regelrecht als Sozialpartner auszugucken, erscheint mir ein leichtfertiges Unterfangen, und daß bei diesem Leichtsinn nicht schon früher was passierte, lag wohl wirklich an der Friedfertigkeit und Geduld dieser Tiere. Prinzipiell gilt, daß man bei Bären sehr vorsichtig sein sollte. Treadwell war nach meinen Maßstäben leichtsinnig bis zur Verantwortungslosigkeit und leider mußten dafür Menschen und Bären sterben. Den Bären hat er damit den buchstäblichen Bärendienst erwiesen.

Damit einem Wölfe gefährlich werden können, muß man sich schon sehr blöd anstellen. Unfälle mit Wölfen sind äußerst selten, tödliche noch seltener (darunter Beuteangriffe noch mal seltener, ein lokaler Sonderfall in Indien ausgenommen, der aber letztlich auch auf menschliche Einwirkung zurückgeht) und, wenn wir z.B. die Tollwut mal beiseite lassen, nahezu immer das Ergebnis krassen menschlichen Fehlverhaltens (z.B. Bedrängen, Anfüttern, falsche Reaktion bei Begegnungen). Es gibt eine Reihe Verhaltensforscher, die direkt am oder sogar im Rudel arbeiten und mir ist kein einziger Zwischenfall bekannt.
Wölfe und Menschen sind prinzipiell sozioemotionell kompatibel und können bei Beachtung von ein paar "Anstandsregeln" durchaus miteinander auskommen (was nach Überlieferungen die Heiltsuk und die Küstenwölfe über Jahrtausende taten). Was nicht ändert, daß der Wolf in Gegenden, die der (weiße) Mensch beherrscht, diesen aus sehr gutem Grund meidet, gerade auch hier in Europa, in dem Jahrhunderte lang ein regelrechter Genozid an Wölfen begangen wurde und nur die scheusten überlebten.
vlk hat geschrieben:Wenn du schon den Vergleich mit Wildtieren suchst: ein in die Enge getriebener ausgewachsener Argali-Bock dürfte sich gegenüber Wölfen zu wehren wissen. Meist sucht er aber sein Heil in der Flucht, wie auch Rot- und Schwarzwild sowie Hausschaf.
Was nichts daran ändert, daß der Wolf der Hauptprädator des Argali ist. Übrigens wird kein vernünftiger Wolf sich ausgerechnet ein gesundes, starkes Tier aussuchen, sondern erst mal auf Schwächen "antesten" (Scheinjagd).
vlk hat geschrieben:Dem Pächter auf Koos "Handaufhaltementalität" zu unterstellen, ohne ihn persönlich zu kennen, ist ohne jegliche Beschönigung einfach nur unverschämt.
Was ich auch nicht getan habe! Die Passage war sichtlich allgemein/neutral gehalten, nicht konkretisiert und eine Antwort auf Lone Wolfs Gedanken.

Gruß
Wolf
vlk
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Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von vlk »

Solange nicht wirklich vollständig und zweifelsohne erwiesen ist, dass ebendiese Fähigkeiten fehlen, kann man nicht von "definitiv" sprechen. Das beweisen diverse Neu-Evaluierungen biologischer Fähigkeiten (z.B. Nozizeption bei Reptilien) der letzten Jahrzehnte. Ich gestehe diesen Tieren durchaus Schmerzempfinden usw. zu-und handle dementsprechend.

Das Verhalten von Großbären ist nicht in Stein gegossen. In Zoos ist die Gemeinschaftshaltung von Bären gang und gäbe-und kann im Sinne von "behavioral enrichment" durchaus positive Folgen haben, sofern zueinander passende Tiere zusammengehalten werden. Nichtsdestotrotz: ja, TT war mehr als leichtsinnig. Und damit ist er, was den Umgang mit Wildtieren angeht, kein Einzelfall. Und er war ebenso davon überzeugt, anders als der Durchschnittsbürger im Besitz einschlägigen Wissens Bären gegenüber zu sein...

Ebenso wenig wie er in der Vergangenheit dämonisiert wurde, sollte der Wolf im Gegenzug verharmlost werden. Er ist ein intelligenter Apexprädator mit den dazu gehörigen Fähigkeiten. Dies sollte im Umgang mit ihm beachtet werden. Unfälle sind bereits passiert, und im Sinne des Tieres sprechende Begleitumstände können im Nachhinein nahezu jeder Tierattacke attestiert werden.
Grauer Wolf hat geschrieben:
Was nichts daran ändert, daß der Wolf der Hauptprädator des Argali ist. Übrigens wird kein vernünftiger Wolf sich ausgerechnet ein gesundes, starkes (sic) Tier aussuchen, sondern erst mal auf Schwächen "antesten" (Scheinjagd).
Was es ändert, ist vielleicht deine negative Vorstellung vom (Wild)schaf als "simple, dumme Beute, nicht wehrhaft, ungefährlich".
Grauer Wolf hat geschrieben:
Was ich auch nicht getan habe! Die Passage war sichtlich allgemein/neutral gehalten, nicht konkretisiert und eine Antwort auf Lone Wolfs Gedanken.
Was ich in Hinblick auf die bisherigen Äußerungen kaum glauben mag...In dubio pro reo. ;)
Grauer Wolf

Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von Grauer Wolf »

vlk hat geschrieben:Solange nicht wirklich vollständig und zweifelsohne erwiesen ist, dass ebendiese Fähigkeiten fehlen, kann man nicht von "definitiv" sprechen. Das beweisen diverse Neu-Evaluierungen biologischer Fähigkeiten (z.B. Nozizeption bei Reptilien) der letzten Jahrzehnte. Ich gestehe diesen Tieren durchaus Schmerzempfinden usw. zu-und handle dementsprechend.
Da rennst Du bei mir sperrangelweit offene Scheunentore ein.

Ich will auf was anderes raus: Wenn keinerlei Intellekt oder Gefühlsleben da ist, kann ein Tier keinerlei Initiative zeigen, kann man ein Tier nicht "stören". Man achtet schlicht drauf, nichts im Biotop kaputt zu machen, das Tier nicht zu beeinträchtigen, was für einen Naturfreund selbstverständlich ist. Einer Muschel, einem Insekt , einem Frosch oder auch einer Eidechse kann ich keine Initiative überlassen, weil schlicht keine gezeigt wird. Eine Muschel macht überhaupt nichts, klappt bei Berührung mit irgend was bestenfalls die Schalen zu, eine Eidechse wartet auf Insekten oder andere Kleinsttiere und flüchtet, wenn ihr ein sich bewegender Schattenwurf einen potentiellen Freßfeind signalisiert, dto. ein Frosch. Das ist kein erlerntes Verhalten, keine intellektuelle Leistung, sondern Instinkt, also fest programmiert.

Einem Wolf, der denkt, der fühlt, der Intentionen spürt und abwägt, kann ich sehr wohl die Entscheidung überlassen, ob er mich kennenlernen möchte oder eben nicht. Das ist dann zu respektieren. Dieser Respekt ist die Grundlage meiner Beziehung zu Tieren, seien es meine Hunde hier zuhause oder eben auch Wildttiere, nicht irgend welche Vorschriften von Leuten, die keinerlei emotionellen oder spirituellen Bezug zur Tierwelt oder zur Natur im allgemeinen haben.

Ich habe doch kurz die Fuchskontakt auf wenige Meter erwähnt. Der Fuchs, der mir im Wald begegnete, der verhoffte nicht einfach nur, der nahm Blickkontakt mit mir auf und seine Augen waren wissend und voller Tiefe. Was die spielenden Füchse anging, so konnten die mich offen sehen, ich saß vielleicht 20 m (eine "Gartenlänge") von ihnen entfernt ohne jede Deckung im Gras, deutlich über eine halbe Stunde lang. Sie hätten jederzeit im Bau verschwinden können, aber sie taten es nicht. Eines der Jungfüchslein kam sogar noch neugierig deutlich näher, bis die Mutter es wohl zu den anderen zurück"pfiff". Die Fähe hatte mich als vertrauenswürdig eingestuft, denn zum Schluß schlief die ganze Fuchsfamilie in meiner Gegenwart in der Sonne ein und rührte sich auch nicht, als ich mich vorsichtig entfernte. (Alleine der Gedanke, daß es jemand fertig bringt, auf diese wunderbaren, hochintelligenten, emotionalen Tiere zu schießen, sie sinnlos :!: abzuschlachten, läßt mich schaudern.)

In beiden Fällen war es die Entscheidung der Füchse alleine, ob sie mir vertrauen oder nicht. Sie vertrauten mir und das nehme ich als großes Geschenk an.

Vielleicht sagt Dir das etwas über mich. In der Welt der Menschen mag ich manchmal etwas grob oder kurz ab daherkommen und meine sozialen Fähigkeiten stufe ich selber als "na ja" ein (ich lege wenig wert darauf), ein Ergebnis vieler Jahrzehnte Lebenserfahrung. In der Welt der Tiere, die mich niemals enttäuschten, fühle ich mich dagegen zuhause, ganz besonders bei Caniden, denen meine ganze Zuneigung gilt und über die ich alles lerne, was mir in die Finger gerät. ^^
Darauf läuft's letztlich hinaus: Tiefe Verbundenheit, ja Liebe zu den Tieren, die man studiert plus gute Beobachtung plus Fachwissen. Viele Wissenschaftler klassischer Prägung lehnen diese Verbundenheit ab (oder sind unfähig dazu) und sehen nur Studienobjekte. Aber einige denken ähnlich wie ich und die erhalten bei der Arbeit im Feld Einsichten, die dem klassischen, konservativen Ethologen verborgen bleiben, weil sie Grenzgänger zwischen der Welt der Tiere und der der Menschen sind.

LG
Grauer Wolf
vlk
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Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von vlk »

Grauer Wolf hat geschrieben:Wenn keinerlei Intellekt oder Gefühlsleben da ist, kann ein Tier keinerlei Initiative zeigen, kann man ein Tier nicht "stören". (...) Einer Muschel, einem Insekt , einem Frosch oder auch einer Eidechse kann ich keine Initiative überlassen, weil schlicht keine gezeigt wird. Eine Muschel macht überhaupt nichts, klappt bei Berührung mit irgend was bestenfalls die Schalen zu, eine Eidechse wartet auf Insekten oder andere Kleinsttiere und flüchtet, wenn ihr ein sich bewegender Schattenwurf einen potentiellen Freßfeind signalisiert, dto. ein Frosch. Das ist kein erlerntes Verhalten, keine intellektuelle Leistung, sondern Instinkt, also fest programmiert.
Sorry, aber das ist leider falsch. Keins der von dir genannten Tier ist ein bloßer Automat. Jeder gute Reptilienhalter und Herpetologe kann dir Beispiele individueller "Initiative" bei ihren Schuppentieren nennen. Ähnliches wird zunehmend für mehr und mehr Wirbellose festgestellt. Und auch bei Pflanzen mehren sich die Zeichen einer weitaus komplexeren Seinsebene als bisher angenommen. Mit deinem selektiven Speziesismus, der allein den Wolf (und vielleicht den Fuchs) als höheres Wesen wahrnimmt und andere Arten wahlweise als "dumm" oder reine Instinktwesen abwertet, bleibst du auf dem Niveau eines Descartes hängen und bist damit nicht besser als diejenigen, die Wölfe als "nutzlose Schädlinge" abwerten.

Wenn du schon von Wölfen lernen willst, warum nimmt du dir nicht ein Beispiel an ihren Sozialverhalten und legst mehr Wert auf korrekte und flexible soziale Interaktion mit deinen (menschlichen) Artgenossen? ;)
Grauer Wolf

Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von Grauer Wolf »

vlk hat geschrieben:Sorry, aber das ist leider falsch. Keins der von dir genannten Tier ist ein bloßer Automat.
Moment, Du wirst doch wahrscheinlich nicht bestreiten, daß Fluchtreflexe angeboren sind? Und daß zu kognitiven Fähigkeiten ein Mindestmaß an Differenzierung im ZNS gehört? Geschweige denn zur Ausbildung eines ICH-Begriffs? Himmel, sehr viele Arten haben nicht einmal ein ZNS, sondern nur einen Rückenmarksstrang, der keinerlei bewußtes Denken als Individuum erlaubt.
vlk hat geschrieben:Jeder gute Reptilienhalter und Herpetologe kann dir Beispiele individueller "Initiative" bei ihren Schuppentieren nennen.
Du setzt jetzt selber Initiative in Anführungszeichen. Kann es sein, daß wir unter "Initiative" unterschiedliche Dinge verstehen? Für mich ist das ein bewußter, überlegter Vorgang, keine bloße Reaktion auf einen Reiz wie etwa Futter.
vlk hat geschrieben:Ähnliches wird zunehmend für mehr und mehr Wirbellose festgestellt. Und auch bei Pflanzen mehren sich die Zeichen einer weitaus komplexeren Seinsebene als bisher angenommen.
Ich bin der letzte, der das bestreitet, aus verschiedenen Gründen, die nicht hierher gehören. Ich weiß z.B. seit langem, daß Pflanzen miteinander kommunizieren. Aber sind dies bewußte Vorgänge von ihrer selbst bewußten Individuen? Hier bin ich sehr skeptisch, wenn ich nicht einen Punkt hinzu nehme, der nicht einem "normalen" Wolfsforum erörtert gehört.
vlk hat geschrieben:Mit deinem selektiven Speziesismus, der allein den Wolf (und vielleicht den Fuchs) als höheres Wesen wahrnimmt und andere Arten wahlweise als "dumm" oder reine Instinktwesen abwertet, bleibst du auf dem Niveau eines Descartes hängen und bist damit nicht besser als diejenigen, die Wölfe als "nutzlose Schädlinge" abwerten.
Jetzt bist Du derjenige, der schwarzweiß zeichnet. Ich nehme an, Du wirst ein Gefälle innerhalb aller Lebewesen nicht bestreiten? Ich habe mich viel mit den Texten von Marc Bekoff befaßt, der ein emotionales und bewußtes Leben der Tiere ausdrücklich bejaht und anhand von Beispielen belegt, und dort sehr viele Gemeinsamkeiten gefunden. Es gibt sogar Experimente via CT, die Emotionen bei Tieren belegen.
Ich stimme damit völlig überein. Aber es bleibt ein Gefälle vorhanden: Die Unterschiede sind, wie schon Darwin formulierte, nicht prinzipieller, sondern gradueller Natur (solange ein ZNS kognitive und emotionelle Fähigkeiten erlaubt!), aber sie sind eben nicht nicht vorhanden. Begriffe wie "dumm" bezeichnen Relationen, nicht Absoluta und so möchte ich sie auch gewertet sehen.

Was den Speziesmus angeht, den Du mit vorwirfst: Es gibt genügend Leute, die sich für alle möglichen Tierarten engagieren, meistens sogar für eine oder wenige bestimmte, und oft genug sind es "niedliche" Tiere mit "Knuddelfaktor". Ich bin eben auf Wölfe (alles andere als "niedlich": Selbst auf Bildern trifft einen die "Wucht" der Persönlichkeit eines starken Leitwolfs; Das Gesicht von "Storm" bleibt mir z.B. unvergessen) und andere Caniden eingeschworen, denen ich meine Stimme leihe, und interessiere mich in diesem Zusammenhang auch sehr für Kolkraben (Symbiose mit den Wölfen und jede Menge "Grips"! :pleased: ). Das ist kein Speziezismus, das ist Spezialisierung, zugegebenermaßen hochgradige. Man kann eben nicht auf vielen Hochzeiten tanzen, ohne sich zu verzetteln. Ich finde durchaus auch Raubkatzen, Krokodile, Bärenartige u.a. faszinierend, schaue also durchaus über den Zaun, aber wissensmäßig und emotional bin und bleibe ich auf Caniden fixiert.
vlk hat geschrieben:Wenn du schon von Wölfen lernen willst, warum nimmt du dir nicht ein Beispiel an ihren Sozialverhalten und legst mehr Wert auf korrekte und flexible soziale Interaktion mit deinen (menschlichen) Artgenossen? ;)
Das Sozialverhalten von Wölfen ist familien- und nicht gesellschaftsorientiert. Für mich sind eben Caniden meine "Familie". Ich habe sehr viel von Canis lupus gelernt, nicht nur über ihn, und denke bis zu einem gewissen Maß wie einer.
Was meine Interaktion mit Menschen angeht (wer bestimmt eigentlich, was "korrekt" ist?), so vermisse ich nichts. Ich gehe mit wenigen Ausnahmen, wo ich gleiche oder wenigstens sehr ähnliche Interessen und Einstellungen sehe, Menschen eher aus dem Weg und meide sie wie mein "Namenspatron".

Gruß
Wolf
balin
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Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von balin »

Daß Pflanzen mitunter wesentlich mehr drauf haben, als wir ihnen zubilligen merke ich an meinen Birken. Woher die immer wissen, wie früh der Winter kommt? Kein anderer Baum ist so flexibel mit dem Abwerfen seiner Blätter und ich selber verlasse mich inzwischen auf die Typen, wenn es
um die Vorhersage des Wintereinbruchs geht. Die Vorahnungen hätte ich auch gerne. ;-)
vlk
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Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von vlk »

Grauer Wolf hat geschrieben: Moment, Du wirst doch wahrscheinlich nicht bestreiten, daß Fluchtreflexe angeboren sind? Und daß zu kognitiven Fähigkeiten ein Mindestmaß an Differenzierung im ZNS gehört? Geschweige denn zur Ausbildung eines ICH-Begriffs? Himmel, sehr viele Arten haben nicht einmal ein ZNS, sondern nur einen Rückenmarksstrang, der keinerlei bewußtes Denken als Individuum erlaubt.
Alle Reflexe sind angeboren-auch die von Mensch und Wolf. Das Nichtvorhandensein eines zentralen Nervensystems muss nicht immer zwangsläufig Rückschlüsse auf die kognitiven Fähigkeiten mit sich ziehen; das beweist auch die Kreierung künstlicher Intelligenzen.
Und woher willst du wissen, dass Wölfe ein "Ich"-Verständnis besitzen?

Was bewusste Vorgänge angeht, so sind die bei den erwähnten Tieren definitiv zu beobachten. Vielleicht solltest du dich mehr mit ihnen beschäftigen.

Ein "Gefälle", nach menschlichem Maßstab? "Dumm" ist ein rein subjektiver und abwertender Begriff.
Was Darwin anbelangt: ist nicht jedes Lebewesen so "intelligent", wie es die Anpassung an den jeweiligen Lebensraum verlangt?

"Experimente via CT, die Emotionen bei Tieren belegen." ??

Egal ob Wolf, Kolkrabe oder Fuchs: eine individuelle Bevorzugung bestimmter Arten unter Herabsetzung anderer ("dumme Schafe", automatisierte Reptilien usw.) ist "Speziesismus", wenn auch nicht derart radikal wie der von Singer & co. Kein Vorwurf, nur eine Feststellung. Völlig normal unter Menschen (ich kenne nur wenige, die z.B. Blutegel sympathisch finden), und hinsichtlich der positiv besetzten Arten so leid es mir tut, "leider" sehr Mainstream'ig... ^^

Kein Wolf würde eine andere Spezies zum Vorbild erklären oder sich theatralisch als diesen zugehörig betrachten (nicht mal eine fehlgeprägte Handaufzucht). Kein Wolf würde über einen menschgemachten Apparatus über seine Misanthrophie (oder vielmehr Mislycanthrophie) schwadronieren. Und wer kann schon sagen, was ein Wolf denkt, wenn er sich nicht mal mit Gewissheit sagen kann, was sein Mitmensch denkt?
Grauer Wolf

Re: Mecklenburg-Vorpommern: Wolf reisst Schafe auf Koos

Beitrag von Grauer Wolf »

vlk hat geschrieben:Und woher willst du wissen, dass Wölfe ein "Ich"-Verständnis besitzen?
Weil's meine Hunde ebenfalls haben und nachgewiesenermaßen einige andere Arten.

Was bewusste Vorgänge angeht, so sind die bei den erwähnten Tieren definitiv zu beobachten. Vielleicht solltest du dich mehr mit ihnen beschäftigen
vlk hat geschrieben:Kein Wolf würde eine andere Spezies zum Vorbild erklären...
Hat das jemand getan...? Daß ich von Caniden lerne, ist weder was neues noch was besonderes. Das hat die Menschheit schon immer getan, wie uralte Überlieferungen zeigen und selbst Experten für Verhaltensforschung resp. Entwicklungsgeschichte reden von einer Co-Evolution. Ich führe nur etwas weiter, das 99,999% der Menschheit vergessen hat.
Ansonsten wird mir das allmählich zu persönlich. Ich habe Dir einige Beweggründe genannt. Akzeptier sie oder laß es meinetwegen. Mir ist es gleich. Wie gesagt, ich bin, wie ich bin.

Gruß
Wolf
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