Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein
Antworten
Benutzeravatar
Nina
Beiträge: 1779
Registriert: 10. Feb 2016, 13:25

Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Beitrag von Nina »

Die SPD hat nachgegeben und sich mit der CDU auf einen Entschließungsantrag geeinigt, den Wolf in Niedersachsen ins Jagdrecht aufzunehmen.
Man erhofft sich dadurch, "den stetig wachsenden Wolfsbestand künftig besser regulieren zu können" und sehe darin "ein wichtiges Signal für die Weidetierhalter in Niedersachsen". Langfristig wird eine Untergrenze für Wölfe angestrebt, anhand derer überzählige Wölfe ermittelt und abgeschossen werden sollen. Umweltminister Olaf Lies ist der Meinung, dass es aufgrund des Fehlens natürlicher Feinde keine Selbstregulierung bei den Wölfen gebe. Und er hält auch am angeblichen "Selbstschutz" von Rindern und Pferden - quasi als natürliche Herdenschutzmaßnahme - fest: "Wenn erwachsene Rinder oder Pferde sich nicht mehr selber schützen können, ist nicht der Zaun das Problem, dann ist auch der Wolf das Problem."

Süddeutsche, 03.11.2020: Wolf soll ins Jagdrecht aufgenommen werden https://www.sueddeutsche.de/panorama/ni ... -1.5104086
Lutra
Beiträge: 2697
Registriert: 5. Okt 2010, 21:30
Wohnort: Pulsnitz

Re: Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Beitrag von Lutra »

Wir haben ja in Sachsen den Wolf im Jagdrecht. Der damalige Umweltminister wollte wohl etwas den Druck der Jagdlobby loswerden und ihnen gleichzeitig das neue Jagdgesetz unterjubeln, wogegen in anderen Bundesländern die Jäger mit ihren Jagdhörnern vor die Landtagsgebäude gezogen sind. Das ist unserem UM auch so weit gelungen. Geändert hat sich durch die Aufnahme ins Jagdrecht praktisch nichts.
Es gibt z. Z. sicher andere Probleme. Aber denkbar ist es schon, dass die Aufnahme ins Jagdrecht für die, die darüber jubeln, nach hinten los gehen könnte. Ein ihrer Lobby nicht so wohl gesonnener UM könnte z. B. eine stärkere Beteiligung am Monitoring anmahnen, wozu die Truppen per Jagdrecht jetzt schon verpflichtet sind.
Absolut unsinnig ist es, den Weidetierhaltern weißmachen zu wollen, die Aufnahme ins Jagdrecht brächte für sie irgend etwas.
Benutzeravatar
SammysHP
Administrator
Beiträge: 3704
Registriert: 4. Okt 2010, 18:47
Wohnort: Celle
Kontaktdaten:

Re: Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Beitrag von SammysHP »

Interessanter Aspekt dieser Sache:
Durch diesen Antrag wird zukünftig die Zuständigkeit bezüglich etwaiger Entscheidungen vom SPD-geführten Umwelt- in das CDU-geführte Landwirtschaftsministerium von Barbara Otte-Kinast wechseln.
https://celleheute.de/wolf-als-schwarzer-peter
Benutzeravatar
Nina
Beiträge: 1779
Registriert: 10. Feb 2016, 13:25

Re: Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Beitrag von Nina »

Aus dem Entschließungsantrag:
Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Untergrenze für den gesunden Erhaltungszustand der Wolfspopulation festgelegt wird. Dies ermöglicht es den entsprechenden staatlichen Institutionen, frühzeitig regionale Managementstrukturen zu etablieren und zu gegebenem Anlass effizient eingreifen zu können. Durch die Definition einer Untergrenze und die Ausarbeitung entsprechender Managementpläne kann die legale und nachhaltige Regulierung der Wolfspopulation sowie die Einbindung der örtlichen Bevölkerung in die Bewirtschaftungsprozesse die gesellschaftliche Akzeptanz von Wölfen im ländlichen Raum deutlich erhöhen.

Landtag Niedersachsen, 03.11.2020, Drucksache 18/7832: Fraktion der SPD Fraktion der CDU Für ein vernünftiges Miteinander von Mensch und Wolf - Umsetzung am Beispiel des französischen Modells zum Wolfsmanagement in Deutschland
https://www.landtag-niedersachsen.de/Dr ... -07832.pdf
Ob da wohl sämtliche Mitglieder der örtlichen Bevölkerung in die "Bewirtschaftungsprozesse" eingebunden werden sollen oder nur die jagdliche Fraktion?

Dass sich die Hoffnung auf "eine deutliche Erhöhung der gesellschaftlichen Akzeptanz" durch eine Wolfsbejagung durch die örtliche Jägerschaft erfüllt, dürfte nach den Erfahrungen in anderen Ländern eher zu bezweifeln sein.

Beispiel USA:
Eine Akzeptanzerhöhung durch eine Bejagung ist ebenso wenig bewiesen. Erfahrungen aus den USA zeigen eher das Gegenteil. So berichtet Treves: „Die schrittweise Erlaubnis der Jagd auf den Wolf hat den Wert des Wolfs nach und nach reduziert. Einige Menschen akzeptieren nun zwar die Behörde, welche die Wolfsjagd erlaubt, die Akzeptanz gegenüber Wölfen ist mit einer Legalisierung der Jagd allerdings nicht gestiegen“. Mit Zulassung der Jagd auf den Wolf erhöhten sich nach Treves zudem die Wildereidelikte auf den Wolf."

Birgit Mennerich-Bunge: Eine amtstierärztliche Sicht auf die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland, Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle23. Jahrgang – 4 / 2016, Seite 226 https://www.vetimpulse.de/fileadmin/use ... Wolfes.pdf
Beispiel Schweden:
Die illegale Jagd ist von Jahr zu Jahr angestiegen. 2011 betrug der Anteil 12 – 13 Prozent. Die „Wilderei“ (in streng juristischem Sinne ist es keine Wilderei – Verletzung fremden Jagdrechts – sondern illegale Jagd im eigenen Revier) hat also in sechs, sieben Jahren um etwa 50 Prozent zugenommen.

Wolfsite - Wölfe in Deutschland, Ulrich Wotschikowsky, 24.12.2018: Schweden: Illegale Wolfsjagd nimmt zu http://woelfeindeutschland.de/schweden- ... -nimmt-zu/
Neu war mir, dass einer der Unterzeichner des niedersächsischen Entschließungsantrags - der parlamentarischer Geschäftsführer der CDU - auch beim NDR im Landesrundfunkrat vertreten ist:

NDR, Landesrundfunkrat Niedersachsen https://www.ndr.de/der_ndr/unternehmen/ ... at104.html
Benutzeravatar
Nina
Beiträge: 1779
Registriert: 10. Feb 2016, 13:25

Re: Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Beitrag von Nina »

Das Land werde bei der Festsetzung einer Bestandsgrenze nicht auf den Bund warten, sondern ein eigenes wissenschaftliches Gutachten erstellen lassen, so Lies. In Niedersachsen gibt es derzeit rund 350 Wölfe, jährlich werden es mehr.

NDR, 11.11.2020: Wolfs-Bestand: Debatte um Aufnahme ins Jagdrecht https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... f4400.html
Benutzeravatar
Richard M
Beiträge: 846
Registriert: 31. Jan 2015, 17:13
Wohnort: Landkreis Augsburg

Re: Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Beitrag von Richard M »

Jagd auf Wolf: Bund erteilt Niedersachsen eine Absage
Siehe hier:
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... f4404.html
Petition Der Wolf gehört zu Deutschland: https://www.change.org/p/bundesminister ... eutschland
Benutzeravatar
Dr_R.Goatcabin
Beiträge: 1239
Registriert: 29. Jan 2016, 13:36

Re: Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

.. :x !! Passt ja auch wieder dazu, eine neuerliche Publikation:

viewtopic.php?p=44307#p44307
"Though this be madness, yet there is method in 't ..."
Benutzeravatar
Richard M
Beiträge: 846
Registriert: 31. Jan 2015, 17:13
Wohnort: Landkreis Augsburg

Re: Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Beitrag von Richard M »

Ausschuss stimmt für Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... f4620.html
Petition Der Wolf gehört zu Deutschland: https://www.change.org/p/bundesminister ... eutschland
Benutzeravatar
Nina
Beiträge: 1779
Registriert: 10. Feb 2016, 13:25

Re: Niedersachsen: Wolf ins Jagdrecht

Beitrag von Nina »

Das Rumgeeiere um die rechtlich umstrittene niedersächsische Wolfsverordnung geht in die nächste Runde - mit der Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht soll sie jetzt plötzlich also wieder entfallen. Was ein Wunder - so also versucht Olaf Lies, sich aus der Affäre zu ziehen:
Die von Umweltminister Olaf Lies (SPD) erlassene umstrittene Wolfsverordnung in Niedersachsen soll aufgehoben werden. Diese Entscheidung sei im Zusammenhang mit der Aufnahme des Wolfes ins neue Landesjagdgesetz zu sehen, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Freitag auf Anfrage. [...] Vor wenigen Tagen hatte der Agrarausschuss des Landtages dafür votiert, die Wolfsverordnung aufzuheben. [...] Für die Grünen sagte Fraktionsvize Christian Meyer, dass Lies die Wolfsverordnung nur wegen einer aussichtsreichen Klage des Naturschutzbundes zurückziehe. Wahllose Abschussverfügungen im Raum Cuxhaven auf Grundlage der Wolfsverordnung seien schon per Gerichtsbeschluss gekippt worden.

Süddeutsche, 06.05.2022: Land will Wolfsverordnung zurückziehen https://www.sueddeutsche.de/politik/reg ... -99-185632
Dabei hatte sich Herr Lies doch so sehr für seine Wolfsverordnung gefeiert:
„Wir schaffen in Niedersachsen damit die Grundlage für ein bestmögliches Nebeneinander zum Schutz des Wolfes auf der einen Seite und den Interessen der Weidetierhaltung auf der anderen Seite“, so Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies. Das Umweltministerium hat dazu als bundesweit erstes Land eine derartige Verordnung erarbeitet, nachdem das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zu Beginn des Jahres geändert wurde. „Ich habe immer gesagt: Wir brauchen beim Wolf ein kluges Management.

OS Kurier, 10.11.2020: Lies: „Rechtlicher Rahmen für Vielzahl von Einzelfällen“ – Neue Wolfsverordnung steht kurz vor der Veröffentlichung https://oskurier.de/2020/11/lies-rechtl ... ntlichung/
Die Klientel, an die diese politische Glanzleistung adressiert war, schwärmte denn auch:
Lies habe sich als fachlich hoch kompetent erwiesen. [...] Danach soll es dann möglich sein, dass die Entnahme eines Wolfes aus einem Rudel nicht mehr auf ein bestimmtes Tier bezogen sein muss. Dann darf man aus dem Rudel des auffälligen Wolfes ein beliebiges Tier entnehmen - so lange, bis die Wölfe aus dem Rudel verstanden haben, dass sie Angst haben müssen, wenn sie in einem bestimmten Gebiet auftauchen. [...] Unter dem Strich habe Minister Lies eine hohe Sachkompetenz bewiesen.

Cellesche Zeitung, 10.01.2020: Mit Hochdruck auf Lösungssuche https://www.jaegerschaft-gifhorn.de/wp- ... srisse.pdf
Dabei ist Herr Lies ja nun nicht die einzige hochkompetente Person in Wildtierfragen in der niedersächsischen Landesregierung:
Mit den neuen Regelungen im Jagdgesetz werde "eine gute Handlungsgrundlage geschaffen, um eine artenschutz- und tierschutzkonforme Entnahme zu ermöglichen", sagte Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU). [...] Eine weitere Neuerung im Jagdgesetz betrifft laut Ministerin Otte-Kinast den Einsatz von Nachtzieltechnik zur Bejagung gebietsfremder invasiver Arten wie etwa Waschbären, Marder und Nutrias. Wer an einer Gesellschaftsjagd teilnimmt, muss künftig einen Schießnachweis mit sich führen. Explizit geht es dabei laut Otte-Kinast um einen Schießübungsnachweis und nicht um einen Leistungsnachweis.

NDR, 17.05.2022: Niedersachsen nimmt den Wolf ins Jagdrecht auf https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... f4630.html
"Teilgenommen" reicht also als Befähigungsnachweis für "tierschutzkonformes" Abballern. Nicht, dass da nicht noch ein nicht unerheblicher Teil der Waidleute von dem Event der "Gesellschaftsjagd" ausgeschlossen würde, weil Treffsicherheit sowie psychische und physische Eignung getestet würden. Und mal ehrlich: Bei der Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht geht es doch vor allem um Tierschutz:
Uwe Dorendorf von der CDU ist der Ansicht, dass die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht einiges einfacher mache. Zum Beispiel dürften nun auch Jäger einen schwer verletzen Wolf durch den Fangschuss töten.

NDR, 17.05.2022: Niedersachsen nimmt den Wolf ins Jagdrecht auf https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... f4630.html
Da wird es sicher noch interessant, wie sich die Zahlen solcher "schwerverletzten" Wölfe und ihren altruistischen Erlösern demnächst entwickeln werden. Und weil die Menschen gerade so sehr mit Krieg, Inflation und Klimawandel-Unwettern beschäftigt sind, wurde vorsorglich auch gleich noch mal eben der Goldschakal mit ins Jagdrecht aufgenommen. Weil der ja so zahlreich vorhanden ist und so viele Probleme macht... Oder weil man dann beim Wolfsabschuss nicht ganz so genau hinsehen muss?
Bereits am Dienstag wurde die Novellierung des Niedersächsischen Jagdgesetzes vom Niedersächsischen Landtag beschlossen. Dies war ein zentrales Wahlversprechen der CDU im Hinblick auf ein realistisches Wolfsmanagement im Weidetierland Niedersachsen, welches somit eingelöst wurde. Der Wolf – und auch der Goldschakal – wurden in das Jagdgesetz aufgenommen, [...].

Celle Presse, 19.05.2022: Plenum im Mai 2022 – Schepelmann: „CDU hält Wort bei Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht und bekennt sich weiterhin zu Alpha-E“ https://celler-presse.de/2022/05/19/ple ... u-alpha-e/
Antworten