Jagdgesetz und Hund

Alles rund um die wölfischen Vierbeiner zu Hause.
Timber

Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von Timber »

@Caronna
Unsere Vogelwelt ist auf Räuber nach dem Muster Katze eigentlich eingestellt (Wildkatze!) - anders als etwa Australien, wo man bei 28 der 29 ausgestorbenen Säugetierarten Katzen als eine der Hauptursachen ausgemacht haben will. Kritisch kann es bei uns dennoch werden, wenn die unnatürlich hohe Katzen-Dichte auf durch Habitatverschlechterung ohnehin angeschlagene Populationen trifft.
HACKLÄNDER (2014), S.39 hat geschrieben:Sicherlich haben Tierschützer und Katzenfreunde Recht, wenn sie sagen, für das Festland wurden anhand der bisherigen Studien keine eindeutigen Hinweise erbracht, dass Katzen maßgeblich oder gar ausschließlich für den Rückgang einer Art verantwortlich sind. Doch hier sei noch einmal auf Lüps (2003) verwiesen, der die Schwierigkeit solcher Nachweise nennt. Nichtsdestotrotz gibt es viele Hinweise darauf, dass Katzen unter bestimmten Bedingungen zumindest lokal zum Rückgang oder Aussterben einer Art führen können (Crooks & Soulé 1999; Woods et al. 2003; Kays & DeWan 2004). Diese Ergebnisse zu beschönigen oder zu übergehen ist nicht seriös und ignoriert die Realität (Lüps 2003; Barrows 2004). Somit ist oftmals eine Entscheidung in Abhängigkeit der Verhältnisse vor Ort zu treffen, wie und ob überhaupt die Haltung von Hauskatzen reglementiert oder verwilderte Katzen aus Gebieten entfernt werden sollten. Vor allem letzteres führt immer wieder zu größeren Konflikten zwischen Natur- und Tierschutz und anderer beteiligter Gruppen, etwa der Jägerschaft.
Gruß
Timber
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Nina
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Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von Nina »

Timber hat geschrieben:Die Zahl von 50.000 verschwundenen Katzen bundesweit erscheint m.E. recht glaubwürdig, wieviele davon nun auf das Konto von Verkehr, Jagdschutz, Verwilderung und sonstigen Widrigkeiten des Katzendaseins gehen, kann man nur schätzen.
Der Artikel der WELT arbeitet selbst auch nur mit Schätzungen - von "Faktentreue" kann da auch kaum die Rede sein. Wie unwahrscheinlich die Zahl von 50.000 verschwundenen Katzen pro Jahr ist (von denen wiederum angeblich nur ein Teil aus Jagdschutzgründen von Jägern getötet wird), ist die Tatsache von jährlich rund 10.000 getöteten Katzen allein in der Jagdstrecke von Nordrhein-Westfalen. Wir haben aber nicht nur ein, sondern 16 Bundesländer, in denen gejagt wird.

Die Dimension in den offiziellen Jagdstrecken allein von NRW verdeutlicht doch das enorme Spannungsfeld zwischen den Parteien: Dem traditionell gewachsenen Freizeitvergnügen einer kleinen Minderheit von 0,4% der Bevölkerung, die mit ihrem Haustierabschuss massiv in den Alltag und die Rechte der Besitzer von knapp 13 Mio. Katzen und 7,6 Mio. in Hunden in Deutschland eingreift. Hinter diesen enorm hohen Zahlen der Haustieropfer stehen auch immer entsprechend viele Halter und Familien, für die der Verlust ihres Tieres auf so gewaltsame Weise schmerzhaft oder gar traumatisierend ist, da er ja auch noch bewusst durch andere Menschen zu Zwecken herbeigeführt worden ist, die lediglich einer Freizeitbeschäftigung dienen.

Anders als im Bericht der WELT dargestellt, wird die Forderung nach jagdlichen Katzenabschüssen nämlich nicht pauschal von "Vogelschützern" erhoben, sondern hauptsächlich von den Jagdverbänden selbst mit dem "Vogelschutz" begründet. Tatsächlich aber schreibt z.B. das Komitee gegen den Vogelmord:
Nun stellt sich die Frage, wie groß der Einfluss der Stubentiger auf die Vogelpopulationen ist. Hauptsächlich landen Amseln, Buchfinken, Sperlinge und Stare in den samtenen Pfoten - die häufigsten mitteleuropäischen Arten.[...] Tierbestände werden aber nicht in erster Linie durch die Zahl der Beutegreifer beeinflusst, sondern durch das Angebot an geeigneten Lebensräumen, durch Kontaktkrankheiten und Witterungsbedingungen. Katzen, wie alle anderen Räuber, erbeuten vor allem das, was in großer Zahl verfügbar ist. Trotz zahlreicher Studien konnten Wissenschaftler deswegen auch noch keinen Einfluss der Hauskatzen auf unsere Vogelbestände erkennen.

http://www.komitee.de/content/vogelschu ... ogelschutz
Zur Situation der Vögel in Deutschland hat die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen (Drucksache 18/4575) am 09.04.2015 geantwortet:
Die wichtigsten Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt sind – regional unterschiedlich – die intensive landwirtschaftliche Nutzung, die Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft, die Versiegelung von Flächen sowie großräumige Stoffeinträge (z. B. Säurebildner oder Nährstoffe). Für das Agrarland gilt, dass Vögel, die auf Äckern, Wiesen und Weiden brüten – regional unterschiedlich –, aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nach wie vor im Bestand zurückgehen. Grünlandumbruch und Energiepflanzenanbau können hier Auswirkungen auf Landschaftsqualität und Artenvielfalt haben. Im Siedlungsbereich wirken sich Verluste an naturnahen Flächen und dörflichen Strukturen aufgrund von Bautätigkeit und Flächenversiegelung negativ aus. Gefährdungsfaktoren für Lebensräume an der Küste sind Störungen durch eine gestiegene Freizeitnutzung und die Verbauung, z. B. durch Küstenschutzmaßnahmen und den Ausbau von Windenergieanlagen.

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/045/1804575.pdf
Katzen werden nicht mit einem Wort erwähnt. Der größte Rückgang der Brutpaare ist übrigens im Teilindikator "Agrarland" zu verzeichnen (Gründe siehe oben), während der Teilindikator "Siedlungen", in dem zahlenmäßig die meisten Katzen leben, "ohne statistisch signifikanten Trend" ist.

Auf so dünner Datengrundlage ist der jagdliche Abschuss von Katzen nicht zu rechtfertigen. Nicht letale Maßnahmen wie Kastrationspflicht für beide Geschlechter (auch verwildete Hauskatzen) sowie entsprechende Maßnahmen analog zur Hundehaltung mit einer Chip-, Registrierungs-, Haftpflichtversicherungs- und Steuerpflicht für Katzen wären ausreichend. Wie wolfsam richtig ausgedrückt hat, braucht es dafür keine Flinte.
Timber hat geschrieben:Die Debatte um Schießnachweise im Allgemeinen scheitert auch weniger an der prinzipiellen Unlust geschweige denn Fähigkeit der Mehrheit der Jäger, sondern an den Eigenheiten unseres verbürokratisierten Jagd- und Waffenrechts, respektive den absurden Konsequenzen die sich daraus ergeben.
Wie bitte? Dass nur ein ganz geringer Anteil der Jäger die eigenen Schießfertigkeiten am Schießstand übt und verbessert, liegt nur an der - Bürokratie? Jäger werden durch das deutsche Jagd- und Waffenrecht daran gehindert, freiwillig auf dem Schießstand zu üben? Sorry, aber mit der Ausrede hast du jetzt - Achtung Kalauer - einen echten Bock geschossen. :lol:
Vielleicht zehn bis zwölf Prozent der Jäger kommen beim Jagdauftakt zum freiwilligen Scheibenschießen.

http://www.zeit.de/2002/06/Waidmanns_Un ... ettansicht
Das Schießzentrum in Kasseedorf z. B. hat Finanzprobleme, weil ausgerechnet die Mitglieder der Kreisjägerschaften den Schießstand nicht nutzen:
Auf verschiedensten Bahnen von der Doppelkeiler-Anlage bis zum Jagdparcours können Schützen ihre Fähigkeiten testen. Trotzdem gibt es ein Problem: „Das Zentrum wird zu wenig aus den eigenen Reihen genutzt“, sagt Kummetz. Nur 15 Prozent der Mitglieder kommen regelmäßig. Die Betreiber hoffen auf die Einführung eines verpflichtenden Übungsschießens. „Es ist wichtig zu üben — alleine für den Tierschutz“, sagt Rudolf Meyer-Böttger.

http://www.ln-online.de/Nachrichten/Nor ... gelmaessig
Die Polizei hat da weniger Probleme mit der "Bürokratie". :lol: Die nutzt nämlich das Schießzentrum Kasseedorf!

Der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Wesel sah es auf der Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr offenbar für notwendig an, an die Mitglieder folgenden Appell zu richten:
Der Vorsitzende appelliert an alle Mitglieder die Schießstände zu nutzen, um einen Schuss möglichst waidgerecht und unter Wahrung der Sicherheitsvorschriften anbringen zu können. Nur Übung macht bekannter weise den Meister.

http://www.ljv-nrw.de/media/1442836333_ ... 11_jhv.pdf
Da weiß der Vorsitzende offenbar nichts von den bürokratischen Hemmnissen durch das deutsche Jagd- und Waffenrecht, das monokausal die 85% - 90% der Jäger daran hindert, zum freiwilligen Übungsschießen auf den Schießstand zu gehen...

Dass lebende, leidensfähige und schmerzempfindende Geschöpfe einen hohen Preis für diese Bequemlichkeit zahlen müssen, verschlägt mir allerdings die Sprache. :cry:

Dieses obsolete Jagdrecht benötigt dringend eine Reform.
Schattenwolf

Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von Schattenwolf »

Hab mir jetzt noch nicht alles durch gelesen,aber super reschaschiert Nina! Sind echt erschreckende Zahlen. :shock:
Timber

Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von Timber »

Nina hat geschrieben:Wie unwahrscheinlich die Zahl von 50.000 verschwundenen Katzen pro Jahr ist (von denen wiederum angeblich nur ein Teil aus Jagdschutzgründen von Jägern getötet wird), ist die Tatsache von jährlich rund 10.000 getöteten Katzen allein in der Jagdstrecke von Nordrhein-Westfalen. Wir haben aber nicht nur ein, sondern 16 Bundesländer, in denen gejagt wird.
vermisst gemeldete Katze (Haustier) ≠ irgeneine Katze aus der Streckenstatistik
Die 10.000 aus der Streckenstatistik stehen, wie schon dargelegt, nicht im Widerspruch zu max. ~ 50.000 vermissten Haustier-Katzen, da die Streckenstatistik eben nicht zwischen Haustier und verwilderten Tiere (auf die niemand wartet) unterscheidet.

In der Konsequenz bedeutet dies:
Die Gesamtzahl der durch Jagdschutz-Abschuss zu Tode gekommen Katzen kann, je nach Schätzung, durchaus im mittleren sechsstelligen Bereich liegen, jedoch liegt der Anteil der Haustier-Katzen, wenn man die Daten von tasso e.V. zu vermissten Haustier-Katzen extrapoliert, bei im ungünstigsten Fall < 50.000 Hauskatzen.
Nina hat geschrieben:Die wichtigsten Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt sind – regional unterschiedlich – die intensive landwirtschaftliche Nutzung, die Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft, die Versiegelung von Flächen sowie großräumige Stoffeinträge (z. B. Säurebildner oder Nährstoffe). Für das Agrarland gilt, dass Vögel, die auf Äckern, Wiesen und Weiden brüten – regional unterschiedlich –, aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nach wie vor im Bestand zurückgehen. Grünlandumbruch und Energiepflanzenanbau können hier Auswirkungen auf Landschaftsqualität und Artenvielfalt haben. Im Siedlungsbereich wirken sich Verluste an naturnahen Flächen und dörflichen Strukturen aufgrund von Bautätigkeit und Flächenversiegelung negativ aus. Gefährdungsfaktoren für Lebensräume an der Küste sind Störungen durch eine gestiegene Freizeitnutzung und die Verbauung, z. B. durch Küstenschutzmaßnahmen und den Ausbau von Windenergieanlagen.
Die Habitat-Qualität ist ein zentraler bzw. der zentrale Baustein für Artenvielfalt, aber, wie in der Studie darlegt wird, eben keineswegs der einzige, nicht umsonst ist die Rede vom einem Multifaktorenkomplex. Je nach Umständen kann dazu eben auch das menschgemachte Problem von Hauskatzen zählen, ob dabei Gegenmaßnahmen angezeigt sind und wenn ja welche ist von Fall zu Fall zu entscheiden.
Diesen Punkt per se auszuklammern wäre ebenso unseriös, wie die Katzen generell zum Sündenbock für menschliche Umweltschäden zu machen.
Nina hat geschrieben:[...] Kastrationspflicht für beide Geschlechter (auch verwildete Hauskatzen) sowie entsprechende Maßnahmen analog zur Hundehaltung mit einer Chip-, Registrierungs-, Haftpflichtversicherungs- und Steuerpflicht für Katzen [...]
Wenn man sich endlich dazu durchringen könnte, wäre das ein großer und von meiner Warte aus absolut begrüßenswerter Schritt.
Nina hat geschrieben:
Timber hat geschrieben:Die Debatte um Schießnachweise im Allgemeinen scheitert auch weniger an der prinzipiellen Unlust geschweige denn Fähigkeit der Mehrheit der Jäger, sondern an den Eigenheiten unseres verbürokratisierten Jagd- und Waffenrechts, respektive den absurden Konsequenzen die sich daraus ergeben.
Wie bitte? Dass nur ein ganz geringer Anteil der Jäger die eigenen Schießfertigkeiten am Schießstand übt und verbessert, liegt nur an der - Bürokratie? Jäger werden durch das deutsche Jagd- und Waffenrecht daran gehindert, freiwillig auf dem Schießstand zu üben?
Nein, es ging um die Nachweise bzw. eine möglichst effektive Umsetzung von eben diesen. Ich persönlich bin ein Befürworter von Schießleistungsnachweisen, u.a. weil ich reine Schießnachweise/Übungsnachweise für nicht zielführend halte. Um den gewünschten Effekt zu haben, sollte der Schießleistungsnachweis Voraussetzung für die Jagderlaubnis, also den Jagdschein, sein.

Allerdings, und das ist der Punkt, weshalb ich den den Blick nach Norwegen als Lösungsansatz angeboten habe, haben wir in Deutschland aktuell die Situation, dass mit erlöschen des Jagdschein auch die Waffenbesitzkarte erlischt (anders als in Österreich, der Schweiz, Norwegen, etc.), was den Zwangsverkauf sämtlicher Jagdwaffen bzw. deren teure Einlagerung bei Berechtigten bedeuten würde und somit nichts anderes als eine kalte Enteignung darstellen würde. Das ist weder politisch vermittelbar noch verhältnismäßig, wenn man sich vor Augen hält, dass vierstellige oft auch fünfstellige Summen und nicht selten auch Erbstücke auf dem Spiel stehen. Außerdem zeigen, wie bereits erwähnt, Länder wie die Schweiz (bzw. einzelne Kantone), dass es für keine Notwendigkeit gibt.

Wem also tatsächlich an einer effektiven und praktikablen Lösung - abseits von ideologischer Abneigung der Nicht-Jäger einerseits und Bequemlichkeit der Schützen andererseits - gelegen ist, die sinnentleerte durch sinnvolle Vorschriften ersetzt und zudem auf breite Zutsimmung der Beteiligten träfe, dem kann ich als Maßnahmen (selbstverständlich in Kombination) nur empfehlen:

1) Waffenbesitzkarte vom Jagdschein entkoppeln => 2) Jagdschein an Schießleistungsnachweis (nicht nur Übungsnachweis!) ankoppeln


Gruß
Timber

*anbei der Treffsicherheitsnachweis des Kantons Schaffhausen als Beispiel, wie so etwas aussehen könnte
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Nina
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Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von Nina »

Timber hat geschrieben:Allerdings, [...], haben wir in Deutschland aktuell die Situation, dass mit erlöschen des Jagdschein auch die Waffenbesitzkarte erlischt ([...]), was den Zwangsverkauf sämtlicher Jagdwaffen bzw. deren teure Einlagerung bei Berechtigten bedeuten würde und somit nichts anderes als eine kalte Enteignung darstellen würde. Das ist weder politisch vermittelbar noch verhältnismäßig, wenn man sich vor Augen hält, dass vierstellige oft auch fünfstellige Summen und nicht selten auch Erbstücke auf dem Spiel stehen.
Interessant, wie Eigentum bewertet werden kann, wenn es um Waffen geht - da ist in empörter Weise von "kalter Enteignung" die Rede und von "Unverhältnismäßigkeit" - was aber ist mit den aus "Jagdschutzgründen" erschossenen und in Fallen getöteten Haustieren, die ebenfalls Eigentum anderer Menschen sind? Und zudem schmerzempfindsame und leidensfähige Lebewesen sind? Jagdschutz dient lediglich dem Schutz der Jagd (einer Minderheit von 0,4% der Bevölkerung), kollidiert mit unserem Grund- und Tierschutzgesetz und verletzt die Eigentumsrechte anderer Menschen. Der Treffsicherheitsnachweis Kanton Schaffhausen kann mich in dieser Hinsicht nicht überzeugen.

Aber wenn wir uns schon an der Schweiz orientieren wollen, dann würde ich einen Blick auf den Kanton Genf vorschlagen, in dem die unprofessionelle Hobbyjagd vor mehr als 40 Jahren verboten wurde, nachdem sich in einer Volksabstimmung 69% der Bevölkerung für ein Jagdverbot ausgesprochen haben.
Wie gut die Umsetzung des Jagdverbots von der Bevölkerung angenommen wurde, beweist die erneute Volksabstimmung von 2005, als auf Initiative von Jägern erneut über die Jagd entschieden wurde: Dabei sprachen sich sogar 90% der Bevölkerung für eine Beibehaltung des geltenden Jagdverbots aus. 2009 gab es eine Abstimmung im Kantonsparlament über eine Wiedereinführung der Jagd, die mit 70:7 Stimmen abermals abgelehnt wurde.¹

Die Unterscheidung "vermisst gemeldete Katze (Haustier) ≠ irgeneine Katze aus der Streckenstatistik" (Zitat Timber) ist absurd, da ein Jäger für gewöhnlich überhaupt nicht erkennen kann, ob das Tier, das er gerade tötet, eine Katze mit Familienanschluss oder eine halbverwilderte Katze ist. Und auch die Unterscheidung zur Wildkatze ist nicht allen geläufig:
Mittlerweile gefährdet der Heimtierabschuss nach Bundesjagdgesetz zudem geschützte Wildtierarten, da in Deutschland dadurch auch Wölfe und Wildkatzen gefährdet sind. Während für viele Jäger eine Unterscheidung von Wildkatzen und Hauskatzen ohnehin kaum möglich ist, werden nach wie vor auch Wölfe, ob bewusst oder versehentlich, von Jägern getötet, weil diese das Tier angeblich für einen wildernden Hund hielten.

http://www.tierschutzbund.de/news-stora ... opfer.html
Dass Jäger gern mit anderen Zahlen argumentieren als Tier- und Umweltschützer, ist zu erwarten. Der Deutsche Tierschutzbund e.V. hat z. B. am 16.01.2014 in einer Presseerklärung mitgeteilt:
Obwohl lediglich Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Saarland hierzu Statistiken führen, ist für die letzten sechs Jahre allein in diesen fünf Bundesländern der Abschuss von mehr als 100.000 Katzen und über 700 Hunden belegt. Eine bundesweite Erfassung gibt es nicht. Der Deutsche Tierschutzbund geht davon aus, dass zudem nur ein Teil der Fälle überhaupt gemeldet werden und die Dunkelziffer sehr viel höher ist. Der Deutsche Tierschutzbund fordert ein bundesweites Abschuss- und Tötungsverbot für Hunde und Katzen.

http://www.tierschutzbund.de/news-stora ... opfer.html
Der Tierarzt Ralph Rückert aus Ulm schreibt auf seiner Website:
Es kann nicht angehen, dass sowohl Tierhalter als auch Tierarzt jederzeit darauf vorbereitet sein müssen, den vom Tierschutzgesetz geforderten „vernünftigen Grund“ für die Einschläferung eines Tieres zur Not auch vor Gericht zu rechtfertigen, während ein Jäger nur einer Katze ansichtig werden muss, um sie einfach abknallen zu dürfen. Als Tierarzt, dessen Berufung es ist, das Leben von Familientieren mit teilweise enormem Aufwand zu retten, zu verbessern und zu verlängern, bekomme ich bei diesem Thema regelmäßig einen dicken Hals.

http://www.tierarzt-rueckert.de/blog/de ... 3&ID=18597
Er rechnet in einem Blogeintrag auf die vom Tierschutzbund veröffentlichten Zahlen vor:
Eine bundesweite Erfassung der Abschusszahlen von Haustieren gibt es nicht. Gehen wir aber davon aus, dass die genannten Bundesländer nach meiner Rechnung einen Flächenanteil von ca. 20 Prozent des Bundesgebietes repräsentieren, ergibt sich, dass in den letzten 6 Jahren in Deutschland mindestens eine halbe Million Katzen und 3500 Hunde abgeschossen wurden. Das sind aber nur die gemeldeten Fälle.

http://www.tierarzt-rueckert.de/blog/de ... 3&ID=18597
Übrigens werden auch immer wieder Hunde und Katzen Opfer von Jagdfallen, und zwar unabhängig davon, ob sie gewildert haben oder nicht.
Im Niedersächsischen Landtag musste 2012 die damalige konservativ-liberale Landesregierung einräumen, dass allein in Niedersachsen in den vergangenen 3 Jahren 8 Haustiere (1 Katze, 7 Hunde) durch Fallen verletzt oder getötet worden waren, während darüber hinaus auch noch vier Menschen verletzt wurden.²

Wo Hunde in Fallen verletzt und getötet werden, können natürlich auch Wölfe zu Schaden kommen.


¹ http://www.europeonline-magazine.eu/wik ... anton_Genf

² http://www.landtag-niedersachsen.de/ps/ ... attachment Drucksache 16/4417 vom 27.01.12
harris
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Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von harris »

Wenn es eine Hauskatze ist, warum ist sie dann nicht im Haus? Und stromert irgendwo rum? Wenn sie doch ein achsoliebes Haustier ist und die Kinder sie so gerne haben, dann sollen sie doch darauf aufpassen... muss der Schafhalter auch...
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Nina
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Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von Nina »

harris hat geschrieben:Wenn es eine Hauskatze ist, warum ist sie dann nicht im Haus? Und stromert irgendwo rum? Wenn sie doch ein achsoliebes Haustier ist und die Kinder sie so gerne haben, dann sollen sie doch darauf aufpassen... muss der Schafhalter auch...
Werden ausgebüxte Schafe auch von Jägern erschossen oder in Fallen gefangen und anschließend getötet? Ich dachte, so etwas kommt nur versehentlich im Fall einer Verwechslung z. B. mit einem Wildschwein vor?

Falls dein Vergleich von Schafen und Katzen tatsächlich ernst gemeint sein sollte, sehe ich in den Themenbereichen Haustier-/Wildtierökologie und Verhaltensbiologie durchaus noch ein wenig Luft nach oben.

Wie ich zuvor unsere (nicht grüne) Bundesregierung und das Komitee gegen den Vogelmord, deren Kerngebiet der Vogelschutz ist, zitiert habe, gibt es keinen gesicherten Hinweis dafür, dass in Deutschland Vogelarten durch die Hauskatze bedroht sind.

Ea gibt jedoch Bestrebungen, eine unkontrollierte Katzenvermehrung auf nicht letale Weise einzudämmen (Paderborner Modell etc.), was begrüßenswert ist. Warum also trotzdem weiter auf das Recht auf Abschuss pochen?

Nicht zuletzt werden die politischen Mehrheitsverhältnisse darüber entscheiden. Bei 12,3 Mio. Katzen in deutschen Haushalten - die Katze ist das beliebteste Haustier in Deutschland - kann man sich doch ausrechnen, wo die Reise hingeht, zumal dem Großteil der 7,6 Mio. Hundebesitzer auch schwer zu vermitteln sein wird, warum die Jagd auf Haustiere von Jägerseite weiterhin so vehement verteidigt wird.

Letztlich haben nach ständiger Rechtsprechung selbst die deutschen Gerichte den Katzen eine Sonderstellung hinsichtlich des Freigangs im Nachbarschaftsrecht eingeräumt. Das Betreten der Grundstücke durch Nachbars Hunde und -Schafe beispielsweise kann ein Gartenbesitzer untersagen, da diese Tiere nicht durch § 906 Abs. 1 BGB ("Eindringen von Körpern unerheblichen Umfanges") gedeckt sind. Katzen sind dies zwar auch nicht, müssen aber nach geltender Rechtsprechung aufgrund § 242 (praktische Verpflichtung zur gegenseitgen Rücksichtnahme im Rahmen nachbarlichen Zusammenlebens) geduldet werden - selbst wenn sie in Nachbars Garten Vögeln nachstellen.¹ ²

Es ist also durchaus zu erwarten, dass die Politik auch im Jagdrecht entsprechende Änderungen vornehmen wird, wie es bereits z. B. in Nordrhein-Westfalen der Fall ist. Dort fällt das Töten von Katzen im Jagdrecht neuerdings gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 12 unter die sachlichen Verbote.³


¹ http://www.schiedsamt.de/fileadmin/schi ... _S_1-3.pdf
² http://www.tierschutzbund.de/informatio ... hbarn.html
³ https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_an ... 0000000107
harris
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Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von harris »

Nina hat geschrieben:
harris hat geschrieben:Wenn es eine Hauskatze ist, warum ist sie dann nicht im Haus? Und stromert irgendwo rum? Wenn sie doch ein achsoliebes Haustier ist und die Kinder sie so gerne haben, dann sollen sie doch darauf aufpassen... muss der Schafhalter auch...
Werden ausgebüxte Schafe auch von Jägern erschossen oder in Fallen gefangen und anschließend getötet? Ich dachte, so etwas kommt nur versehentlich im Fall einer Verwechslung z. B. mit einem Wildschwein vor?

Falls dein Vergleich von Schafen und Katzen tatsächlich ernst gemeint sein sollte, sehe ich in den Themenbereichen Haustier-/Wildtierökologie und Verhaltensbiologie durchaus noch ein wenig Luft nach oben.

Wie ich zuvor unsere (nicht grüne) Bundesregierung und das Komitee gegen den Vogelmord, deren Kerngebiet der Vogelschutz ist, zitiert habe, gibt es keinen gesicherten Hinweis dafür, dass in Deutschland Vogelarten durch die Hauskatze bedroht sind.

Ea gibt jedoch Bestrebungen, eine unkontrollierte Katzenvermehrung auf nicht letale Weise einzudämmen (Paderborner Modell etc.), was begrüßenswert ist. Warum also trotzdem weiter auf das Recht auf Abschuss pochen?

Nicht zuletzt werden die politischen Mehrheitsverhältnisse darüber entscheiden. Bei 12,3 Mio. Katzen in deutschen Haushalten - die Katze ist das beliebteste Haustier in Deutschland - kann man sich doch ausrechnen, wo die Reise hingeht, zumal dem Großteil der 7,6 Mio. Hundebesitzer auch schwer zu vermitteln sein wird, warum die Jagd auf Haustiere von Jägerseite weiterhin so vehement verteidigt wird.

Letztlich haben nach ständiger Rechtsprechung selbst die deutschen Gerichte den Katzen eine Sonderstellung hinsichtlich des Freigangs im Nachbarschaftsrecht eingeräumt. Das Betreten der Grundstücke durch Nachbars Hunde und -Schafe beispielsweise kann ein Gartenbesitzer untersagen, da diese Tiere nicht durch § 906 Abs. 1 BGB ("Eindringen von Körpern unerheblichen Umfanges") gedeckt sind. Katzen sind dies zwar auch nicht, müssen aber nach geltender Rechtsprechung aufgrund § 242 (praktische Verpflichtung zur gegenseitgen Rücksichtnahme im Rahmen nachbarlichen Zusammenlebens) geduldet werden - selbst wenn sie in Nachbars Garten Vögeln nachstellen.¹ ²

Es ist also durchaus zu erwarten, dass die Politik auch im Jagdrecht entsprechende Änderungen vornehmen wird, wie es bereits z. B. in Nordrhein-Westfalen der Fall ist. Dort fällt das Töten von Katzen im Jagdrecht neuerdings gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 12 unter die sachlichen Verbote.³


¹ http://www.schiedsamt.de/fileadmin/schi ... _S_1-3.pdf
² http://www.tierschutzbund.de/informatio ... hbarn.html
³ https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_an ... 0000000107
Toller Text, aber Frage nicht beantwortet... ;-)
northlynx

Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von northlynx »

Nina hat geschrieben:
Letztlich haben nach ständiger Rechtsprechung selbst die deutschen Gerichte den Katzen eine Sonderstellung hinsichtlich des Freigangs im Nachbarschaftsrecht eingeräumt. [...] - selbst wenn sie in Nachbars Garten Vögeln nachstellen.
Nur weil ein deutsches Gericht das sagt, muss es nicht gleich richtig sein. Es ist und bleibt ein (ökologisches) Ärgernis.
Schattenwolf

Re: Jagdgesetz und Hund

Beitrag von Schattenwolf »

Es gibt jedoch Bestrebungen, eine unkontrollierte Katzenvermehrung auf nicht letale Weise einzudämmen (Paderborner Modell etc.), was begrüßenswert ist. Warum also trotzdem weiter auf das Recht auf Abschuss pochen?
So siehts aus Nina,das ist die richtige Lösung für das Problem.Und nicht der Abschuss durch Hobbyjäger.
Wenn es eine Hauskatze ist, warum ist sie dann nicht im Haus? Und stromert irgendwo rum? Wenn sie doch ein achsoliebes Haustier ist und die Kinder sie so gerne haben, dann sollen sie doch darauf aufpassen... muss der Schafhalter auch...
Der Text sagt doch alles,typisch Jäger.Eine Hauskatze ist kein liebes Haustier sondern ein domestiziertes Raubtier und es ist sehr Artgercht eine Katze im Haus einzusperren. Wieder ein auch so beliebter Konkurent ums Wild,richtig. :evil:
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