Wildschweinleber belastet

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Nina
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Wildschweinleber belastet

Beitrag von Nina »

Der Wolf sollte sich gut überlegen, ob Wildschwein weiter so weit oben auf seinem Speisezettel stehen sollte.

Während das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in seinem "VerbraucherFenster Hessen" Wildfleisch generell unkritisch bewirbt ("Mehr als „Bio“"), warnt es an anderer Stelle:
Das Umweltministerium empfiehlt den Verzicht auf Verzehr von Wildschweinleber. [...] „Aktuelle Untersuchungen des Hessischen Landeslabors (LHL) haben Per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) in Lebern von Wildschweinen nachgewiesen. Diese gelangen üblicherweise nicht in den Handel, sondern werden privat im Haushalt der Jägerinnen und Jäger verzehrt. Aufgrund der Befunde, empfehlen wir derzeit auf den Verzehr von Wildschweinleber zu verzichten. [...] Bislang wurden sieben Wildschweinleberproben aus verschiedenen hessischen Landkreisen untersucht. In allen untersuchten Leberproben wurden PFC nachgewiesen. Hinsichtlich dieser Befunde kann ein gesundheitliches Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher durch den Verzehr von Wildschweinlebern nicht ausgeschlossen werden. Auch in anderen Bundesländern wurden ähnliche Befunde festgestellt. [...] PFC sind künstlich hergestellte Substanzen, die aufgrund ihrer vielfältigen Eigenschaften in der Industrie sowie in privaten Haushalten zum Einsatz kommen, wie zum Beispiel bei Beschichtungen von Regenjacken.

Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 23.02.2021: Umweltchemikalie PFC in Wildschweinlebern nachgewiesen https://www.hessen.de/presse/pressemitt ... gewiesen-0
Und so eine Wildschweinleber kann noch ganz anderes Ungemach mit sich bringen:
Anlass für die aktuelle Studie war ein Fall von akuter Hepatitis E bei einem Familienangehörigen eines Jägers. Das für den Wohnort zuständige Kreis-Veterinäramt initiierte daraufhin eine Untersuchung.
Die Maßnahmen dazu wurden vom BfR koordiniert und in Zusammenarbeit mit dem Friedrich-Loeffler-Institut und dem Robert Koch-Institut vorgenommen. Analysiert wurden die Verbreitung von HEV und HEV-spezifischen Antikörpern bei Jägern des Landkreises sowie bei den Wildschweinen ihrer Reviere.
Gesucht wurden zudem Risiko- und Schutzfaktoren für eine HEV-Übertragung auf die Jäger. Hierfür wurden Blutproben der Jäger und der erlegten Wildschweine untersucht. Die Jäger füllten zudem einen eigens dafür erstellten Fragebogen zu ihrem Jagdverhalten aus.
Das Ergebnis: 21 Prozent von 126 untersuchten Jäger hatten Antikörper gegen HEV im Blut. Dies decke sich in etwa mit der in Deutschland ermittelten HEV-Antikörper-Prävalenz in der Bevölkerung (17 Prozent).
Besonders die Altersgruppe der über 70-jährigen Jäger zeigte eine sehr hohe HEV-Antikörper-Nachweisrate von 67 Prozent, deren Ursache bisher ungeklärt ist. [...] Der HEV-Nachweis in Leber und Muskelfleisch weist auch auf die Möglichkeit einer Virus-Übertragung durch Lebensmittel vom Wildschwein hin.

Ärztezeitung, 17.12.2015: Sauerei - Hepatitis-E-Gefahr in Wildschweinen! https://www.aerztezeitung.de/Medizin/He ... 34789.html
Dabei versichert doch das Hessische Umweltministerium:
Die Anzahl der Zoonosen, also der Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragbar sind, ist beim Wild vergleichsweise gering. Der Jäger ist als sogenannte „kundige Person“ nach EU-Lebensmittelrecht geschult, um am lebenden und am toten Tier Krankheitsbilder sofort zu erkennen. Nur Fleisch von unbedenklichen Tieren darf überhaupt in die Vermarktung gelangen. [...] Wo bekomme ich Wildfleisch? [...] Bei den örtlichen Jägern oder dem zuständigen Forstamt. Mittlerweile wird man auch häufig im Internet fündig, beispielsweise in Facebook-Gruppen oder auf den Homepages von Jagdverbänden. Ein großer Charme von Wildfleisch ist ja gerade die Regionalität, deshalb empfehle ich, es nicht im Discounter oder aus dem Ausland zu kaufen.

Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, VerbraucherFenster Hessen Mehr als „Bio“ – Wildfleisch ist gesund und regional https://www.aerztezeitung.de/Medizin/He ... 34789.html
Bei allem Optimismus möchte man aber hinzufügen: Es kommt darauf an.
Große Teile des Wildmarktes spielen sich noch immer im dunkelgrauen Bereich ab. Der Löwenanteil des in Deutschland gejagten Wilds verbleibt in den Haushalten der Jäger – beziehungsweise wird von ihnen direkt weiter vertrieben. An Freunde und Verwandte, aber auch an Gasthöfe und Restaurants. Ob dabei in lebensmittelhygienischer und steuerrechtlicher Hinsicht alles korrekt abläuft, liegt ganz in der Hand des Lodenträgers. Ein Anachronismus in der sonst so streng reglementierten Lebensmittelbranche.

WELT, 22.12.2013: Hirsch, Reh und Wildschwein sind das bessere Bio https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... e-Bio.html
Allerdings hält sich der Wunsch auf Wild im Gegensatz zum Wolf bei Homo sapiens dann wohl doch in Grenzen, zumindest zum Zeitpunkt des Artikels:
Der Wildboom, der alle Jahre wieder von Medien ausgerufen wird, ist allerdings eher geschickter Lobbyarbeit zuzurechnen. Tatsächlich hält sich der Wildfleischhunger noch immer in Grenzen.

WELT, 22.12.2013: Hirsch, Reh und Wildschwein sind das bessere Bio https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... e-Bio.html
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