zaino hat geschrieben:Könnten wir uns einfach mal drauf einigen, dass nicht alle Jäger per se gemeingefährliche Idioten sind?
Die Verallgemeinerung aller Jäger mit dem Attribut "gemeingefährliche Idioten" hat hier
niemand benutzt. Man muss die Diskussion durch solche Einwürfe nicht unnötig unsachlicher machen als sie ist.
Eine lebhafte kontroverse Diskussion hat auch nichts mit "Gezänk" zu tun, solange es um Inhalte geht. Wie sehr die Fuchsjagddebatte und die Wolfsjagddebatte miteinander zusammenhängen, werde ich nachfolgend skizzieren.
Zunächst zur Fuchsjagd:
harris hat geschrieben:Das kann doch mal wieder nicht wahr sein. So einen großherrlichen QUATSCH den du da mal wieder schreibst. Wenn Du auch mal richtig lesen würdest, dann wüstest Du was ich dazu geschrieben habe.
. Habe ich
nicht richtig gelesen?
harris hat geschrieben:In vielen Naturschutzgebieten und vor allem im Wattenmeer-Bereich und den Inseln wird der Fuchs intensiv bejagt. Der Erfolg beim Bestand der Bodenbrüter und des Niederwildes bestätigt dieses doch nur.
Warum dann nicht überall? Bitte immer das "Große Ganze" sehen und nicht den Fokus DAS tolle Tier legen..
Was habe ich an
"Intensiv bejagt" -
"Warum dann nicht überall?" genau missverstanden?
Der inhaltliche Fehler liegt in der vereinfachten Zuschreibung der Erholung mancher Wiesenvogelbestände in der Fuchsjagd. Genau das ist aber falsch.
Der Hauptgrund für das Verschwinden der Wiesenvögel ist die Zerstörung des Lebensraums, der Nahrungsgrundage und der Brutmöglichkeiten durch den Menschen:
Wiesenvögel brauchen im Frühjahr nasse Wiesen, die erst spät gemäht werden. In der Zwischenzeit können die Vögel auf dem Boden brüten und ihre Jungen großziehen. Weil die Küken Insekten fressen, sind blütenreiche Pflanzen wichtig, denn dadurch werden viele Insekten angezogen. Um solche Wiesen zu erhalten, dürfen aber nicht zu viele Kühe auf der Weide stehen und es darf auch nicht früh und nicht zu oft gemäht werden. Das aber ist nach den heutigen Erfordernissen in der modernen Landwirtschaft notwendig. Außerdem darf die Wiese für eine frühe erste Mahd auch nicht nass sein. Also wurden und werden viele Wiesen, insbesondere in der Niederung am Niederrhein entwässert. Die Folge ist, dass die Wiesen austrocknen, Blütenpflanzen verschwinden und dichtes Gras dominiert. Die Wiesenvögel haben kaum noch Möglichkeiten im Boden nach Nahrung zu stochern. Die Nester werden bei der Mahd zerstört und die wenigen Küken, die schlüpfen, finden kaum noch Insekten.
LIFE-Projekt: Grünland für Wiesenvögel http://www.life-wiesenvoegel-niederrhei ... ex.php/de/
Was also hilft den Wiesenvögeln in erster Linie?
1. Lebensraumverbesserung:
Auf Langeoog tragen vor allem die dort wirtschaftenden Landwirte und Pferdehalter zum Schutz der Wiesenvögel bei. Auf großen Teilen des Inselgrünlands wird eine extensive Mäh- und Weidenutzung durchgeführt, die in enger Abstimmung und nach Vereinbarungen mit dem Naturschutz erfolgt. So wurde gemeinsam erreicht, dass ein bedeutender Anteil der Uferschnepfen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer auf Langeoog brütet.
Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer: Wiesenvogelland Niedersachsen https://www.nationalpark-wattenmeer.de/ ... g_life.pdf
2. Verbringen der eingeschleppten Igel aufs Festland:
Untersuchungen aus früheren Jahren hatten zudem ergeben, dass ein hoher Anteil von Uferschnepfen-Gelegen durch Igel gefressen wurde. Dies führte dazu, dass zu wenig Uferschnepfenküken schlüpfen konnten und zu wenig Schnepfennachwuchs flügge wurde. Im Rahmen des LIFE-Projektes entschied man sich daher zu einer Regulierung der Beutegreifer in den Brutgebieten. „Igel sind kein natürlicher Bestandteil der Inselnatur Borkums, sie wurden von Menschen eingeschleppt. Inseln sind von Natur aus frei von Raubsäugern, und die dort brütenden Vögel haben keine Abwehrmechanismen gegenüber Bodenprädatoren“, so Reichert weiter. Nach enger Absprache mit dem Tierschutz und den Landkreisen Leer und Aurich wurden von 2013 bis 2016 die Igel aus den Brutgebieten abgesammelt und am Festland in ihren natürlichen Lebensräumen ausgesetzt. Gelegeverluste durch Igel wurden seitdem nicht mehr festgestellt.
Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer:Borkums Uferschnepfen legen zu - Bruterfolg zählt dank LIFE-Projekt zu den höchsten in ganz Niedersachsen https://www.nationalpark-wattenmeer.de/ ... en-zu/5096
Die gesicherten Untersuchungen der Biologen hätten ergeben, dass der von Igeln nachts gefressene Anteil der Vogelgelege erheblich sei und den der anderen Säuger deutlich übertreffe.
Friesischer Verband für Naturschutz und ökolgische Jagd, 19.09.2017: Runder Tisch zum Schutz der Uferschnepfe auf Langeoog http://fvnj.eu/aktuelles/runder-tisch-z ... -langeoog/
Für die Igel generell hatte der Jagdverband indes bis 1997 seine eigene Lösung: In dem Merkblatt 2 zur Fasanenhege
"wird aufgerufen, alle Igel im Revier kurzzuhalten, d. h. zum Beispiel mit dem Jagdmesser zu töten, denn sie fressen natürlich Fasanengehege" (Bode/Emmert: Jagdwende - Vom Edelhobby zum ökologischen Handwerk, Beck 2000, S. 77). Das Merkblatt wurde erst 1997 auf öffentliche Proteste aus dem Verkehr gezogen.
3. Und was ist mit den anderen Prädatoren, die ebenfalls Vogelgelege erbeuten - z. B. Reiher, Storch, Bussard und Adler? Alle vernichten?
Wenn die Jägerschaft mit der Zustimmung des Landkreises Leer es schafft (was gar nicht möglich sein wird, dass zeigen die vergangenen Ausrottungsversuche des Fuchses) den Fuchs zu 90% hier in Ostfriesland abzuschießen, stehen die nächsten Beutegreifer schon in den Startlöchern. Wer wird dann ausgerottet, um einige wenige Gelege der Wiesenbrüter zu schützen? Der Igel und der Reiher? Vielleicht auch der Storch - er frisst ebenfalls Eier und Kleintiere bis Kükengröße? Da wäre auch noch der Marder, der Bussard und Adler? Sollte uns nicht spätestens jetzt bewusst werden, dass wir den Wildtieren Lebensraum geben müssen und unsere Finger von den Beutegreifern lassen sollten?
Pro Fuchs Ostfriesland: Sind Füchse schuld am Rückgang der Wiesenvögel? https://www.profuchsostfriesland.de/Inf ... senvoegel/
Und so komme ich zur Parallele der negativen Aspekte von Fuchsjagd und Wolfsjagd zur angeblichen Verringerung der Bestandsdichten:
Fuchs: 17 Studien zeigen - Fuchsjagd lässt die Fuchspopulation ansteigen oder sorgt (wie andere Erkenntnisse zeigen) aufgrund der Erhöhung der Zuwanderung von Füchsen für mehr Prädation und Unruhe in Wiesenvogelgebieten! Werden Füchse im Brutgebiet von Bodenbrütern bejagt, entsteht förmlich ein Vakuum, welches andere Füchse zuwandern lässt und auch Raum für andere Prädatoren schafft. „Da Füchse territorial organisiert sind und infolgedessen ihr Revier nicht nur gegen eindringende füchsische Artgenossen, sondern auch gegen andere Prädatoren wie Steinmarder oder Iltis verteidigen, halten sie den Prädationsdruck auf die bedrohte Vogelpopulation auf einem konstanten Niveau. Dieses Niveau ist überdies verhältnismäßig niedrig, weil Füchse den seltenen Vögeln nicht gezielt nachstellen (SEYMOUR et al., 2003), sondern sich in erster Linie an ihre Hauptbeute – in aller Regel Mäuse und Kaninchen – halten, und ihre bevorzugten Aufenthaltsorte und Pässe überdies den Vögeln bekannt sind. Werden die betreffenden territorialen Standfüchse nun jedoch weggeschossen, kann das Revier nicht mehr verteidigt werden, und wie bereits erwähnt, hat ein solches Vakuum eine regelrechte Sogwirkung auf vagabundierende Jungfüchse zur Folge. Damit wächst der Prädationsdruck auf die Vögel womöglich sogar an; das ursprüngliche Vorhaben - nämlich die Beutetiere der Füchse zu schützen - ist gescheitert.
Bürgerinitiative Pro Fuchs Ostfriesland e. V.: Was schützt Wiesenvögel vor Predation? https://www.profuchsostfriesland.de/Inf ... raedation/
Wolf:Insbesondere die Stellungnahme der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages belegt, dass die Einrichtung von wolfsfreien Zonen mit dem aktuellen Schutzregime des BNatSchG nicht vereinbar ist. Abgesehen von diesen rechtlichen Hindernissen werden außerdem aber auch ganz grundsätzliche Bedenken hinsichtlich der Eignung einer solchen Maßnahme zur Abwehr von Wölfen geltend gemacht. Eine Hauptursache hierfür liegt darin, dass der Wolf ein Wandertier ist, das weite Strecken zurücklegen kann. Wölfe haben darüber hinaus einen hervorragenden Geruchssinn, der sie befähigt, Fährten über weite Strecken aufzugreifen und zu verfolgen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass es immer wieder vorkommen wird, dass insbesondere Jungwölfe, die sich von ihrem Rudel trennen, um ein eigenes Rudel zu gründen, die Fährte eines anderen Wolfes aufgreifen werden und dieser Fährte folgen werden. Gelangt ein solcher Jungwolf dann in eine wolfsfreie Zone und wird dort erschossen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass andere Jungwölfe ihm irgendwann folgen werden. Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass immer mehr Wölfe in eine wolfsfreie Zone „geführt“ werden und dort dann getötet werden. Dies kann aber nicht Sinn einer solchen Maßnahme sein. In letzter Konsequenz könnte ein solches Vorgehen nämlich auch wieder zu einer Ausrottung des Wolfes führen, insbesondere dann, wenn sich zuviele Gemeinden als wolfsfrei erklären.
Almut Hirth, ehemalige vorsitzende Richerin am Bayerischen Oberlandesgericht und Christina Patt, Rechtsanwältin: Der Wolf in der aktuellen politischen Diskussion, Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht DJGT, Seite 5-6 http://www.djgt.de/system/files/267/ori ... e_Wolf.pdf