Futterneid-Schutzjagd: NEJ!

Norwegen, Schweden, Finnland
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Nina
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Futterneid-Schutzjagd: NEJ!

Beitrag von Nina »

Da hatten die Jäger des Elchjagdgebietes Stadra-Nora in der Provinz Örebro ja eine ganz tolle Idee: Einen Antrag auf Schutzjagd zu stellen, weil der Wolf auch gern mal Elchfleisch auf dem Speiseplan hat. Also haben sie nachgerechnet, wie viele Elche so ein Wolfsrudel im Jahresverlauf in ihrem Hegegebiet ihrer Einschätzung nach vermutlich so verdrückt - und dem Ganzen einen ökonomischen Wert zugeordnet.

615 Elche seien in den letzten 11 Jahren bis 2021 von Wölfen gefressen worden (führen Wölfe auch Jagdstrecketabellen?) - ohne die pro Elch angesetzten 10.000 Kronen (rund 954 €) an die Jäger zu bezahlen, versteht sich. Macht 6.150.000 Kronen (knapp 590.000 €), die den Waidleuten in den 11 Jahren da entgangen sein sollen. "Wölfe töten Elche, die damit dem menschlichen Verzehr entzogen werden".¹ Gibt es sonst keine anderen Lebensmittel in Schweden?

Die Waidmenschen berufen sich auf folgende Begründung nach § 23 der Jagdverordnung, nach der die Schutzjagd ihrer Meinung nach genehmigt werden müsste:
In Hinsicht auf die öffentliche Gesundheit und Sicherheit oder aus anderen Gründen des übergeordneten Gemeinwohlinteresses, einschließlich Gründen sozialer und ökonomischer Natur sowie einem deutlich positiven Effekt auf die Umwelt.

Svensk Jakt, 11.04.2022: Inget utrymme för älgjakt – begär skyddsjakt på varg https://svenskjakt.se/start/nyhet/inget ... t-pa-varg/
Die Wolfsanwesenheit habe zudem "ernste Konsequenzen" für die Menschen in der Region, die ihren "größten Interessen" nicht mehr nachkommen könnten. Mit dem neu etablierten Wolfsrevier entfiele für sie die Möglichkeit zur Elchjagd. Grund genug, gleich mal ein ganzes Jahr lang, vom 01.03.2022 bis 01.03.2023, zur Wolfsjagd blasen zu wollen.

Die Bezirksregierung hat dem Antrag auf Schutzjagd aus Futterneid jedoch eine Absage erteilt. Man verstehe und respektiere zwar die empfundenen Nachteile aus Sicht der Jäger durch das Wolfsvorkommen, jedoch seien diese nicht auseichend für eine Genehmigung im Rahmen der Schutzjagd. Allgemein beinhalte die Jagd mit freilaufenden Hunden in Wolfsrevieren immer ein gewisses Risiko für Angriffe. Für eine positive Beurteilung des Kriteriums "Risiko für ernste Schäden" müsse die Wahrscheinlichkeit eines ernsten Schadens in dem betreffenden Gebiet jedoch höher sein als in anderen Wolfsterritorien.²

Dumm gelaufen für die Jäger. Müssen sie halt zu IKEA gehen und da Köttbullar essen. Und dabei am besten gleich auf die vegetarische Variante umsteigen.

¹ Svensk Jakt, 11.04.2022: Inget utrymme för älgjakt – begär skyddsjakt på varg https://svenskjakt.se/start/nyhet/inget ... t-pa-varg/

² Svensk Jakt, 31.05.2022: Miljonförluster för jägare inte tillräckligt för skyddsjakt https://svenskjakt.se/start/nyhet/miljo ... kyddsjakt/
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Nina
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Re: Futterneid-Schutzjagd: NEJ!

Beitrag von Nina »

Beuteneid-Schutzjagd in Schweden: Nächster Versuch in einem anderem Gebiet, wieder abgelehnt

Auch der Hökensås Elchhegering in Tidaholm hat einen Antrag auf präventive Schutzjagd auf Wölfe gestellt, um den Elchbestand für ihre Jagdzwecke zu sichern. Die lokale Elchpopulation sei auf 5,7 Elche per 1000 ha gesunken und befände sich damit an der Grenze zur Bejagbarkeit, so die Jäger.

Nachdem sich offenbar eine Einzelwölfin in dem Gebiet niedergelassen hat, wurde die Schutzjagd für den gesamten Hegebereich beantragt, um eine Etablierung eines neuen Wolfsrevieres und die damit verbundene Rudelbildung zu verhindern. Der Elchbestand sei für ein Wolfsrevier zu gering und der Prädationsdruck auf Kleinwild schon durch Luchse zu hoch.

Die Bezirksverwaltung in Västra Götaland hat dem Ersuchen der Jäger jedoch eine klare Absage erteilt. Um diese zu genehmigen, bedürfe es des Risikos eines ernsten Schadens. Zudem müssten zunächst sämtliche milderen Mittel ausgeschöpft werden. Und die Schutzjagd dürfe keine negativen Auswirkungen auf den Erhaltungszustand haben. Das bloße Wolfsvorkommen allein sei nicht automatisch ein Risiko für ernste Schäden.

Vgl. Jaktjournalen, 06.06.2022: Länsstyrelsen säger nej till förebyggande skyddsjakt i nytt vargrevir https://www.jaktjournalen.se/lansstyrel ... vargrevir/
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Nina
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Re: Futterneid-Schutzjagd: NEJ!

Beitrag von Nina »

Die Jäger des Stadra-Nora Elchhegegebiets wollen nicht klein beigeben und habe sich zusammen mit Grundbesitzern in einem Schreiben an die Bezirksverwaltung Örebro gewandt. Ihr Argument: Wenn jemand den Elchbestand regulieren darf, dann ja wohl nur die Jäger! "Wir als Jäger sind für die Elchregulierung zum Erhalt des Waldes zuständig, nicht die Wölfe", sagt Arinbjörn Kindströmer, ein Privatwaldbesitzer, der das Schreiben mit unterzeichnet hat. In dem Schreiben fordern sie, die Wolfsjagd so früh wie möglich, möglichst zusammen mit dem Beginn der Elchjagd am 08.10. zu starten, um jegliche Fortpflanzung bei den Wölfen zu unterbinden. Dabei sollen sämtliche Personen mit Jagdberechtigung in dem betreffenden Schutzjagdebiet Wölfe erschießen dürfen. Das komplette Grecken-Revier müsste leergeschossen werden, um einen ausreichenden Effekt zu erzielen. Ein milderes Mittel stünde nicht zur Verfügung.¹ Schon zuvor wurde argumentiert, dass "Viele verzweifelt" seien. Durch das Risiko von Wolfsangriffen auf Jagdhunde sei die Löshundjagd nicht mehr möglich; der Lebensstil und das Sozialleben würden durch die Wölfe beeinträchtigt.²

¹ Jakt och Jägare, 14.06.2022: Upprop för skyddsjakt på varg i Greckenreviret https://www.jaktojagare.se/kategorier/n ... enreviret/
² Jakt och Jägare, 31.05.2022: Förstörd älgjakt inte nog för skyddsjakt på varg https://www.jaktojagare.se/kategorier/n ... t-pa-varg/

Immerhin sprechen die schwedischen Jäger da Klartext, dass es hier nur um ihre eigenen Partikularinteressen und Beuteneid geht, anstatt altruistischen "Naturschutz" vorzuschieben.
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Nina
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Re: Futterneid-Schutzjagd: NEJ!

Beitrag von Nina »

Schutzjagdgrund Beuteneid: Auch vom Gericht eine Klatsche für die Jäger

Sie lassen nichts unversucht. Gegen den ablehnenden Bescheid der Bezirksverwaltung Örebro sind die Jäger gerichtlich vorgegangen - und ebenfalls gescheitert.
Das Verwaltungsgericht in Luleå sieht angesichts elchfressender Wölfe das Gemeinwohlinteresse nicht in dem Maße beeinträchtigt, dass eine Schutzjagd gerechtfertigt wäre. Dass die Jäger sich in ihrem Lebensstil beeinträchtigt fühlten, lässt das Gericht nicht gelten. Jagd oder andere Aktivitäten mit freilaufenden Hunden würden in jedem Wolfsrevier ein gewisses Risiko bedeuten. In dem betreffenden Gebiet sei jedoch kein einziger Angriff von Wölfen auf Hunde innerhalb der letzten 12 Monate registriert worden. Gemäß der geltenden Empfehlungen des Viltskadecenters sei das Risiko damit nicht höher als in gewöhnlichen Wolfsrevieren. Das Gericht verweist zudem auf die aktuelle Gesetzgebung hinsichtlich des nationalen Rechts auf die Jagdgesetzgebung sowie europarechtlich auf die FFH-Richtlinie, nach der Wölfe streng geschützt seien. Die Klage der Stadra-Nora Elchhegevereinigung wurde abgewiesen.

Vgl. Jaktjournalen, 11.07.2022: Får inte skjuta vargar som förstör jakten - dom i förvaltningsrätten https://www.jaktjournalen.se/far-inte-s ... ngsratten/
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