Na bitte, politisches Machtgerangel auf dem Rücken der Wölfe ist eben doch keine rein niedersächsische Spezialität.
So langsam sickert ja durch, welches Spielchen das CDU-geführte sächsische Umweltministerium spielt. Anders als bei MT6 in Niedersachsen wurden bei dieser Abschussfreigabe offenbar weder das extra für solche Fälle eingerichtete Beratungszentrum des Bundes - DBBW - noch das vor Ort ansässige wildbiologische Büro Lupus hinsichtlich der Vorgehensweise konsultiert.¹
Dabei soll der Tötungsauftrag bereits an die Jägerschaft erteilt worden sein, obwohl dieses Vorgehen dem sächsischen Managementplan zuwiderläuft.
Da die Situation von den vom Landkreis Görlitz beauftragten Fachleuten - dem wildbiologischen Büro Lupus - als nicht akut sicherheitsrelevant eingestuft worden ist, sondern als "unerwünscht" und "auf Dauer nicht zumutbar", wären hier die Voraussetzungen für ein Einfangen, Besendern und Vergrämen erfüllt. Aber genau dieser Antrag auf eine entsprechende Genehmigung ist den Fachleuten verweigert worden.¹
Man muss sich auch die Frage stellen, warum das Umweltministerium das Kontaktbüro "Wölfe in Sachsen" finanziert und der Landkreis Görlitz Fachleute beauftragt, um dann deren Expertise zu ignorieren, die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen zu verweigern und stattdessen der Jägerschaft das
Geschenk eines Wolfsabschusses zu servieren? Auf Jagdreisen zahlen Jäger schließlich viel Geld für Wolfsabschüsse: Ein bekannter Jagdreiseveranstalter berechnet z. B. EUR 715,- für 3 Jagdtage in Rumänien plus EUR 1.500,- für einen Wolfsabschuss und EUR 500,- für "Wolf angeschweißt und nicht gefunden".
Ein besonders bitterer Beigeschmack entsteht, wenn man der Lausitzer Rundschau glauben darf:
Die Experten glauben, ein Jäger könnte den kleinen Isegrim angelockt und ihn versorgt haben. Polnische Wissenschaftler stützen laut Kontaktbüro diese These.
Lausitzer Rundschau: Problemwolf beunruhigt die Lausitz, 18.01.17
http://www.lr-online.de/nachrichten/Tag ... 53,5794086
Fühlt sich das Umweltministerium durch Aussagen wie die von Ulrich Wotschikowsky für das Vorgehen ermuntert?
Überall ist zu lesen, dass man die Befürchtungen der Bevölkerung „ernst nehmen“ müsse, sogar dann, wenn sie unbegründet sein mögen. Diesen Beteuerungen dürfen gerne Taten folgen – aber manche verstehen unter Taten immer noch eine Litanei von umständlichen Prozeduren, nämlich einen verdächtigen Wolf sorgfältig beobachten, einfangen, Sender umhängen, Gucken was er macht und wo er ist. Dann Gummigeschosse laden und dem Wolf aufs Hinterteil schießen, Schweizer Kracher werfen. [...] Der Fall MT6 hat mich davon überzeugt, dass wir auf die umständlichen Vergrämungsversuche mit Einfangen und Besendern verzichten sollten.
UIrich Wotschikowsky: Wolf in Rathenow zum Abschuss freigegeben, 20.12.2016 http://woelfeindeutschland.de/wolf-in-r ... orgesehen/
Das Umweltministerium hat öffentlich bislang nicht verlauten lassen, wie es sicherstellen will, dass die beauftragten Jäger den richtigen Wolf töten.
Auch in dieser Hinsicht äußerte Wotschikowsky eine ungewohnt laxe Einstellung:
Freilich wird es dann schwierig, den „richtigen“ Wolf zu entnehmen. Aber sei’s drum. Die Zukunft der Wölfe steht selbst dann nicht auf dem Spiel, wenn wir einen „falschen“ eliminieren. Viel schlimmer wäre es, der „richtige“ richtet Unheil an.
UIrich Wotschikowsky: Wolf in Rathenow zum Abschuss freigegeben, 20.12.2016 http://woelfeindeutschland.de/wolf-in-r ... orgesehen/
Wie man zuverlässig verhindern will, dass der "richtige" Unheil anrichtet, wenn man den falschen erschossen hat, weiß der Geier.
Interessant ist in diesem Zusammenhang aber, wie rollofi und Redux auf die "Wolfsweiber" eindreschen, die angeblich "nix" machen. Nun wisst Ihr es ja aber besser - im Gegensatz zu dem CDU-geführten Umweltministerium, dass einem oder mehreren Jägern nun das Jagdvergnügen genehmigt, endlich mal einen Wolf im eigenen Land töten zu dürfen, haben sich die "Wolfsweiber" um eine Genehmigung für eine Vergrämung bemüht.
Offenbar wollen hier Jägerschaft und die diese Klientel nahe stehende Politik um jeden Preis verhindern, dass Fachleute eine erfolgreiche Vergrämung durchführen können. Aus meiner Sicht will man im Keim ersticken, was den langersehnten Traum einer allgemeinen Wolfsbejagung im eigenen Land verhindern könnte.
¹
vgl. Stellungnahme des Freundeskreises freilebender Wölfe e. V.: "Warum politisches Bauernopfer statt sinnvolles und vereinbartes Management?",
21.01.17 http://www.lausitz-wolf.de/index.php?id=1614