NDS: 78% unzureichend geschützt

Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein
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Nina
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NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von Nina »

Ich habe nach längerer Zeit mal wieder einen Blick in die Liste der Nutztierschäden in Niedersachsen geworfen, die jetzt ja auf den Seiten des NLWKN und nicht mehr bei der Landesjägerschaft verortet ist. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Liste 2018 um die Angaben über einen vorhandenen bzw. nicht vorhandenen Herdenschutz erweitert worden ist.

Ich hab's mal kurz zusammengerechnet:

- Fälle gemeldeter Nutztierschäden von Schafen, Ziegen und Gatterwild : insgesamt: 78 (100%)

- Davon mit Mindestschutz gemäß Richtlinie Wolf: 10 (13%)

- Fehlender Mindestschutz gemäß Richtlinie Wolf: 58 (74%)

- Herdenschutz eingeschränkt (Schafe außerhalb des Zauns oder Zaun funktionsuntüchtig): 3 (4%)

- keine Angabe: 5 (6%)

- keine Angabe, da aufgrund verspäteter Meldung keine Dokumentation mehr möglich war: 2 (3%)

Das bedeutet, dass in 78% gemeldeter Nutztierschäden kein Mindestschutz gemäß der Richtlinie Wolf vorhanden (74%) oder dieser Schutz nur eingeschränkt vorhanden war (4%).

Wenn man bedenkt, wie präsent der Wolf seit mehr als 3 Jahren durch die niedersächsichen Medien und die Landespolitik getrieben wird, ist die Quote von nahezu 80% unzureichend geschützter Tiere unverständlich.

Für den (unwahrscheinlichen) Fall, dass hier jemand die Übersicht noch nicht kennt, noch einmal der Link:

https://www.nlwkn.niedersachsen.de/natu ... 61701.html
TheOnikra

Re: NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von TheOnikra »

Nina hat geschrieben: 19. Jun 2018, 15:17 - Davon mit Mindestschutz gemäß Richtlinie Wolf: 10 (13%)
Interessant das 7 davon im Januar und Februar waren. Ob hier Jährlinge zwecks baldiger Abwanderung geübt haben?

Jedenfalls mal gut das eine Angabe zum Herdenschutz gemacht wird.
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Nina
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Re: NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von Nina »

Ja, ich finde, dass diese Zusatzinformation einen echten Mehrwert bietet, auch, um Presseberichte realistischer einschätzen zu können.

Z. B. wurde über einen Fall in der Lokalpresse berichtet, wo sich der Schafhalter betroffen zeigte, einen Bezug zu Angriffen auf Menschen herstellte ("Muss erst ein Mensch angegriffen werden") und wieder einmal auch ein ehemaliges Flaschenlamm Opfer wurde, zu dem eine besondere emotionale Beziehung bestand. Die Angaben zum Herdenschutz sind im Lokalpresseartikel eher vage.

In der Rissliste kann man dann nachlesen, dass erstens der Verursacher noch gar nicht feststeht und dass zweitens - obwohl mitten im Wolfsgebiet - kein wolfsabweisender Grundschutz gemäss der Richtlinie Wolf vorhanden war.

Selbst wenn ein Hund der Verursacher gewesen sein sollte, hätte man auch dieses Risiko mit einem wolfsabweisenden Grundschutz senken können.

Ich versuche ja immer, mich in die Tierhalter hineinzuversetzen, die über ihre Tiere trauern und ihre Betroffenheit gegenüber der Presse zum Ausdruck bringen, andererseits aber - aus welchen Gründen auch immer - auf Schutzmaßnahmen verzichten, insbesondere, wenn in den Nachbargemeinden und Nachbarlandkreisen immer mal wieder Wolfsrisse zu beklagen sind. Ich kann das nicht nachvollziehen.
udo
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Re: NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von udo »

Hiermit lade ich alle Forumsmitglieder auf meinen Hof in der Wesermarsch ein. Dort kann mir dann jeder aufzeigen, wie er/sie sich Herdenschutzmaßnahmen für meinen Betrieb vorstellen könnte. Dann auch sagen, wie es finanziert und unterhalten werden kann. Bin für jedcen Rat offen, das Ganze muß aber wirtschaftlich darstellbar sein.
zaino
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Re: NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von zaino »

Udo, es kann aber doch nicht sein, dass Ihr NICHTS, GAR NICHTS macht bzw. ausprobiert? Das heißt im Umkehrschluß nichts als "Rottet den Wolf wieder komplett aus, sonst funzt unsere Landwirtschaft nicht"???
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Nina
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Re: NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von Nina »

@udo:

Sich trotzig mit verschränkten Armen hinzustellen und die anderen mal machen zu lassen, ist wohl kaum eine konstruktive Lösung.
Für meine Weidetiere bin ich in allererster Linie verantwortlich, und nicht die anderen. Hütesichere Zäune, die Weidetiere am Ausbrechen hindern, müssen ja eh vorhanden sein, also kann man sie in der Regel auch nachrüsten, um das Risiko eines Wolfsangriffs zu mindern.

Wenn Du tatsächlich eine ernstgemeinte Beratung wünscht, warum meldest Du Dich dann nicht im niedersächsischen Wolfsbüro unter 0511-3034 3034?

Nach fast 20 Jahren Wolfsrückkehr in Deutschland und rund 7 Jahren in Niedersachsen ist es doch sehr seltsam, wenn Weidetierhalter so tun, als hätten sie noch nie was von den Möglichkeiten des Herdenschutzes gehört.

Wie wär's mal damit:

NLWKN: Infomaterial zum Wolf in Niedersachsen https://www.nlwkn.niedersachsen.de/natu ... omaterial/

Freistaat Sachsen: Herdenschutzhunde und sichere Einzäunung http://www.lausitz-wolf.de/fileadmin/PD ... 16-web.pdf

NLWKN: Herdenschutz vor Wolfsübergriffen, Flyer zum Download: https://www.nlwkn.niedersachsen.de/natu ... 53808.html

Freundeskreis freilebender Wölfe: Infos zum Herdenschutz http://www.lausitz-wolf.de/index.php?id=1200

Herdenschutz Niedersachsen: Leben mit dem Wolf http://www.herdenschutz-niedersachsen.de/

NLWKN: Präventionsanträge zum Herdenschutz vor Wolfsangriffen im Rahmen der Richtlinie Wolf https://www.nlwkn.niedersachsen.de/natu ... 44497.html

NLWKN: Informationen für Nutztierhalterinnen und Nutztierhalter https://www.umwelt.niedersachsen.de/the ... 29504.html
udo
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Re: NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von udo »

Ich stelle mich nicht trotzig hin und lasse andere machen. Es ist für Außenstehende immer leicht gesagt, daß man seine Tiere schützen muß. Es ist ja nicht so, daß ich mit meinen Tieren große Reichtümer erwirtschafte und nicht weiß, was ich mit meiner Zeit anfangen soll. Wenn ich alle Koppeln wolfssicher einzäunen wollte, wäre ich optimistisch gerechnet bei ca 30000 Euro Materialkosten, die mir eventuell zu 80% erstattet würden, der Bau und die Unterhaltung der Zäune müssten von mir getragen werden. Als einzige Arbeitskraft auf dem Betrieb kann ich das nicht leisten. Sämtliche Koppeln des Betriebes sind vo Wassergräben umgeben, die zur Viehkehrung, Entwässerung und zur Tränke dienen. Diese Gräben müssen regelmäßig maschinell aufgereinigt werden, dazu müßte der Zaun dann wieder abgebaut werden. Tränkesysteme müßten neu hergestellt werden. Die Auswirkung auf Wildtiere wäre verheerend und das Landschaftsbild verschandelt. Die Alternative wäre Ganzjahresstallhaltung der Tiere mit großflächigem Maisanbau.
Und das alles nur, damit sich ein Raubtier, das 150 Jahre lang niemand wirklich vermisst hat, nun überall frei bewegen muss?
Damit Ihr euch mal ein realistisches Bild meiner Situation machen könnt, seid Ihr herzlich eingeladen.
zaino
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Re: NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von zaino »

Das heisst, für Dich ist das rigorose Ausrotten der wiedereingewanderten Wölfe die einzige Alternative, die Du siehst?
Redux

Re: NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von Redux »

@ Udo Na ja also wenn du einen Teil der Kosten erstattet bekommst setzt du den Rest doch garantiert von den Steuern ab ! Außerdem kann mir keiner erzählen, daß ein Hof schon mit 30.000 Euro an der Grenze seiner Investitionsreserve ist. Und klar ist das mehr Arbeit mehr Aufwand, höhere Kosten (wobei die wahrscheinlich soweiso der Staat trägt) , nur haben sich die Bedingungen eben geändert.
zaino
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Re: NDS: 78% unzureichend geschützt

Beitrag von zaino »

*neinichsetzmichheutaufmeinefinger* Hat wer Paketklebeband für mich, zur Sicherheit?
Denn über die buchstäblich so genannten Totschlagargumente der Landwirte könnte ich 1 h lang referieren... :(
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