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Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 17. Nov 2011, 16:17
von aka
@ grauer wolf schrieb am 12 sept. 2011
Das Argument zieht nicht. Schau Dir die Schadensstatistik an und Du wirst kein einziges Rind oder Pferd finden, das von Wölfen gerissen wurde.
http://www.wolfsregion-lausitz.de/schadensstatistik
Die 19 vermißten/toten Rindviecher sind schlicht und einfach nicht zuzuordnen. Aber so macht man Stimmung gegen den Wolf! Wie auch immer, Pferde und Rinder (zu denen Dir "balin" bestimmt einiges mehr sagen kann), sind ausgesprochen wehrhaft und wiegen etliche 100 kg. Bei den eher kleineren, hiesigen Wölfen in wenigköpfigen Familienverbänden sind diese Tiere keine Beute für die Grauen, weil die Jagd schlicht zu gefährlich ist. Kein Beutegreifer geht an großes, wehrhafte Beute, wenn reichlich kleinere und dumme zur Verfügung steht. Nicht umsonst stellt das Reh den Hauptanteil der (natürlichen) Nahrung der deutschen Wölfe. Die Schafe sind ein unnötiger Kolateralschaden, unnötig deshalb, weil notwendige Schutzmaßnahmen unterlassen werden, aus was für Gründen auch immer...

Alles eher Fragen der regionalen Besonderheiten im Bezug auf landwirtschaftliche Struktur, Haltung der Nutztiere usw. die mitunter wesentlich wichtigere
Rolle spielen als Lehrbuchmeinungen zum Verhalten der Wölfe.

Im u. a Link ist auf der Seite 8 ist eine Tabelle zu sehen - ich hoffe daß sie eingermaßen verständlich wird - trotz der polnischen Sprache.
Das ist eine Zusammenfassung der 2321 bestätigten Risse der Nutztiere in Polen nach Regionen und Arten, erstellt durch Prof. H. Okarma und
Dr. Sabine Pieruzek - Nowak nach Angaben aus den Jahren 2000 - 2003.
Trotz der Unterschiede zwischen beden Ländern - D und PL - würde ich bestimmte Entwicklungen nicht so kategorisch ausschliessen,
wie das der geschätzte Autor der oben zittierten Worte tut.
Unter den 2321 Nutztieren, die durch die Wölfe in Polen getötet wurden (in 4 Jahren)befinden sich 588 Rinder und 9 Pferde.
Die Rinder werden hauptsächlich im Nordosten des Landes ( Bielowesh, ehem. Ermland/Masuren) getötet und das scheint weniger die Frage
der Rudelgröße zu sein, sonder hängt vielmehr vom Anteil und der Art der Haltung der jewiligen Nutztiere ab. Aus Deutschland liegen bis jetzt Erfahrungen aus einem Gebiet mit relativ geringer Anzahl der Wölfe, hoher Wilddichte und einigen Besonderheiten im Bezug auf die ländliche Strukturen.
Es ist durchaus möglich dass sich die zuküftige Entwicklung in anderen Gebieten und in der Lausnitz selbst anders gestalten wird.

http://www.kp.org.pl/pdf/poradniki/pora ... _wilki.pdf

Es geht nicht um Panikmache, aber um ehrliche und offene Information, auch an die Pferde/Rinderhalter, daß ihre Tiere bei der ganztägiger Koppelhaltung ebenfalls einer gewisser Gefahr ausgesetzt werden. Wenn ich jetzt beim Fahren durch neues Siedlungs/Streifgebiet der Wölfe irgendwo, zwei Ponys -
wochenlang, Tag und Nacht auf einer "symbolisch" eingezäunter Weide - sich langweilen sehe, dann sage ich mir, daß es nur die Frage der Zeit ist bis sich das von allein regelt. Wenn nicht dieses Jahr dann eben nächstes. Irgendwann schon. Und was werden dann die Beschwichtigungen wert sein daß -
"bei uns kann das nicht passieren", "unsere Pferde/Kühe lassen sich nicht von Wölfen fressen".....?

PS
Sorry f. den Einwurf, der mit dem Thema eigentlich nix zu tun hat,
obwohl - bei der Gelegenheit kann sich ev. jeder ein Paar Gedanken machen - über die möglichen Reaktionen der Öffentlichkeit bzw.
der Landnutzer in Detschland, wenn mit der zunehmenden Wolfsdichte, die Verluste unter den Nutztieren ähnliche Dimensionen erreichen.

Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 17. Nov 2011, 19:14
von balin
Den Hinweis, daß die Schadensstatistik für die Wolfsopfer auch mit wesentlich durch die Haltungsformen bestimmt wird, finde ich sinnvoll. In Deutschland sind wir aber im wesentlichen soweit, daß bei der Mutterkuhhaltung inzwischen komplette Herden auf der Weide rumlaufen, die für Wölfe nur schwer angreifbar sind. Bei Milchvieh auf der Weide stört die Wölfe die häufige Anwesenheit der Menschen und nachts sind sie sowieso meißtens im Stall. Das ist ein Unterschied zu den Kleingruppen, die in Polen hinter dem Haus stehen. Für Spanien ist zb bei der Milchschafhaltung mitten im Wolfsgebiet der Wolf kein Beunruhigungsfaktor. Das sind auch Schafe, aber die Betreuung und das tägliche Umtreiben ergibt für Wölfe so gut wie keine Ansatzpunkte. Das ist eigentlich auch ein Punkt, der für die Almwirtschaft zählt. Wenn die Milchgewinnung oben nicht mehr möglich und machbar ist, dann sind reine Jungviehweiden bei Anwesenheit des Wolfes nicht unbedingt das richtige. Altersmäßig gemischte Herden, wo die Halbwüchsigen dann unter dem Schutz der Mutterkühe stehen sind dann gegenüber der separaten altersmäßigen Gruppenhaltung weniger anfällig. In den Gebieten des Imnaha Rudels in Oregon ändert sich die Weidehaltung derzeit in diese Richtung. Das bedeutet, die ganze Herde beisammen lassen und mehrmals umtreiben im Gegensatz zu früher, wo die Altersgruppen das ganze Jahr locker beaufsichtigt auf einer Standweide zubrachten. Die Arbeit wird so etwas mehr, dieses Zugeständnis kann man aber an den Wolf schon machen. Der Parasitenbefall für die Rinder nimmt so übrigens auch ab, da die Alttiere eine gewiss Resistenz entwickeln und so den Infektionsdruck für den Nachwuchs abmildern.
So ganz im Dunkeln tappt man im Verhältnis Wolf - Rinder nicht. Herdenschutzhunde gehen da nicht ganz, aber wenn jemand
Kühe braucht, die nicht auf Caniden aber dafür umso mehr auf ihre Kleinen stehen ....ich gebe gerne solche ab. :-D
Die haben aber Hörner und zum Ohrmarken einziehen in der ersten Lebenswoche stellt man am besten die Staatsangestellten an, die uns dieses Selbstmordkommando auferlegt haben. ;-)

Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 17. Nov 2011, 19:34
von Grauer Wolf
aka hat geschrieben:Unter den 2321 Nutztieren, die durch die Wölfe in Polen getötet wurden (in 4 Jahren)befinden sich 588 Rinder und 9 Pferde.
Die Rinder werden hauptsächlich im Nordosten des Landes ( Bielowesh, ehem. Ermland/Masuren) getötet und das scheint weniger die Frage der Rudelgröße zu sein, sonder hängt vielmehr vom Anteil und der Art der Haltung der jewiligen Nutztiere ab...
Die Tabellen sind gut verständlich, danke...
Der hohe Anteil an Rindern im Nordosten dürfte nicht nur mit der Haltung zusammenhängen. Die nordostpolnischen Wölfe gehören m.W. mit zur lettischen und weißrussischen Population, und hier handelt es sich um die größten und stärksten Wölfe nicht nur Europas. Die sind vergleichbar mit den gewaltigen Tieren in Kanada und Alaska. M.E. ein nicht unerheblicher Co-Faktor bei der Wahl der Beutetiere.
Wenn dann dazu noch eine weitgehend ungesicherte Haltung kommt wie "balin" beschreibt (hinter'm Haus...), dann ergibt sich das in Polen gezeichnete Szenario. Ob das auf deutsche Verhältnisse 1:1 übertragbar ist, das erscheint mir zumindest fraglich...

Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 17. Nov 2011, 21:37
von aka
Der hohe Anteil an Rindern im Nordosten dürfte nicht nur mit der Haltung zusammenhängen. Die nordostpolnischen Wölfe gehören m.W. mit zur lettischen und weißrussischen Population, und hier handelt es sich um die größten und stärksten Wölfe nicht nur Europas. Die sind vergleichbar mit den gewaltigen Tieren in Kanada und Alaska. M.E. ein nicht unerheblicher Co-Faktor bei der Wahl der Beutetiere.
Sofern mir bekannt ist, steht diese Population in der Verbindung mi der Population der Lausitzer Wölfe - Die" Alan" - Wanderung -auf der Netze - Route.
Das nur am Rande.

Aus der gleichen Tabelle geht hervor, dass die wenigen Risse der Pferde zwischen 2000 und 2003 eben überwiegend nur in Südpolen stattgefunden haben.
Zu der Größe der Wölfe - aus der Zeit als die Wölfe in Polen noch bejagt wurden stammen Angaben zur zwei "Trophäen" aus den Beskiden - Südpolen,
die eine enorme Größe hatten - die eine Haut (oder was da vermessen oder bewertet wurde) galt oder gilt noch in den gewissen Kreisen als viertgrößte, bewertete Wolfstrophäe der Welt. ( die letzte Angabe auf die Gefahr, wegen Sakrilegs aus dieser Community ausgeschlossen zu werden.... :mrgreen: -
sei denn es interessieren jemanden die Details....).
Übrigens, 2005 und 2008 hat es dort - im Süden - zwei Wolfsattacken auf ein Gestüt gegeben. Im beiden Fällen kam es zu keinen Rissen, durch die Panik die
die Raubtiere unter den Pferden verursacht haben kam es jedoch zu etlichen verletzten Gäulen. Von der Tatsache , dass ein 2008 verletztes
Rennpferd soviel Wert war, wie fast gesamte Summe der Entschädigungen für Wolfsrisse in ganz Polen, abgesehen, bemerkenswert war die,
durch Fachleute aus der Regionalen Naturschutzdirektion gemachte Feststellung, dass eins der Raubtiere überdurchschnittliche Größe aufwies.
Wiederum im Nordosten hat sich dieses Jahr eine Wolfsdame mit 3 - 4 Jungen auf Rindersteaks spezialisiert. Die wird wohl nicht
überdurschnittlich groß sein aber ist mit Ihrer Familie scheibar sehr wirksam.

Durchaus möglich dass hier die Größe der Wölfe eine Rolle bei der Auswahl der Beute spielt, aber eine regionale Zuordnung auf dieser
Basis ist aus meiner Sicht eher zweifelhaft.

Wenn dann dazu noch eine weitgehend ungesicherte Haltung kommt wie "balin" beschreibt (hinter'm Haus...), dann ergibt sich das in Polen gezeichnete Szenario. Ob das auf deutsche Verhältnisse 1:1 übertragbar ist, das erscheint mir zumindest fraglich...
Mit Sicherheit nicht 1:1. Aber Kuh ist Kuh und Wolf ist Wolf.
Den Rest zeigt die Zeit.

Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 18. Nov 2011, 06:13
von balin
Man sollte im Bezug auf die Wölfe realistisch sein. Fünf von der Sorte sind in der Lage fast jedes Tier umzulegen. Meine Herde treibe ich mit fünf Hunden und das funktioniert weil die Kühe , die Hunde und ich das richtig einschätzen. Der Unterschied zu den Wölfen ist nur der, daß bei mir die gewünschten Tore offen sind und es zu keiner Panik kommt, weil sich alle kennen.
Für meine Verhältnisse würde ich die Schäden durch Wölfe auch vor allem in unkontrollierbaren Ausbrüchen sehen. Einen gewissen Vorteil rechne ich mir zu, weil die Rinder über eine Strategie gegenüber Wolfsartigen verfügen und den für sie wohl sichersten Ort aufsuchen würden, nämlich ihre Halle.
Das ist aber bis jetzt Theorie und wir werden sehen, was passiert, wenn es denn mal soweit sein sollte.
Da hat Aka recht! ;-)

Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 18. Nov 2011, 18:59
von polarwolf
Eine Umfrage vom mdr (recht eindeutig im Ergebnis :-)


http://www.mdr.de/fakt/wolf128.html


Gruß Jochen

Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 30. Nov 2011, 14:42
von balin

Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 30. Nov 2011, 15:22
von CleanerWolf
Ähnliches hat der BUND angekündigt:
http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/S ... 832116.php
Ich glaube zwar nicht wirklich, dass diese Klage Erfolg haben wird, finde es aber gut, dass weiterhin Widerstand geleistet wird.

Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 30. Nov 2011, 17:45
von aka
Zu wieviel % werden die gegenwärtigen Massnahmen zum Schutz des Wolfes vom Freistaat finanziert ?

Re: PROTEST gegen Aufnahme des Wolfes ins sächsische Jagdrec

Verfasst: 30. Nov 2011, 18:04
von Lutra
aka hat geschrieben:Zu wieviel % werden die gegenwärtigen Massnahmen zum Schutz des Wolfes vom Freistaat finanziert ?
Zum Schutz des Wolfes wird eigentlich überhaupt nichts ausgegeben. Geld wird gegeben zum Schutz der Nutztiere vor dem Wolf, für das Monitoring des Wolfes, für Öffentlichkeitsarbeit.

Zum Thema "Wolf ins Jagdrecht". Der Wolf bleibt ja im Falle einer Aufnahme ins Jagdrecht voll im Naturschutzrecht wie Fischotter, Luchs und Seeadler z.B., daran ändert sich nichts. Darin sehe ich erst mal kein Problem. Problematisch ist dann wahrscheinlich die doppelte Zuständigkeit. Es wird sinnlose Kompetenzstreitigkeiten geben und die Bürokratie ist wieder mal voll beschäftigt und kommt nicht zu wirklich wichtigen Entscheidungen.
Wenn man sich den Entwurf des neuen sächsischen Jagdgesetzes ansieht, kann fast der Verdacht aufkommen, die eventuell später folgende Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht wird der Jägerschaft als Zuckerbrot gereicht, damit sie manche bittere Pille im neuen Jagdrecht williger fressen. ;)

http://www.jagderleben.de/entwurf-lande ... tz-sachsen