piscator hat geschrieben:http://www.oostvaardersplassen-sterfte.nl/page8.php
Dieser Versuch zeigt an was „Kapazitätsgrenze“ bedeutet und relativiert die Jammereien hierzulande über angeblich zu hohe Wildbestände wegen der Winterfütterung der Jäger.
Die haben dort 850 Hirsche auf knapp 2200ha, dazu noch 1000 Pferde und 400 Heckrinder. Da nicht zugefüttert wird verrecken dort hunderte Tiere je Art, trotzdem ergibt sich der oben genannte Bestand.
Das passiert, wenn es keine natürlichen Feinde gibt resp. sie ausgerottet werden:
Das Nahrungsangebot bestimmt den Bestand, wobei natürliche eine Rückkopplung besteht... Dieser Besatz ist in ökologischer Hinsicht der pure Wahnsinn: Ein großer Grasfresser auf 1 Hektar... Wenn man dann nicht zufüttert (die Hirsche sehe ich unter diesen Bedingungen als halbe Haustiere, zumindest aber als "verhausschweint"...) gibt's eben Tote durch Verhungern.
piscator hat geschrieben:Dort wird darüber gesprochen Wölfe als Regulatoren einzusetzen.
Näheres? mein Holländisch ist mehr als bescheiden...
piscator hat geschrieben:Und Du erklärst hier das „Pferde und Rinder (… sind ausgesprochen wehrhaft und wiegen etliche 100 kg. Bei den eher kleineren, hiesigen Wölfen in wenigköpfigen Familienverbänden sind diese Tiere keine Beute für die Grauen, weil die Jagd schlicht zu gefährlich ist.“
Auch in Zukunft ? Wenn die Rehbestände abgenommen haben sollten?
„Unsere“ Wölfe kommen ja aus Polen und reißen dort durchaus Rinder.
Ja, in der Herbst/Wintersaison rund 0.7% der Biomasse, in der Frühjahr/Sommer-Saison gegen Null
Journal of Mammalogy, 81(1):197–212, 2000
PREY SELECTION AND PREDATION BY WOLVES IN
BIAŁOWIEZ˙A PRIMEVAL FOREST, POLAND
piscator hat geschrieben:Kleinere Familienverbände ? Wenn in den USA Wölfe Bisons aus der Herde die Gruppen sind da auch nicht sehr viele Wölfe nötig:
http://www.youtube.com/watch?v=_yAi8KrvHa4&NR=1
(Gut zu sehen der wolfstypische Kehlbiss – allerdings in die KnieKEHLE)
Aber wahrscheinlich sind dort die Wölfe größer oder die Bisons nicht so wehrhaft wie unsere Hausrinder und -pferde.
Übrigens die haben dort auch Bullen in der Herden – auf welcher findet man die hierzulande, hast Du überhaupt schon mal einen gesehen?
Und was willst Du damit sagen? Was zeigt diese Jagdsequenz, die mir übrigens ziemlich bekannt vorkommt (ich muß mir nochmal das National Geographic Video anschauen...)? Vorbehaltlich des genauen Datums der Aufnahme, würde ich sie ans Ende des Winters verlegen, die Schneeoberfläche stark verharscht, die Tiere alles andere als bei vollen Kräften. Ständig brechen sie durch die Oberfläche, während die Wölfe, wie man sehr schön sieht, leichtfüßig darüber hinweg huschen. Außerdem scheint mir das aufgrund der Größenverhältnisse ein eher junges Tier zu sein und sichtlich angeschlagen. Wölfe haben eine 100%igen Blick dafür, wenn "etwas nicht stimmt" (Die Bisons wirken fast stumpfsinnig) und diese Gelegenheit nehmen sie wahr. (Die Hauptbeute des Wolfes in Nordamerika ist im Yellowstone Gebiet übrigens der Elk mit rund 87% im langjährigen Mittel. Der Bison ist "Saison-Ware" im späten Winter, wenn die Elks weitgehend fehlen...
Foraging and Feeding Ecology of the Gray Wolf (Canis lupus):
Lessons from Yellowstone National Park, Wyoming, USA1–3,
Daniel R. Stahler4, Douglas W. Smith and Debra S. Guernsey
Yellowstone Center for Resources, Wolf Project, Yellowstone National Park, WY
82190)
Hier einen Vergleich mit hiesigen Pferden und Rindern und hiesigen Wölfen zu ziehen, halte ich für sehr gewagt, weil m.E. kein Bauer seine Tiere unter solchen Bedingungen ungeschützt läßt (Verharschter Schnee entwickelt je nach Witterungsbedingungen messerscharfe Kanten, die die Läufe verletzen können. Unabhängig davon sind Schneehöhen von über 30...50 cm hierzulande außerhalb der Mittel- und Hochgebirge eher Mangelware.) und außerdem werden Nutztiere hier im Winter voll durchgefüttert und befinden sich immer in einem guten Ernährungszustand. Kranke und schwache Tiere kommen nicht vor, weil dann entweder der Tierarzt kommt oder eben der (Not-)Schlachter. Wie auch immer, zumindest hier bei uns habe ich im Winter noch keine Rinder und Pferde im Freien gesehen, obwohl die Wetterbedingungen eher was für "Anfänger" sind: gelegentlich läppische -10°C und alle Jubeljahre mal 10...30 cm Schnee...)
Und was soll das "Wenn die Rehe abgenommen haben..." Durch die Mischung aus Landwirtschaftlichen Nutzflächen (Energiemais, der hin und wieder bis in den Winter stehenbleibt...) und deckungsreichem Wald liegen hierzulande überoptimale Versorgungsbedignungen nicht nur für Rehe vor. Wie man an den Statistiken sieht, nehmen in Wolfsgebieten die Jagdstrecken nicht ab (der Wildbestand ist, außer beim Mufflon, das aber ohnehin nicht hierher gehört, nicht mit dem Wolf korreliert) und wenn ich die Faustregel richtig im Kopf habe, kommen auf ein Reh, das der Jäger sieht, mindestens 10 Rehe, die er nicht sieht. Dieses Land ist so übervoll mit Wild, daß ich buchstäblich schon drüber gestolpert bin und die Sukkzession am Waldboden sieht verheerend aus, wenn man schalenwildfreie Kontrollflächen als Referenz wählt. Hier in der Gegend muß in Schonungen jedes Jungbäumchen mit "Anti-Knabb" versehen werden, sonst kommt's nämlich nicht hoch. Nur die sehr harten, "borstigen" Hainbuchensämlinge und seltsamerweise Spitz- und Berg-Ahorn (Bitterstoffe?) haben hier Chancen, hochzuwachsen. Eichen und Buchen? Fehlanzeige!
piscator hat geschrieben:„Schafe sind ein unnötiger Kolateralschaden, unnötig deshalb, weil notwendige Schutzmaßnahmen unterlassen werden, aus was für Gründen auch immer...“
Weil die den Wolfsstreichlern geglaubt haben „der Wolf meidet die Nähe des Menschen“ ?“
Vieleicht sollten solche Leute mal
richtig hinhören und
mitdenken? Natürlich meidet der (gesunde) Wolf den Menschen, das ist völlig korrekt, aber eben
nicht die menschliche Infrastruktur. Der latscht auch mal nachts durchs Dorf, um zu schauen, was es neues gibt, worüber sich nur Deutsche aufregen, was aber z.B. auf dem Balken niemanden hinter'm Ofen herlockt... Eine Freimahlzeit nimmt er als opportunistischer Beutegreifer dann natürlich mit.
Außerdem, was soll der Begriff "Wolfsstreichler"... Klar gibt es Menschen, die die Wölfe eher romantisch sehen, was nicht objektiv ist und möglicherweise wenig hilfreich. Ebensowenig hilfreich ist aber die eiskalte, rein wissenschaftliche Betrachtung, die im Wolf nur ein "Objekt" sieht, das man in Zahlen, Texten, Tabellen und Kosten/Nutzen-Relationen erfaßt.
Der Wolf ist viel komplexer, keine "Schaffreßmaschine", die den Menschen ärgern will, und den deshalb viele am liebsten vernichtet sähen, sondern ein intelligentes, emotionales und beseeltes Lebewesen. Wer ihn wirklich erfoschen will, muß eine emotionelle Bindung zu ihm aufbauen, versuchen, wie ein Wolf zu denken
und nummerische Fakten sammeln, sonst wird das Bild einseitig...
So oder so kann man "Wolfstreichlern", die den Wolf lieben, eher etwas erklären als Wolfshassern, die nur die üblichen, sattsam bekannten Egoismen und "Abschießen" im Kopf haben und jedem ökologisch/wildbiologischem Argument verschlossen bleiben... Erstere sind mir also lieber, weil sie im Grunde wohlmeinend und aufgeschlossen sind. Man muß nur die Romatik mit ein paar Fakten ergänzen...
piscator hat geschrieben:http://de.wikipedia.org/wiki/Kormoran_( ... _NahrungZu Deinen „gesamtökologischen“ Betrachtungen (Fischteiche nun mal fette Beuteansammlungen die es in dieser Konzentration natürlich nicht gibt... )
Die Brandenburger Teichwirte holen aktuell 310kg/ha Ertrag aus ihren Karpfenteichen, die Sachsen etwa das doppelte. Das ist die Bestandsdichte beim Abfischen, im Frühjahr wird das weniger als die Hälfte sein.
Was in natürlichen Gewässern drin ist beschreibt das Vogelmordkomitee: „Im Uferbereich und in der Schwimmblattzone nährstoffreicher Seen ... wurde ein Bestand von 1.200 bis 1.800 kg/ha nachgewiesen, während es im Bereich der offenen Wasserflächen lediglich 200 bis 300 kg/ha sind.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Kormoran_% ... nd_Nahrung
Im Uferbereich und in der Schwimmblattzone, wird der Kormoran aufgrund seiner Jagdweise nicht jagen. Karpfenteiche mit typischerweise 1-2 m Wassertiefe ohne Randbewuchs, ohne Deckung sind da natürlich wie ein gedeckter Tisch...
Die Angaben über natürlichen Fischbesatz sollten sie auf das gesamte Tiefenprofil eines Sees je ha beziehen, sonst ergeben sie keinen Sinn...
piscator hat geschrieben:Und was hast Du gegen Fischerei an Tagebauseen – diese Seen sind da, Fische wären irgendwann, evtl. schon beim Fluten hineingekommen, warum die Fische nicht nutzen?
Weil es ökologisch ist Pangasius oder Hoki um die halbe Welt zu fliegen? Oder um noch mehr Kormorane zu haben die dann die umliegenden Gewässer, die alleine keine Kormorankolonie ernähren könnten, leer fressen?
Isolierte Seen ohne Anbindung an schon vorhandene Gewässer mit Fischbeständen würden normalerweise gar keine entwickeln resp. erst über sehr große Zeiträume (Verschleppung von Laich durch Wasservögel z.B.). Normalerweise erreichen nur Aale über Land andere, nicht allzuweit entfernte Gewässer. Natürlicher Besatz kann also zeitnah nur bei Flutung über einen Fluß o.ä. erfolgen, niemals durch Grundwasserflutung, was hier im Rheinland der Fall ist. Alle Seen hier wurden künstlich besetzt und natürlich nur mit "Nutzfischen" nicht mit der gesamten Nahrungskette. Da könnten ja Raubfische die anderen dezimieren...
Außerdem sollte Seen dieser Art in den Gebieten, von denen wir hier reden, gar nicht vorkommen... Sie sind künstlich, unnatürlich, übrigens auch die Lausitzer Seen insgesamt. Natürliche Seen entstanden erst weiter nördlich und am Alpenrand durch Toteisgebiete während der letzten Eiszeit...
Richtig wäre es gewesen, die Braunkohlegebiete zu verfüllen und mit standortgerechtem Mischwald wieder aufzuforsten, und nicht Seen zu schaffen, die letztlich nur der Freizeitindustrie, vielleicht auch noch der Fischwirtschaft dienen und auch während der Flutung schon mal völlig ungeplant und unvorhergesehen gigantische Erdrutsche verursachen, die ein paar Häuser oder ein halbes Dorf verschlingen...
Den greife ich noch mal separat raus:
Die dann im Winter die Fischpopulationen an den Oberläufen der Flüsse vertilgen?
Um es mal salopp zu sagen: Was gehen den Menschen die Fische am Oberlauf eines naturbelassenen Flusses an?
Oder anders ausgedrückt...
Kormorane und Flußfische leben seit Millionen von Jahren (der heutige Kormoran seit rund 5 Mio., seine Voräufer seit bis zu 23 Mio. Jahren [Miozän]) in Koexistenz mit hin und her schwankenden Beständen in wechselseitiger Abhängigkeit. Wie hat die Natur das bloß über all die Zeit ohne den deutschen Jäger gerichtet?
In diesem "alles regulieren wollen" sehe ich nur eines: Die maßlose Hybris einer Art, die alle natürlichen Resourcen für sich reklamiert, keiner natürlichen Regulierung mehr unterliegt, einen Großteil der Umwelt aus reiner Habgier und Geldgeilheit nahezu zerstört hat und sich jetzt anmaßt, in die letzten natürlichen Gleichgewichte einzugreifen resp. eine Einstellung derselben zu verhindern...!
Angesichts eines Bestandes von fast 7 Milliarden Individuen ist da für die Zukunft nichts gutes zu erwarten (Ich werde wohl zu meinen Lebzeiten die 9 Milliarden noch erleben...). Nicht für den Kormoran und (um den Bogen mal wieder auf Canis lupus zu spannen) nicht für die Wölfe...
Zum Nachdenken:
Der Alptraum von Mutter Natur und ihren Geschöpfen...
