Jäger verwechselt...

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Dr_R.Goatcabin
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Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Warte mal 5-10 Jahre, dann kann ich Dir das einigermaßen wasserdicht hinsichtlich Recht & Machbarkeit beantworten. ;) Solange man eine Befristung nach der anderen hat, ist der Kopf dafür nicht frei. Vom Rechercheaufwand ganz zu schweigen.

Während meiner Läufe im Wald habe ich in den letzten Jahren darüber nachgedacht, genau so eine Utopie mal in einem Buch zu eruieren. Die Menschheit ist nicht mehr ganz so egoistisch-dämlich; Hobbyjagd wird abgeschafft,... genauso wie diese unsägliche Schande der Massentierhaltung. Bevölkerung lebt vorwiegend vegetarisch. All die riesigen Flächen, die es vorher brauchte, Stellplatz und Futter für Vieh zu garantieren, werden entweder aufgeforstet oder in natürlichen ökologischen Zustand zurückversetzt (soweit dieser nachvollziehbar ist und/oder mit den umliegenden Gebieten sinnvoll vereinbar). Für die Menschen, die auf kein Fleisch verzichten wollen, stromern Berufsjäger durch die Wälder, die nun einen deutlich zusammenhängenderen Verbund bilden, wonach keine Inseln mehr für Tier- und Pflanzenpopulationen bestehen, und sich diese demnach leichter genetisch gesund halten können.

Dabei bleibt die Frage - wieviel soll dann immer noch erlegt werden, ergo wieviel Wildschwein will der Mensch auf dem Teller. Daran entscheidet sich (u.a.) der Aufwand für professionelle Jäger.
Ich mache mir keine Illusionen, dass die Jagd ganz verschwinden wird. Aber man kann das Unheil (siehe oben) eindämmen und es Profis machen lassen, die nicht betrunken oder scharfäugig wie Mr. Magoo in die Gegend ballern und dafür flotte Ausreden haben ("Unfälle passieren überall").
"Though this be madness, yet there is method in 't ..."
Redux

Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von Redux »

Hmmm ist was ist mit der viel beschworenen Bestandsregulierung ?
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Nina
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Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von Nina »

Redux hat geschrieben:Hmmm ist was ist mit der viel beschworenen Bestandsregulierung ?
Mit dem Argument der "Bestandsregulierung" bemüht sich die (hobby-)jagdliche Zunft, ihr Handeln vor der Gesellschaft zu rechtfertigen.

Die Jagdgesetzgebung hat mit der wissenschaftlichen Entwicklung, was die moderne Wildtierökologie betrifft, nicht mitgehalten. Das liegt u. a. auch am mangelnden Reformwillen traditioneller Vertreter.

Um zu eruieren, wann und wo und bei welcher Wildtierart tatsächlich eine Bestandsregulierung erforderlich wäre, müsste zunächst ein unabhängges Monitoring mit der Erfassung der Bestände und der Schäden vorausgehen, um dann gezielte, durchdachte und das Ökosystem schonende Maßnahmen zu ergreifen. Dabei geht es auch um einen politischen Kompromiss, denn Jagd, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Tierschutz, Artenschutz und Naturschutz verfolgen z. T. ganz unterschiedliche Ziele. Was wir aber heute haben, ist ein Abschuss per Gießkannenprinzip zumeist durch Hobbyjäger, die nicht professionell - im Sinne einer mehrjährigen Berufsausbildung - ausgebildet sind.
Tatsache ist, dass die Inhaber des Jagdrechts zusammen mit den Jägern, die die Jagd ausüben (bei uns meistens Jagdpächter) die jährlichen Abschusspläne aufstellen. Die Jagdbehörde macht lediglich ihren Haken darunter – es sei denn, Wild, Wald und Flur stehen nicht im Einklang zueinander. Dann wird gerne der Jagdberater des Landkreises hinzugezogen (fast immer ein Jäger). Selbstverständlich hat die Forstbehörde ein Wort mitzureden. Aber sie entscheidet nicht, sie setzt nichts fest.

Ulrich Wotschikowsky, 08.06.2018: Auf der Jagd - Wem gehört die Natur? http://woelfeindeutschland.de/auf-der-j ... die-natur/
Ich sehe darin ein eklatantes Ungleichgewicht, weil die unterschiedlichen Anliegen von mehr als 99% der Bevölkerung völlig unberücksichtigt bleiben.

Ob eine Bestandsregulierung zwingend und grundsätzlich notwendig ist, möchte ich anhand dreier Beispiele zur Diskussion stellen:

1. Verbot der Fuchsjagd in Luxemburg
Luxemburg ist der Fuchs seit 2015 keine jagdbare Art mehr. [...] Ausufernde Fuchsbestände, die Übertragung von Wildkrankheiten - nichts von dem, was der örtliche Jagdverband FSHCL prophezeit hat, ist eingetreten. Auch nicht die Befürchtungen deutscher Jagdlobby-Organisationen, das Fuchsjagdverbot würde mit einem Anstieg der Zahl der Füchse im benachbarten Rheinland-Pfalz einhergehen. [...] Wie etliche wissenschaftliche Forschungsarbeiten belegen, kann selbst durch sehr intensive jagdliche Maßnahmen die Zahl der Füchse mittelfristig nicht reduziert werden. Die Tiere bekommen mehr Nachwuchs und leer geschossene Fuchsreviere finden durch Zuwanderung schnell neue Revierinhaber. Natur- und Forstverwaltung im Großherzogtum Luxemburg haben keine Probleme durch das Fuchsjagdverbot festgestellt; es gibt keine Indizien für eine Zunahme der Fuchspopulation, und die Befallsrate der Füchse mit dem Fuchsbandwurm hat sich seit dem Jagdverbot verringert. [...] Es gibt ganz offenkundig keine stichhaltigen Argumente, die für die Fuchsjagd und somit für ein Ende des Fuchsjagdverbots sprechen. Das hatte in Luxemburg seinerzeit auch schon das Verwaltungsgericht bestätigt, indem es das Ansinnen des FSHCL, das Jagdverbot zu kippen, abwies.

Presseportal, 11.02.2019: In Luxemburg funktioniert die Natur auch ohne Fuchsjagd - Jagdverbot geht in das fünfte Jahr https://www.presseportal.de/pm/133267/4189362
2. Das Verbot der Hobbyjagd im Kanton Genf (Schweiz)
Die Jäger brauche es, um die Tierpopulationen zu regulieren, argumentieren die Jagdbefürworter einstimmig. Das Gegenteil beweist der Kanton Genf. Seit 1974 herrscht im Westschweizer Kanton ein Jagdverbot. [...] Hirsche und Wildschweine sind zurückgekehrt und der Bestand an Wasservögeln und Rehen hat deutlich zugenommen. Wir haben zudem die grösste Hasenpopulation der Schweiz. Waldbesucher treffen auf viel mehr Tiere als früher und sie werden nicht mehr durch den Jagdlärm gestört. [...] Die Zahl der Rehe hat zugenommen, ist aber noch in einem erträglichen Bereich. Die Population der Wasservögel hat sich tatsächlich vervielfacht. Unter anderem, weil sie nicht mehr durch Jäger augescheucht werden. Den Bestand an Wildschweinen müssen wir regulieren, damit die Zahl nicht explodiert.
[...] Die Jäger sehen die großen Tierbestände und bedauern, diese nicht jagen zu können.

Tageswoche, 15.10.2013: Für die Jäger war es eine Katastrophe https://tageswoche.ch/politik/fuer-die- ... tastrophe/
Würde Genf heute über dieselbe Vorlage abstimmen, wäre die Zustimmung sogar noch grösser. Die Bilanz ist durchwegs positiv. Die mit dem Verbot verbundenen Probleme hat man im Griff. Bei Konflikten mit Bauern, die einen konsequenten Schutz vor Wildtieren fordern, findet man Lösungen. Die Schäden an der Landwirtschaft und die Kostenfolgen sind gering, Jagdunfälle heute kein Thema mehr. [...] Seit seiner Einführung übernehmen in Genf Wildhüter die Aufgaben der Jäger. Zusätzliche Stellen wurden keine geschaffen. [...] Die Kosten des Jagdmanagements sind kein Thema. [...] Gemäss Pichaud betragen sie jährlich eine Million Franken, also 2.20 Franken pro Einwohner. Die Genfer zahlen das gerne, weil sie es schätzen, dass sie Tiere bei ihren Spaziergängen in freier Natur antreffen. Dieser Eindruck ist wissenschaftlich bestätigt. Der Kanton stellte in einer Langzeitstudie eine starke Zunahme der Biodiversität fest.

Tagesanzeiger, 13.09.2018: Füchse und Rehe als Volkstherapie https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/re ... y/16130176
3. Der Blick in den eigenen Garten
In unseren Gärten leben diverse Wildtiere wie Singvögel, Greifvögel, Eulen, Igel, Eichhörnchen und Amphibien unterschiedlichster Art. Niemand würde auf die Idee kommen, dass eine Regulierung durch den Menschen hier notwenig wäre, um routinemäßig Meisen und Amseln, Igel, Frösche, Molche, Ringelnattern, Blindschleichen, Eichhörnchen etc. zu erschießen und in Jagdstreckenberichten zusammenzufassen und optisch mit Tannennadeln in den Schnäbeln/Mäulern aufzureihen und den Kadavern feierlich Blasmusik vorzutröten. Von wievielen Rotkehlchen-Plagen, Igel-Massenvermehrungen, und ausufernden Krötenbeständen habt Ihr schon gehört oder sie selbst erlebt? Richtig, keine. Wir füttern nach den Vorgaben der Heinz-Sielmann-Stiftung sogar ganzjährig Vögel, und trotzdem limitiert sich der Bestand trotz der Kulturlandschaft in Reinform auf ganz natürliche Art - durch begrenzte Reviere, begrenzte natürliche Nahrung, begrenzte Brutmöglichkeiten, Witterung/Wetter, Krankheiten sowie durch Prädatoren am Boden und in der Luft.

Es geht mir überhaupt nicht darum, dass gar keine Tiere erlegt werden, aber dann doch bitte nur durch professionelles Personal und mit vernünftigem Grund, Sinn und Verstand, wo es notwendig ist und sämtliche Teile der Gesellschaft mit ihren unterschiedlichsten Interessen eingebunden sind. Und vor allem bitte nicht auf Basis eines antiquierten Gesetzes, dass in weiten Teilen immer noch den Geist des Reichsjagdgesetzes atmet.
Schattenwolf

Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von Schattenwolf »

Mal schauen ob ich das gepostet bekomme.

Jagdopfer Mensch

Der SWR berichtet über tödliche Jagdunfälle:

https://www.ardmediathek.de/swr/player/ ... fer-mensch

Stell Dir vor, Du gehst mit Deinem Hund spazieren und dann kommen solche Gestalten aus den Büschen und stellen an Dich Forderungen!
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q ... yvKHF4qMCq

Jagdhunde reißen Schafe
„Unser kleinstes, gerade mal vier Wochen altes Lamm ist offenbar zu Tode gehetzt worden, ein weiteres drei Monate altes Lamm in Stücke gerissen worden. Nur ein Bein war noch am Körper“, hat die Schafhalterin die schrecklichen Bilder noch vor Augen. „Und das Mutterschaf lag verendet und angebissen ein paar Meter weiter. Furchtbar.“

Mit Bildern von Wolfsrissen machen Jäger in sozialen Netzwerken Stimmung gegen den Wolf.
Es ist nicht damit zu rechnen dass Jäger eingestehen, wie oft ihre eigenen Hunde wildern, Tiere übel zurichten oder zu Tode beißen, wenn sie außer Kontrolle geraten.
https://www.wn.de/Muensterland/Kreis-St ... sen-Schafe
harris
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Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von harris »

Nina hat geschrieben: 4. Sep 2019, 13:55
Redux hat geschrieben:Hmmm ist was ist mit der viel beschworenen Bestandsregulierung ?
Mit dem Argument der "Bestandsregulierung" bemüht sich die (hobby-)jagdliche Zunft, ihr Handeln vor der Gesellschaft zu rechtfertigen.

Die Jagdgesetzgebung hat mit der wissenschaftlichen Entwicklung, was die moderne Wildtierökologie betrifft, nicht mitgehalten. Das liegt u. a. auch am mangelnden Reformwillen traditioneller Vertreter.
Da könnte ich Dir recht geben. Da muss etwas getan werden
Nina hat geschrieben: 4. Sep 2019, 13:55 Um zu eruieren, wann und wo und bei welcher Wildtierart tatsächlich eine Bestandsregulierung erforderlich wäre, müsste zunächst ein unabhängges Monitoring mit der Erfassung der Bestände und der Schäden vorausgehen, um dann gezielte, durchdachte und das Ökosystem schonende Maßnahmen zu ergreifen. Dabei geht es auch um einen politischen Kompromiss, denn Jagd, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Tierschutz, Artenschutz und Naturschutz verfolgen z. T. ganz unterschiedliche Ziele. Was wir aber heute haben, ist ein Abschuss per Gießkannenprinzip zumeist durch Hobbyjäger, die nicht professionell - im Sinne einer mehrjährigen Berufsausbildung - ausgebildet sind.
Ein Monitoring wird durchgeführt. Wenn Du ein unabhängiges wünscht, wer soll das machen? Der Pfarrer? Zumindest der sollte einigermaßen glaubwürdige sein…
Nina hat geschrieben: 4. Sep 2019, 13:55
Tatsache ist, dass die Inhaber des Jagdrechts zusammen mit den Jägern, die die Jagd ausüben (bei uns meistens Jagdpächter) die jährlichen Abschusspläne aufstellen. Die Jagdbehörde macht lediglich ihren Haken darunter – es sei denn, Wild, Wald und Flur stehen nicht im Einklang zueinander. Dann wird gerne der Jagdberater des Landkreises hinzugezogen (fast immer ein Jäger). Selbstverständlich hat die Forstbehörde ein Wort mitzureden. Aber sie entscheidet nicht, sie setzt nichts fest.
Ulrich Wotschikowsky, 08.06.2018: Auf der Jagd - Wem gehört die Natur? http://woelfeindeutschland.de/auf-der-j ... die-natur/
[/quote]
Oho, da muss ich auch mal wiedersprechen. Nein, der Abschlußplan wird nicht von den Jagdpächtern aufgestellt. Die Vorgaben kommen von der oberen Jägdbehörde. Und die Forstbehörde hat heutzutage einen großen Einfluss. Rate mal von wem die Forderung kommt, dass mehr Schalenwild (Rehe, Hirsche….) wegen dem Verbiss geschossen werden soll?
Nina hat geschrieben: 4. Sep 2019, 13:55 Ich sehe darin ein eklatantes Ungleichgewicht, weil die unterschiedlichen Anliegen von mehr als 99% der Bevölkerung völlig unberücksichtigt bleiben.
Aha, 99% der Bevölkerung befasst sich ja auch nicht tiefgreifend mit den Thema, sondern hat nur eine Meinung und leider kein Wissen. Und bekanntlich ist „Halbwissen“ gefährlich. Sie Zusammenhänge sollte man doch einigermaßen verstehen und nicht immer nur eine Seite (evtl. Lieblingstier) sehen.
Nina hat geschrieben: 4. Sep 2019, 13:55
Ob eine Bestandsregulierung zwingend und grundsätzlich notwendig ist, möchte ich anhand dreier Beispiele zur Diskussion stellen:

1. Verbot der Fuchsjagd in Luxemburg
Luxemburg ist der Fuchs seit 2015 keine jagdbare Art mehr. [...] Ausufernde Fuchsbestände, die Übertragung von Wildkrankheiten - nichts von dem, was der örtliche Jagdverband FSHCL prophezeit hat, ist eingetreten. Auch nicht die Befürchtungen deutscher Jagdlobby-Organisationen, das Fuchsjagdverbot würde mit einem Anstieg der Zahl der Füchse im benachbarten Rheinland-Pfalz einhergehen. [...] Wie etliche wissenschaftliche Forschungsarbeiten belegen, kann selbst durch sehr intensive jagdliche Maßnahmen die Zahl der Füchse mittelfristig nicht reduziert werden. Die Tiere bekommen mehr Nachwuchs und leer geschossene Fuchsreviere finden durch Zuwanderung schnell neue Revierinhaber. Natur- und Forstverwaltung im Großherzogtum Luxemburg haben keine Probleme durch das Fuchsjagdverbot festgestellt; es gibt keine Indizien für eine Zunahme der Fuchspopulation, und die Befallsrate der Füchse mit dem Fuchsbandwurm hat sich seit dem Jagdverbot verringert. [...] Es gibt ganz offenkundig keine stichhaltigen Argumente, die für die Fuchsjagd und somit für ein Ende des Fuchsjagdverbots sprechen. Das hatte in Luxemburg seinerzeit auch schon das Verwaltungsgericht bestätigt, indem es das Ansinnen des FSHCL, das Jagdverbot zu kippen, abwies.

Presseportal, 11.02.2019: In Luxemburg funktioniert die Natur auch ohne Fuchsjagd - Jagdverbot geht in das fünfte Jahr https://www.presseportal.de/pm/133267/4189362
Thja, mal wieder der Fuchs. Tolles Tier, stimme ich Dir zu. Auch niemand (ich jedenfalls) will ihn ausrotten. Auch er ist für das Ökosystem wichtig. Aber trotzdem muss eine Bestandsregulierung erfolgen, die sogar der NABU fordert. Zwar immer nur in ihren gesponserten Flächen, aber das ist ein anderes Thema. Wie sieht es mit dem Niederwild und den Bodenbrütern aus? Bei zu vielen Füchsen, haben die keine Chance. Gib auch ihnen eine…
In vielen Naturschutzgebieten und vor allem im Wattenmeer-Bereich und den Inseln wird der Fuchs intensiv bejagt. Der Erfolg beim Bestand der Bodenbrüter und des Niederwildes bestätigt dieses doch nur. Warum dann nicht überall? Bitte immer das "Große Ganze" sehen und nicht den Fokus DAS tolle Tier legen.. ;-)
Nina hat geschrieben: 4. Sep 2019, 13:55 2. Das Verbot der Hobbyjagd im Kanton Genf (Schweiz)
Die Jäger brauche es, um die Tierpopulationen zu regulieren, argumentieren die Jagdbefürworter einstimmig. Das Gegenteil beweist der Kanton Genf. Seit 1974 herrscht im Westschweizer Kanton ein Jagdverbot. [...] Hirsche und Wildschweine sind zurückgekehrt und der Bestand an Wasservögeln und Rehen hat deutlich zugenommen. Wir haben zudem die grösste Hasenpopulation der Schweiz. Waldbesucher treffen auf viel mehr Tiere als früher und sie werden nicht mehr durch den Jagdlärm gestört. [...] Die Zahl der Rehe hat zugenommen, ist aber noch in einem erträglichen Bereich. Die Population der Wasservögel hat sich tatsächlich vervielfacht. Unter anderem, weil sie nicht mehr durch Jäger augescheucht werden. Den Bestand an Wildschweinen müssen wir regulieren, damit die Zahl nicht explodiert.
[...] Die Jäger sehen die großen Tierbestände und bedauern, diese nicht jagen zu können.

Tageswoche, 15.10.2013: Für die Jäger war es eine Katastrophe https://tageswoche.ch/politik/fuer-die- ... tastrophe/
Würde Genf heute über dieselbe Vorlage abstimmen, wäre die Zustimmung sogar noch grösser. Die Bilanz ist durchwegs positiv. Die mit dem Verbot verbundenen Probleme hat man im Griff. Bei Konflikten mit Bauern, die einen konsequenten Schutz vor Wildtieren fordern, findet man Lösungen. Die Schäden an der Landwirtschaft und die Kostenfolgen sind gering, Jagdunfälle heute kein Thema mehr. [...] Seit seiner Einführung übernehmen in Genf Wildhüter die Aufgaben der Jäger. Zusätzliche Stellen wurden keine geschaffen. [...] Die Kosten des Jagdmanagements sind kein Thema. [...] Gemäss Pichaud betragen sie jährlich eine Million Franken, also 2.20 Franken pro Einwohner. Die Genfer zahlen das gerne, weil sie es schätzen, dass sie Tiere bei ihren Spaziergängen in freier Natur antreffen. Dieser Eindruck ist wissenschaftlich bestätigt. Der Kanton stellte in einer Langzeitstudie eine starke Zunahme der Biodiversität fest.

Tagesanzeiger, 13.09.2018: Füchse und Rehe als Volkstherapie https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/re ... y/16130176
Ohje, die Genfer. Hinterfrag mal richtig wie es dort läuft. Auch dort wird gejagt. Das „Kind“ hat nur einen anderen Namen bekommen. Es gibt jetzt eben „Nuturranger“ oder „Kantonal angestellt Jäger“. Und auch die Jagen...mit Auswirkungen:
Massnahmen und Auswirkungen]
In den letzten Jahrzehnten kam es, dem Trend im gesamten west- und mitteleuropäischen Raum folgend, zu einer Rückkehr mehrerer grosser Wildtierarten in den Kanton Genf.
Neben passiven Massnahmen zur Wildschadensprävention, wie etwa Elektrozäunen gegen Wildschweine sowie Geräten, die Alarmtöne ausstossen, wenn sich Rehe nähern, werden auch Abschüsse durch Berufsjäger der Genfer Wild- und Fischereibehörde vorgenommen.
In der offiziellen eidgenössischen Jagdstatistik werden die behördlichen Abschüsse im Kanton Genf als «Spezialabschuss» gelistet. Der Rechenschaftsbericht der Genfer Wild- und Fischereibehörde für die Jahre 2014 bis 2017 listet verschiedene Arten, die wegen der von ihnen versuchten Wildschäden als Problem gelten und gegenwärtig (vor allem Wildschweine, Rehe, Rabenvögel) oder in absehbarer Zeit (Rothirsche) durch Abschüsse vergrämt oder in ihrem Bestand reduziert werden.
Der seit Ende der 1990er Jahre stark erhöhte Abschuss von Wildschweinen – im Berichtszeitraum von 2014 bis 2017 wurden daher von der Genfer Wildhut im Jahresdurchschnitt 187 Wildschweine getötet – wird als Grund dafür gesehen, dass die landwirtschaftlichen Schäden auf ein erträgliches Niveau gebracht werden konnten. Gemäss den Abschussrichtlinien werden weder grosse Keiler, noch führende Bachen geschossen. Um bei den Wildschweinen das langfristig angestrebte Ziel von 3 bis 4 Tieren pro Quadratkilometer zu erreichen, werden jährlich rund 50 % des Bestandes getötet. Das bei den Abschüssen anfallende Wildbret wird in Genf verkauft und erfreut sich in der Bevölkerung grosser Beliebtheit.
Erhebliche Waldschäden durch Schalenwild – das Rehwild erreicht Dichten von 10–15 Stück pro km² Wald – erzwangen die Erstellung eines Wald-Wild-Konzeptes gemäss der «Vollzugshilfe Wald und Wild» des Bundesamt für Umwelt (BAFU). Als Gegenmassnahmen wurden der Bau von Wildzäunen verstärkt sowie mit zielgerichteten Abschüssen beim Rehwild begonnen. Neben dem Wald sind in Bezug auf die Rehe vor allem Schäden in Weinbergen und Streuobstwiesen problematisch.
Zur Vergrämung von Rabenvögeln und Tauben im Bereich von besonders schadanfälligen Sonderkulturen wurde ein Falkner verpflichtet. „
Eric Schweizer, Präsident des Genfer Jägerverbands La St Hubert, kritisierte 2014 die Staatsjagd im Kanton. So sei der Bestand des Rebhuhns stark zurückgegangen und das Kaninchen sogar ausgerottet worden. Schweizer erklärte, «staatlich bezahlte Wildhüter, aber auch ‹genehmigte Private› [hätten] von 1974 bis heute mehr als 31'000 diverse Vögel – Wildtauben, Enten, Stare, Rabenvögel und sogar Reiher – sowie tausende Säugetiere – Kaninchen, Hasen, Wildschweine, räudige Füchse und in den letzten Jahren auch Rehe – abgeschossen».
[/quote]
Nina hat geschrieben: 4. Sep 2019, 13:55 3. Der Blick in den eigenen Garten
In unseren Gärten leben diverse Wildtiere wie Singvögel, Greifvögel, Eulen, Igel, Eichhörnchen und Amphibien unterschiedlichster Art. Niemand würde auf die Idee kommen, dass eine Regulierung durch den Menschen hier notwenig wäre, um routinemäßig Meisen und Amseln, Igel, Frösche, Molche, Ringelnattern, Blindschleichen, Eichhörnchen etc. zu erschießen und in Jagdstreckenberichten zusammenzufassen und optisch mit Tannennadeln in den Schnäbeln/Mäulern aufzureihen und den Kadavern feierlich Blasmusik vorzutröten. Von wievielen Rotkehlchen-Plagen, Igel-Massenvermehrungen, und ausufernden Krötenbeständen habt Ihr schon gehört oder sie selbst erlebt? Richtig, keine. Wir füttern nach den Vorgaben der Heinz-Sielmann-Stiftung sogar ganzjährig Vögel, und trotzdem limitiert sich der Bestand trotz der Kulturlandschaft in Reinform auf ganz natürliche Art - durch begrenzte Reviere, begrenzte natürliche Nahrung, begrenzte Brutmöglichkeiten, Witterung/Wetter, Krankheiten sowie durch Prädatoren am Boden und in der Luft.
Gebe ich Dir recht, ist ja auch der Garten….und schießen in einem „Befriedeten Bezirk“ schon gar nicht. Aber warte mal ab wenn der Waschbär bei Dir erst einmal den Dachstuhl auseinander genommen hat oder von Deiner Tochter (sag ich jetzt nur mal so) sich die jungen Kaninchen zur Mahlzeit genommen hat. Oder der Marder zig mal Dein Auto zum Stillstand gebracht hat. Mal schauen wer dann nach Hilfe schreit…
Nina hat geschrieben: 4. Sep 2019, 13:55 Es geht mir überhaupt nicht darum, dass gar keine Tiere erlegt werden, aber dann doch bitte nur durch professionelles Personal und mit vernünftigem Grund, Sinn und Verstand, wo es notwendig ist und sämtliche Teile der Gesellschaft mit ihren unterschiedlichsten Interessen eingebunden sind. Und vor allem bitte nicht auf Basis eines antiquierten Gesetzes, dass in weiten Teilen immer noch den Geist des Reichsjagdgesetzes atmet.
Aha, „professionell“. Wo fängt der Profi an? Wo fängt der Experte an? Viele machen ihr „Hobby“ zum Beruf. Viele Hobbyisten verstehen ihr Handwerk besser als mancher „Profi“
Es gibt Hobbyjäger, die sind Weltmeister im Tontaubenschießen...
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Nina
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Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von Nina »

harris, mit Freude stelle ich zunächst mal fest, dass Du dieses Mal auf die Inhalte eingegangen bist.

1. Das Monitoring
harris hat geschrieben:Ein Monitoring wird durchgeführt. Wenn Du ein unabhängiges wünscht, wer soll das machen? Der Pfarrer? Zumindest der sollte einigermaßen glaubwürdige sein…
Es gibt noch mehr Menschen in unserem Land als nur Kleinstminderheiten wie Pfarrer oder Jäger. Du blendest die große Zahl ehrenamtlicher Naturschützer sowie Wildbiologen komplett aus - dabei hat allein der NABU mehr als 700.000 Mitglieder, also doppelt so viele wie es Hobbyjäger gibt. Das Monitoring der Jäger ist nicht einheitlich, nicht flächendeckend und nicht wissenschaftlich belastbar. Nicht einmal die Jagdstrecken sind zuverlässig. Ich erinnere mich an einen Hegeringleiter, der diesbezüglich seinem Unmut Luft gemacht hat:
„Es ist schier unmöglich, mit korrekten Zahlen aufzuwarten.“ Manche der Jäger hätten gar keine Streckenzahlen zur Verfügung gestellt, andere wiederum hätten Zahlen geliefert, die vollkommen unrealistisch und wenig Vertrauen erweckend seien. Jütten: „Weiß der Geier, wo solche Zahlen herkommen.“

Kölner Stadtanzeiger, 15.03.2011: Hegeringleiter sprach Tacheles https://www.ksta.de/jagd-hegeringleiter ... s-12461922
Beim Wolfsmonitoring in Sachsen wurde das geringe Interesse der Jäger an der Aufgabe besonders deutlich:
Gegenüber etwa 2.181 Datensätzen, die von Lupus erhoben worden sind (ein Großteil davon durch Fotofallen), stehen ganze 15 – in Worten fünfzehn! – Wahrnehmungen der Jäger. Das sind sieben Promille aller dokumentierten Wahrnehmungen. Und nur eine einzige davon ist von der Jagdbehörde an Lupus weitergeleitet worden, wie es die Verordnung vorschreibt.

Ulrich Wotschikowsky, 26.09.2015: Sieben Promille - Viel Luft nach oben http://woelfeindeutschland.de/sieben-pr ... nach-oben/
Eckhard Fuhr hat skizziert, worum es geht:
Nein, das Schüren der Wolfsangst hat nichts mit Verantwortung oder Vorsorge zu tun, sondern mit Macht. Mit dem Wolf nämlich treten menschliche Akteure auf den Plan, welche das Machtgefüge in Wald und Flur durcheinanderbringen. Wolfsberater und Wolfsmanager sind dort unterwegs, wo eigentlich die Jagdpächter die Allzuständigkeit für alles beanspruchen was da kreucht und fleucht.

Eckkhard Fuhr, WELT, 17.09.2015: Jäger fürchten um die Vorherrschaft im deutschen Wald https://www.welt.de/debatte/article1465 ... -Wald.html
Vor genau diesem Hintergrund sehe ich solche Einlassungen:
harris hat geschrieben:99% der Bevölkerung befasst sich ja auch nicht tiefgreifend mit den Thema, sondern hat nur eine Meinung und leider kein Wissen. Und bekanntlich ist „Halbwissen“ gefährlich. Sie Zusammenhänge sollte man doch einigermaßen verstehen und nicht immer nur eine Seite (evtl. Lieblingstier) sehen.
Ist es nicht sogar eher so, dass der Waidmann erst recht nur die eine Seite sieht? Warum kommt die Hege denn nicht allen Wildtieren zugute? Warum werden die einen gehegt, die anderen ignoriert und das "Raubzeug" bekämpft?
Zudem gilt die Liebe des Waidwerkers (anders als die des Naturschützers) nicht allen Tieren, sondern nur ihren wenigen jagdbaren Vertretern. [...] Doch die spezifischen Probleme etwa der Wasseramsel interessieren den Jäger nicht.

Richard David Precht: Tiere denken - Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen, Kapitel Naturschutz oder Lustmord?, Seite 354, Goldmann Verlag München, 2018
2. Die Fuchsjagd
harris hat geschrieben:Aber trotzdem muss eine Bestandsregulierung erfolgen, die sogar der NABU fordert. Zwar immer nur in ihren gesponserten Flächen, aber das ist ein anderes Thema. Wie sieht es mit dem Niederwild und den Bodenbrütern aus? Bei zu vielen Füchsen, haben die keine Chance. Gib auch ihnen eine…
In vielen Naturschutzgebieten und vor allem im Wattenmeer-Bereich und den Inseln wird der Fuchs intensiv bejagt. Der Erfolg beim Bestand der Bodenbrüter und des Niederwildes bestätigt dieses doch nur. Warum dann nicht überall? Bitte immer das "Große Ganze" sehen und nicht den Fokus DAS tolle Tier legen.. ;-)
Treffender kann man die Diskrepanz von echtem Naturschutz und jagdlichem "Naturschutz" kaum beschreiben. Allein diese völlig vereinfachte Denkweise, dass der Fuchs generell Schuld am Schwund von Niederwild und Wiesenvögeln sein soll, zeugt doch gerade von gefährlichem Halbwissen. Selbst wenn Du alle Füchse ausrottest - den Garaus bereitet den Wiesenvögeln der Mensch, und zwar durch Walzen, Schleppen und Mähen zur Brutzeit, durch Gülledüngung und Entzug der Nahrungsgrundlage durch nahezu flächendeckenden Pesitzid- und Herbizideinsatz. Wer hierfür den Fuchs verantwortlich macht, der gibt auch dem Specht die Schuld am Untergang der Regenwälder.

Der NABU sieht die Fuchsjagd differenziert, z. B. der NABU Baden-Württemberg. Eine lokal begrenzte Fuchsjagd kann als vorübergehende Managementmaßnahme sinnvoll sein, wenn eine Beute-Population kurz vor dem Zusammenbruch steht.
Die Jagd auf Füchse kann aus Sicht des NABU Baden-Württemberg in Form eines lokalen bis regionalen Wildtiermanagements auf der Grundlage von Artenschutzkonzepten angemessen sein, sofern dies aus naturschutzfachlicher Sicht nachgewiesenermaßen zielführend ist. Manche Bestände geschützter Arten sind so klein, dass es selbst bei einer Aufwertung ihrer Lebensräume notwendig ist, die Bestände der dort vorkommenden Prädatoren, wie etwa die des Fuchses, zeitlich und räumlich begrenzt zu regulieren.

NABU Baden-Württemberg: Jagd - Bitte naturverträglich https://baden-wuerttemberg.nabu.de/natu ... index.html
Im Gegensatz dazu lehnt beispielsweise der NABU Lüneburg die Fuchsjagd ab:
Gleichzeitig werden aber auch die natürlichen Gegenspieler der Mäuse, sämtliche Beutegreifer, insbesondere der Fuchs massiv, teils auch barbarisch (Bau- und Fallenjagd) bejagt.
Wir fordern daher: Schluss mit der Fuchsjagd! Sie ist ökologischer Unsinn! Wir unterstützen daher auch die Forderungen des "Aktionsbündnis Fuchs" ausdrücklich!
[...] Unterstützen Sie die Kampagnen für ein Verbot der Fuchsjagd bzw. eine Änderung des Jagdgesetzes!

NABU Lüneburg: Fuchsjagd ist ökologischer Unsinn https://www.nabu-lueneburg.de/
Und was sagt die Wissenschaft?
17 Studien zeigen - Fuchsjagd lässt die Fuchspopulation ansteigen oder sorgt (wie andere Erkenntnisse zeigen) aufgrund der Erhöhung der Zuwanderung von Füchsen für mehr Prädation und Unruhe in Wiesenvogelgebieten! [...] „Da Füchse territorial organisiert sind und infolgedessen ihr Revier nicht nur gegen eindringende füchsische Artgenossen, sondern auch gegen andere Prädatoren wie Steinmarder oder Iltis verteidigen, halten sie den Prädationsdruck auf die bedrohte Vogelpopulation auf einem konstanten Niveau. Dieses Niveau ist überdies verhältnismäßig niedrig, weil Füchse den seltenen Vögeln nicht gezielt nachstellen (SEYMOUR et al., 2003), sondern sich in erster Linie an ihre Hauptbeute – in aller Regel Mäuse und Kaninchen – halten, und ihre bevorzugten Aufenthaltsorte und Pässe überdies den Vögeln bekannt sind. Werden die betreffenden territorialen Standfüchse nun jedoch weggeschossen, kann das Revier nicht mehr verteidigt werden, und wie bereits erwähnt, hat ein solches Vakuum eine regelrechte Sogwirkung auf vagabundierende Jungfüchse zur Folge. Damit wächst der Prädationsdruck auf die Vögel womöglich sogar an; das ursprüngliche Vorhaben - nämlich die Beutetiere der Füchse zu schützen - ist gescheitert. Ganz davon abgesehen, reagieren viele Vogelarten insbesondere in der Brut- und Aufzuchtzeit sehr empfindlich auf menschliche Störungen; der Abschuss von Füchsen würde infolgedessen unvermeidbar zu Gelegeverlusten und erhöhter Mortalitätsrate bei unselbständigen Jungtieren führen. Lediglich Schutzzäune erscheinen als menschlicher Eingriff in dieses Räuber-Beute-System bisweilen sinnvoll (SWAAN, 1997; PATTERSON, 1977).“

Bürgerinitiative Pro Fuchs in Ostfriesland e. V.: Was schützt Wiesenvögel vor Predation? https://www.profuchsostfriesland.de/Inf ... raedation/
Und Du, harris, möchtest stattdessen auch noch am liebsten Füchse flächendeckend nach dem Gießkannenprinzip töten lassen? Diese Einstellung erscheint umso absurder, als das Jagdjahr 2017/2018 bundesweit 184.690 Feldhasen, 76.731 Fasane, 1.879 Rebhühner und 8.570 Waldschnepfen auf der menschengemachten Jagdstrecke aufweist.

3. Jagdverbot im Kanton Genf
harris hat geschrieben:Ohje, die Genfer. Hinterfrag mal richtig wie es dort läuft. Auch dort wird gejagt. Das „Kind“ hat nur einen anderen Namen bekommen. Es gibt jetzt eben „Nuturranger“ oder „Kantonal angestellt Jäger“. Und auch die Jagen...mit Auswirkungen:
Was dann folgt, ist ein ellenlanger, ungefilterter und unseleketierter aus Wikipedia kopierter Text - und dann auch noch ohne Nennung der Quellenangabe. In dem Text steht sogar genau drin, warum es sich eben nicht um dasselbe Kind mit anderem Namen handelt - die flächendeckende Hobbyjagd ist verboten, stattdessen erfolgen jagdliche Eingriffe nur noch im Einzelfall nach Überprüfung durch berufliche Wildhüter, wo es politisch notwenig erscheint. Das ist ein ganz gewaltiger Unterschied zur Hobbyjagd, auch wenn der zitierte Präsident des Genfer Jagdverbandes (!) verständlicherweise interessengeleitet eine andere Meinung zum Jagdverbot unterhält:
Für die Jäger war es eine Katastrophe. [...]Die Jäger sehen die großen Tierbestände und bedauern, diese nicht jagen zu können.

Tageswoche, 15.10.2013: Für die Jäger war es eine Katastrophe https://tageswoche.ch/politik/fuer-die- ... tastrophe/
Da ist es doch verständlich, wenn die Kosten für Wildschäden - angeblich wegen des Jagdverbots - aufgebauscht werden. Sie betragen jährlich aber nur 17.000 Franken - in Deutschland betragen die Wildschäden allein durch Schwarzwild jährlich 17 Mio. € - trotz Jagd. Und bitte nicht vergessen, die an die Hobbyjäger verteilten Steuergeldmillionen an "Pürzelprämie" einzuberechnen, damit sie auch Jungtiere schießen, was die Wildhüter im Kanton Genf ausschließlich tun, um die Rottenstrukturen nicht zu zerstören und wie in Deutschland heilloses Chaos in den Schwarzwildbeständen anzurichten.
In den letzten fünf Jahren schüttete der Kanton Genf für Tierschäden jährlich 17'000 Franken aus. [...] Die Kosten des Jagdmanagements sind kein Thema. Die Neuenburger Anthropologin Manue Pichaud hat sie berechnet. Gemäss Pichaud betragen sie jährlich eine Million Franken, also 2.20 Franken pro Einwohner. Die Genfer zahlen das gerne, weil sie es schätzen, dass sie Tiere bei ihren Spaziergängen in freier Natur antreffen. Dieser Eindruck ist wissenschaftlich bestätigt. Der Kanton stellte in einer Langzeitstudie eine starke Zunahme der Biodiversität fest. [...] Herausragend ist die Artenvielfalt bei den Wasservögeln. Rehe, Hirsche und Wildschweine galten in Genf vor dem 1974 beschlossenen Jagdverbot als beinahe komplett verschwunden und leben nun wieder dort. Auch die Bestände an Mardern, Bibern, Hasen, Wieseln und Greifvögeln haben sich in den letzten Jahren erholt.

Tagesanzeiger, 13.09.2018: Füchse und Rehe als Volkstherapie https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/re ... y/16130176
4. Der Blick in den eigenen Garten
harris hat geschrieben:Gebe ich Dir recht, ist ja auch der Garten….und schießen in einem „Befriedeten Bezirk“ schon gar nicht. Aber warte mal ab wenn der Waschbär bei Dir erst einmal den Dachstuhl auseinander genommen hat oder von Deiner Tochter (sag ich jetzt nur mal so) sich die jungen Kaninchen zur Mahlzeit genommen hat. Oder der Marder zig mal Dein Auto zum Stillstand gebracht hat. Mal schauen wer dann nach Hilfe schreit…
Es geht überhaupt nicht darum, ob Schießen in befriedeten Bezirken erlaubt ist, sondern ob Wildtiere generell reguliert werden müssen. Was liegt näher, als dabei auf Lebensräume zu schauen, in denen nicht vom Menschen reguliert wird? Welches Ungleichgewicht, welche Plagen von Singvögeln, Greifvögeln, Amphibien, Eichhörnchen, Igeln usw. treten denn auf, weil sie nicht geschossen werden? Beantworte Dir doch einfach diese Frage.

Waschbären und Marder werden bejagt - und das kann eben auch nicht verhindern, dass mal man ein Waschbär ins Haus gelangt oder ein Marder die Kabel des Autos auf dem Gewissen hat. Die Frage ist doch - muss ich diese Tiere deswegen gleich töten, und zwar dann gleich präventiv und flächendeckend nach dem Gießkannenprinzip? Ich fahre seit Jahrzehnten Auto und habe bislang einen, einzigen Marderschaden gehabt, der sich nie mehr wiederholt hat, nachdem ich in der Anfangszeit danach ein simples Gitter auf den Boden unters Auto gelegt habe. Einen Waschbären in meinem Garten hatte ich auch schon in der Fotofalle, na und? Der ist total unauffällig. Wenn ich Hühner, Kaninchen oder Meerschweinchen hätte, würde ich sie entsprechend sichern - es gibt ja nicht nur Waschbär und Marder, sondern auch noch die "Luftwaffe". Warum sollte ich Wildtiere blindwütig töten wollen, wenn einfachste Maßnahmen völlig ausreichend sind? DAS unterscheidet den einen Naturschutz von dem "etwas anderen Naturschutz" - den mit der Jagdwaffe.
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Nina
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Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von Nina »

harris hat geschrieben:99% der Bevölkerung befasst sich ja auch nicht tiefgreifend mit den Thema, sondern hat nur eine Meinung und leider kein Wissen. Und bekanntlich ist „Halbwissen“ gefährlich. Sie Zusammenhänge sollte man doch einigermaßen verstehen und nicht immer nur eine Seite (evtl. Lieblingstier) sehen. [...] Bitte immer das "Große Ganze" sehen und nicht den Fokus DAS tolle Tier legen.. ;-)
Dazu zitiere ich noch einnmal aus einer interessanten Arbeit aus dem Bundesamt für Naturschutz:
Jäger verstehen sich in diesem Zusammenhang häufig in erster Linie als Heger, die für sich in Anspruch nehmen, genau zu wissen, was den Wildtieren gut tut. Dementsprechend sehen sie sich in der Öffentlichkeit gerne als Hüter der Wildtiere und der Natur insgesamt.
Das Töten von Tieren und die unterschiedliche Wertigkeit, die Wildtieren bei der praktischen Jagdausübung zukommt, werden bei solchen Veranstaltungen dagegen nicht thematisiert.
In Gesprächen mit vielen Jägern wird allerdings schnell klar, dass Wildtiere unterschiedlich beurteilt werden. Die maximale Aufmerksamkeit gilt dabei den Tierarten, die Trophäen tragen, während trophäenlose Tiere entweder unbedeutend sind, oder den Raubtieren oder Beutegreifern, die teils unter hohem Aufwand verfolgt werden (Rosenberger 2009). Die mit der Jagd verfolgten Ziele sind von den Personen, die die Jagd ausüben, in der Regel weitgehend selbst gesteckt. Sie entsprechen häufig nicht den wichtigsten, z.B. waldgesetzlich festgeschriebenen gesellschaftlichen Zielen (s. Kap. 3) oder den Vorgaben der Zertifizierung nach FSC oder PEFC3.


Christian Ammer, Torsten Vor, Thomas Knoke, Stefan Wagner: Der Wald-Wild-Konflikt - Analyse und Lösungsansätze vor dem Hintergrund rechtlicher, ökologischer und ökonomischer Zusammenhänge, Bundesamt für Naturschutz, Seite 21 https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/docume ... 1_2010.pdf
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Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von zaino »

Harris hat in sofern recht, als die oberste Jagd- und Forstbehörde Abschusszahlen aufstellt, auf der Basis von Schätzungen, nicht Zählungen. Es gelingt damit, in einigen Revieren zeitweise das meiste Rehwild zu dezimieren, bei der Wildsau klappt es NICHT, die hat eine höhere Vermehrungsrate und ist viel stress-resistenter.
Mitten im wütenden Gebrüll wegen zu hoher Rehwildbestände und die täten den Wald fressen, sagte mal ein alter und kluger Jägersmann: "Es ist doch so, eine einzige Rehgeiß mit Kitz kann in ein paar Wochen eine ganze Schonung zusammenbeissen, und der Befund sagt dann nichts, gar nichts, über die MENGE an Wild auf X Hektar aus."

Das heisst wiederum für alle, die Angst vorm Wolf haben: Der wird sich nur da ansiedeln, wo er genug Beute findet. Keine Rehe? OK, dann halt Wildsauen. Kann uns nur nützen. Oder er sucht sich gleich woanders ein Revier, wo es halt mehr Schalenwild anderer Gattungen gibt.

Jagd ist ok, ich habe eben nur, wie Nina, ein Problem damit, wenn man sie als "Regulativ der Natur" sieht, ohne das es angeblich nicht geht. Es ist vielfach widerlegt worden (s. Nina, die kann das besser dokumentieren), dass das so einfach nicht funktioniert. Angeheizt wird das immer nur durch diesen angeblichen Wald-Wild-Konflikt.

Nina hat recht, wenn sie schreibt, dass Tierarten sich nicht gegenseitig ausrotten. Nicht in endemischen Populationen. In Australien mag das anders sein: Da drängen neuer eingeführte Arten in die ökologischen Nischen der endemischen Arten und setzen die unter existenziellen Druck. Das Ökosystem geht quasi in die Knie. s. Katzen, Karnickel, Füchse, Wildesel- und -pferde etc. Aber auch da scheitern wüste Ausrottungs-Aktionen.

Bei uns jedenfalls ist das Ökosystem noch so halbwegs intakt, was die Arten betrifft. Und solche Dinge wie "Flurbereinigung", Pestizidverwendung etc. schlagen viel stärker ein als das Auf und ab unterschiedlicher Tierpopulationen.
Geh auf die Jagd, wenns Dich freut, aber fühl Dich nicht als Gott-Ersatz, der mit der Flinte draußen ist, um die Welt zu retten BITTE.
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

harris hat geschrieben: 5. Sep 2019, 09:00 Aha, 99% der Bevölkerung befasst sich ja auch nicht tiefgreifend mit den Thema, sondern hat nur eine Meinung und leider kein Wissen. Und bekanntlich ist „Halbwissen“ gefährlich. Sie Zusammenhänge sollte man doch einigermaßen verstehen und nicht immer nur eine Seite (evtl. Lieblingstier) sehen.
harris hat geschrieben: 5. Sep 2019, 09:00 Ein Monitoring wird durchgeführt. Wenn Du ein unabhängiges wünscht, wer soll das machen? Der Pfarrer? Zumindest der sollte einigermaßen glaubwürdige sein…
Nina hat geschrieben: 5. Sep 2019, 13:50 Es gibt noch mehr Menschen in unserem Land als nur Kleinstminderheiten wie Pfarrer oder Jäger. Du blendest die große Zahl ehrenamtlicher Naturschützer sowie Wildbiologen komplett aus - dabei hat allein der NABU mehr als 700.000 Mitglieder, also doppelt so viele wie es Hobbyjäger gibt. Das Monitoring der Jäger ist nicht einheitlich, nicht flächendeckend und nicht wissenschaftlich belastbar. Nicht einmal die Jagdstrecken sind zuverlässig. Ich erinnere mich an einen Hegeringleiter, der diesbezüglich seinem Unmut Luft gemacht hat:
„Es ist schier unmöglich, mit korrekten Zahlen aufzuwarten.“ Manche der Jäger hätten gar keine Streckenzahlen zur Verfügung gestellt, andere wiederum hätten Zahlen geliefert, die vollkommen unrealistisch und wenig Vertrauen erweckend seien. Jütten: „Weiß der Geier, wo solche Zahlen herkommen.“
zaino hat geschrieben: 6. Sep 2019, 08:57 Geh auf die Jagd, wenns Dich freut, aber fühl Dich nicht als Gott-Ersatz, der mit der Flinte draußen ist, um die Welt zu retten BITTE.

... Um diese Einstellung geht es hier, wenn auch nicht nur. "Außer uns hat hier draußen niemand Ahnung .. und darum wollen wir auch das letzte Wort behalten." Ich zweifelte in meinen bisherigen Kommentaren (wie auch Zaino) nie an, dass es in der Jägerschaft auch viele Menschen gibt, denen das Wohl der Natur wirklich am Herzen liegt (und nicht allein das jagdbare Wild, damit man fröhlich schiessen kann), aber solange bei gewissen Themen auf den öffentlichen Kanälen hauptsächlich lautstarkes Macho-Gebälk und Klopfen auf die Brust zu vernehmen ist, wird auch die Kritik an der so bestehenden Jagd nicht nachlassen.
Selbstherrliche Engstirnigkeit kommt nirgend gut an.

Hier noch mal ein älterer Beitrag zur Auffrischung .. Der Wotsch im Interview.

viewtopic.php?f=16&t=2927

...

Besagtes Monitoring wäre nicht einmal eine solche Frage des Geldes. Es gibt genügend aktive wie potentielle Ehrenamtliche mit auch hoher Ausbildung, die dafür glühten, sowas machen zu können (wobei da niemand einen roten Heller für seine Arbeit ablehnte, natürlich). Ich zum Beispiel bin Helfer bei der UNB und als mobile Blutbank für Mücken im Dickicht unterwegs, weil ich wissen will, wo der Biber welchen Unfug anrichtet. Ist mir eher unwichtig, ob es dafür eine Urkunde, social credit points oder sonstwie Anerkennung gibt - ich mache das, weil ich es für eine richtige und gute Sache halte. Und im Monitoring für den Wolf freute ich mich über jede(n) Haarwu(r)st unter´m Sanddorn, die ich fände.
"Though this be madness, yet there is method in 't ..."
harris
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Re: Jäger verwechselt...

Beitrag von harris »

Nina, du greifst immer auf den Nabu zurück. Weißt du was das ist? Ein e.V ein Verein, wie um die Ecke der Fußballverein. Und wieviele können wirklich Fußball spielen? Beim NABU ist das auch nicht anderes und bei Jägern auch und bei Doktoren ist es gaaaaaaaaanz schlimm...

Aber ich habe nie behauptet, dass der Fuchs am Niedergang des Niederwildes und Bodenbrüters schuld ist, er ist nur ein Teil (auch beachtlicher) davon.
Aber da ist es mal wieder, das Ganze sollte man sehen. Das komplette Habiat.
Aber wie auch hier, liegt Dein Fokus wieder nur auf dem Einen...
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