Re: Dringender Notfall: Herdenschutzhund Kaukasischer Owtsch
Verfasst: 12. Feb 2012, 11:24
Ja, auch dann, kommt aber auch auf den Hund an, ob er sich eignet. Ich zitiere mal jemanden, der sich damit auskennt, Helmut Lenz:
Auch aus Bulgarien sind solche Zusammenführungen älterer Hunde, die noch nie ein Schaf sahen, dokumentiert. In Bulgarien ist, im Gegensatz zu Deutschland, das freie Weiden die gebräuchliche Methode:
Sider Sedefchev
http://www.kora.ch/en/proj/cdpnews/cdpn ... #Sedefchev
Da spielt auch ein wenig die Auffassung von Coppinger, Landry usw. mit hinein, daß der Hund vorwiegend auf die Schafe sozialisiert werden soll/muß. Das macht in den USA, in der Schweiz oder auch in Deutschland Sinn, eben überall da, wo der Hirte in der Regel fehlt und die Hunde allein mit den Schafen sind. Dies ist jedoch eine abgewandelte Form der Tradition in Asien und Südeuropa, wo Herden generell behirtet sind und die Hunde den Menschen als Sozialpartner haben. So kann man auch an türkischen Herden nie die aus den USA (Coppinger) beschriebenen Demutsgesten der Hunde gegenüber den Schafen beobachten. Kangals sind auf Menschen hervorragend sozialisiert, sie wachsen in den Dörfern auf, spielen mit den Kindern usw., alles Sachen, die nach der Coppinger - Methode eher hinderlich sind. Die Vorteile liegen auf der Hand, so geprägte und sozialisierte Hunde haben naturgemäß weniger Probleme mit Menschen (auch Touristen) und mittlerweile denkt man auch in der Schweiz etwas um, notgedrungen.
Dazu noch mal Helmut Lenz mit einem Beitrag aus unserem Kangalforum:
http://huetefuchs.de/537096981f0b7d705/ ... index.htmlAber es geht auch anders!
Einige Autoren gehen davon aus, dass keine Arbeitsleistung als HSH erbracht werden kann, wenn in der Sozialisierungsphase kein Kontakt zu den späteren Schutzbefohlenen erfolgt war. Nun ist aber die Frage, was man unter der zu erwartenden Arbeitsleistung versteht:
Die traditionellen Einsatzgebiete, in der Regel Gebirgs- und Hochgebirgslandschaften setzen eine Arbeitsweise voraus, bei der der HSH sich selbständig bei der Herde bewegt und seine Schutzfunktion ausübt.
Die Arbeitsweise unserer heutigen Schäfer in Deutschland weicht erheblich vom althergebrachten ab. Dieses „frei mit der Herde laufen“ ist unter unseren Verhältnissen nicht unbedingt die Voraussetzung einer erfolgreichen Schutzfunktion. In der Regel sind bei der Voll-, wie bei der Nebenerwerbsschäferei Weidezaunnetze im Einsatz. Sollte eine Hüteschafhaltung unumgänglich sein, sind die Schafe und Ziegen zumindest des Nachts in diesen Weidezaunnetzen gekoppelt.
Das bedeutet, dass die Schafe auf eine Fläche von 1 bis maximal 2 ha versammelt sind und diese Einkoppelung für unsere HSH ein wanderndes Territorium darstellt. Eine größere Einpferchung ist aus Gründen der Weidesicherheit nicht ratsam.
Da wir in Deutschland keine Tradition in der Aufzucht und Haltung von HSH haben, ist bei dieser Arbeitsweise der Einsatz von Hunden, die dem Welpenalter entwachsen sind möglich. Ebenfalls sollten sie für den Einsatz an der Herde nicht zu stark menschenbezogen sein.
Ich kenne aus eigenem Erleben und auch von Erzählungen anderer Kollegen, dass diese Zusammenführung in der Regel vom Hund her problemlos geschah.
Das eingangs erwähnte genetische Verhaltensmuster macht es möglich.
Die Schafe bedurften in der Regel eine längere Gewöhnungszeit gegenüber dem Hund. Da dieser bedingt durch seine Körpergröße und –gewicht sich eher behäbig und bedächtig zwischen seinen Schafen bewegt, geht die Gewöhnung relativ rasch vonstatten. Allerdings sollte diese Zusammenführung nicht ohne ständige Aufsicht geschehen.
Auch aus Bulgarien sind solche Zusammenführungen älterer Hunde, die noch nie ein Schaf sahen, dokumentiert. In Bulgarien ist, im Gegensatz zu Deutschland, das freie Weiden die gebräuchliche Methode:
The Karakachan Dog – Continuation of an Old Bulgarian TraditionGenetics are important
A main topic in our work is the selection of dogs from which we would get offspring to be distributed later. The criteria of a good working LGD in Bulgaria – and my personal criteria – differs from the criteria of some colleagues from western countries. The socialization process is accepted as a key factor for the future dog’s development and work. In many publications concerning LGD behavior, the same methods are described for proper socialization of a puppy (Mazover 1956, Coppinger et al. 1988, Green & Woodruff 1990, Landry 1999, Coppinger & Coppinger 2001; Dawydiak & Sims 2004). As a very important factor, the right age to introduce the dog in the flock is pointed out and a feature of successful socialization is a submissive position towards livestock. Certainly, I would not like to underestimate the role of the socialization, however there are other crucial and important factors for the dog's protective effectiveness.
Quite often there is the statement that the dog should create a feeling of being one of the sheep. I think this is not possible and I can’t understand why so much attention is paid on this as a factor of good guarding behavior. According to my opinion based on my practice the dog realizes very well that it is required to protect livestock. At the same time the dog keeps its bright individuality, which is leading to this type of protective behavior. Why should the last one in the hierarchy protect its “bosses”?!
The good behavior is expressed mainly by the effectiveness of the dog as a flock guardian (Labunskij 1994). According to my practice I am convinced that it is possible to socialize an already adult dog with livestock. One of the many examples is the bitch BELKA, which we gave to an experienced shepherd five years ago. She is living in a remote area in the Rila Mountains. When we brought her to the shepherd’s sheep, she was four years old. She was born in our breeding station and had lived there until then. The first thing she did was to attack the shepherd’s female dog, which was twice as big and a mixture of Karakachan Dog and St Bernard Dog. BELKA has always had the wish for fighting. She bit the other female in such a way that we hardly managed to separate them. The other bitch was psychologically broken from Belka’s self-confidence and ran away leaving the flock. Exactly this moment is the important one in this story, because BELKA could potentially have been a wolf, and if she had, the mixed breed dog would have proven to be ineffective. On the same day BELKA made efforts to get to know all the sheep, licking them under their tails showing that she is open for contact. On the next day the shepherd led her on leash with the sheep. In a week BELKA was already staying with the flock without the shepherd. Her innate hatred to predators and her energetic nature helped her to become a livestock guarding dog in the real sense. I think the main factor for her success was her origin, but also the good approach of the shepherd. The competition between the livestock guarding dog and the wolf is leading to a high degree on psychological level. Many times I have observed how a physically strong dog with a confident character enters undisturbed the territory of a group of other LGDs. Those dogs keep on barking on him but they did not touch him, and even allowed him to walk into the sheep pen among the animals. Hence, what is the result of the good socialization and lots of barking by these labile dogs? Since we have had a guarded sheep flock, two dogs have been killed by wolves. They were very young and too brave, but not experienced enough. Such cases happen sometimes. The point is that the good Karakachan Dog should die rather than leave the flock without protection during an attack. It is not important if it will be a Karakachan Dog or another LGD breed. Each LGD must act like this, with the purpose to give a real opposition to predators. Certainly, my criteria for dog’s characters and psyche are different from the criteria of other authors. This is because LGD breeds are different from one another. The conditions these qualities can be expressed under are also very variable.
Sider Sedefchev
http://www.kora.ch/en/proj/cdpnews/cdpn ... #Sedefchev
Da spielt auch ein wenig die Auffassung von Coppinger, Landry usw. mit hinein, daß der Hund vorwiegend auf die Schafe sozialisiert werden soll/muß. Das macht in den USA, in der Schweiz oder auch in Deutschland Sinn, eben überall da, wo der Hirte in der Regel fehlt und die Hunde allein mit den Schafen sind. Dies ist jedoch eine abgewandelte Form der Tradition in Asien und Südeuropa, wo Herden generell behirtet sind und die Hunde den Menschen als Sozialpartner haben. So kann man auch an türkischen Herden nie die aus den USA (Coppinger) beschriebenen Demutsgesten der Hunde gegenüber den Schafen beobachten. Kangals sind auf Menschen hervorragend sozialisiert, sie wachsen in den Dörfern auf, spielen mit den Kindern usw., alles Sachen, die nach der Coppinger - Methode eher hinderlich sind. Die Vorteile liegen auf der Hand, so geprägte und sozialisierte Hunde haben naturgemäß weniger Probleme mit Menschen (auch Touristen) und mittlerweile denkt man auch in der Schweiz etwas um, notgedrungen.
Dazu noch mal Helmut Lenz mit einem Beitrag aus unserem Kangalforum:
http://www.kangalforum.deSelektion des "optimalen" Herdenschutzhundes
Ich hatte das Vergnügen Jean-Marc Landry bei der Einführung der ersten Herdenschutzhunde aus der Schweiz in das Wolfsgebiet Lausitz kennen zulernen.
Die damals propakierte Gewöhnungsphase der Welpen in den ersten Wochen der Sozialisierung mit den Schafen,hatte ich damals schon als "Quark" bezeichnet.
Schweizer Verhältnisse der Almwirtschaft ließen sich damals und auch heute nicht 1 : 1 auf deutsche Gegebenheiten vergleichen. Bei uns gibt es keinen Herdenschutz mit Hunden ohne das der Schäfer zugegen ist.Meine Kaukasen ließen sich immer von mir lenken und notfalls auch abrufen.
Auch meine Berufskollegen haben , die damals diesem Dogma gefolgt waren, umgelernt.
Diese späte Erkenntniss macht sich heute inzwischen auch ein Jean-Marc Landry zueigen und definiert heute eine " guten" Herdenschutzhund ganz anders. Er hält die Gewöhnung an den Menschen für unverzichtbar.
Eine Bindung, wie sie zum Beispiel meine Hütehunde zu mir aufbauen soll es aber nicht werden.
Diese Balance ist aber schwierig zu erreichen.
In den Ersten Wochen der Sozialisierung bei den Schafen bedarf es menschlichen Kontakt. Was aber nicht bedeutet,dass die Welpen in einer menschlichen Gemeinschaft aufgenommen werden, sondern immer bei ihren späteren Schutzbefohlenden zu bleiben haben !
Diese Verhaltensstudie, die der Landry zur Zeit im Auftrag der AGRIDEA vorbereitet, hat nur für Schweizer Verhältnisse eine Aussagekraft.
Es geht hierbei das räumliche Verhalten von HSH während des Einsatzes an der Herde im freien Raum mit Hilfe von GPS-Halsbändern zu erforschen.
Es sollen drei Fragenkomplexe untersucht werden:
Unter welchen Bedingungen entfernen sich die Hunde wie weit von der Herde
Worauf beruht die Bindung des Hundes an die Herde
Und wie hoch ist der tägliche Energieaufwand dieser Hunde.
Da aber das Weidemanagement bei uns hier in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen mit den mobilen Weidezaunnetzen betrieben wird , ist der "Raum" unseren Hunden vorgegeben.Die Einzäunung umfasst aus Gründen der Weidesicherheit in der Regel 1 Hektar maximal 1,5 ha.Hier findet der Hund eingegrenzt ein Territorium vor, das er makierender Weise annimmt und innerhalb dieser Eingrenzung sein Schutzverhalten zeigt !
Ich will mit meinen kurzen Anmerkungen eigentlich nur aufzeigen, dass wir den deutschen Verhältnissen angepasst eigene Wege gehen müssen, um eine Akzeptanz gegenüber Wolf und Luchs bei meinen Kollegen zu schaffen .