Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Norwegen, Schweden, Finnland
Lutra
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von Lutra »

jurawolf hat geschrieben: klar ist jedoch, dass die alleine in schweden mehreren 100'000 rentiere als wolfsnahrung vorzüglich geeignet wären und sie für die entwicklung eines wolfsbestandes eine zentrale rolle spielen würden - wenn man es zuliesse.
Das Problem ist, dass sich die samische Kultur in der Art gewandelt hat, dass ihnen früer Eigentum fremd war und sie Jagd auf wilde Rene machten, heute die Rentier (fast?) alle jemandes Eigentum sind und auch dementsprechend verteidigt werden.
Das wilde Ren ist eben für den nordischen Wolf ursprünglich das, was für unsere in Mitteleuropa Reh und Rotwild ist, Hauptnahrung.
jurawolf
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von jurawolf »

natürlich, die rentiere sind heute keine wildtiere mehr, sondern halbdomestizierte nutztiere, die alle einen besitzer haben. wildrentiere gibts in skandinavien nur noch wenige, kleine, isolierte populationen, so dass diese nicht relevant sind für den wolf. dem wolf ist das aber natürlich wurst.
balin
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von balin »

Ash hat ja auf den Film hingewiesen. Der lief an Weihnachten im Fernsehen.
"Der Junge und der Wolf" von Nicolas Vanier beschäftigt sich ja genau mit diesem (Wolf-Rentier) Problem Vielleicht hat ihn ja einer angesehen?
Den groben Inhalt kenne ich. Möchte schon gerne wissen, zu welchen Schlüssen andere kommen, wenn sie die Geschichte im Film miterlebt haben.
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HOWL
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von HOWL »

aber die kultur der sami, wozu trotz nicht so weit zurückreichender tradition, auch die rentierhaltung gehört, ist absolut einmalig in europa und absolut schützenswert. vieles wovon auch viele wolfsfreunde und allgemein "grüne" kreise schwärmen, könnte man von den sami noch lernen (extensive nachhaltige landnutzung, traditionelle jagd und fischerei, tiefe naturverbundenheit, etc.).
Zumindest mir persönlich ist es egal, ob sich die Menschen Samen, Lappen oder anders nennen — es sind Menschen und die sind in ihrem „Bestand“ nicht gefährdet. Auf der anderen Seite sehe ich aber mit Sorge die weltweite Zurückdrängung des Wolfs und anderer Tiere.

Und wenn sie ihre „Tradition“ mit Hubschraubern und Schneemobilen modernisiert haben, könnten sie auch einen Schritt weitergehen und Elektrozäune und Herdenschutzhunde anschaffen.
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jurawolf
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von jurawolf »

HOWL hat geschrieben:Zumindest mir persönlich ist es egal, ob sich die Menschen Samen, Lappen oder anders nennen — es sind Menschen und die sind in ihrem „Bestand“ nicht gefährdet. Auf der anderen Seite sehe ich aber mit Sorge die weltweite Zurückdrängung des Wolfs und anderer Tiere.
genau so wie der mensch als ganzes nicht gefährdet ist, ist es auch der wolf nicht. diese art ist gesamthaft weit davon entfernt, am rande einer bedrohung zu stehen. zum glück, wie ich meine!

die wissenschaft und der artenschutz haben sich aber schon lange davon verabschiedet, einfach arten erhalten zu wollen. es geht um den erhalt der populationen, der habitate, um den erhalt der genetischen vielfalt und damit auch der einzelnen wolfsunterarten/-populationen. genau deshalb setzen wir uns ja nicht einfach pauschal für den wolf ein, denn sonst könnte man auch auf das argument zurückgreifen, dass es in sibirien oder so ja genug gäbe. nein, wir setzen uns für jede einzelne population ein, weil jede einzelne absolut wertvoll ist

beim menschen, der biologisch gesehen auch nur eine tierart ist, ist es genau dasselbe. nur weil es gesamthaft genug menschen gibt, macht dies das letzte indigene volk europas - die sami - nicht weniger wertvoll. denn auch sei sind einmalig und als population ebenso erhaltenwert wie die wolfsbestände - aus kulturellen gründen, aus ökologischen gründen und vielleicht sogar auch aus genetischen gründen. denn mensch ist nicht gleich mensch - zwar haben alle die selben rechte (bzw. sollten alle haben), aber sie sind eben auch alle verschieden und jede spezifikation ist gleichermassen erhaltenswert.

HOWL hat geschrieben:Und wenn sie ihre „Tradition“ mit Hubschraubern und Schneemobilen modernisiert haben, könnten sie auch einen Schritt weitergehen und Elektrozäune und Herdenschutzhunde anschaffen.
das ist aber jetzt nicht dein ernst, oder?
jurawolf
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von jurawolf »

die wölfin kämpft bzw. rennt übrigens um ihr leben. gejagt wird wie in schweden üblich ja vom hubschrauber aus. während der getötete rüde ja noch nie umgesiedelt wurde und deshalb auch keine erfahrung mit hubschraubern hat, ist dies bei der wölfin anders. bereits dreimal wurde sie per hubschrauber eingefangen und noch öfter bereits zwecks fang gejagt (der fang gelangte nicht immer beim ersten versuch). sie glaubt daher zu wissen, was ihr nun blüht und weicht dem heli bisher geschickt aus. bereits als vorgestern der rüde getötet wurde, machte sie sich rasch unsichtbar und auch gestern samstag zog sie sich in unübersichtliches, hügeliges gelände zurück, so dass sie wieder nicht erwischt wurde.

mit viel glück weicht sie den tötungsversuchen vielleicht sogar grossräumig aus und verlässt ihr bisheriges gebiet. dann hätte sie eine neue überlebenschance, da ihr fall neu beurteilt würde, wenn sie dauerhaft ein neues territorium besetzt.
balin
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von balin »

Man muß auch mal den Mut haben, solche Schlüsse aus dem Geschehen zu ziehen. Wölfe haben normalerweise keine Flugfeinde, aber sie kapieren was.
In dem Zusammenhang fällt mir die Schilderung von Russ Morgan (Wolfsmanager in Oregon) ein, wo er beschreibt, welche Schwierigkeiten es beim Besendern gibt.
Die sicherste Lösung des Problems ergibt sich bei Neuschnee, wenn die Wölfe in offenes Gelände wechseln. Eigentlich logisch, aber man muß schon im Vorlauf wissen, wo ungefähr die Wölfe auftauchen und dann auch rechtzeitig den Hubschrauber zur Verfügung haben. Für ihn ist das eine sehr frustrationsbehaftete Tätigkeit, weil die Kerle bei falschem Timing sehr schnell wieder im Gebüsch verschwinden.
Das zweite, was ich mir zu der Beziehung Wolf - Hubschrauber gemerkt habe, war die Vergrämungsaktion beim Phantom Hill Pack im Rahmen des Wood River Projekts. Wegen hohem Schnee und Wildfütterung waren die Wapitis (Elks) in die Nähe der Ortschaften gerückt und das Wolfsrudel im Gefolge auch. Die zehn Schwarzen konnte man auch tagsüber ohne großen Aufwand beobachten. Nach einer ersten Vergrämungsaktion vom Hubschrauber aus mit Knallkörpern und der darauf folgenden Rückkehr der Wölfe, wurde der Hubschrauber als Mittel der Wahl ausgeschlossen. Die Problemstellung, die Wölfe von den Siedlungen fernzuhalten,
war so nicht zu gewährleisten weil die Verbindung der unangenehmen Erlebnisse mit den sich auf der Erde bewegenden Zweibeinern nicht gegeben war.
So, wie du jetzt die vergebliche Jagd auf die Heli-erfahrene Wölfin beschreibst, hatten sie dann ungewusst noch einen weiteren Grund dem Piloten eine Pause zu gönnen. Wenn die Wölfe Helikopter einmal als Ungeziefer erkannt haben, wird die Option der Luftüberwachung einigermaßen eingeschränkt.
Kann man sich ja mal im Kopf behalten. ;-)
jurawolf
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von jurawolf »

kurzer update:

die wölfin hat auch den heutigen tag überlebt. allerdings hat sie in der nacht erneut ein rentier gerissen und teile davon verspeist. sie ist also noch im gebiet anwesend, tagsüber in den unzügänglichen regionen, aber noch immer im jagdperimeter. die rentiere sind ihr fluch und segen zugleich: weil sie sich von ihnen ernährt muss sie sterben, aber wegen deren zahlreichen spuren werden ihre eigenen stark verwischt, so dass sie kaum ausgefährtet werden kann.
balin
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von balin »

Kleine gemeine Frage... der Rüde ist tot und die Saisondaten sind überall unterschiedlich. Kann Madame, wenn sie davonkommt, dieses Jahr noch Kleine bekommen? In diesem Klima müßten sie im Mai schon aus der Höhle kommen, damit sie den nächsten Winter überleben. Ist meine Überlegung. 65 Tage und...und
Säugen, ein paar Rentiere umlegen und dann weitersehen. Die Wölfin, die sie neulich am Yellowstone erschossen haben hat das so gemacht.
Alleinerziehend geht manchmal, wie man an solchen Fällen sieht. Ich glaube, man bekommt da schon beim Zusehen ein Gefühl für Tapferkeit.
Rein persönlich hat sie meine guten Wünsche! ;-)
jurawolf
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Re: Schweden: Wolfspaar im Rentiergebiet darf bleiben

Beitrag von jurawolf »

beim ausfährten letzte woche hatte sich gezeigt, dass die wölfin bereits läufig war (blut im urin). ob bereits eine verpaarung erfolgte... - keine ahnung? hängt wohl auch davon ob, ob sie erst am beginn ihrer läufigkeit ist oder schon weiter. die hundezüchter unter uns können sicher besser sagen, wann die aufnahme und befruchtung am besten erfolgen kann.

dass die wölfin jungtiere schlimmestenfalls alleine grossziehen könnte, glaub ich auch. vielleicht wird dann einfach die jungtiersterblichkeit grösser sein. andere prädatoren mit ähnlichem nahrungsspektrum schaffen es schliesslich auch, alleine jungtiere durchzubringen, wenn auch mit kleineren würfen. konkret meine ich etwa den luchs, der in diesen schwedischen lebensräumen auch vorkommt und sich ähnlich ernährt (wohl etwas mehr kleinsäuger).

die jagd mit dem hubschrauber wurde übrigens zwischenzeitlich wieder eingestellt, weil man die wölfin nicht stärker stressen will als nötig. im moment konzentriert man sich darauf, am boden nach frischen spuren zu suchen, das tier genau zu lokalisieren und erst dann soll für den abschuss der hubschrauber wieder zum einsatz kommen. allem anschein nach hält sie sich noch immer im gleichen gebiet auf und hat es nicht verlassen.
Zuletzt geändert von jurawolf am 16. Jan 2013, 13:00, insgesamt 1-mal geändert.
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