Wölfe sind auch nur Menschen

Die Beziehung zwischen Mensch und Wolf, Zusammenleben, Herdenschutz, Konflikte und Lösungen.
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Nina
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Wölfe sind auch nur Menschen

Beitrag von Nina »

Manche Aussagen von Wolfsabschussbefürwortern und Geschichten von Lokalreportern können einem den Tag mitunter schon sehr erhellen.

Bei zwei aktuellen Berichterstattungen musste ich daran denken, dass den Wölfen gegenüber wohlwollend eingestellte Menschen von Jägern und Gegnern gern bezichtigt werden, den Wolf zu "vermenschlichen".*

Lustigerweise wird dieser Vorwurf nie gegenüber den Wolfsablehnern und Bangemachern erhoben.

Wolfsfamilie nähert sich Kita - die ist allerdings noch nicht mal gebaut. Ach komm, egal:

Aus der "Dorstener Zeitung":
Buchhändler sieht Wolfsfamilie unweit einer Wohnsiedlung in Dorsten

Ein bekannter Buchhändler hat unweit seines Privathauses drei Wölfe gesehen. Es war wohl die erste Wolfssichtung in Dorsten. In der Nähe soll bald ein Kindergarten gebaut werden.


Dorstener Zeitung, 22.11.2021: Buchhändler sieht Wolfsfamilie unweit einer Wohnsiedlung in Dorsten https://www.dorstenerzeitung.de/dorsten ... 000381863/
Uuuh, eine Wolfssichtung - darüber hat in den mehr als 20 Jahren nach Isegrims erster Rückkehr ja wirklich noch niemand berichtet. Deshalb muss der Zusatz her: "In der Nähe soll bald ein Kindergarten gebaut werden."

Man hätte von Familie Wolf nun aber wirklich erwarten können, dass sie vor ihrem Spaziergang über Dorstener Weiden 100m vom Siedlungsrand mal in die Bebauungspläne der Stadt geschaut hätte. Bei jedem vernünftigen Wolf darf schließlich vorausgesetzt werden, dass er sich nicht! niemals! einem Kindergarten nähern darf, selbst wenn dieser noch nicht einmal gebaut ist. Allein die Annäherung an einen möglichen Bauplatz ist schiere Provokation. Da wird ja wohl ein Schild gestanden haben: 'Hier baut demnächst...'
Ob Mama und Papa Wolf ihren Kleinen rechtzeitig in der zukünftigen Kita anmelden wollten, ist entweder nicht überliefert oder versteckt sich hinter der Paywall.

Wölfe sind "straffällig"

Ein nicht minder seltsames Gespräch hat jüngst ein "AKTE"-Reporter in einer launigen Wolfsreportage mit einem Schäfer aus Brandenburg geführt, der da sagte:
- "Man müsste daher immer dem Wolf einen Schritt voraus sein, d. h. man muss die auch bestrafen, die es nicht sein lassen. Die immer wieder die Tiere angreifen. Das sind meistens ja immer die gleichen. Es sind ja nicht alle Wölfe straffällig. Das ist wie bei uns Menschen auch."

- "Sie sprechen so von straffällig. Das klingt so'n bisschen..."

- "Ja, die was Verkehrtes machen, sag ich."

- "Aber Sie empfinden das als eine Straftat des Tieres?"

- "Eine Straftat des Tieres für uns Menschen, halt. Wir bewerten das als Straftat."

- "Was wäre ein Strafmaß für so einen Wolf?"

- "Ein Strafmaß wäre, dass man ihn wegsperrt, also ins Gefängnis, wie wir Menschen auch wegsperren, die ins Gefängnis, die kommen ins Gefängnis, aber hier wäre es natürlich das Maß, dass man ihn entnimmt, d. h. abschießt."

Und der Schäfer sieht nicht nur Gefahren für seine Nutztiere: Er befürchtet auch, dass der Mensch selbst in Gefahr geraten kann.

- "Der Wolf ist nicht harmlos, will ich mal sagen. Das wird schon eine zunehmende Gefahr werden. Das heißt, die Leute müssen aus den Wäldern rausbleiben, damit denen nichts passiert."

SAT1, 16.11.2021: AKTE. UND DER WOLF https://www.sat1.de/tv/akte/video/20214 ... -wolf-clip
Wenn wir also schon so schön bei der Vermenschlichung sind, könnte man das ja mal weiterspinnen:

Bei der von Weidetierhaltern und Jägern geforderten Quotenjagd zum Schutz vor straffälligen Wölfen würde das bedeuten, sich einen kriminalitätsmindernden Effekt davon zu versprechen, zur Reduzierung beispielsweise der Enkeltrick-Betrügereien wahllos diejenigen zu schnappen, die am leichtesten greifbar sind, also die fahrbahnquerende Omma vom Rollator wegzuschnipsen und den unbedarften echten Enkel vom Spielplatz zu entfernen; mit dem Ziel der Todesstrafe wohlgemerkt. Einen echten Täter erwischte man dabei so gut wie nie, allenfalls per Zufall.

Kein Mensch bei Verstand käme wohl auf die Idee, dass sich auf diesem Wege die Kriminalitätsraten senken liessen.



*
Tierrechtler würden von "Mördern" sprechen, wenn sie Jäger meinen. "Der Wolf wird vermenschlicht", sagt Helmut Dammann-Tamke.

Kreiszeitung Wochenblatt, 19.02.2021: Wilder Westen und geheime Listen? Der Streit um den Wolf eskaliert einmal mehr https://www.kreiszeitung-wochenblatt.de ... hr_a192526
Sind wir zu nett zu den Wölfen? Eine Willkommenskultur hat dazu geführt, dass der Wolf seine Angst vor dem Menschen ablegt, sagen Experten. Das birgt Gefahren – für Mensch und Tier. [...] Die Angst vorm Wolf ist keine mehr, die aus Kindermärchen geboren wird. Sie ist real. [...] Nun aber muss das Zusammenleben von Wolf und Mensch erst wieder einen natürlichen Charakter annehmen. Das bedeutet, dass alle Beteiligten begreifen: Der Wolf kann nicht des Menschen Freund sein. Aber eine Gesellschaft, die dazu tendiert, Tiere allzu sehr zu vermenschlichen, muss dabei vieles erst wieder lernen. [...] Arte zeigte vergangene Woche die Dokumentation Wolfsschluchten über das Leben der Wölfe im Norden Spaniens. Schöne Bilder aus der Wildnis, die Kommentare der Zuschauer ausnahmslos positiv: „Schön“, „Traumhaft“, „Merken wir uns als Urlaubsort“, hieß es.
Spanien ist weit weg. Aber ob ich meine Kinder künftig im niedersächsischen Wald alleine lasse? Auf jeden Fall sind mir Hänsel, Gretel und Rotkäppchen gerade zu krass.


Cicero, Marie Amrhein, 01.03.2015: Wölfe in Deutschland - Die gefährliche Willkommenskultur https://www.cicero.de/kultur/woelfe-deu ... ltur/58928
Nein, zu viele Rotkäppchen vor dem Schlafengehen sollten es denn wirklich auch nicht sein... Man sieht ja, was dabei herumkommt.
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