Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Ankündigung und Besprechung von User- und Wolfsinteressierten-Treffen sowie Veranstaltungen über Wölfe.
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Ash
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Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von Ash »

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Re: Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von SammysHP »

Dienstag 19 Uhr, das könnte passen.
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Re: Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von SammysHP »

Hab's geschafft. Noch ist es ruhig. Bei den geladenen Gästen erwarte ich aber eine interessante Diskussion.
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Re: Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von SammysHP »

Der Abend verlief dann doch recht ruhig, obwohl das ein oder andere Mal einige Emotionen nach vorne drangen. Der Raum – eine schon als historisch zu bezeichnende Scheune – war mit rund 80 Teilnehmern gut gefüllt.

Um kurz nach sieben Uhr begrüßte Peter-Jürgen Rau (ehemaliger FDP Politiker) von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit / Rudolf-von-Bennigsen Stiftung die Gäste. Das Leitthema hieß "Die Rückkehr des Wolfes - Schaden oder Nutzen?" (ein häufiger Titel, irgendwie langweilig geworden). Es ging um Politik und die EU.

Zu Gast waren:
  • Dr. Florian Asche, Anwalt spezialisiert auf Jagdrecht, Autor und mit einem flotten, überzeugenden Auftreten – allerdings auch meiner Meinung nach sehr seltsamen Ansichten.
  • Dr. Gero Hocker, FDP, Landtag Niedersachsen. Übrigens auch Beisitzer in der Rudolf-von-Bennigsen Stiftung. Hat er die Veranstaltung mit einer Wahlkampagne verwechselt? Mir schien es manchmal so. Ansonsten sage ich erstmal nur soviel: Der Name sollte uns inzwischen gut bekannt sein.
  • Miriam Staudte, B90/Grüne. Gefangen zwischen Einsatz für den Wolf und Wähler überzeugen.
  • Dr. Nina Krüger, Redakteurin beim (uns leider gut bekannten) Magazin JÄGER. An dem Abend hätte sich ohne ihre Anwesenheit wenig geändert.
  • Und schließlich Ulrich Wotschikowsky, überzeugter Wolfsbefürworter mit viel Erfahrung, aber auch einigen kontroversen Ansichten, die nicht jeder von uns teilt.
Nach der Begrüßung hielt Wotschikowsky einen informativen und überzeugenden Vortrag. Absolut sachlich, abgesehen von seiner Leidenschaft zu den Wölfen: "Ich habe keine Schafe und deswegen fällt es mir so leicht." Das Thema des Abends hielt er für falsch, es gehe doch nicht um Nutzen oder Schaden, sondern wie wir mit der Situation umgehen. Themen des Vortrags waren Verbreitung und Ausbreitung des Wolfes, Populationswachstum von 30 % pro Jahr und dass das in der Praxis nichts Besonderes und kein Grund zur Sorge sei. Die typischen Aussagen von Wolfsgegnern ("Hybriden-Obsession" und verlorene Scheu), Wolf und Vieh. Außerdem bittet er um etwas Toleranz gegenüber den Mitarbeitern, die mit den vielen Anträgen und bürokratischem Aufwand an ihrer Grenze arbeiten. Weiterhin: Schäden müssten zu "100 % und noch etwas mehr" vom Staat bezahlt werden.
Aber es gab auch zwei kontroverse Aussagen: Erstens, MT6 sei völlig zurecht, aber sehr spät "eliminiert" worden. Zweitens zweifle er das Geschehen um die Goldenstedter Wölfin nicht an.

Nach einer knappen halben Stunde begann die Diskussionsrunde, welche von Harald Langguth moderiert wurde. Inhalte waren leider (aber zwingend?) oftmals politischer Natur. Das große Kompetenzgerangel zwischen Ministerium und Jägerschaft, die Sticheleien der Opposition. Asche: Warum ein Wolfsbüro, wenn das Monitoring doch von der Jägerschaft durchgeführt werden soll? Staudte: Weil die Jägerschaft den biologischen Teil übernehme und das Wolfsbüro den bürokratischen. Krüger: Im Wolfsbüro sei nie jemand erreichbar, es gebe keine Öffentlichkeitsarbeit und man hätte die Jägerschaft im Management ausgebremst.

Ob der Wolf ins Jagdrecht gehöre. Staudte: Es würde sich nicht viel ändern, es kämen weitere Verpflichtungen auf die Jäger zu. Krüger: Definitiv ins Jagdrecht. Hocker: Ja, mit ganzjähriger Schonzeit. Erstmal würde sich nicht viel ändern, aber für die Zukunft die gesetzlichen Vorbereitungen geschaffen. Asche: Ja, ins Jagdrecht gehört alles, was bejagt wird oder mit dem Wild in Beziehung steht (Anmerkung: Der Mensch als "größter Jäger" dann eigentlich auch?). Aber: Er vermutet, dass es in der Jägerschaft auch Angst gebe, sich mit dem Wolf auseinandersetzen zu müssen.

Bezüglich des Managements ist Herr Wotschikowsky der Meinung, dass es zu viele Wolfsberater gebe. Weniger, dafür besser ausbilden und auf eine Linie bringen (da es – wir wir selbst schon festgestellt haben – öfters zu wolfskritischen Aussagen seitens Wolfsberater gekommen sei). Außerdem sei die Beteiligung der Landesjägerschaft eine zweiseitige Medaille, schließlich handele es sich um einen Interessensverband.

Was sei bei MT6 schief gelaufen? Eine überzeugende Antwort wusste niemand. Frau Staudte meinte, man habe zu lange gewartet, bis es schließlich zum Abschuss kommen musste. Herr Hocker kritisierte das ständige Hin und Her. Er vermutet sogar, dass bei den Vergrämungsversuchen Aggression im Spiel war und die Zuständigkeit deshalb so schnell für Abschuss entschieden hat. Nachdem sich das immer weiter hochgesteigert hat und sogar schon Zuhörer ins Wort fielen, wurde die Notbremse gezogen und auf ein anderes Thema umgeschwenkt.

Leider nicht von der Moderation, die sich meiner Meinung nach zu sehr im Hintergrund gehalten hat, sondern von Herrn Asche: Wie laufe eigentlich die Diskussion? Was nütze der Wolf? Vor allem habe er einen Einfluss auf das Denken, irgendeine "Metaebene". Ganz konnte ich den Details nicht folgen, meine aber den Kern verstanden zu haben: Es ist weniger von Bedeutung, wie sich der Wolf auf das Ökosystem auswirkt. Der Mensch muss mit dieser neuen Situation zurecht kommen, was zu einem ganz anderen Denken anregt und zu Diskussionen führt.

Interessant war dann noch eine Diskussion über den Schutzstatus des Wolfs bzw. viel mehr über das Recht zu Leben. Laut Herr Asche habe der Wolf kein Recht zu leben. Das sei sogar verfassungswidrig. Denn nur der Mensch habe ein Lebensrecht. Nur der Mensch habe überhaupt ein Recht. Die Art seiner Rede und seiner Überzeugung von dieser Sache hat mir schon fast etwas Angst gemacht. Achtung, persönliche Meinung: Herr Asche ist unglaublich überzeugend und das gepaart mit gewissen Einstellungen kann gefährlich sein. Sicher hat er sich auch in gewissem Sinne positiv über den Wolf ausgedrückt oder recht interessante Gedanken präsentiert, aber insgesamt ist mir bei ihm recht unwohl. Bestärkt wurde dieses Gefühl durch den heftigen Applaus, den er für seine Meinung bekommen hat.

Ab halb neun könnten die Zuhörer dann ihre Fragen stellen, wobei die Fragen meistens eher eigene Meinungen waren und quälend lange dauerten. Dennoch gab es einige interessante Fragen und Kommentare: Situation bei verletzten Wölfen, Kosten des Managements, Muffel-Ausrottung (hier schwenkte das Thema dann komischerweise für einige Zeit auf den Luchs um), Entschädigung für Jäger und Förster, ob sich die Dichte denn wirklich selbst reguliere und ob der Mensch nicht doch eingreifen müsse usw. War dann leider um kurz vor halb Zehn viel zu schnell zu Ende, ich hätte da locker noch eine weitere Stunde verbringen können.

Insgesamt eine leicht politisch angehauchte Diskussion mit typischen Fragen und zumindest meistens typischen Antworten. Punkten konnte hier Herr Wotschikowsky, der immer eine gute Antwort parat hatte. Es ist schon faszinierend, wie er es in seinem ruhigen Ton immer auf den Punkt bringt und sich nie überrumpeln lässt. Ich kann nicht alle seine Ansichten vollständig teilen, aber er ist definitiv eine große Unterstützung für den Wolf und ich hoffe, dass er dem Wolf noch lange mit diesem Engagement helfen wird (und hoffentlich bald auch mal Wölfe bei sich vor der Tür in Bayern hat ;)).

PS: Mist, jetzt ist das doch wieder so lang geworden, dabei wollte ich doch nur einen Kurzbericht schreiben und ich habe sogar vieles weggelassen.
Grauer Wolf

Re: Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von Grauer Wolf »

Weil die Jägerschaft den biologischen Teil übernehme...
:lol:

Gruß
Wolf
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SammysHP
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Re: Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von SammysHP »

Vielleicht etwas knapp ausgedrückt. Die Jägerschaft übernimmt das Monitoring, befasst sich also mit dem Wolf selbst, das Wolfsbüro erledigt den ganzen Papierkram in Form von Anträgen, Entschädigungen etc.
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Ash
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Re: Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von Ash »

Schade, habe Dich gar nicht gesehen. Aber ich stimme Dir in größten Teilen zu - und Wotschikowsky live war die Fahrt auf jesen Fall wert (auch wenn die Rückfahrt echt ätzend war dank zweier Sperrungen, wenig Handyempfang und immer wieder Nebel).
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SammysHP
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Re: Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von SammysHP »

Ach, das ist ja schade. :( Das nächste Mal sprechen wir uns einfach vorher ab. ;)
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Lone Wolf
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Re: Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von Lone Wolf »

Hallo SammyHP
vielen Dank für die anschauliche und spannende Darstellung. Finde derartige Berichte in hohem Maße interessant. So, der Herr Asche sagt also, nur Menschen haben ein Lebensrecht, eine trockene Meinung, nicht wirklich falsch, greift aber auch etwas kurz... Grundsätzlich haben sie (die Tiere) selbst noch keine Rechte im juristischen Sinne, dass stimmt, aber sie haben die Rechte, die wir ihnen zugestehen. Es liegt an uns, diese weiter zu entwickeln und ethischen Gesichtspunkten, gerade auch mit Wirbeltieren und hier mit hochentwickelten Säugetieren, denken wir nur an Primaten, mehr Raum zu geben und schlußendlich auch in echte Tierrechte zu gießen. Um auf den Wolf zurückzukommen, Im Rahmen des Tierschutzgesetzes, des BNG, nach europäischen Recht und nach der Berner Konvention ist sein Leben streng geschützt, Zuwiderhandlung durch Menschen kann juristisch geahndet werden und das ist gut so.

Grüsse
LW
In der ganzen Natur ist kein Lehrplatz, lauter Meisterstücke
Johann Peter Hebel
Grauer Wolf

Re: Podiumsdiskussion bei Celle mit Wotschikowski am 23.8.16

Beitrag von Grauer Wolf »

Lone Wolf hat geschrieben:So, der Herr Asche sagt also, nur Menschen haben ein Lebensrecht,
Diesen Satz sollte man dem Typen rechts und links dreimal um die Ohren schlagen! Anthropozentrische Arroganz at it's best... :x

So was ist ein Grund, warum ich solchen Veranstaltungen besser fernbleibe, ich würde explodieren und sehr, sehr deutlich!

Gruß
Wolf
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