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Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 2. Jul 2016, 12:00
von Nina
SammysHP hat geschrieben:Um weiteren Raum für Gerüchte zu schaffen: Die anderen beiden neuen Rudel wurden auch noch nicht öffentlich bekannt gegeben. Bei dem einen soll es ein Fotofallenbild von letzter Woche geben, von dem anderen nur eine Sichtung.
Was willst du denn nun eigentlich damit erreichen, die Gerüchteküche anzuheizen und den Brandbeschleuniger zu spielen? Auf Kosten der Wölfe und mit fraglichem Nutzen für die Öffentlichkeit?

Soll jetzt etwa schon auf einen C3-Nachweis - unbestätigte Sichtung - offiziell ein Wolfsrudel ausgerufen werden? Seltsame Vorstellung von einem seriösen Wolfsmanagement. Oder geht es gar nicht darum?

Für die Berechtigung meiner Befürchtungen scheinen sich weitere Hinweise zu ergeben, nachdem Jäger und Wolfsberater Klaus Bullerjahn aktuell auf der Facebook-Seite von Wölfe-Fakten gepostet hat: - Zitat - : "Dort, wo es an Transparenz und Information fehlt, ist ein Wolfsmanagement längst gescheitert." ¹

Muss eigentlich auf jede Aktion von NLWKN, Wolfsbüro oder Umweltministerium ein derartiges Tauziehen erfolgen?

Die Wähler in Niedersachsen haben eine grüne Politik gewählt, die hinsichtlich des Wolfsmanagements auf das Konzept der in Deutschland wolfserfahrensten Expertise setzt - dem bundesweiten Beratungszentrum zum Wolf, DBBW, mit LUPUS, Senckenberg-Museum, Senckenberg Forschungsinsitut für Wildtiergenetik und Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung. Das ist ein solides Fundament, dass sich fortlaufend optimieren lässt.

Wenn man sich mal die Informationen auf der Website des Kontaktbüros "Wolfsregion Lausitz" anschaut, werden dort auch nicht täglich wahllos Sichtungsmeldungen, schon gar nicht auf Basis von C3-Nachweisen, eingestellt.

Der Informationsgehalt des Wolfsportals des NLWKN braucht den Vergleich mit der Seite des Lausitzer Kontaktbüros mittlerweile nicht mehr zu scheuen. Man darf also auch durchaus mal fragen, warum die Sachsen die zur Verfügung gestellten Informationen weitestgehend geräuschlos aufnehmen, während in Niedersachsen jede erfolgte vergleichbare Meldung sogleich destruktive Kritik und neues Kompetenzgerangel auslöst. Wie soll ein Wolfsmanagement reibungslos laufen, wenn auf jede Meldung neue Störfeuer gezündet werden?

Wie Ulrich Wotschikowsky berichtet, stammten von den 2.181 in Sachsen erhobenen Datensätzen zu Wolfsnachweisen ingesamt gerade einmal 15 aus Kreisen der Jägerschaft.² Könnte das vielleicht einer der Gründe für die geräuscharme Kulisse in Sachsen sein?

¹ https://www.facebook.com/WOELFE.Fakten/
² http://woelfeindeutschland.de/sieben-pr ... nach-oben/

Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 2. Jul 2016, 13:36
von SammysHP
Nina hat geschrieben:Was willst du denn nun eigentlich damit erreichen, die Gerüchteküche anzuheizen und den Brandbeschleuniger zu spielen? Auf Kosten der Wölfe und mit fraglichem Nutzen für die Öffentlichkeit?

Soll jetzt etwa schon auf einen C3-Nachweis - unbestätigte Sichtung - offiziell ein Wolfsrudel ausgerufen werden? Seltsame Vorstellung von einem seriösen Wolfsmanagement. Oder geht es gar nicht darum?
Ich habe selbstverständlich keine Informationen über irgendwelche neuen Rudel. Solange Informationen verheimlicht werden und über Dritte veröffentlicht werden, solange schwindet das Vertrauen in zuständige Stellen. Würden sie immer offen arbeiten, Meldungen schnell und vollständig rausgeben, zuvorkommend handeln, dann hätten die Leute ein hohes Vertrauen in sie und würden meinen Gerüchten nicht viel Glauben schenken.
Nina hat geschrieben:Soll jetzt etwa schon auf einen C3-Nachweis - unbestätigte Sichtung - offiziell ein Wolfsrudel ausgerufen werden? Seltsame Vorstellung von einem seriösen Wolfsmanagement. Oder geht es gar nicht darum?
Tja, wie soll man von offizieller Seite mit solchen Hinweisen umgehen? Viele Hinweise können natürlich nicht ernst genommen werden und noch mehr haben aus wissenschaftlicher Sicht wenig Relevanz. Es passiert aber regelmäßig, dass solche Gerüchte gestreut werden. Wenn dann später festgestellt wird, dass an diesen Gerüchten etwas Wahres ist, erweckt es gleich den Eindruck, man wolle etwas verheimlichen. Keine leichte Situation und ich muss zugeben, dass ich auch keine perfekte Lösung kenne.
Nina hat geschrieben:Zitat - : "Dort, wo es an Transparenz und Information fehlt, ist ein Wolfsmanagement längst gescheitert." ¹

Muss eigentlich auf jede Aktion von NLWKN, Wolfsbüro oder Umweltministerium ein derartiges Tauziehen erfolgen?
Genau das sollte eigentlich vermieden werden. NLWKN, Wolfsbüro und Umweltministerium müssen zusammenhalten und geschlossen und einstimmig agieren (was sie leider oftmals nicht tun) und zum anderen muss auch die Öffentlichkeit Vertrauen in sie haben (habe ich leider nicht mehr). Vielleicht fehlt es an einem guten PR-Berater, denn Öffentlichkeitsarbeit war und ist die schwierigste Sache am Wolfsmanagement. Gerne würde ich voll hinter diesen Leuten stehen – das kann ich aber nicht, solange Informationen nur bröckenweise und mit großer Verspätung herauskommen.
Beispiel DNA-Untersuchung: Es mag gute Gründe geben, warum bei vielen Fällen nach einem halben Jahr immer noch "in Bearbeitung" steht. Die Leute regen sich auf, dass nichts passiert, sie verlieren das Vertrauen in die Arbeit. Dann kommen solche Pannen, in denen die Schuld auf das Labor geschoben wird, welches sich prompt meldet und dies zurückweist. Selbst wenn man sagt "Sorry, wir kommen da nicht hinterher" oder "es fehlen von diesen und jenen Fällen noch Unterlagen" macht das einen besseren Eindruck, als zu schweigen.
Nina hat geschrieben:Wenn man sich mal die Informationen auf der Website des Kontaktbüros "Wolfsregion Lausitz" anschaut, werden dort auch nicht täglich wahllos Sichtungsmeldungen, schon gar nicht auf Basis von C3-Nachweisen, eingestellt.
Völlig richtig. Deshalb meine Frage, wie man mit Meldungen in Zeitungen und Gerüchten umgehen soll. Egal in welcher Region ich frage, überall gibt es jemanden, der vor seiner Haustür schon einen Wolf gesehen haben will. Man kann sich das Vertrauen aber mit den Fällen erarbeiten, bei denen man etwas veröffentlicht (und je häufiger, desto besser).

Im Wolfsportal des Umweltministeriums gibt ganz oben zwei Meldungen:
1. Juli 2016 Neues Wolfsrudel in Niedersachsen nachgewiesen
29. Juni 2016 Freilassung eines Wolfswelpen
Bei der ersten Meldung hatte man gedacht, damit sei alles gesagt. Dem war nicht so, jetzt kamen die Informationen aus anderen Quellen. Also reicht man zwei Tage später schnell einen Artikel nach. Das hätte man natürlich auch bereits bei der ersten Meldung sagen können anstatt so zu tun, als würde man das nicht sagen dürfen/wollen.
Nina hat geschrieben:Der Informationsgehalt des Wolfsportals des NLWKN braucht den Vergleich mit der Seite des Lausitzer Kontaktbüros mittlerweile nicht mehr zu scheuen. Man darf also auch durchaus mal fragen, warum die Sachsen die zur Verfügung gestellten Informationen weitestgehend geräuschlos aufnehmen, während in Niedersachsen jede erfolgte vergleichbare Meldung sogleich destruktive Kritik und neues Kompetenzgerangel auslöst. Wie soll ein Wolfsmanagement reibungslos laufen, wenn auf jede Meldung neue Störfeuer gezündet werden?
Ich sehe da schon noch gewisse Unterschiede. Niedersachsen:
http://www.der-wolf-in-niedersachsen.de/
http://www.nlwkn.niedersachsen.de/start ... 34954.html
http://www.wildtiermanagement.com/wildt ... wild/wolf/

Sachsen:
http://wolfsregion-lausitz.de/

Zum einen fällt auf, dass in Sachsen viel mehr Informationen auf einer Seite gebündelt sind. Egal wie es im Hintergrund aussieht, nach außen gibt es eine zentrale Stelle. In Niedersachsen hat sich das bereits etwas gebessert, ist aber noch lange nicht so weit. Insgesamt fehlt etwas die Transparenz. Es wird eine öffentliche Liste von Rissen geführt, auf der viele Fälle dann kommentarlos für viele Monate auf "in Bearbeitung" stehen und nichts passiert. Es wird eine Liste von Todfunden geführt, deren Einträge nachträglich das Geschlecht ändern, obwohl das Tier auf den Fotos in einem gut erkennbaren Zustand war. Es wird eine Mitteilung herausgegeben, dass keine weiteren Informationen veröffentlicht werden, kurz darauf werden sie dann doch veröffentlicht. All das könnte man vermeiden und dadurch Vertrauen gewinnen.

Mit meiner öffentlichen Kritik gieße ich sicher etwas Öl ins Feuer. Ich sehe das dennoch nicht als destruktive, sondern als konstruktive Kritik. Wir könnten das natürlich so hinnehmen. Ich könnte auch das Forum schließen (der Wolf ist da, wozu noch weiter über ihn diskutieren?). Was passiert, wenn man Missstände im "eigenen Lager" nicht anspricht und einfach ignoriert, sieht man an der Jägerschaft: Der vernünftige Teil der Jäger muss unter den herausstechenden Extremen leiden, wodurch die Jägerschaft insgesamt ein schlechtes Image erhält.

Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 3. Jul 2016, 11:43
von Nina
SammysHP hat geschrieben:Solange Informationen verheimlicht werden und über Dritte veröffentlicht werden, solange schwindet das Vertrauen in zuständige Stellen. Würden sie immer offen arbeiten, Meldungen schnell und vollständig rausgeben, zuvorkommend handeln, dann hätten die Leute ein hohes Vertrauen in sie und würden meinen Gerüchten nicht viel Glauben schenken.
Interessant, dass du deine Kritik nur an NLWKN, dem Wolfsbüro und dem grünen Umweltministerium ausrichtest, die aus deiner Sicht "zusammenhalten und geschlossen und einstimmig agieren" sollten. Die Landesjägerschaft bezeichnest du dagegen als "Dritte" - dabei ist die ganz entscheidend per Kooperationsvertrag von 2011 in das Wolfsmanagement eingebunden, in dem sie das Monitoring betreibt, die meisten Wolfsberater stellt und diese auch schult. Die Hoheit über die Informationen "vor Ort" liegt also meist bei der Landesjägerschaft selbst, die damit auch entscheiden kann, wie "informiert" sie Wolfsbüro, NLWKN und Ministerium aussehen lassen will.

Ein deutliches Beispiel ist der Fall der "Gartower Knabberwölfe", welche am 25.12.15 angeblich einen Jogger verletzt haben sollen. Am 12.01.16 hat der Jäger und Wolfsberater Peter B. in einer Medienaktion in Zeitungen und Nachrichtensendungen die mangelnde Reaktion des Umweltministeriums öffentlich angeprangert. Erstaunlich schnell waren auch die Oppositionsparteien mit auf dem Zug, von denen bekannt ist, dass sie dem wolfspolitischen Kurs der Landesjägerschaft am nächsten stehen. Es wurde suggeriert, als hätten die Behörden seit dem 26.12.15 Kenntnis von dem Fall gehabt und schlicht nicht reagiert. Dann kam heraus, dass die Meldung in aller Ruhe vom 26.12.15 bis zum 06.01.16 bei der Landesjägerschaft selbst geschlummert hatte. Die Landesjägerschaft hat die Verantwortlichen also selbst erst mit fast 14 Tagen Verspätung informiert, weshalb die Tatsache, dass Wolfsberater Peter B. nicht einmal eine Woche später mit seinen Untätigkeitsvorwürfen die große Öffentlichkeit aufsucht, große Fragen aufwirft, zumal sein ausführliches Protokoll den Behörden zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht vorlag. Dabei waren die Behörden sofort tätig geworden und ließen am 08.01.16 eine Untersuchung des Vorfalls durch eine Kreisveterinärin vornehmen. Während Peter B. am 13.01.16 öffentlich die Verletzung des Joggers (von dem bekannt wurde, dass auch er Jäger sei) skizzierte und Abschussforderungen formulierte, hatte der "Verletzte" bereits am 08.01.16 der Kreisveterinärin gegenüber eingeräumt, dass seine Verletzung auch einem Ast geschuldet gewesen sein könne. Wenn man jetzt noch in Relation setzt, dass sich die Jägerschaft in der betreffenden Region einem deutlichen Interessenskonflikt in Bezug auf die durch den Wolf bedrohten, genetisch wertvollen Muffelwildbestände ausgesetzt sieht, wirkt das alles andere als vertrauensbildend.

http://www.umwelt.niedersachsen.de/download/103731
http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/ ... d-aus.html

Was hätte das Umweltministerium in diesem Fall anders machen können? Die Macht über das "Herrschaftswissen" lag in dem Fall wie in vielen anderen Fällen bei der Landesjägerschaft, und deren Praxis, wann sie welche Informationen an wen weiterleitet. Das bestimmt letzten Endes das Bild der davon abhängigen Behörden in der Öffentlichkeit. Ob bewusst eingesetzt oder versehentlich - man kann dieses Wissen zeitlich unverzüglich, verspätet oder gar nicht und inhaltlich wahrheitsgemäss, vollständig und verzerrt weiterleiten - und selbst entscheiden, an wen und zu welchem Zeitpunkt das geschehen soll.

Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 3. Jul 2016, 12:04
von gelöscht_1
Nina hat geschrieben:Ich verstehe Eure Aufregung nicht.

Habt Ihr schon völlig vergessen, wie geifernd manche Leute in der jüngsten Vergangenheit auf der Jagd nach Wolfsbildern und -videos waren, um diese sensationsheischend zu veröffentlichen?

Da stellen Umweltministerium und Wolfsbüro den Schutz des Welpen endlich ganz klar vor die Befriedigung der Neugierde der Menschen, und dann ist es Euch auch wieder nicht recht.

Manchmal überkommt mich das Gefühl, dass unter den Wolfsbefürwortern manche Leute wegen des Abschusses von Kurti regelrecht blind vor Wut und voller politischer Rachegelüste gegen das grüne Umweltministerium sind, dass sie gar nicht bemerken, dass sie mit dieser Stimmungsmache zwar vorbergehend und kurzfristig das eigene Ego besänftigen, am Ende die Wölfe in Niedersachsen aber direkt in die Arme von CDU und FDP treiben. Und was die mit den Wölfen vorhaben, haben sie ja oft genug artikuliert.
100% E X A K T ..............

Manchmal kann man nur den Kopf schütteln, über einige Wolfsbefürworter........ach, was soll der Geiz! Ich tu es wieder......Fanatiker!

Gruß Rudi

Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 3. Jul 2016, 12:23
von SammysHP
Die Jägerschaft ist eine zwiespältige Sache (du sprachst die Interessenkonflikte an, die ich aber nicht auf eine bestimmte Region beschränken würde). Zum einen – da hast du völlig Recht – sind sie sehr stark ins Monitoring eingebunden. Dort leisten sie größtenteils auch gute Arbeit. Soweit ich weiß gibt es zum anderen sowohl intern ein paar Kommunikationsschwierigkeiten (was soll man schon davon halten, wenn ganz offen zugegeben wird, dass manche Informationen innerhalb der Jägerschaft nicht weitergegeben werden) als auch Einschränkungen durch das Umweltministerium (Teil des "Kompetenzgerangels"). Solange NLWKN/Umweltministerium und Jägerschaft unabhängig Pressemitteilungen herausgeben, sehe ich da keine Einheit (obwohl es sie eigentlich geben sollte).
Nina hat geschrieben:Interessant, dass du deine Kritik nur an NLWKN, dem Wolfsbüro und dem grünen Umweltministerium ausrichtest, die aus deiner Sicht "zusammenhalten und geschlossen und einstimmig agieren" sollten. Die Landesjägerschaft bezeichnest du dagegen als "Dritte"
So habe ich das nicht gesagt. Das bezog sich ganz allgemein auf alle Beteiligten, inklusive der Landesjägerschaft. In diesem Fall kamen die Informationen ja erst von der BILD und kurz darauf von der Landesjägerschaft, welche damit gegen das "keine weiteren Informationen" des NLWKN verstoßen hat. Von außen betrachtet scheint es da Probleme bei der Abstimmung zwischen NLWKN und Jägerschaft zu geben.

In deinem Beispiel hätte das Umweltministerium nicht viel anders machen können. Mehr Vertrauen in das Umweltministerium hätte die Anschuldigungen aber leichter abfangen können.

Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 3. Jul 2016, 12:32
von Nina
SammysHP hat geschrieben:Dann kommen solche Pannen, in denen die Schuld auf das Labor geschoben wird, welches sich prompt meldet und dies zurückweist.
Das ist ein schönes Beispiel dafür, welch verzerrte Version am Ende in den Köpfen hängen bleibt, weil man die differenzierte Aufklärung des Vorfalls und die Darstellung der Betroffenen entweder nicht mitbekommen oder bereits wieder vergessen hat. Oder aber, wenn ein eigenes Interesse besteht, die ursprüngliche Version durch Wiederholung in den Köpfen zu erhalten.

Das Umweltministerium hat den Sachverhalt anlässlich einer Landtagsanfrage richtiggestellt:
Dr. Carsten Nowak bezog sich auf die Darstellung des NDR. Diesen Darstellungen war vermeintlich eine Kritik der Staatssekretärin an der Bearbeitungsgeschwindigkeit durch das Senckenberg Institut zu entnehmen. Diese war aber in dem Interview mit dem NDR von der Staatssekretärin weder geäußert noch beabsichtigt worden [...]. Dr. Nowak hatte seinen Kommentar bereits nach kurzer Zeit wieder zurückgezogen.

http://www.umwelt.niedersachsen.de/aktu ... 41124.html
Der verantwortliche Redakteur vom NDR bestimmt, welche "Wahrheit" der Leser erfährt. Weniger missverständlich sind Original-Zitate im Interview, während es bei der zusammengefassten Darstellung des Gesagten durch den Redakteur zu Fehlern und Missverständnissen kommen kann. Bereits im Kontext mit dem verschiedenen Hintergrundwissen von Redakteur und Interviewpartner kann dieselbe Aussage verschiedene Botschaften vermitteln, besonders, wenn sie tatsächlich etwas ungenau formuliert ist. Für die Staatssekretärin war klar, dass sich ihre Kritik nicht an das Senckenberg Institut richtet. Warum der Autor in seiner Darstellung trotzdem davon ausgegangen ist, wissen wir nicht. Unbeabsichtigte Missverständnisse sind ebenso denkbar wie Flüchtigkeitsfehler, vorgefasste Meinungen oder aber auch Kalkül hinsichtlich Quoten, eigene politische Präferenzen etc.

Die Frage ist auch hier: Was hätte das Umweltministerium anders machen können? Es gab offenbar ein Missverständnis, das im Nachhinein richtig gestellt worden war. Herr Nowak hat ja auch entsprechend reagiert und seine Reaktion auf die Kritik nicht wiederholt oder bekräftigt. Eigentlich hätte die Sache damit aus der Welt sein sollen.

Dass nun ausgerechnet der wohlinformierte Betreiber eines Wolf-Forums die alten Platten wiederauflegt, bereitet mir ein wenig Stirnrunzeln...

Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 3. Jul 2016, 13:34
von SammysHP
Es geht doch nicht darum, was ich "wiederauflege", sondern was die Leute von der ganzen Sache mitbekommen. Die normale Bevölkerung bekommt weitaus weniger mit als wir hier. Das Image aller beteiligter Stellen ist angeschlagen, ob nun selbst verschuldet oder durch andere (meiner Meinung nach beides). Ich schrieb:
Dann kommen solche Pannen, in denen die Schuld auf das Labor geschoben wird, welches sich prompt meldet und dies zurückweist.
Was Frau Kottwitz gemeint hat, ist unwichtig, solange es später falsch interpretiert wird. Der Bericht wurde inzwischen beim NDR leider gelöscht, aber wenn ich mich richtig erinnere, war die Formulierung schon etwas ungünstig. Was hätte das Umweltministerium also besser machen können? Statt zu sagen "die DNA-Auswertung ist zu langsam" besser sagen, wo es konkret klemmt. Noch besser: Diese Problemstellen beseitigen. Warum steht denn auf der Liste so oft "in Bearbeitung"? Für Außenstehende sieht es so aus, als ob die Leute da nur tatenlos rumsitzen (wobei ich zugeben muss, dass inzwischen etliche ältere Fälle aufgearbeitet wurden).

Übrigens hattest selbst du schon einige Male Kritik am Umweltministerium geübt, z.B. hier.

Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 3. Jul 2016, 15:08
von Nina
SammysHP hat geschrieben:Es wird eine Liste von Todfunden geführt, deren Einträge nachträglich das Geschlecht ändern, obwohl das Tier auf den Fotos in einem gut erkennbaren Zustand war.
Und wer genau führt diese Liste?
Diese Tabelle wird vom Wolfsmonitoring der Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. geführt. Die genetischen Ergebnisse stellt die zuständige Landesbehörde (NLWKN) zur Verfügung.

http://www.wildtiermanagement.com/wildt ... /totfunde/
Daraus lese ich, dass die Verantwortung für diese Liste der Landesjägerschaft obliegt, die diese u. a. mit genetischen Daten vom NLWKN speist.
SammysHP hat geschrieben:Beispiel DNA-Untersuchung: Es mag gute Gründe geben, warum bei vielen Fällen nach einem halben Jahr immer noch "in Bearbeitung" steht. Die Leute regen sich auf, dass nichts passiert, sie verlieren das Vertrauen in die Arbeit.
Das Umweltministerium hat die Gründe für die zum Teil sehr langfristige Bearbeitungsdauer in mehreren Pressemitteilungen, die im Wolfsportal jederzeit zugänglich sind, veröffentlicht. Dort wird auch selbstkritisch erklärt, dass man laufend an einer Optimierung arbeitet und die Gewährung von Billigkeitsleistungen zukünftig auf der Grundlage einer Rissbegutachtung durch Amtsveterinäre nach sächsichem Vorbild durchführen will.

Z.B.:
http://www.umwelt.niedersachsen.de/aktu ... 41117.html
http://www.umwelt.niedersachsen.de/aktu ... 41124.html
http://www.umwelt.niedersachsen.de/aktu ... 41125.html

Das Problem ist, dass sich offenbar niemand ernsthaft mit diesen differenzierten Informationen auseinandersetzt, nicht einmal die Medien. Die plakativen und z.T. stimmungsgeladenen ständigen Wiederholungen insbesondere der Wolfsgegner und des gegnerischen politischen Lagers, dass bei der Bearbeitung "angeblich nichts passiert", werden offenbar eher gehört und sind in unser schnelllebigen Gesellschaft ja auch leichter verdaulich als lange, differenzierte Begründungen für komplizierte Sachverhalte. Insofern hast du sicher Recht, dass die PR entscheidend ist (und man eigentlich einen Medienprofi einsetzen müsste, der den komplexen Vorgang einer DNA-Beprobung samt Analyseverfahren in einem plakativen 140-Zeichen-Tweet zusammenfassen kann...)

Aus meiner Sicht findet es auch zu wenig Anerkennung, dass das Ministerium dem Schutz der involvierten Menschen bei möglichen oder sogar unzweifelhaften Fake-Meldungen und -ereignissen weit vor den eigenen Interessen Priorität gewährt, um sie vor dem öffentlichen Mob zu schützen. Selbst bei äußerst schädlichen Fake-Meldungen für Wolf und Ministerium werden die Urheber diskret und mit Respekt behandelt. Die Opposition schlachtet aber selbst das aus und verkauft die Zurückhaltung an der Benennung von Ross und Reiter, als ob die Verantwortlichen etwas vertuschen wollten oder Betroffene nicht ernst nähmen. Ich sehe aber momentan keine andere Lösung als die vom Ministerium eingeschlagene, wenn man in der emotionsgeladenen Diskussion keine Eskalation riskieren möchte, die sich am Ende nicht mehr einfangen lässt und im worst case mit toten Wölfen und menschlichen Opfern endet.

Natürlich läuft aus meiner Sicht auch nicht alles rund beim Umweltministerium. Ich habe aber auch bei meinem Post im Februar bereits eine diffenzierte Betrachtung vorgenommen. Andererseits lernen auch wir mit den Ereignissen. So war ich über die Reaktionen mancher Wolfsbefürworter nach dem Abschuss von MT6 erschrocken und traurig zugleich, weil das Motto "Auge um Auge und Zahn um Zahn" mit den Methoden und Äußerungen, die wir zuvor nur von den Hardcore-Wolfsgegnern kannten, der ehemals recht geschlossenen Position der Wolfs- und Naturfreunde böse Kratzer verpasst hat. Insofern hatte das Umweltministerium mit seiner zurückhaltenden Informationspolitik im Fall Jäger in Boize, Gartower Knabberwölfe, Hundebiss in Wardböhmen etc etc etc vorausschauend gehandelt. Der Shitstorm nach dem Abschuss von MT6 bezog seinen Treibstoff und seine Zielrichtung ja nicht aus den Informationen des Umweltministeriums, sondern weil die Personen, die ihm begegnet sein wollen, die Öffentlichkeit unter Nennung ihrer vollen Namen aufgesucht haben. Das rechtfertigt natürlich in keinster Weise, diese Menschen zu bedrängen und zu bedrohen; und die darauffolgende Intensität und Emotionalität der Diskussion zeigt, wie wichtig es ist, bei der amtlichen Veröffentlichung von Wolfsvorkommnissen eine gewissenhafte Abwägung zwischen dem Bedürfnis der Bevölkerung nach detaillierten Informationen und dem Schutz der einzelnen Personen durchzuführen.

Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 3. Jul 2016, 15:44
von Nina
Die Frage ist: Wo also soll man ansetzen? Wölfe, ihre Befürworter und Gegner gibt es auch in anderen Bundesländern. Man muss sich doch fragen, warum sich die Wölfe in Niedersachsen vermeintlich so völlig anders verhalten und viel problembeladener zu sein scheinen als die Wölfe im übrigen Bundesgebiet.

Ich zitiere mal zwei Passagen von Gesa Kluth aus einem Protokoll einer Sitzung im Sächsischen Landtag vom 26.05.2015:
Es ging um die Frage, wie professionell ein Monitoring und Management sein soll. [...] Gerade wenn es darum geht, tote Schafe oder Nutztiere zu untersuchen, haben wir von Anfang an immer gesagt, es kann nicht sein, dass das Ehrenamtler machen. Das finde ich eine Überforderung des Ehrenamtes. Deshalb sind es hier in Sachsen auch die Landkreismitarbeiter, nachdem wir das jahrelang gemacht haben. Das sehe ich in anderen Ländern kritisch, wenn Ehrenamtler zu toten Schafen hinausgehen. Ich finde, das ist eine Behördenaufgabe.

Seite 39, http://newsletter.jagdnetz.de/system/as ... _06_15.pdf
Vorhin ging es um Niedersachsen. [...] Dort macht die Landesjägerschaft das Monitoring, übernimmt diese staatliche Aufgabe als NGO. Man
fragt sich, was dort schiefgelaufen ist, wenn man solche Entwicklungen wie aktuell mit dem Rudel in Muster hat, wo man offenbar jahrelang nicht mitbekam, dass sich die Wölfe dort anders verhalten als in anderen Rudeln. Das ist im Moment das einzige Bundesland, in dem eine NGO diese staatliche Aufgaben übernimmt. Die Behörden versuchen jetzt, das wieder einzufangen – sage ich einmal – und den Schaden zu minimieren. Deshalb würde ich sagen, das ist nicht sehr gut gelaufen. Ob es daran gelegen hat, dass es die Jägerschaft oder dass es eine NGO ist und keine staatliche
Struktur, kann man sicher erst beurteilen, wenn man in anderen Bundesländern andere Beispiele hat, die man beurteilen kann.

Seite 40, http://newsletter.jagdnetz.de/system/as ... _06_15.pdf
Erscheint es vor diesem Hintergrund wirklich förderlich, der Landesregierung die Misere in Niedersachsen anzulasten, die das System mit den ehrenamtlichen Rissbegutachtern, die überwiegend aus einer eigeninteressenlastigen NGO rekrutiert werden, gezwungenermaßen als Altlast der Vorgängerregierung übernommen hat?

Macht es vor diesem Hintergrund Sinn, ausgerechnet auch noch eine Erweiterung der Kompetenzen dieser NGO im Wolfsmanagement zu fordern? Macht es nicht eher Sinn, das Wolfsmanagement in seinen Strukturen den anderen Bundsländern, in denen die Wolfsrückkehr weniger problembelastet scheint, anzupassen und von deren Erfahrungen zu profitieren?

Re: Wolfswelpe wieder freigelassen in Niedersachsen

Verfasst: 19. Aug 2016, 14:56
von Nina
Der Herr Angermann von der CDU hatte im Landtag noch mal ein paar Fragen zu dem Welpen, die Umweltminister Wenzel beantwortet hat.

Das hier hat mir am besten gefallen:
(Frage): Wurde der weibliche Wolfswelpe vor seiner Freilassung gekennzeichnet, sodass bei möglichen späteren Nahbegegnungen mit Menschen eine Wiedererkennung möglich ist?
(Antwort:) Nein, von einer dauerhaft sichtbaren Markierung (wie durch Brandmal oder Ohrmarke) wurde aus tierschutzrechtlichen Erwägungen abgesehen.

http://www.umwelt.niedersachsen.de/aktu ... 46116.html
Gut so! Daumen hoch für diese Entscheidung!

Jäger Klaus Bullerjahn warb ja noch am 07.03.16 auf Wolfsmonitor dafür, Wölfe mit Ohrmarken zu versehen:
„Identifizieren“ ist natürlich kein „Überwachen“ und die aktuelle Situation zeigt, dass es selbst mit der Identifizierung hapert und ergänzende Ohrmarken dienlicher wären, wenn zwei Wölfe mit einem Sendehalsband im gleichen Revier herumlaufen.

http://wolfsmonitor.de/?p=2724