Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Über freilebende Wölfe in Deutschland.
harris
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Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von harris »

Nina hat geschrieben: 4. Feb 2019, 16:39
harris hat geschrieben:Cool, 98% der User hier, waren noch nie auf der Jagd, aber alles wissen es läuft. Top!
Flugzeug kann auch jeder fliegen? Ja natürlich, habt ja schon mal drüber gelesen und eines gesehen. ^^
Nach der Logik könnte auch nur ein berufserfahrener Henker das Für und Wider der Todesstrafe beurteilen.
Nur ein Kriegsveteran hätte das Recht, über Sinn und Unsinn von Kriegen zu entscheiden.

Um eine klare Haltung gegen Tierquälerei zu haben, muss ich aber nicht selbst Tiere misshandelt haben.

Ich könnte noch etliche Beispiele aufführen. Insbesondere wenn das Recht auf Freiheit des einen die Rechte anderer beschneidet, sind eben auch die anderen oder deren Vertreter Experten auf ihrem Gebiet.
Wer in den Wald geht und allein zur eigenen Freude mutwillig Tiere tötet, begeht eine Tätigkeit, die unvereinbar ist mit dem ethischen Selbstverständnis moderner Gesellschaften, wie es unter anderem das Tierschutzgesetz festschreibt: Einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen ist verboten - und sportliche Tötungsfreude ist nach Auffassung eines liberal-demokratischen Staates kein "vernünftiger Grund".

Philosoph Richard David Precht: Tiere denken - Vom Recht der Tiere und den Grenzen der Menschen, Kapitel "Naturschutz oder Lustmord?", Seite 350, Goldmann Verlag 2018
Besonders aufschlussreich ist die Darstellung des Selbstverständnisses der Jäger in den Medien. Hieraus wird deutlich, aus welchen Motiven hierzulande gejagt und wie die eigene Rolle verstanden wird: "Ich ersetze das Großraubwild. Wölfe und Bären kommen in unseren Wäldern nicht mehr vor, ihre Stelle muss der Jäger einnehmen." [...] Trotz anderslautender Verlautbarungen seitens der Jagdverbände, nach denen die Rückkehr der großen Raubtiere begrüßt wird, trifft man an Jägerstammtischen neben „Rotkäppchengeschichten“ vielfach auf das Bekenntnis, dass Großraubtiere in erster Linie als Konkurrenten betrachtet werden.

Ammer, Vor, Knoke, Wagner: Der Wald-Wild-Konflikt - Analyse und Lösungsansätze vor dem Hintergrund rechtlicher, ökologischer und ökonomischer Zusammenhänge, Bundesamt für Naturschutz, Seite 19-20 https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/docume ... 1_2010.pdf
Ich muss nicht eigenhändig ein Wildtier abgemurkst haben, um darin einen Widerspruch zu erkennen. ;)

Ich muss auch nicht eigenhändig ein Tier abgemurkst haben, um den hier skizzierten deutlichen Gegensatz zu erkennen: Zwischen dem geäußerten "gefühlten" Rückgang der Jagdstrecken und den tatsächlichen Streckenzahlen, die ja wundersamer Weise von den Jägern selbst stammen.
Dann fang mal bei Deiner Cilque an:
http://www.news.de/panorama/855650122/z ... t-haben/1/
Ach sorry, bei Reitern ist das ja eine Ausnahme.. die quälen ja nicht. Das Pferd macht ja alles freiwillig.. mit Peitsche, Sporen, Zügeln, Gebissstück...noch was? Kenn mich da nicht so aus wie du mit der Jagd. Und habe auch keine Lust noch mehr davon im Netzt zu suchen. Ist mir zu grausam!
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Neuestes Hobby - immer schiefere Vergleiche. Davon abgesehen was für den Knarzpiraten zum Nachlesen & Verstehen, auch wenns schwer fällt. Merkste was?

https://de.wikipedia.org/wiki/Whataboutism
"Though this be madness, yet there is method in 't ..."
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Nina
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Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von Nina »

Wie soll der arme harris auch anders reagieren?

Was die Widersprüche der Jagd betrifft, bleibt er uns eine Antwort weiter schuldig - und das, obwohl er sich ganz im Gegensatz zum Thema Pferd bei Jagdthemen tatsächlich auskennt. Er könnte ja sachlich alles widerlegen und wirklich gute Argumente bringen - wenn er denn nur welche hätte.

Und ich dachte immer, wir Weidetierhalter wären jetzt die neuen Freunde der Jäger im Kampf gegen den bösen Wolf. Und ausgerechnet diese Gruppe willst Du jetzt düpieren? Auch das ist inkonsistent und passt zu den sonstigen Widersprüchen.

Dass ich ein Kritiker des kommerziellen Reitsports bin, habe ich bereits an anderer Stelle kundgetan, als ein anderer User sich auch nicht anders zu helfen wusste, als die Whataboutism-Taste zu drücken. Wenn Dir das Thema Pferde so am Herzen liegt, harris, kannst Du ja einen eigenen Thread dazu im Smalltalk aufmachen, wo ich Dir gern - fachlich fundiert und mit guten Argumenten - Rede und Antwort stehen werde.
Erklärbär
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Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von Erklärbär »

Wer in den Wald geht und allein zur eigenen Freude mutwillig Tiere tötet, begeht eine Tätigkeit, die unvereinbar ist mit dem ethischen Selbstverständnis moderner Gesellschaften, wie es unter anderem das Tierschutzgesetz festschreibt: Einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen ist verboten - und sportliche Tötungsfreude ist nach Auffassung eines liberal-demokratischen Staates kein "vernünftiger Grund".

Philosoph Richard David Precht: Tiere denken - Vom Recht der Tiere und den Grenzen der Menschen, Kapitel "Naturschutz oder Lustmord?", Seite 350, Goldmann Verlag 2018
Wenn du dich jetzt schon so empor schwingst und Philosophen zu Rate ziehst solltest Du wenigstens so ehrlich sein und die Grenzen deine moralischen Forderungen erkennen.

Ist es denn ein vernünftiger Grund, dass für deine Esslust Tiere unter teilweise bestialischen Haltungsbedingungen geopfert werden? Die auf engstem Raum zusammengepfercht sind obwohl doch reichlich Platz wäre? Die bei lebendigem Leibe und unter vollem Bewusstsein kastriert werden, obwohl es doch schon längst Methoden gäbe, wie dieses schmerzfrei möglich wäre?

Oder bist du etwa Veganerin? In letzter moralischer Instanz muss man dann sogar Veganer sein, da es heute genügend Wissen gibt, welche Nährstoffe im Bedarfsfall zu substituieren sind! Was also ist "Vernunft", was den Umgang mit Tieren und deren Leid anbelangt?

Mir ist es lieber, wenn ein Tier ein Leben lang in völliger Freiheit in der Wildnis aufwächst bevor es dann mit einem einzigen gezielten Schuss möglichst schnell ins Jenseits befördert wird. Natürlich nur um dann verzehrt zu werden und nicht um eine irgendeine Trophäe an die Wand zu nageln. Und ob die Erregung oder die Lust die manche dabei empfinden mag völlig zu verteufeln ist, möchte ich auch in Abrede stellen. Bei allen Völkern, in denen die Jagd eine Rolle spielte, gibt es und gab es Rituale, welche vor, während oder nach erfolgreicher Jagd durchgeführt werden. Seien es Freudentänze oder Jagdhorngebläse. Jedenfalls besteht der Mensch nun mal aus Kopf und Herz, wobei ich mir bei dir da nicht so sicher bin. Dein Kopfzentrum scheint übermäßig dominant zu sein.
Redux

Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von Redux »

Diese Diskussion habe ich schon hundertmal führen müssen. Ohne, daß es je zu einem Konsens gekommen wäre. Ich persönlich kann nichts moralisch verwerfliches an Fleischkonsum erkennen, selbst wenn einem die Tiere leid tun. Niemand wird gezwungen Fleisch zu essen und schon gar nicht irgendein Fleisch aus Massentierhaltung. Wenn es sich zu meinem Erstaunen doch um ein moralisches Gebot handeln sollte nur Fleisch von glücklichen Tieren zu verzehren, dann sollte es diese, wie ich schon des Öfteren gesagt habe für alle auf Bezugsscheine geben, denn dann wäre es verwerflich dieses alleine über den Preis zu regeln. Daß heißt nicht, daß sich an Tierschutzgesetz bzw. dessen Kontrollen nicht einiges verbessern läßt. Nur Jäger als Tierquäler, Metzger als Mörder oder Bauern als Gefängniswärter zu bezeichnen finde ich überzogen
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Gibt's irgendwo ein festgelegtes Menschenrecht auf Fleisch? .... Ursprüngliches Thema schlingert auch wieder übel.
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Redux

Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von Redux »

Stimmt das Thema schlingert und nein es gibt aber ein Selbstbestimmungsrecht. Und eines auf Teilhabe (bevor es zu Mißverständnissen kommt)
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Nina
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Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von Nina »

@Schwarz-Weiß-Bär

Wozu noch einen Philosophen zu Rate ziehen, wo es doch Facebook, Twitter und Co. gibt? Und Du ernährst Dich also ausschließlich von selbsterlegten Wildtieren? Bestimmt. ;)

Zwischen Hobbyjagd und Massentierhaltung gibt es auch noch viele andere Möglichkeiten der Lebensmittelgewinnung. Deiner Logik zufolge muss ein Kritiker der Hobbyjagd zwangsläufig ein Fürsprecher der Massentierhaltung und betäubungslosen Ferkelkastration sein. Dazwischen gibt es nichts? Um solche irrtümlichen, festgefahrenen Synapsenverbindungen aufzulösen, solltest vielleicht selbst Du doch mal einen Philosophen zu Rate ziehen.

Und bevor Du auch diesen Thread wieder am Thema vorbei schredderst, mach doch einen eigenen auf, wo wir über Lebensmittelerzeugung und Nahrungsgewohnheiten, gern auch über meine, diskutieren können.

Um mal wieder zurück zum Thema zu kommen:

Der Jagdverband plädiert also für den Abschuss ganzer Wolfsrudel. Die Aufnahme ins Jagdrecht und eine regelmäßige Reduktion der Wolfspopulation wurden ja auch bereits gefordert.

Gleichzeitig wird aber auch die Notwendigkeit der Jagd zur Regulierung der ausufernden Wildschweinbestände aufgrund der Afrikanischen Schweinepest betont. Auf die Feststellung der Lausitzer Rundschau, dass eine intensive Bejagung das Auftreten der Schweinepest nicht verhindern könne, antwortet der befragte Jäger:
Das zwar nicht. Aber in dem Moment, in dem es einen Infektionsfall gibt, ist jedes Tier, was wir vorher erlegt und zudem dem menschlichen Verzehr zugeführt haben, ein sinnvoll geschossenes Wildschwein. [...] In Brandenburg und einigen Nachbarländern sind die Bestände in den vergangenen Jahren aufgrund des guten Nahrungsangebotes in der Landwirtschaft so explodiert, dass sie reduziert werden müssen. Sie richten enorme Schäden auf Feldern und an Deichen an und verursachen immer mehr schwere Verkehrsunfälle.

Lausitzer Rundschau, 03.02.2019: Die Verantwortung der Jäger beim Kampf gegen die Schweinepest https://www.lr-online.de/nachrichten/br ... d-35975837
Und deshalb fordern die Jagdverbände vehement, den natürlichen Fressfeind und Gegenspieler des Schwarzwilds bejagen und gleich rudelweise töten zu dürfen? Das ist genauso ein Widerspruch, den niemand von den Herren Jagdvertretern hier erklären kann.

Und wer sich jetzt wieder in Ausflüchte zu verlieren versucht, dass sich der Wolf ja sowieso so gut wie nie an Wildschweine heranwagen würde, dem sei mal ein Blick in den aktuellen niedersächsichen Landesjagdbericht empfohlen.

Aus den zwischen 2013 und 2017 gesammelten 504 Proben von Wolfslosungen ergab sich, dass bezüglich der Häufigkeiten einzelner Nahrungskategorien in der Stichprobe Schwarzwild mit 31,6 % am zweithäufigsten ermittelt wurde und hinsichtlich der Anteile an der gesamten Biomasse mit 33,78% an erster Stelle steht. (By the way, Weidetiere hatten nur einen Anteil von 0,4% bzw. 0,49%).

Vgl. Landesjagdbericht Niedersachsen 2017/2018, Untersuchungen zur Nahrungsökologie des Wolfes (Canis lupus) in Niedersachsen, Seite 104 ff.
https://www.ljn.de/fileadmin/dateien/lj ... _18Web.pdf

Folgt man der Logik des oben zitierten Jägers, dürfte vor dem Hintergrund der Afrikanischen Schweinepest nicht nur jedes vom menschlichen Jäger erlegte Wildschwein ein "sinnvoll" getötetes Wildschwein sein, sondern auch das durch den Wolf - und das ja nicht einmal zu knapp.

Stattdessen wird Rotkäppchen strapaziert, um auch den natürlichen Gegenspieler des Schwarzwilds abschießen zu dürfen.
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Nina hat geschrieben: 5. Feb 2019, 17:33 @Schwarz-Weiß-Bär

Um solche irrtümlichen, festgefahrenen Synapsenverbindungen aufzulösen, solltest vielleicht selbst Du doch mal einen Philosophen zu Rate ziehen.
In diesem Sinne empfehle ich ..

Mark Rowlands (2019); Der Philosoph und der Wolf: Was ein wildes Tier uns lehrt
https://www.amazon.de/Philosoph-Wolf-wi ... 3492258654

Sehr eingehende Geschichte eines Profs mit seinem Wolf und den Einblicken, die der Autor aus dem Leben mit "Brenin" ableitet. Zum Ende hin leider auch sehr traurig. :( Aus verschiedenen Gründen nicht zur Nachahmung geeignet.
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Erklärbär
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Re: Jagdverband plädiert für Abschuss ganzer Wolfsrudel

Beitrag von Erklärbär »

Dem hier kann man nur zustimmen!

https://m.focus.de/wissen/experten/flor ... 53990.html
Nach utilitaristischen Gesichtspunkten muss man nämlich Motivation, Handeln und Folgen ins Verhältnis setzen: Der von Precht verteufelte Jäger erlegt ein Wildtier. Dieses Wildtier ist geboren und aufgewachsen , ohne dass der Jäger darauf Einfluss hatte. Das Tier muss auch sterben, ohne dass der Jäger dies verhindern kann. Wenn es ein bestimmtes Alter erreicht, fallen ihm die Zähne aus, und es verhungert. Es kann auch von Beutegreifern gefressen werden oder an Seuchen eingehen.

Der Tod ist zwingender Teil des Lebens. In der Natur ist er darüber hinaus besonders unangenehm, da es dort keine Palliativmedizin gibt. Der Bulle, dessen Steak hingegen Precht verzehrt, wurde von Menschen extra gezüchtet, eben für lustvolle Esser wie den Philosophen aus Solingen. In beiden Fällen ist Lust das Motiv für den Tod des Tieres.

Der Unterschied besteht darin, dass Precht diesen Tod durch Verzicht vermeiden könnte, der Jäger hingegen nicht. Das von ihm erlegte Tier muss ohnehin sterben, der Steak-Spender des Herrn Precht wird mangels Nachfrage gar nicht erst geboren. Auch im Hinblick auf das „Selbst“ des Tötens ist Precht kein Vorbild. Er überantwortet diesen blutigen Hintergrund seiner eigenen Lust an Fremde. An den Koch, den Schlachter, den Tierzüchter. Sie alle üben einen Beruf aus, der auf dem Töten von Tieren basiert. Und sie tun es gern, schließlich haben sie ihn frei gewählt.

Auch ihr Tun ist also von Lust geprägt. Precht versteckt sich hinter der Verantwortung dieser Menschen, wenn er sich als den moralisch besseren Nur-Genießer darstellt. Er ist ein Konsumtäter, der mit seiner EC-Karte tötet. Als Philosoph hat er sich damit demontiert.
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