Seite 37 von 43

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 13. Jan 2012, 16:54
von CleanerWolf
jurawolf hat geschrieben: hää, was hat denn der fischereiverband zum wolf zu sagen???
Frage ich mich auch, aber da Herr Dettmann sich ja bereits rege in diesem Forum beteiligt, wird er uns diese Frage hoffentlich selbst beantworten können.

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 13. Jan 2012, 23:38
von LarsD
jurawolf hat geschrieben: hää, was hat denn der fischereiverband zum wolf zu sagen???


Den Fischereiverband interessiert der Wolf bestenfalls am Rande. Mich persönlich interessiert das Thema dagegen sehr. Das ursprünglich mit 45 Minuten angesetzte Gespräch auf Einladung der Lausitzer Rundschau dauerte sehr interessante eineinhalb Stunden. Leider kann der Artikel nur einen winzigen Bruchteil davon wiedergeben. Ein Ziel hat die Lausitzer Raundschau in jedem Fall erreicht, denn die Diskussion zur Online-Ausgabe des Artikels spricht für sich.

Viele Grüße

Lars

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 14. Jan 2012, 21:20
von jurawolf
lars, du bist eigentlich ein schlauer mensch und sagst hier im forum öfters mal was sache ist, obwohl dies einigen nicht immer in ihr weltbild passt. in dem interview hast du aber zwei, drei aussagen, die selbst bei mir ein kopfschütteln auslösen, weil sie zu plakativ und schlicht hanebüchen sind. etwa wenn du wölfe besendern willst, damit man sie dann erlegen kann.

sorry, aber so einen weltweit einmaligen stumpfsinn hätte von dir nicht erwartet :roll:

wenn ein wolf wiederholt geschützte nutztiere angreift, soll man eine tötung selbstverständlich in betracht ziehen, zumindest wenn die population dies zulässt (was in DE definitiv der fall ist). aber meine güte, dafür musst du das vieh doch nicht vorher besendern und nochmals laufen lassen. wenn es ein wiederholungstäter ist, wirst du ihn auch ohne eine solche aktion erwischen.

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 14. Jan 2012, 23:55
von LarsD
jurawolf hat geschrieben: sorry, aber so einen weltweit einmaligen stumpfsinn hätte von dir nicht erwartet :roll:


Im Artikel gibt der Redakteur gerade nicht im wörtlichen Zitat wieder, was er aus den eineinhalb Stunden Gespräch herausgefiltert hat. Dass da dann zum Teil Formulierungen herauskommen, die mißverständlich sind, liegt in der Natur der Sache. Du kannst davon ausgehen, dass ich in der Diskussion dort nicht im Ansatz anders argumentiert habe, als ich es hier im Forum tue.
wenn ein wolf wiederholt geschützte nutztiere angreift, soll man eine tötung selbstverständlich in betracht ziehen, zumindest wenn die population dies zulässt (was in DE definitiv der fall ist). aber meine güte, dafür musst du das vieh doch nicht vorher besendern und nochmals laufen lassen. wenn es ein wiederholungstäter ist, wirst du ihn auch ohne eine solche aktion erwischen.
Mein Einwand in der Diskussion: Die Managementpläne sind mir zu passiv eingestellt, was den Umgang mit Problemwölfen angeht. Beispiel Nutztierrisse: Warum werden in so einen Fall alle Kadaver beseitigt, nachdem Heerscharen von Leuten auf der Fläche waren. Die Erfahrung zeigt, dass die Wölfe nahezu regelmäßig zum Ort des Risses zurückkehren. Warum also nicht weniger Getrampel, dafür aber einen der Kadaver liegen lassen und mit modifizierten Fallen drapieren? Auf die Art fängt man mit sehr großer Wahrscheinlichkeit den Wolf bzw. einen der Wölfe, der an dem Riß beteiligt war. Auf die Art hätte dieser Wolf im Zusammenhang mit einem z.B. Schaf nicht nur eine extrem schlechte Erfahrung gemacht. Man hätte gleichzeitig die Möglichkeit, diesen Wolf zukünftig zu überwachen. Sollte er sich in Zukunft trotz der Fangaktion wiederholt an Nutztieren vergreifen, hätte man dann die Möglichkeit, ihn über das Halsband zu indentifizieren und im Zuge einer Ausnahmegenehmigung ansässigen Jägern die Freigabe zu erteilen, diesen Wolf zu töten.
Im Managementplan Brandenburg ist das Ganze in Bezug auf "Wiederfanghalsbänder" dargestellt. Dabei dürften sich die Autoren an die Praxis in den Staaten angelehnt haben, wo man über die Besenderung versucht, "Problemrudeln" beizukommen. Der "Stumpfsinn" ist somit nicht auf meinem Mist gewachsen.

Viele Grüße

Lars

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 15. Jan 2012, 00:26
von SammysHP
dafür aber einen der Kadaver liegen lassen und mit modifizierten Fallen drapieren?
Aha - also die Wölfe gezielt mit Ködern zu den Weiden locken?

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 15. Jan 2012, 06:46
von LarsD
SammysHP hat geschrieben:
dafür aber einen der Kadaver liegen lassen und mit modifizierten Fallen drapieren?
Aha - also die Wölfe gezielt mit Ködern zu den Weiden locken?
Auf die Weide gelockt hatte sie nach Deiner Logik dann am Vortag bereits das gerissene Stück. Aus den Berichten zu den Rissen geht doch oft genug hervor, dass die Wölfe auch trotz der Aufräumaktion an einem der nächsten Tage wieder dort auflaufen, wo sie kurz zuvor gespeist hatten. Warum also dieses Verhalten nicht ausnutzen, um in einem Abwasch dem bzw. einem der Wölfe mit so einer Fangaktion eine vielleicht bleibende Lehre zu erteilen und gleichzeitig einen Wolf mehr zu haben, dessen Bewegungen man verfolgen kann? Stellt sich dabei heraus, dass der besenderte Wolf wirklich ein Problemtier ist und andere Aktionen zur Vergrämung nichts bringen, hat man mit dem Sender im Zweifelsfall die Möglichkeit, ihn zu identifizieren und aus dem Verkehr zu ziehen.

Viele Grüße

Lars

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 15. Jan 2012, 07:25
von balin
Muß fast ein bißchen lachen. In Deutschland einen Kadaver rumliegen lassen...? Dürfen die Bauern ja garnicht! Und Deutschland ist das Mutterland der Bürokratie.
Man muß sich halt in seinem Wolfsmanagement entscheiden, wie man vorgehen will.
Wyoming hat es geschafft, unter der Regie von US Fish and Wildlife Service die Nutztierschäden geringer werden zu lassen, obwohl der Wolfsbestand zugenommen hatte. Das war möglich, weil Problemwölfe konsequent angesprochen wurden und genügend Halsbänder im Umlauf waren und sind. Umfangreiche Entschädigungsregelungen existieren da ja zur Zeit nicht.
Herr Jimminez, der die Verantwortung in dieser Sache zur Zeit noch inne hat, betont aber, daß diese Resultate nur bei einem ausreichenden und ungefährdeten Wolfsbestand möglich sind. Wie in Idaho ist das schiessen auf die Wölfe am Riss das Mittel der Wahl, weil die Wölfe dabei auch etwas lernen können.
Vor diesem Hintergrund muß man dann registrieren, wie idiotisch und kontraproduktiv die öffentliche Jagd auf die Wölfe sich auswirken wird. Es wird alles durcheinander gebracht, ein gezieltes Monitoring wird verunmöglicht und verteuert und die Nutztierrisse werden wegen gestörter Rudelstrukturen zunehmen.
In Frankreich nähert man sich den Vorstellungen von Lars. Eine pauschale Abschußerlaubnis für einen Wolf ist genauso dumm wie die öffentliche Jagd (tir de prelevement). Insgesamt hat es 89 Schiessbewilligungen in 2011 gegeben. Die Maßnahmen zur direkten Verteidigung der Herde sind da mit eingeschlossen (tir de defense) und wesentlich sinnvoller. Mindestens zweimal war das letztes Jahr ja auch erfolgreich. Vorbedingung zu dieser Art von Selbstverteidigung ist aber jedesmal die Anwendung von Herdenschutzmaßnahmen und die vorherige Abgabe von Warnschüssen. Problematisch wird diese Regelung immer in den Regionen, wo die ersten Wölfe auf unvorbereitete Tierhalter treffen. Im Jura hat man gesehen, daß nachträgliche Maßnahmen wenig Erfolg haben. Der Wolf hat zugeschlagen obwohl die Tierhalter sich bemüht haben, speziell einer.
Gezielte Vorbereitung auf den Wolf, gutes Monitoring und eine großzügige Ausgleichsregelung sind in der Ausbreitungsphase
des Wolfes wesentlich. Bei Ferus und in Frankreich ist man in der Diskussion und Behandlung des Themas etwas weiter wie bei uns.
Und einen großen Unterschied gibt es von Frankreich und den USA zu uns. Es existiert eine Behörde, die die Wölfe separat von den Jägern ansprechen kann. In Frankreich ist das ONCFS und in Amerika sind es die "Fish and Games" unterschiedlicher Prägung. Soetwas wäre für uns auch sinnvoll, da der Interessenskonflikt Jäger - Wolf eine neutrale Abarbeitung der Problematik sehr erschwert.

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 15. Jan 2012, 09:34
von SammysHP
Frage: Hat in Deutschland in den letzten 10 Jahren schon irgendwer mit Gummigeschossen auf einen Wolf geschossen, als dieser sich einer Herde zu nah genähert hatte? Mir ist nichts bekannt, dabei sollte das der erste Schritt sein.

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 15. Jan 2012, 11:33
von balin
In Frankreich wird das in der Art angegangen, daß zum direkten Herdenschutz nur Waffen mit geringer Reichweite benutzt werden dürfen (40m). Zudem muß vorher ein paarmal absichtlich danebengeschossen worden sein um dem Wolf ein Lernerlebnis zu ermöglichen. Gummigeschosse würden wohl einen ähnlichen Zweck erfüllen. Mit dem Verbot von weittragenden Waffen ist zusätzlich ein Sicheheitsventil eingebaut. Die Trefferqote wird also nicht alzu hoch sei.

Re: Wölfe in der Lausitz

Verfasst: 15. Jan 2012, 12:29
von CleanerWolf
SammysHP hat geschrieben:Frage: Hat in Deutschland in den letzten 10 Jahren schon irgendwer mit Gummigeschossen auf einen Wolf geschossen, als dieser sich einer Herde zu nah genähert hatte? Mir ist nichts bekannt, dabei sollte das der erste Schritt sein.
Soweit ich mich erinnere, haben damals nach den aufeinanderfolgenden Angriffen auf Schäfer Neumanns Herde Leute mit Gummigeschossen ein paar Nächte lang Wache geschoben. Ob diese letztendlich zum Einsatz kamen weiß ich nicht.