S-A: Wolf fast in Grundschule

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Nina
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S-A: Wolf fast in Grundschule

Beitrag von Nina »

Eine amüsante Geschichte gibt es aktuell noch aus Sachsen-Anhalt. Der Wolf tut, was er so tut, er läuft irgendwo lang - dieses Mal an der Elbe in Zahna-Elster in Sachsen-Anhalt. Amüsant daran ist, was RTL draus macht:
Wolf-Alarm in Elster an der Elbe
Jungwolf läuft morgens auf Grundschule zu - wie gefährlich sind die Tiere?

[...] Es sind gruselige Bilder, die in Elster an der Elbe in Sachsen-Anhalt mit dem Handy festgehalten wurden: Ein Jungwolf spaziert in den frühen Morgenstunden entlang des Flusses und steuert auf die Ortsgrundschule zu. Immer häufiger treten Wölfe aus ihrem natürlichen Lebensraum hinaus, hinein in zivilisierte Gegenden.

RTL, 16.04.2021: Wolf-Alarm in Elster an der Elbe - Jungwolf läuft morgens auf Grundschule zu - wie gefährlich sind die Tiere? https://www.rtl.de/cms/elster-an-der-el ... 42418.html
Neudeutsch nennt man sowas wohl Clickbaiting. "Hinein in zivilisierte Gegenden" - zu "zivilisierten" Menschen, insbesondere zu zivilisierten Journalisten, die eine belanglose Alltagssituation zu so einem Hysterie-Käse hochstilisieren? Wie angenehm, dass sich die Menschen vor Ort nicht auf die "Menschen-Tiere-Sensationen"-Schiene eingelassen haben.
Der Wolf aus Elster macht die Biege, als er ein Schiff auf der Elbe bemerkt. An der Grundschule ist so früh morgens niemand da. Nichts passiert. [...] In Elster hat keiner, den wir gesprochen haben, Angst vorm bösen Wolf. Hier scheint es eher umgekehrt.

RTL, 16.04.2021: Wolf-Alarm in Elster an der Elbe - Jungwolf läuft morgens auf Grundschule zu - wie gefährlich sind die Tiere? https://www.rtl.de/cms/elster-an-der-el ... 42418.html
Nach den Schlüssel-Wörtern "Wolf", "Alarm", "Grundschule", "gruselig" und "gefährlich" wird der Text im Filmbeitrag zunehmend seriöser. Neben einer sachlichen Experteneinschätzung von Michael Unger vom Wolfskompetenzzentrum in Iden erklärt erfrischenderweise die 10jährige Marie den RTL-Zuschauern, dass die Situation Alltag ist und man keine Angst haben muss:
"Ich kann verstehen, dass manche vielleicht, die in Städten wohnen, davor mehr Angst haben. Ich wohn halt hier und seh ganz viele Tiere und hab da nicht so vor Angst. [...] Es war schön, sowas zu sehen, in freier Natur, aber man hat ihm auch ein bisschen angesehen, dass er 'n bisschen Angst hatte, wegen den ganzen Bussen und so."

Die zehnjährige Marie zu der Wolfssichtung in Zahna-Elster, RTL, 16.04.2021: Wolf-Alarm in Elster an der Elbe - Jungwolf läuft morgens auf Grundschule zu - wie gefährlich sind die Tiere? https://www.rtl.de/cms/elster-an-der-el ... 42418.html
Leider kann der/die Redeukteur/in angesichts soviel Entspanntheit - selbst vom Bürgermeister, der sich nach eigenen Angaben über Wolfssichtungen freut - die eigene Meinung trotzdem nicht ganz außen vor lassen und kommt zu der seltsamen Schlussfolgerung:
Das Leben in der Natur und die tägliche Nähe zu den Tieren führt wohl zu der Gelassenheit, mit der die Menschen in Elster auf ihren Zaungast reagieren.

Grundschulleiterin Heike Bräse war beim Anblick des Wolfvideos zuerst erstaunt, dann aber gelassen. "Ich hatte zunächst eigentlich keine Bedenken, weil so ein Wolf ist ein relativ scheues Tier. Ich glaube, der hat im Moment mehr Angst vor uns, als wir vor dem Wolf." So scheint es auch gewesen zu sein, denn 100 Meter vor der Grundschule kehrte der Wolf um, als er ein Schiff auf der Elbe bemerkte. Aber auch wenn es das Jungtier bis zur Schule geschafft hätte, wäre wahrscheinlich nichts passiert, denn so früh morgens war niemand vor Ort.


RTL, 16.04.2021: Wolf-Alarm in Elster an der Elbe - Jungwolf läuft morgens auf Grundschule zu - wie gefährlich sind die Tiere? https://www.rtl.de/cms/elster-an-der-el ... 42418.html
Ha! Es ist also nur deshalb "wahrscheinlich" nichts passiert, weil gar niemand da war! :roll:

Den üblichen Ergüssen von Bernd Busemann ("Der CDU-Politiker sieht in jedem Wolf einen Problemwolf. Er ist der Meinung, dass "die Wolfspopulation mit Hilfe der Jäger auf eine Mindestmenge reguliert werden" müsse. "Man hat längst den Überblick verloren, wie viele Wölfe bzw. Rudel in Deutschland unterwegs sind. Und alle haben Hunger!".") und Olaf Lies (Zitat spare ich mir an dieser Stelle) folgt dann zumindest am Ende noch eine korrigierende Einschätzung des NABU-Pressereferenten Matthias Freter.

Der wilde Tiger, äh, Wolf, in der anfänglichen Aufmachung zur Klickköderung endet dann doch noch ganz harmlos; von seinem ursprünglichen bösen Vorhaben umgestimmt durch ein Schiff auf der Elbe. Naja, vielleicht erreichen die Informationen von den unerschrockenen Menschen in Zahna-Elster auf diesem Wege ja auch ein paar der Kritiker, die beim Lesen der Überschrift und der Einleitung auf die lang ersehnten Beinahe-Risse kleiner Rotkäppchen gehofft hatten.
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