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Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 1. Feb 2011, 23:03
von jurawolf
Jasper hat geschrieben:Spricht doch dafür, dass "Rolf" von dem anderen Rüden vertrieben wurde.
sehe ich auch so. die vermutung hatte ich ja schon zuvor geäussert, denn es wäre doch sehr speziell, wenn der leitrüde so weit ausserhalb des territoriums unterwegs wäre.
Jasper hat geschrieben:Ist das eigentlich ungewöhnlich, dass ein Rüde einen anderen Rüden aus seinem Revier vertreibt und die Fähe u. Welpen für sich "erobert" ??
Bei Löwen ist es ja so, dass das neue männliche Tier den Nachwuchs tötet damit die Löwin möglichst schnell wieder empfängnissbereit ist.
quantifizieren kann ich es nicht, aber es kommt schon hin und wieder vor, dass rüden von anderen vertrieben werden. zwar sind auch wolfsbeziehunen emotional und eine fähe nimmt sicher nicht jeden beliebigen rüden. aber es wurde oft genug beobachtet, dass rüden einander vertreiben und die fähe dann doch auch einen neuen partner akzeptiert.
der vergleich mit den löwen, welcher hier auch schon früher gebracht wurde, hinkt übrigens sehr stark: löwinnen sind das ganze jahr über fortpflanzungsfähig und können sofort rollig werden, wenn kein zu säugender nachwuchs mehr vorhanden ist. damit wird sich das männchen bald paaren können, wenn es den nachwuchs tötet. wölfe haben hingegen feste paarungszeiten im winter und es bringt einem rüden absolut nichts, fremden nachwuchs zu töten, weil er sich deswegen nicht schneller fortpflanzen kann.
Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 1. Feb 2011, 23:10
von SammysHP
Es gab in der Mail übrigens auch eine Fotofallenaufnahme des neuen Rüden.
Kontaktbüro hat geschrieben:Vermutlich hält sich „der Neue“ bereits seit Anfang Januar im Revier der Milkeler Wölfe auf. Aktuell erkundet er das Gebiet zusammen mit einem weiblichen Wolf, beide hinterließen in regelmäßigen Abständen die charakteristischen Urinmarkierungen territorialer (sesshafter) Wölfe.
Es ist nahe liegend, dass der Konkurrent den kleineren, schwächeren „Rolf“ verdrängt hat. Am 11.01.11 wurde „Rolf“ das letzte Mal in seinem Revier per Fotofalle bestätigt, fünf Tage später wurde er ca. 30 km außerhalb des Kerngebietes von einem Auto überfahren.
Es wird also nicht explizit gesagt, dass es die gleiche Wölfin ist. Aber es klingt so, als wenn die ganze Sache ziemlich schnell ging.
Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 2. Feb 2011, 02:29
von balin
Wegen dem Vertreiben....
ich denke mal, je größer die Rudel sind, umso stabiler sind die Beziehungen. Die Wölfe kommen sich ja gegenseitig zu Hilfe.
Ein fremder Rüde hat eigentlich nur in Ausnahmefällen eine Chance. Wie das mit dem eigenen Nachwuchs ist weiss ich nicht.
Die kennen sich aber so genau, daß der Alte den jungen rechtzeitig vertreibt, ehe er ihm über den Kopf wächst. Und wenn das mit der Inzuchtschranke stimmt, hätte die Mutter ja auch kein Interesse daran.
Bei sowas muß ich immer an die Untersuchungen von Eric Zimen denken, wo er die Reaktionen der Wölfe auf sich nähernde Artgenossen untersucht. Zwei Einzelwölfe haben es relativ leicht sich zu vertragen, je unterschiedlicher aber die Anzahl der Parteien ist umso kritischer ist die Situation. Ich habe für mich daraus geschlossen, daß ein Rudel eine ziemlich geschlossene Gesellschaft ist. Das kann ich ja bei meinen Hunden auch beobachten. Da hilft nur laufen für fremde Hunde oder was dazwischenbringen - jedenfalls im Revier.
Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 2. Feb 2011, 12:53
von SammysHP
Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 4. Feb 2011, 09:41
von Miscanthus
Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 4. Feb 2011, 13:36
von Grauer Wolf
balin hat geschrieben:Ich habe für mich daraus geschlossen, daß ein Rudel eine ziemlich geschlossene Gesellschaft ist. Das kann ich ja bei meinen Hunden auch beobachten. Da hilft nur laufen für fremde Hunde oder was dazwischenbringen - jedenfalls im Revier.
Kann ich von meinem Rudel bestätigen! Die sind sich selbst genug. Sogar unser Rüde hatte sich kaum jemals für fremde, läufige Hündinnen interessiert, weil er eine feste Gefährtin hatte. Daß diese seine Schwester war, eine Paarung von uns also nicht geduldet wurde, tat dem keinen Abbruch: Er war trotzdem treu. Umgekehrt galt das übrigens auch: Das Interesse von unseren Hündinnen an fremden Rüden war und ist immer sehr gering...
Zusammen mit dem, was ich über die Feldforschung an Wölfen gelesen habe, schließt sich für mich "ein Rüde vertreibt den anderen" eigentlich aus. Emotionale Bande bei Caniden sind sehr intensiv und fest. Imho muß da was anderes passiert sein, aber es wird vielleicht nie herauskommen, was genau geschah...
Die Stabilität von großen Familienvervänden sehe ich ein wenig anders. Es wird eher eine optimale Größe geben. Wird die Gemeinschaft zu groß, bilden sich Interessengruppen, die irgendwann zur Spaltung des Verbandes führen. Genau dieses Verhalten konnte ich bei unseren 11 Welpen beobachten, die letztlich eine 5er und eine 6er Gruppe bildeten, die unter sich häufiger interagierten als mit den anderen. Sicher ist das kein wissenschaftlich haltbarer beweis, aber zumindest ein Indiz in dieser Richtung...
Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 4. Feb 2011, 18:13
von grauer-geselle
ja, die meldung vom kontaktbüro klingt ein wenig verwirrend. "mit einem weiblichen wolf ... " . hat sich vielleicht ein neues paar ins revier gedrängt ? war "rolf auf der suche nach einem neuen territorium für sein rudel ? ist das ganze rudel soweit verdrängt worden und "rolf" dabei ums leben gekommen ? sicher wird es irgendwann genaueres geben.
Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 4. Feb 2011, 22:37
von nuno22
@Balin, Familien sind immer "geschlossene" Gesellschaften. Wolfsrudel sind insbesondere in Deutschland reine Familien bestehend aus Vater und Mutter, 1-2 Jährlinge und die aktuellen Welpen oder eben ohne Jährlinge, wie z.B. das Altengrabow-Rudel dieses Jahr gut gezeigt hat, wo die 5 Welpen aus 2009 in 2010 nicht mehr aufgetaucht sind. (Wobei ist eigentlich mal die Frage aufgeworfen worden, ob die 9 festgestellten Welpen aus 2010 nicht auch die 5 (oder ein paar) aus 2009 beinhalten? Ich meine mich daran erinnern zu können, dass erst nur 3 Welpen oder so festgestellt worden waren).
Ich gehe mal davon aus, Balin, dass es nur eine ungünstige Formulierung von dir war, dass ich deine Aussage falsch verstanden habe.
Rolf und Karl hatten in 2009 schon vorher Zwist. Ich weiß jetzt aber nicht mehr, wer der jüngere von Beiden war. Eigentlich habe ich es so in Erinnerung, dass Rolf Karl abgelöst hat. Karl hat dann eine neue Gefährtin gefunden. Aber einer von euch wird sich sicher noch richtig daran erinnern können. Aber das zeigt, dass Rolf schon immer irgendwie "instabil" war. Denn es ist nur die Ausnahme, wenn mal eine Ablösung statt findet und sicher nicht die Regel.
edit:
Hab es gefunden, es blieb wohl bei der "Klopperei" und Karl ist dann von dannen gezogen:
http://www.wolfsregion-lausitz.de/besen ... ertewoelfe
Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 5. Feb 2011, 02:25
von balin
@nuno
so wie du es herausgefunden hast, muß man wohl annehmen, daß da ein Wolfspaar ein anderes verdrängt hat. Jasper hatte aber die Frage gestellt, ob ein Rüde einen anderen im Rudel verdrängen kann. Auf direktem Wege halte ich daß für fast ausgeschlossen. Rudel können zerfallen und sich dann irgendwie wieder zusammenfinden. Die Situation, wo sich ein Wolf vor dem Rudel aufbaut
und sagt „Jetzt bin ich der Chef“ und der Aufforderung an den anderen zu gehen, würde nach meiner Kenntnis mit einem zerrupften Wolf enden.
Bei M21 hat die Übernahme der Druids ja nur geklappt, weil kein Leitrüde mehr vorhanden war. Und die haben noch sechs Stunden überlegt, ob sie ihn nicht doch umlegen sollen.
Als Einzelwolf macht man um Gruppen von Artgenossen einen Bogen. Bei Wolfquest bekommt man erklärt, daß man als Einzelwolf die Funktion für das dominante Pinkeln, sprich Markieren nicht braucht bzw sie überhaupt nicht vorhanden ist, weil sie das reine Todesurteil bedeuten würde.
Und daß der Zusammenhalt eines Rudels in allen Lebenslagen funktioniert, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Wenn ich ich oder mein uralter Leitrüde bei den Rindern in Not bin/ist, dann gibt’s Hilfe von den anderen. Ohne Leibgarde nach Wolfsart wäre der Job ja überhaupt nicht denkbar.
Re: Wölfe in der Lausitz
Verfasst: 9. Feb 2011, 19:42
von Lutra
Liebe Wolfsfreunde!
Ich bin gerade auf den Statusbericht "Wölfe in der Lausitz" 2009/2010 gestoßen, sicher für einige nichts Neues. Ich glaube aber, wir haben den hier noch nicht besprochen. Viele Karten, Fotos, Angaben zu den einzelnen Rudeln.
http://www.lcie.org/Docs/Regions/German ... 092010.pdf