so, bin nun nach ein paar tagen wieder mal online. und wie ich sehe, sind meine in der tat erwarteten reaktionen eingetreten. ich habe meinen beitrag bewusst provokant verfasst, bin jedoch grundsätzlich in der tat der meinung, die ich darin kundgetan habe, selbst wenn ich es etwas überspitzt habe
selbstverständlich habt ihr in meinen augen auch nicht nur unrecht. ein paar aussagen möchte ich aber dennoch raus picken.
Vash hat geschrieben:Wie CleanerWolf schon richtig schrieb gehören Wölfe in unserem Kulturkreis einfach nicht zu den essbaren Tieren. Unsinnig oder nicht, hat es etwas mit der allgemeinen Moralvorstellung zu tun, dass man Hunde, Katzen, Affen etc. eben nicht isst. Wer es doch tut muss mit entsprechender Kritik rechnen.
das würde ich so nicht uneingeschränkt unterschreiben. es ist zwar in der tat so, dass das essen von hunden und katzen bei uns heute sozial geächtet ist. doch ist diese ächtung zumindest teilweise neu und nicht unbedingt traditioneller bestandteil unserer kultur. in manchen ländlichen regionen - ich beziehe mich hier primär auf die schweiz, meine aber zu wissen, dass es in deutschland und österreich nicht völlig anders war - war das verspeisen von hunden bis weit ins 20. jahrhundert akzeptiert.
und man darf nicht vergessen oder verschweigen, dass hunde und katzen auch heute noch bei uns gegessen werden. ich kenne mehrere personen, die gelegentlich hund essen. auch leute, die schon katzen gegessen haben, habe ich in meinem umfeld. ebenso werden vereinzelt füchse und gar recht häufig dachse gegessen (letzteren habe ich auch schon gegessen). betonen muss ich dabei, dass diese bekannten allesamt keinen migrationshintergrund haben, also nicht ausgewanderte asiaten oder so sind.
dies schliesst auch gleich an die aussage von wolf an:
Grauer Wolf hat geschrieben:Es ist schlicht pervers, eine Verquerung der natürlichen Gegebenheiten. Ein Wolf ist ein Beutegreifer, ein Rind Jagdbeute und das seit Millionen von Jahren!
das muss ich nicht nur relativieren, sondern widersprechen.
schauen wir uns an, welche tier wir gewöhnlich essen (vegetarier natürlich ausgenommen):
- bei den fischen essen wir fast nur carnivoren (80% oder mehr tierische nahrung), meist sogar ausgesprochene piscivoren (80% oder mehr fischnahrung), also räuber.
- bei den vögeln essen wir mit haushühnern ausgesprochene omnivoren (allesfresser), die einen guten teil ihrer nahrung mit tierischen bestandteilen decken.
- bei den säugern essen wir in der tat meist pflanzenfresser. man darf aber nicht vergessen, dass gerade das schwein ebenfalls ein omnivore ist und in seiner wildform mitunter ein grosser jäger (rehkitze, gelege von bodenbrütern, würmer und larven, viel aas, etc.).
dass wir keine räuber, sondern nur die pflanzenfressenden beutetiere essen, trifft daher nicht zu.
Grauer Wolf hat geschrieben:Mir dreht sich schon bei der Vorstellung der Magen um, denn nach wie vor ist der Wolf etwas Besonderes unter den Raubtieren. Er strahlt eine Faszination aus, die weder Bär noch Luchs, weder Tiger noch Löwe erreichen. Das hängt m.E. mit der langen gemeinsamen Geschichte zusammen, die Homo spec. und Wolf teilen und aus der letztlich der Hund und der moderne Mensch entstanden. Wir verdanken dem Wolf, was wir heute sind, und dazu gibt es auch wissenschaftliche Arbeiten, die ich hier schon zitiert habe. Ihn oder gar einen Hund zu essen, grenzt für mich schon an Kanibalismus...
genau gegen solche aussagen kämpfe ich mit aller vehemenz an, weil das dem wolf eher schadet als nützt.
der wolf ist ein wildtier wie jedes andere und soll auch entsprechend behandelt werden. der wolf hat das selbe recht bei uns zu leben, wie das etwa reh und rothirsch haben. wildtiere sollen alle für sie geeignete lebensräume besiedeln dürfen. und welche lebensräume geeignet sind, können wildtiere selbst am besten beurteilen, diese entscheidung müssen wir ihnen nicht abnehmen. dafür setze ich mich dezidiert ein und soweit sind wir uns wohl auch einig.
den wolf aber faktisch als halbgott zu betrachten, ihn von den anderen tieren abzuheben und ihm eine absolute moralische sonderstellung einzuräumen, grenzt jedoch an esoterik. genau deswegen sehen manche leute uns wolfsfreunde als welt- und realitätsfremde spinner an, die effektiv den bezug zur realen natur, die mitunter auch grausam sein kann, verloren haben. die hauptkritik, die ich von oft gar nicht so wolfsgegnerischen jägern und landwirten zu hören bekommen, ist tatsächlich die, dass unsere seite den wolf zu einem wesen hochstilisiert und wir uns damit lächerlich machen. viele wären bereit, wirklich mit dem wolf zusammenzuleben, selbst wenn sie ihn nicht jubelnd begrüssen. aber die teilweise vorkommende verklärung des wolfes unter wolfsfreunden wird wirklich als grosses hinderniss wahrgenommen bei der findung einer gesellschaftlich tragbaren lösung für den wolf.
diese mystifzierung des wolfes ist daher ein schuss ins eigene bein.
timber-der-wolf hat geschrieben:... dann bin ich ehrlich gesagt doch etwas erschüttert.
Die zunehmende Verdummung, ich will nicht unbedingt behaupten gezielt forcierte Verblödung sagen, eines überwiegenden Teils der Menschheit beweist nämlich im praktischen Leben genau das Gegenteil.
Grauer Wolf hat geschrieben:Die Mehrheit der Menschen weiß es eben nicht. Was glaubst Du, wie viele Menschen Fernsehen und Kino für bare Münze nehmen...!? Oder deutsch und deutlich ausgedrückt: Bezogen auf die Vorgänge in der Natur sind Otto und Ottilie Normalverbraucher dumm wie Brot und glauben fast alles, was man ihnen weismacht. Dieser Schund ist Wasser auf die Mühlen der Wolfshasser, die garantiert damit kommen "Wir haben es doch schon immer gesagt!"
Wie gesagt, der dämliche Horro-Streifen "Der weiße Hai" hat den großen Weißen an den Rand der Ausrottung gebracht und zu einer Hysterie ohnegleichen geführt...
hier gebe ich euch im prinzip recht. dieser teil meines postings war derjenige, wo ich gezweifelt habe, ob ich es schreiben soll, weil es eben gar nicht unbedingt meiner meinung entspricht. denn ich bin mir bewusst, dass es sehr wohl viele menschen gibt, die leichtgläubig sind und bei filmen nicht zwischen fakt und fiktion unterscheiden können. was die der-weisse-hai-filme ausgelöst haben, bin ich mir natürlich bewusst.
auf der anderen seite habe ich aber auch immer wieder "rivalen am abgrund" im kopf, der hier im forum auch schon thema war (zur info: im film gehts um einen hungrigen grizzly, der in der wildnis alaskas menschen jagt). zwar sehen einige diesen film auch kritisch. aber weder hat dieser film wirklich eine hysterie wegen bärenangriffen ausgelöst, noch wirklich dem image des bären geschadet. viele bekannte von mir haben den film gesehen - auch solche ohne spezieller beziehung zur natur oder gar zu grossraubtieren -, aber keiner wurde deswegen irgendwie plötzlich bärengegner oder schimpfte über die tiere. soweit es mir scheint, ist diesen leuten eigentlich bewusst, dass es ein film ist.
worauf ich mit meiner aussage eher raus wollte ist, dass man mit solchen filmen leben muss. ein verbot ist hoffentlich kein ernsthaftes thema, wir sollten nicht in eine zeit zurückfallen, wo zwischen richtiger und falscher kultur unterschieden wird. ein hinweis im film selbst wäre vielleicht ein thema, aber dann müsste man bitte konsequenterweise bei allen filmen darauf aufmerksam machen müssen, was einen anspruch auf realität erhebt und was nicht. und wolfsinfos in kinos auflegen? ist ja schön und gut. aber wer macht und bezahlt das flächendeckend?
ich habe zudem noch nie gehört, dass die filmemacher von the grey sagen, ihre geschichte sei realistisch. wahrscheinlich haben sie völlig bewusst eine frei erfundene story verfilmt und schlicht nicht damit gerechnet, dass nun einige wolfsfreunde kommen und meinen, man wolle die geschichte als real verkaufen.
kurz: zum glück gibt es die freiheit der kunst, alles andere wäre faschismus! aber kunst darf halt auch provozieren! eine normale gesellschaft kann dies aushalten und sollte deswegen nicht in aktionismus verfallen und v.a. auch nicht nur weils mal den wolf betrifft gleich überreagieren.
und zu den zombies: es gibt kulturen, für die sind zombies real (siehe haiti). was zombiefilme bei denen auslösen, weiss ich nicht. aber freude haben sie daran vielleicht auch nicht.
Vash hat geschrieben:In diesem Fall darf man dann jedoch auch nicht den Mund aufmachen und z.B. das Essen von Menschen kritisieren. Auch das ist ausschließlich ein moralischer Standpunkt. Würdest du dich also auch hinstellen und - mal provokant gefragt - in einer Diskussion um den Kannibalen von Rotenburg die Frage stellen, was so schlimm daran sei einen Menschen zu essen? Es sei denn natürlich du lebst den Speziesismus und alle Lebewesen sind für dich grundsätzlich gleich nutzbar, solange sie nur dem unantastbaren Menschen dienlich sind.
ist zwar etwas offtopic, ich äussere mich aber trotzdem auch dazu.
ich würde mich nicht nur hinstellen, sondern tue das sogar. bereits vor 10 jahren, also der fall aktuell war, habe ich mich in meinem umfeld dahingehend geäussert, dass ich verurteilung des kannibalen armin meiwes nicht richtig finde. sofern dieser fall von kannibalismus auf gegenseitigen wunsch geschehen ist (was meines wissens so war; falls es anders ist, wäre ich auch anderer meinung), hätte ich dezidiert auf einen freispruch plädiert. ich bin der meinung, dass alles was auf totaler freiwilligkeit basiert und wo keine unbeteiligten zu schaden kommen, den staat und die justiz nichts angeht - selbst wenn es gesellschaftlich geächtete dinge sind. falls armin meiwes insofern eine gefahr für unbeteiligte wäre, als dass er auch menschen essen würde, die dies nicht wünschen, ist natürlich eine verwahrung nötig. aber eben keine strafe für den kannibalismus an sich, sofern das opfer wirklich gegessen werden wollte.
ich stelle die frage tatsächlich:
wo liegt das problem darin, wenn einer ohne druck von aussen gegessen werden will und ein anderer ihn in gegenseitigem einverständnis völlig freiwillig aufisst?
sorry für das lange posting, aber wenn man ein paar tage nicht mehr online ist von von verschiedenen angesprochen wird, ists halt nötig.